Bernd Niquet
23.10.2000, 23:56 |
dottore, ich erlaube mir, neu zu eröffnen Thread gesperrt |
Lieber dottore,
1000 Dank für deine ausführliche Antwort. Deine Theorie der Urschuld deckt natürlich ein Loch in der Wirtschaftstheorie, nämlich die Frage, warum überhaupt gewirtschaftet wird, warum unsere Wirtschaft so dynamisch ist, ja sein muss - und weshalb deswegen so etwas wie ein Nullwachstum völlig undenkbar ist. Ich halte dies, wie du weißt, für die zentrale Einsicht. Die Wirtschaftswissenschaft hingegen hat hier ganz andere Erklärungssysteme gebaut, die mich ebenso interessieren, da nichts schöner ist als den Gegner mit den eigenen Waffen zu schlagen. Doch hier kommen wir plötzlich in schwere See. Ein paar Punkte möchte ich nennen:
1.) Prof. Stadermann aus Berlin sagt mir zu diesem Theorieansatz immer: Man kann nur dann Eigentümer sein, wenn man sich auch von seinem Eigentum trennen kann. Und das geht bei der eigenen Person nicht.
Gut, das ist sicherlich kein theoretisches Argument und lässt sich bestimmt dadurch umgehen, in dem man eben die Nutzung zukünftiger Einkommensströme als Eigentum einer Person benennt. Doch nun zu den Oppositionellen in der Nationalökonomie.
1.) Grundlage (ganz kurz für die uneingeweihten Leser): Die herrschende Neoklassik beschreibt die Wirtschaft als gleichgewichtiges System von Güter tauschenden Individuen. Die Kritik hieran ist vielfältig. Dieses System abstrahiert von Zeit und Druck (dottore), von Geld (Riese + Heinsohn/Steiger) und von Eigentum (Heinsohn/Steiger).
2.) Das Problem der Kritik ist es dann jedoch, dass die Kritik hierbei ein ebenso in sich geschlossenes System abliefern muss wie die Neoklassik. Und hier habe ich bezüglich der letzten beiden folgende Punkte angesprochen, wobei jedoch gerade Heinsohn und Steiger hier die wichtigsten sind, weil sie innerhalb der „Scientific Community“ am meisten Aufmerksamkeit erzielt haben.
3.) Heinsohn und Steiger sehen Geld als Anspruch auf Eigentum. Auch wenn das historisch sicherlich richtig ist, so fragt sich dennoch, ob sich damit erstens eine Eigentümerwirtschaft, wie wir sie heute vorfinden, erklären lässt und zweitens, ob man der Neoklassik damit Paroli bieten kann. Denn das Argument der Vertreter einer Theorie der Geldwirtschaft gegenüber der Neoklassik ist, dass dort jedes mögliche Gut Geld sein kann (Beispiel: Gold oder Muschelgeld). Doch Geld, so Riese, ist kein Gut, denn es erlaubt vielmehr, sich Güter anzueignen.
Um eine Dominanz der Geld- über die Gütersphäre abzuleiten, muss man folglich die Geldentstehung (nicht geschichtlich, sondern faktisch-aktuell) (gedanklich) von der Gütereben lösen. Doch genau das schaffen Heinsohn und Steiger nicht, da hier stets das Eigentum über die Entstehung und Nichtentstehung des Geldes entscheidet.
4.) Diesem Konzept wird nun das der Liquiditätspräferenz gegenübergestellt, das ich jedoch auch nicht unproblematisch sehe.
Das ist heute vielleicht etwas wirr, doch demnächst mehr. Denn dies sind aus meiner Sicht die entscheidenden Fragen, die wir lösen und beantworten müssen, um Erfolge als Oppositionelle zu erzielen.
Viele Grüße
BN
P.S.: Pilgere jetzt zu meinem zweiten Meister und melde mich erst am Nachmittag wieder.
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dottore
23.10.2000, 14:36
@ Bernd Niquet
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Re: dottore, ich erlaube mir, neu zu eröffnen / Und schon ist der König futsch! |
>Lieber dottore,
>1000 Dank für deine ausführliche Antwort. Deine Theorie der Urschuld deckt natürlich ein Loch in der Wirtschaftstheorie, nämlich die Frage, warum überhaupt gewirtschaftet wird, warum unsere Wirtschaft so dynamisch ist, ja sein muss - und weshalb deswegen so etwas wie ein Nullwachstum völlig undenkbar ist. Ich halte dies, wie du weißt, für die zentrale Einsicht. Die Wirtschaftswissenschaft hingegen hat hier ganz andere Erklärungssysteme gebaut, die mich ebenso interessieren, da nichts schöner ist als den Gegner mit den eigenen Waffen zu schlagen. Doch hier kommen wir plötzlich in schwere See. Ein paar Punkte möchte ich nennen:
>1.) Prof. Stadermann aus Berlin sagt mir zu diesem Theorieansatz immer: Man kann nur dann Eigentümer sein, wenn man sich auch von seinem Eigentum trennen kann. Und das geht bei der eigenen Person nicht.
