pecunia
05.06.2003, 12:20 |
QUO VADIS - Inflation-Deflation Debatte Thread gesperrt |
-->Liebe Boardgemeinde,
um uns herum geschehen furchteregende Dinge. In dem kleinen Oertchen, in dem ich lebe, macht ein Laden nach dem anderen dicht. Kleinere Tabaklaeden, Textilien, aber auch groessere Lebensmittelgeschaefte mit 15-20 Mitarbeitern. In der Umgebung machen viele groessere Firmen zu (Moebelhaeuser, Baustoffmaerkte,...). Und so wundert es kaum, dass die Arbeitslosenquote steigt und steigt. Fuer Januar 2004 rechnet man bereits mit 5 Mio.
Soweit die Beobachtung, die sicher deutschlandweit gilt.
Ich gehe mal davon aus, dass sich ein Geschaeft, das schliesst, nicht mehr rentiert - demzufolge also zu niedrige Preise (bzw. zu geringe Gewinnmargen) hatte. Eine Preissenkung (um neue Kunden anzulocken) war also nicht mehr moeglich.
Gleichzeitig ist jede Geschaeftsaufgabe mit der Vernichtung von (Ueber-)Kapazitaeten verbunden. Das Angebot wird verringert, und das auf einem Preisniveau, auf dem praktisch kein Laden mehr Spielraum in der Preisgestaltung hat. Die logische Konsequenz hieraus muesste Preissteigerung heissen.
Hinzu kommt doch noch, dass jeder freigesetzte Arbeitnehmer vom Netto-(Steuer-)Zahler zum Netto-Empfaenger mutiert, der Staat also verstaerkt in die Verschuldung getrieben wird, was aber nichts anderes bedeutet, als Geld aus dem NICHTs zu schoepfen, was bekanntlich auch zu Inflation fuehren muss.
Aus den oben genannten Gruenden gehe ich davon aus, dass wir bereits am ENDE einer laengeren, deflationaeren Phase angekommen sind und just in diesen Augenblicken in die Inflation drehen.
Warum? In den vergangenen etwa 10 Jahren haben sich viele Preise verbilligt (HiTech-Ware), sehr viele Preise blieben nominell unveraendert. Aber die Loehne sind im gleichen Zeitraum zum Teil kraeftig gestiegen (oder liege ich hier falsch? Ich habe nur mal meine Lohnzettel verglichen), was einer relativen Verbilligung gleich kaeme.
Beweis fuer die gestiegene Kaufkraft: Schaut Euch mal in Neubaugebieten um, was da heute fuer fette Haeuser gebaut werden und vergleicht das mal mit Haeusern von vor etwa 15 Jahren.
Auf der anderen Seite steht die demographische Entwicklung wegen der ruecklaeufigen Bevoelkerungszahlen klar gegen eine Inflation. Dieser Faktor kommt meiner Einschaetzung nach aber erst in 10-20 Jahren voll zum Tragen.
Was also spricht im Moment fuer (Preis-)Deflation?
Ich kriegs nicht gebacken [img][/img]
Liebe Gruesse
pecunia (der auf eine rege Diskussion hofft)
|
SchlauFuchs
05.06.2003, 12:40
@ pecunia
|
Re: QUO VADIS - Inflation-Deflation Debatte |
-->
>Gleichzeitig ist jede Geschaeftsaufgabe mit der Vernichtung von (Ueber-)Kapazitaeten verbunden. Das Angebot wird verringert, und das auf einem Preisniveau, auf dem praktisch kein Laden mehr Spielraum in der Preisgestaltung hat. Die logische Konsequenz hieraus muesste Preissteigerung heissen.
Nur temporaer, wenn ueberhaupt, denn durch das Freisetzen der Arbeiter schwindet die Konsumkraft, und durch die Sonderschlussverkaufe zum Lager-leeren wird auch auf die Preise gedruecken.
>Hinzu kommt doch noch, dass jeder freigesetzte Arbeitnehmer vom Netto-(Steuer-)Zahler zum Netto-Empfaenger mutiert, der Staat also verstaerkt in die Verschuldung getrieben wird, was aber nichts anderes bedeutet, als Geld aus dem NICHTs zu schoepfen, was bekanntlich auch zu Inflation fuehren muss.
Da schoepft bald keiner mehr, ausser sie hebeln eine Reihe von Gesetzen aus.
>Aus den oben genannten Gruenden gehe ich davon aus, dass wir bereits am ENDE einer laengeren, deflationaeren Phase angekommen sind und just in diesen Augenblicken in die Inflation drehen.
Nur Geduld, noch nicht jetzt.
ciao!