Dieses ist schon allein historisch widerlegt. 99% der Wirtschaftsgeschichte gab es Schuldknechtschaft, Leibeigenschaft, selbst Bismarck begrüßte in Berlin als preußischer MP noch den amerikanischen Botschafter, der mit einem Sklaven daher kam.
Ich betone noch Mal: Ich plädiere nicht für Sklaverei, um Gottes Willen, aber die Vorstellung der VWL, es gäbe so etwas wie einen"Faktor Arbeit" ist purer Blödsinn. Die Menschen haben a) die Schuld gegenüber sich selbst (Urschuld, Ur-Soll) und wenn sie diese nicht bewältigen, gehen sie b) Kontraktschulden ein. Weshalb denn sonst?!
>Gut, das ist sicherlich kein theoretisches Argument und lässt sich bestimmt dadurch umgehen, in dem man eben die Nutzung zukünftiger Einkommensströme als Eigentum einer Person benennt. Doch nun zu den Oppositionellen in der Nationalökonomie.
Okay. Auch das Eigentum als pures"Eigen" ist ja nichts. Es muss selbst positive Einkommenströme generieren, das Feld muss also Ernten tragen können.
>1.) Grundlage (ganz kurz für die uneingeweihten Leser): Die herrschende Neoklassik beschreibt die Wirtschaft als gleichgewichtiges System von Güter tauschenden Individuen. Die Kritik hieran ist vielfältig. Dieses System abstrahiert von Zeit und Druck (dottore), von Geld (Riese + Heinsohn/Steiger) und von Eigentum (Heinsohn/Steiger).
Richtig. Mein Haupteinwand ist das"Gleichgewicht". Diese Theorie besagt, dass die Güter immer mit dem Geld gekauft werden, die sie gekostet haben. Die Theorie ist deshalb falsch, weil zwischen der marktreifen Produktion von Gütern und der Realisierung der vom Anbieter gewünschten Preise ZEIT verstreicht. Der Gegenwert dieser Zeit ist als nachfragendes"Geld" aber nicht vorhanden. Sondern es kann nur dargestellt werden, indem die zusätzliche Nettoneuverschuldung stattfindet.
Beim Gewinn gilt das Gleiche: Firma stellt Waren für 1000 her, will aber 1100 vom Markt zurück haben. Wo kommen die 100 her? Die hat die Firma ja nicht als potentielle Nachfrage (= Faktorkosten) in den Kresilauf gebracht. Auch die 100 sind nur durch zusätzliche Verschuldung darstellbar. Marx hat übrigens als erster das Problem erkannt (Bd. III: Wie wird der Mehrwert realisiert).
Die Vorstellung vom wirtschaftlichen Gleichgewicht stammt aus einer Welt, in der keine Zeit abläuft. Dies aber ist leider nicht die Realität, wie wir wissen. Je länger ein Unternehmer auf die Realisierung seiner Marktvorstellungen warten muss (= Verkauf per Waren mal Preis), desto mehr verschuldet er sich, weil die Produktion bekanntlich vorfinanziert wurde. Und selbst wenn der Unternehmer mit einer Cash-Position gestartet ist, macht er auch Verluste, er verliert nämlich (solange er warten muss) just das Geld, das er bei einer alternativen Anlage seines Cashs erwirtschaften würde.
>2.) Das Problem der Kritik ist es dann jedoch, dass die Kritik hierbei ein ebenso in sich geschlossenes System abliefern muss wie die Neoklassik. Und hier habe ich bezüglich der letzten beiden folgende Punkte angesprochen, wobei jedoch gerade Heinsohn und Steiger hier die wichtigsten sind, weil sie innerhalb der „Scientific Community“ am meisten Aufmerksamkeit erzielt haben.
Das System des von mir kreierten"Debitismus" ist absolut geschlossen, leider: Gleichgewicht herrscht dann, wenn in Höhe der nicht an der Kresialuf in Form von Faktorkostenentlohnung abgegebenen (und damit nicht existenten) Nachfrage just in der Höhe dieses"Minus" zusätzliche Nettoneuverschuldung stattfindet.
Die zusätzliche Verschuldung ist es auch, die das System vorwärts treibt. Denn jetzt müssen die Nachschuldner ihrerseits wieder entsprechende Nachschuldner finden. Und so immer weiter...
Damit ist der Kapitalismus enträtselt, seine Aporie und seine Dynamik zugleich.
>3.) Heinsohn und Steiger sehen Geld als Anspruch auf Eigentum. Auch wenn das historisch sicherlich richtig ist, so fragt sich dennoch, ob sich damit erstens eine Eigentümerwirtschaft, wie wir sie heute vorfinden, erklären lässt und zweitens, ob man der Neoklassik damit Paroli bieten kann. Denn das Argument der Vertreter einer Theorie der Geldwirtschaft gegenüber der Neoklassik ist, dass dort jedes mögliche Gut Geld sein kann (Beispiel: Gold oder Muschelgeld).
Nein. Muschelgeld schon Mal gar nicht. Das ist reines Rechengeld. So was wie ein Abacus. Auch das kapiert die traditionelle Ã-konomie nicht. Ein wissenschaftlihcer Skandal übrigens. Und ich kenne mich in der Geldgeschichte allerbestens aus.
>Doch Geld, so Riese, ist kein Gut, denn es erlaubt vielmehr, sich Güter anzueignen.
Geld ist Schuldendeckungsmittel, sonst nichts. Güter eigne ich mir nicht mit Geld an (das tun Räuber mit der Pistole), sondern ich erwerbe Eigentum an ihnen, nachdem ein schuldrechtlicher Kontrakt so abgewickelt wurde (muss ja nicht gegen Geld sein!), dass der bisherige Eigentümer via Einigung und Übergabe sein Eigentum überträgt.
>Um eine Dominanz der Geld- über die Gütersphäre abzuleiten, muss man folglich die Geldentstehung (nicht geschichtlich, sondern faktisch-aktuell) (gedanklich) von der Gütereben lösen. Doch genau das schaffen Heinsohn und Steiger nicht, da hier stets das Eigentum über die Entstehung und Nichtentstehung des Geldes entscheidet.
Es geht immer nur um die Fragen: Werden Kontrakte eingegangen und werden sie erfüllt? Wie und was und womit ist völlig wurscht. Deshalb ist es auch völlig unerheblich, w a s prouziert wird. Es muss nur dazu dienen, auf dem Markt (= Ort wo ich Schuldendeckungsmittel einsammle) die benötigte Nettoneuverschuldung in Gang zu bringen.
Am Abend eines jeden Markttages sind daher zwnagsläufig mehr Schulden in der Welt als am Morgen (vorausgesetzt, der Markt wird geräumt).
>4.) Diesem Konzept wird nun das der Liquiditätspräferenz gegenübergestellt, das ich jedoch auch nicht unproblematisch sehe.
Liquiditätspräferenz ist, wie richtig vermutet, nicht nur problematisch. Und zwar so sehr, dass ich erst Mal jemand sehen möchte, der eine solche Präferenz auch leibhaftig hat (die Phase der Defla Mal ausgenommen, wo ich Cash halte, weil die Preise fallen und ich alsbald billiger kaufen kann und Cash, weil ich nicht weiß, wie lange meine Bank noch auf ist). Aber vielleicht können die Herren Professoren Mal einen solchen Marktteilnehmer vorführen?
Ich betone noch Mal: Kein Mensch hält Liquidität (z.B. Bargeld oder Girokontenauszug), um sie sich anzuschauen (die Scheine und die Kontenauszüge).
>Das ist heute vielleicht etwas wirr, doch demnächst mehr. Denn dies sind aus meiner Sicht die entscheidenden Fragen, die wir lösen und beantworten müssen, um Erfolge als Oppositionelle zu erzielen.
Der Erfolg kommt so oder so. Tertium non datur.
>Viele Grüße
>BN
>P.S.: Pilgere jetzt zu meinem zweiten Meister und melde mich erst am Nachmittag wieder.
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Bernd Niquet
23.10.2000, 16:29
@ dottore
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Nein, nur der Bauer. Und das ist eine verdammt gute Eröffnung. |
Lieber dottore,
du schreibst:
"Mein Haupteinwand ist das"Gleichgewicht". Diese Theorie besagt, dass die Güter immer mit dem Geld gekauft werden, die sie gekostet haben. Die Theorie ist deshalb falsch, weil zwischen der marktreifen Produktion von Gütern und der Realisierung der vom Anbieter gewünschten Preise ZEIT verstreicht. Der Gegenwert dieser Zeit ist als nachfragendes"Geld" aber nicht vorhanden. Sondern es kann nur dargestellt werden, indem die zusätzliche Nettoneuverschuldung stattfindet."