SF
|
SchlauFuchs
05.06.2003, 12:41
@ SchlauFuchs
|
meine Rechtschreibung ist eher link heute (owT) |
-->
|
André
05.06.2003, 12:57
@ pecunia
|
Re: Solange noch solch hohe Kapazitätsreserven allenthalben vorhanden sind, |
-->und diese nicht endgültig vernichtet wurden, ist nix mit Reflationierung.
Da müßten NEUE ZUSATZLICHE AUFTRÄGE her, aber woher?
Dottore schaut in diesem Zusammenhang auf die Art ihrer üblichen Finanzierung, nämlich per Kredit, und da ist nix. Banken geben keinen neuen zusätzlichen Kredit, es sei denn Beleihungssicherheiten minus saftigem Risikoabschlag lägen bei deutlich ÜBER 100%. Wer kann, tilgt und meidet neue Risiken. Also nix ist.
Und Staat = Politiker können nur noch lügen, lügen und nochmals lügen,
sie können nicht mal mehr das verteilen, was sie den Bürgern zuvor abgenommen haben, denn die Manövriermasse ist quasi dahin.
Ergo: Rezession, Depression bei gleichzeitiger Erpressung der Bürger durch jeden, der ein Monopol hat: Staat mit administrativen Preisen, Krankenkassen, Gewerkschaften, Unternehmer mit Monopolstellung, außenpolitisch USA gegen Vasallen, etc.pp.
Absehbares Ergebins: Verrohung der Gesellschaft.
MfG
A.
|
Sascha
05.06.2003, 17:18
@ pecunia
|
Gestiegener Lebensstandard |
--> > Warum? In den vergangenen etwa 10 Jahren haben sich viele Preise > verbilligt (HiTech-Ware), sehr viele Preise blieben nominell > unveraendert. Aber die Loehne sind im gleichen Zeitraum zum Teil kraeftig > gestiegen (oder liege ich hier falsch? Ich habe nur mal meine Lohnzettel > verglichen), was einer relativen Verbilligung gleich kaeme. > Beweis fuer die gestiegene Kaufkraft: Schaut Euch mal in Neubaugebieten um, > was da heute fuer fette Haeuser gebaut werden und vergleicht das mal mit > Haeusern von vor etwa 15 Jahren. > Auf der anderen Seite steht die demographische Entwicklung wegen der > ruecklaeufigen Bevoelkerungszahlen klar gegen eine Inflation. Dieser Faktor > kommt meiner Einschaetzung nach aber erst in 10-20 Jahren voll zum Tragen.
Unbestritten ist in großen Teilen der Lebensstandard seit Ende des 2. Weltkrieges (v.a. ab 1948, Währungsreform) stark gestiegen.
Dennoch muß man heute differenziert betrachten. Beide Opas die ich habe konnten sich mit jeweils vier Kindern und normalen gängigen Berufen ein Haus erarbeiten und besitzen dieses abbezahlt. Heute könnte das wohl fast keiner mehr leisten. Nicht mal ein Ingenieur oder Architekt oder Steuerberater ist in der Lage mal eben so mit vier Kindern sich das noch zu leisten. Die wenigsten dürften hierzu in der Lage sein. Es hängt heute vieles von der Kinderzahl ab ob man auf der monetären Seite gesehen zu was kommt oder nicht.
Dennoch muß man auch den <font color="#FF0000">Konsumdruck</font> beachten der von unserer Gesellschaft ausgeht. Werbung suggeriert und, daß dies und jenes IN ist und das wir dies und jenes unbedingt brauchen und das es ja jeder hat und man sonst was verpassen könnte. Das ist mit Stereoanlagen bis hin zu DVD-Playern mittlerweile so.
Ich habe es mal ganz ganz grob überschlagen. Würden sich die Haushalte die in etwa gleiche Ausstattung leisten wie noch vor etwa 40 Jahren Standard war dann hätte so mancher 50000 Euro und mehr auf dem Konto liegen.
Früher hatte man keine riesige Stereoanlage, keinen Farbfernseher, keinen DVD-Player, keine Geschirrspülmaschine, Internetzugang, Mikrowelle, private Handys, usw.
Das sind alles Dinge die das Leben"versüßen" oder vereinfachen (Mikrowelle, Geschirrspülmaschine,...). Wenn manche nachrechnen würden was alles bei ihnen zuhause rumsteht und ob es denn WIRKLICH notwendig ist merken viele wohin das Geld hin gegangen ist.
Ich habe dabei nicht selten den Eindruck, daß die Leute oft einerseits an Weihnachten mit lachendem Gesicht einen DVD-Player für 200 Euro anschaffen weil man das ja unbedingt braucht und es ja fast jeder hat und zwei Monate später dann mit traurigem oder ärgerlichem Gesicht beklagen das von ihrem Lohn ja nichts mehr fürs eigentliche Leben übrig ist. Die Anspruchshaltung ist zu groß.