Dies ist natürlich ein Angriff, der außerhalb des traditionellen Schlachtfeldes stattfindet. Wenn ich jetzt einmal behaupte, dass alle aufklärerischen Theorien letztlich Gleichgewichtstheorien sind, weil wir Zustände überhaupt nur in Form von Gleichgewichten denken und beschreiben können, dann bekommen wir schon Probleme.
Doch ich denke, auch der Debitismus lässt sich in Form von vielen sehr kurzfristigen Gleichgewichtszuständen beschreiben.
"Beim Gewinn gilt das Gleiche: Firma stellt Waren für 1000 her, will aber 1100 vom Markt zurück haben. Wo kommen die 100 her? Die hat die Firma ja nicht als potentielle Nachfrage (= Faktorkosten) in den Kresilauf gebracht. Auch die 100 sind nur durch zusätzliche Verschuldung darstellbar. Marx hat übrigens als erster das Problem erkannt (Bd. III: Wie wird der Mehrwert realisiert)."
Ich bin mir nicht sicher, ob das zwangsläufig ist. Denn die Zentralbank kann diesen Prozeß auch simulieren, indem sie aus dem Altbestand der nicht beliehenen Assets so viele ankauft - und dadurch Geld in Umlauf bringt - wie"Mehrwert" erforderlich ist.
"Die Vorstellung vom wirtschaftlichen Gleichgewicht stammt aus einer Welt, in der keine Zeit abläuft. Dies aber ist leider nicht die Realität, wie wir wissen. Je länger ein Unternehmer auf die Realisierung seiner Marktvorstellungen warten muss (= Verkauf per Waren mal Preis), desto mehr verschuldet er sich, weil die Produktion bekanntlich vorfinanziert wurde. Und selbst wenn der Unternehmer mit einer Cash-Position gestartet ist, macht er auch Verluste, er verliert nämlich (solange er warten muss) just das Geld, das er bei einer alternativen Anlage seines Cashs erwirtschaften würde."
S.o. Ich sehe nicht, dass man das nicht in Form temporärer Gleichgewichts beschreiben kann.
"Das System des von mir kreierten"Debitismus" ist absolut geschlossen, leider: Gleichgewicht herrscht dann, wenn in Höhe der nicht an der Kreislauf in Form von Faktorkostenentlohnung abgegebenen (und damit nicht existenten) Nachfrage just in der Höhe dieses"Minus" zusätzliche Nettoneuverschuldung stattfindet."
Oder die Zentralbank diesen Prozess simuliert.
"Die zusätzliche Verschuldung ist es auch, die das System vorwärts treibt. Denn jetzt müssen die Nachschuldner ihrerseits wieder entsprechende Nachschuldner finden. Und so immer weiter...
Damit ist der Kapitalismus enträtselt, seine Aporie und seine Dynamik zugleich."
100 % Zustimmung.
>3.) Heinsohn und Steiger sehen Geld als Anspruch auf Eigentum. Auch wenn das historisch sicherlich richtig ist, so fragt sich dennoch, ob sich damit erstens eine Eigentümerwirtschaft, wie wir sie heute vorfinden, erklären lässt und zweitens, ob man der Neoklassik damit Paroli bieten kann. Denn das Argument der Vertreter einer Theorie der Geldwirtschaft gegenüber der Neoklassik ist, dass dort jedes mögliche Gut Geld sein kann (Beispiel: Gold oder Muschelgeld). <
"Nein. Muschelgeld schon Mal gar nicht. Das ist reines Rechengeld. So was wie ein Abacus. Auch das kapiert die traditionelle Ã-konomie nicht. Ein wissenschaftlicher Skandal übrigens. Und ich kenne mich in der Geldgeschichte allerbestens aus."
Aber das ist doch gerade mein Punkt beziehungsweise der entscheidende Punkt der Berliner. In der Neoklassik kann jedes Gut Wertmaßstab sein. Deshalb beschreibt sie auch keine Geldwirtschaft, sondern eine Gütertauschwirtschaft. Doch wie dem etwas entgegensetzen??? Ich behaupte, das geht nur dann, wenn man das Geld von den Güter gedanklich abkoppelt. Doch das schaffen Heinsohn und Steiger aus meiner Sicht nicht.
"Geld ist Schuldendeckungsmittel, sonst nichts. Güter eigne ich mir nicht mit Geld an (das tun Räuber mit der Pistole), sondern ich erwerbe Eigentum an ihnen, nachdem ein schuldrechtlicher Kontrakt so abgewickelt wurde (muss ja nicht gegen Geld sein!), dass der bisherige Eigentümer via Einigung und Übergabe sein Eigentum überträgt."
Alles Geld entsteht aus dem Kredit, ist jedoch selbst kein Kredit. Kannst du diese Sichtweise akzeptieren?
>Um eine Dominanz der Geld- über die Gütersphäre abzuleiten, muss man folglich die Geldentstehung (nicht geschichtlich, sondern faktisch-aktuell) (gedanklich) von der Gütereben lösen. Doch genau das schaffen Heinsohn und Steiger nicht, da hier stets das Eigentum über die Entstehung und Nichtentstehung des Geldes entscheidet.
Es geht immer nur um die Fragen: Werden Kontrakte eingegangen und werden sie erfüllt? Wie und was und womit ist völlig wurscht. Deshalb ist es auch völlig unerheblich, w a s prouziert wird. Es muss nur dazu dienen, auf dem Markt (= Ort wo ich Schuldendeckungsmittel einsammle) die benötigte Nettoneuverschuldung in Gang zu bringen.
Am Abend eines jeden Markttages sind daher zwnagsläufig mehr Schulden in der Welt als am Morgen (vorausgesetzt, der Markt wird geräumt).
Das ist sicherlich ein gutes Bild. Doch ist das wirklich zwangsläufig? Denn der Bestand an existierten Vermögenstiteln ist immer größer als die notwendige Neuverschuldung. Die Zentralbank hat damit also die Möglichkeit, diesen Prozess ohne Geldverschlechterung vorzufinanzieren.
>4.) Diesem Konzept wird nun das der Liquiditätspräferenz gegenübergestellt, das ich jedoch auch nicht unproblematisch sehe.
"Liquiditätspräferenz ist, wie richtig vermutet, nicht nur problematisch. Und zwar so sehr, dass ich erst Mal jemand sehen möchte, der eine solche Präferenz auch leibhaftig hat (die Phase der Defla Mal ausgenommen, wo ich Cash halte, weil die Preise fallen und ich alsbald billiger kaufen kann und Cash, weil ich nicht weiß, wie lange meine Bank noch auf ist). Aber vielleicht können die Herren Professoren Mal einen solchen Marktteilnehmer vorführen?
Ich betone noch Mal: Kein Mensch hält Liquidität (z.B. Bargeld oder Girokontenauszug), um sie sich anzuschauen (die Scheine und die Kontenauszüge)."
Hier bin ich allerdings völlig anderer Meinung - und verstehe gar nicht, warum du gegen diesen Punkt so angehst? Ich behaupte, jeder Marktteilnehmer steht täglich vor dieser Entscheidung: Soll ich mein Vermögen in Geld halten oder Wepas kaufen (Kusrisiko) oder reale Investitionen tätigen (an even higher risk). Dadurch bestimmt sich der Zinssatz. Warum kannst du dem nicht zustimmen? Das berührt doch dein System ansonsten gar nicht.
In Erwartung der Antwort die besten Grüße
BN
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dottore
23.10.2000, 17:25
@ Bernd Niquet
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Re: Nein, nur der Bauer. Und das ist eine verdammt gute Eröffnung. Jetzt Gambit! |
Mein lieber Bernd,
so schnelles, grelles Zucker der Blitze...
Also:
>Lieber dottore,
>du schreibst:
>"Mein Haupteinwand ist das"Gleichgewicht". Diese Theorie besagt, dass die Güter immer mit dem Geld gekauft werden, die sie gekostet haben. Die Theorie ist deshalb falsch, weil zwischen der marktreifen Produktion von Gütern und der Realisierung der vom Anbieter gewünschten Preise ZEIT verstreicht. Der Gegenwert dieser Zeit ist als nachfragendes"Geld" aber nicht vorhanden. Sondern es kann nur dargestellt werden, indem die zusätzliche Nettoneuverschuldung stattfindet."
>Dies ist natürlich ein Angriff, der außerhalb des traditionellen Schlachtfeldes stattfindet. Wenn ich jetzt einmal behaupte, dass alle aufklärerischen Theorien letztlich Gleichgewichtstheorien sind, weil wir Zustände überhaupt nur in Form von Gleichgewichten denken und beschreiben können, dann bekommen wir schon Probleme.
>Doch ich denke, auch der Debitismus lässt sich in Form von vielen sehr kurzfristigen Gleichgewichtszuständen beschreiben.
Natürlich ist das eine Infinitesimalbetrachtung. Aber die Ã-konomie ist doch gerade so stolz auf ihre Errungenschaft von wg."Grenznutzen","Grenzertrag","Grenrentabilität des Kapitals". Da muss sie eben auch hier durch.
Also: Selbst wenn jetzt (auf die Uhr geguckt) ein Gleichgewicht herrschte, weil alle bis zu diesem (Jetzt!) Zeitpunkt notwendigen Nachschulden gemacht wurden, ist doch schon wieder Zeit verstrichen, während ich dies schreibe. Und schwupps fehlt schon wieder der nächste Nachschuldner.