Wo früher in einem Haushalt gar kein oder allemal ein kleiner schwarz-weiß-Fernseher stand da müssen doch heute zwei oder drei große Farbfernsehgeräte von Sony, Grundig u.ä. in der Wohnung stehen. Einer im Wohnzimmer, einer im Schlafzimmer und selbst jedem Kind wird heute ein eigener Fernseher zugestanden wenn es gerade mal 10 oder 12 Jahre jung ist.
Die Anspruchshaltung hierzulande ist häufig auch einfach zu groß. Man will auf der einen Seite keinen Millimeter davon abrücken mal KEINEN Geschirrspüler, Mikrowelle oder das dritte Fernsehgerät zu kaufen und auf der anderen Seite beklagt man sich wenn man nicht mehr genügend Geld für die eigentlich wirklich grundlegenden Bedürfnisse (z.B. Nahrungsmittel) übrig hat.
Es ist paradox wenn ich mir anschaue in wievielen Haushalten es heute mehr als einen Fernseher gibt, wieviele Menschen PRIVAT sich unbedingt ein Handy zulegten und wieviele Haushalte schon wenige Jahre nach dem Aufkommen der DVD sich einen DVD-Player für oft gut 200 oder 300 Euro zulegten und auf der anderen Seite sich alle beklagen, daß irh Geld für die normale Lebensführung nicht mehr ausreicht.
Und hier sind wir m.E. momentan am Wendepunkt. Es kann nicht so weitergehen, daß wir immer mehr besitzen und haben können und alles nach einer gewissen Einführungszeit zum STANDARD wird. Erst den Fernseher, dann das Stereogerät, dann das Auto, dann später den PC, die Mikrowelle, die Geschirrspülmaschine, das eigene Handy, den DVD-Player,...
Wir erwarten NAIVERWEISE das es immer so weitergehen wird oder muß. Aber dies wird nicht so sein!
Viele Grüße
Sascha
|
pecunia
05.06.2003, 18:24
@ Sascha
|
Wir leben ueber unseren Verhaeltnissen |
-->Hallo Sascha,
im grossen und ganzen bin ich Deiner Meinung. Aber am Anfang Deines Postings verfaengst Du Dich in einer gefaehrlichen (weil falschen) Erkenntnis.
Der Lebensstandard hat nichts mit der Kinderzahl zu tun! Unsere Ansprueche sind nur zu hoch (wie Du ja spaeter selbst aufzeigst). Und scheinbar lieben immer mehr Menschen DVD-Player, ein dickes Auto (damals tats auch ein Fahrad und die Menschen waren zufriedener und gesuender!), usw. mehr, als eigene Kinder zu haben. Und dies nennt man EGOISMUS. Es gibt zahlreiche Studien, die belegen, dass die Menschen in Industriestaaten in fortschreitender Entwicklung des Landes immer egoistischer, unzufriederner und kranker werden. Vielleicht sollte das Board auch mal diesen Punkt aufnehmen und ausdiskutieren,
1. Warum das so ist und
2. In welcher Staatsform/Regierungsform dieses Phaenomen ausbliebe.
Ist vielleicht das GELD dran schuld?
Liebe Gruesse an das ganze Forum
pecunia
|
Sascha
05.06.2003, 18:42
@ pecunia
|
Wir leben ueber unseren Verhaeltnissen / Zustimmung |
-->Hallo pecunia!
Stimmt, letztendlich ist es Egoismus und man sollte es mal diskutieren. Ich denke aber auch, daß es nicht nur an dem sich ausbreitenden Egoismus sondern Wertewandel generell kommt.
Geld (genau so ist es) und die Dinge die man sich davon kaufen kann ist vielen Leuten heute viel zu wichtig geworden. Leider! Wichtiger wie vieles anderes. Wichtiger wie eine harmonische Familie oder Kinder. Da hast du Recht. Das heißt selbstverständlich nicht, daß jeder der keine Kinder hat ein Egoist ist. Man kann auch einfach keine wollen.
Aber durch die entstandenen Konsummöglichkeiten (seien es Reisen, Autos, große Häuser,...) die wir heute haben hat sich eine Lebensfrage herausgebildet bei der man sich zwischen für mehr Konsum oder Familie/Kinder entscheiden muß. Beides ist meist nicht möglich. Viele ziehen heute ersteres vor. Das hat auch die Autorin eines Zeit-Artikels (den ich vor kurzem hier eingestellt habe) vor kurzem schön dargestellt.
Das Problem, daß es so wenige Geburten in Deutschland gibt rührt vielleicht nur daher, DASS es die Möglichkeit überhaupt gibt zwischen zwei gänzlich verschiedenen Lebensweisen zu entscheiden.
Viele Grüße
Sascha
|