Bernd, Du weißt doch, was die Banken unter"banküblicher" Verzinsung verstehen: Bei einem Zinssatz von 10 % p.a. werden nicht nach einem Jahr 10 Prozent aufs Kapital geschlagen. Sondern JEDEN TAG (und das geteilt durch 365 oder 360). Ein kleiner Rechner hilft dabei, auszurechnen, um wie viel der Schuldner am Jahresende eben schuldig ist. MEHR als 10 Prozent. Wie kömmt's?
>"Beim Gewinn gilt das Gleiche: Firma stellt Waren für 1000 her, will aber 1100 vom Markt zurück haben. Wo kommen die 100 her? Die hat die Firma ja nicht als potentielle Nachfrage (= Faktorkosten) in den Kresilauf gebracht. Auch die 100 sind nur durch zusätzliche Verschuldung darstellbar. Marx hat übrigens als erster das Problem erkannt (Bd. III: Wie wird der Mehrwert realisiert)."
>Ich bin mir nicht sicher, ob das zwangsläufig ist. Denn die Zentralbank kann diesen Prozeß auch simulieren, indem sie aus dem Altbestand der nicht beliehenen Assets so viele ankauft - und dadurch Geld in Umlauf bringt - wie"Mehrwert" erforderlich ist.
Das ist richtig. Die Notenbank kann natürlich (siehe mein Beispiel vom Hotel, das der Schweizerischen Nationalbank gehörte) alles kaufen, was sie will. Aber dann landet über kurz oder lang das ganze BIP auf ihrer Aktivseite. Und dann? Dann haben wir die klassische Hyperinflation.
Aber am Ende jeder Hyperinflation sind die Schulden auf ATH. Wieso wohl?
>"Die Vorstellung vom wirtschaftlichen Gleichgewicht stammt aus einer Welt, in der keine Zeit abläuft. Dies aber ist leider nicht die Realität, wie wir wissen. Je länger ein Unternehmer auf die Realisierung seiner Marktvorstellungen warten muss (= Verkauf per Waren mal Preis), desto mehr verschuldet er sich, weil die Produktion bekanntlich vorfinanziert wurde. Und selbst wenn der Unternehmer mit einer Cash-Position gestartet ist, macht er auch Verluste, er verliert nämlich (solange er warten muss) just das Geld, das er bei einer alternativen Anlage seines Cashs erwirtschaften würde."
>S.o. Ich sehe nicht, dass man das nicht in Form temporärer Gleichgewichts beschreiben kann.
Was ist temporär? Eine Sekunde? Eine Stunde? Ein Tag. Denk an das Beispiel mit der banküblichen Verzinsung. Die Banken könnten die Zinsen nach jeder Sekunde bereits draufschlagen. Bisher tun sie's"nur" für jeden Tag.
>"Das System des von mir kreierten"Debitismus" ist absolut geschlossen, leider: Gleichgewicht herrscht dann, wenn in Höhe der nicht an der Kreislauf in Form von Faktorkostenentlohnung abgegebenen (und damit nicht existenten) Nachfrage just in der Höhe dieses"Minus" zusätzliche Nettoneuverschuldung stattfindet."
>Oder die Zentralbank diesen Prozess simuliert.
Die muss dazu nichts simulieren. Die kauft einfach alle Märkte so lange leer, bis alle Vorschuldner zufrieden nach Hause gehen. Dann - siehe oben - haben wir die Komplett-Perversion des"gesetzlichen Zahlungsmittels". Und - wie gesagt - die Hyperinflation. Und jeder würde produzieren wie und was er will. Er muss ja nicht mehr auf Märkte Rücksicht nehmen. Aber eben - Hyperinflation. Und zum Schluss - siehe 1923 - wird jeder, der mit einer Banknote daher kommt, ausgelacht. Das Papier kann er selbst bedrucken (sprat ebenfalls zeit).
>"Die zusätzliche Verschuldung ist es auch, die das System vorwärts treibt. Denn jetzt müssen die Nachschuldner ihrerseits wieder entsprechende Nachschuldner finden. Und so immer weiter...
>Damit ist der Kapitalismus enträtselt, seine Aporie und seine Dynamik zugleich."
>100 % Zustimmung.
Vielen Dank. Wir kommen voran.
>
>>3.) Heinsohn und Steiger sehen Geld als Anspruch auf Eigentum. Auch wenn das historisch sicherlich richtig ist, so fragt sich dennoch, ob sich damit erstens eine Eigentümerwirtschaft, wie wir sie heute vorfinden, erklären lässt und zweitens, ob man der Neoklassik damit Paroli bieten kann. Denn das Argument der Vertreter einer Theorie der Geldwirtschaft gegenüber der Neoklassik ist, dass dort jedes mögliche Gut Geld sein kann (Beispiel: Gold oder Muschelgeld). <
>"Nein. Muschelgeld schon Mal gar nicht. Das ist reines Rechengeld. So was wie ein Abacus. Auch das kapiert die traditionelle Ã-konomie nicht. Ein wissenschaftlicher Skandal übrigens. Und ich kenne mich in der Geldgeschichte allerbestens aus."
>Aber das ist doch gerade mein Punkt beziehungsweise der entscheidende Punkt der Berliner. In der Neoklassik kann jedes Gut Wertmaßstab sein. Deshalb beschreibt sie auch keine Geldwirtschaft, sondern eine Gütertauschwirtschaft. Doch wie dem etwas entgegensetzen??? Ich behaupte, das geht nur dann, wenn man das Geld von den Güter gedanklich abkoppelt. Doch das schaffen Heinsohn und Steiger aus meiner Sicht nicht.
Mag sein. Es ist eh kompliziert genug. Aber es gibt keine Gütertauschwirtschaft (ich betone: WIRTSCHAFT!) und es hat sie historisch auch nie gegeben (wir reden jetzt nicht vom"Stechen", siehe Grimms Wörterbuch). Wie sollten auch Güter, die dann getauscht werden sollen, hergestellt werden, wenn nicht über Vorfinanzierung (ich hatte Mal das Beispiel"Obolos" gebracht, nicht gelesen? Obolos = Münze und Obolos = Lanze; wer hat sie wohl hergestellt die Lanzen und womit hat er die Arbeiter bezahlt, denke an Sokrates, der an einer Schwertfabrik beteiligt war).
>
>"Geld ist Schuldendeckungsmittel, sonst nichts. Güter eigne ich mir nicht mit Geld an (das tun Räuber mit der Pistole), sondern ich erwerbe Eigentum an ihnen, nachdem ein schuldrechtlicher Kontrakt so abgewickelt wurde (muss ja nicht gegen Geld sein!), dass der bisherige Eigentümer via Einigung und Übergabe sein Eigentum überträgt."
>Alles Geld entsteht aus dem Kredit, ist jedoch selbst kein Kredit. Kannst du diese Sichtweise akzeptieren?
Alles Geld...: Richtig. Kann aber auch Kredit sein, zum Beispiel kann ich Dir einen Hunni leihen und Dich bitten, mir genau diesen (!) zurückzugeben. Dann wäre auch das mit der Liquiditätspräferenz aus der Welt.
>>Um eine Dominanz der Geld- über die Gütersphäre abzuleiten, muss man folglich die Geldentstehung (nicht geschichtlich, sondern faktisch-aktuell) (gedanklich) von der Gütereben lösen. Doch genau das schaffen Heinsohn und Steiger nicht, da hier stets das Eigentum über die Entstehung und Nichtentstehung des Geldes entscheidet.
>Es geht immer nur um die Fragen: Werden Kontrakte eingegangen und werden sie erfüllt? Wie und was und womit ist völlig wurscht. Deshalb ist es auch völlig unerheblich, w a s prouziert wird. Es muss nur dazu dienen, auf dem Markt (= Ort wo ich Schuldendeckungsmittel einsammle) die benötigte Nettoneuverschuldung in Gang zu bringen.
>Am Abend eines jeden Markttages sind daher zwangsläufig mehr Schulden in der Welt als am Morgen (vorausgesetzt, der Markt wird geräumt).
>Das ist sicherlich ein gutes Bild. Doch ist das wirklich zwangsläufig? Denn der Bestand an existierten Vermögenstiteln ist immer größer als die notwendige Neuverschuldung. Die Zentralbank hat damit also die Möglichkeit, diesen Prozess ohne Geldverschlechterung vorzufinanzieren.
Nicht die Zentralbank finanziert vor. Niemals! Sie diskontiert nur bereits vorfinanzierende Papiere. Es sei denn die Zentralbank kauft unter Missbrauch ihres Notenmonopols alles auf (siehe oben).
Die Vermögenstitel gehören da überhaupt nicht hin. Vermögenstitel sind ja nur dann welche, wenn es bereits Geld gibt, denn sonst wären sie ja nicht zu"bewerten" (in was auch?). Und damit sind wir wieder beim Geld. Und damit bei den Schulden und damit bei der Finanzierung, usw.
>>4.) Diesem Konzept wird nun das der Liquiditätspräferenz gegenübergestellt, das ich jedoch auch nicht unproblematisch sehe.
>"Liquiditätspräferenz ist, wie richtig vermutet, nicht nur problematisch. Und zwar so sehr, dass ich erst Mal jemand sehen möchte, der eine solche Präferenz auch leibhaftig hat (die Phase der Defla Mal ausgenommen, wo ich Cash halte, weil die Preise fallen und ich alsbald billiger kaufen kann und Cash, weil ich nicht weiß, wie lange meine Bank noch auf ist). Aber vielleicht können die Herren Professoren Mal einen solchen Marktteilnehmer vorführen?
>Ich betone noch Mal: Kein Mensch hält Liquidität (z.B. Bargeld oder Girokontenauszug), um sie sich anzuschauen (die Scheine und die Kontenauszüge)."
>Hier bin ich allerdings völlig anderer Meinung - und verstehe gar nicht, warum du gegen diesen Punkt so angehst? Ich behaupte, jeder Marktteilnehmer steht täglich vor dieser Entscheidung: Soll ich mein Vermögen in Geld halten oder Wepas kaufen (Kusrisiko) oder reale Investitionen tätigen (an even higher risk). Dadurch bestimmt sich der Zinssatz. Warum kannst du dem nicht zustimmen? Das berührt doch dein System ansonsten gar nicht.
Jeder Marktteilnehmer steht täglich...? Ja, sicher. Aber wo hat er denn sein Geld? Doch nicht gehortet unter der Matratze oder in Rahmen gehängt in seinem Zimmer. Er hat es doch angelegt (und sei's zum Miniminiminizins bei der Bank). Wenn er sein Geld"abhebt", ist das ja nicht weg, sondern wird einem anderen zugebucht. So geht's immer. Aber was Du meinst, ist die unterschiedliche Frist (plus Risiko) von Anlagen. Da kann ich rummachen wie ich will. Aber ich halte doch niemals Liquidität als solche. Netto.
Und die Liquipräferenz-Theorie kommt erst Recht ins Schwitzen, wenn wir eine inverse Zinskurve haben. Dann kostet Tagesgeld 20 % und am langen Ende gibt 10 %. Was ist denn dann mit der Liquipräferenz?
>In Erwartung der Antwort die besten Grüße
>BN
Antwort da (krieg jetzt doch 'nen Schreibkrampf ;-)
Besten Gruß
d.
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Bernd Niquet
23.10.2000, 19:05
@ dottore
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So viel Stoff!!! Erlaube mir, erst Morgen zu retounieren (owt) |
>
>Mein lieber Bernd,
>so schnelles, grelles Zucker der Blitze...
>Also:
>>Lieber dottore,
>>du schreibst:
>>"Mein Haupteinwand ist das"Gleichgewicht". Diese Theorie besagt, dass die Güter immer mit dem Geld gekauft werden, die sie gekostet haben. Die Theorie ist deshalb falsch, weil zwischen der marktreifen Produktion von Gütern und der Realisierung der vom Anbieter gewünschten Preise ZEIT verstreicht. Der Gegenwert dieser Zeit ist als nachfragendes"Geld" aber nicht vorhanden. Sondern es kann nur dargestellt werden, indem die zusätzliche Nettoneuverschuldung stattfindet."
>>Dies ist natürlich ein Angriff, der außerhalb des traditionellen Schlachtfeldes stattfindet. Wenn ich jetzt einmal behaupte, dass alle aufklärerischen Theorien letztlich Gleichgewichtstheorien sind, weil wir Zustände überhaupt nur in Form von Gleichgewichten denken und beschreiben können, dann bekommen wir schon Probleme.
>>Doch ich denke, auch der Debitismus lässt sich in Form von vielen sehr kurzfristigen Gleichgewichtszuständen beschreiben.
>Natürlich ist das eine Infinitesimalbetrachtung. Aber die Ã-konomie ist doch gerade so stolz auf ihre Errungenschaft von wg."Grenznutzen","Grenzertrag","Grenrentabilität des Kapitals". Da muss sie eben auch hier durch.
>Also: Selbst wenn jetzt (auf die Uhr geguckt) ein Gleichgewicht herrschte, weil alle bis zu diesem (Jetzt!) Zeitpunkt notwendigen Nachschulden gemacht wurden, ist doch schon wieder Zeit verstrichen, während ich dies schreibe. Und schwupps fehlt schon wieder der nächste Nachschuldner.
>Bernd, Du weißt doch, was die Banken unter"banküblicher" Verzinsung verstehen: Bei einem Zinssatz von 10 % p.a. werden nicht nach einem Jahr 10 Prozent aufs Kapital geschlagen. Sondern JEDEN TAG (und das geteilt durch 365 oder 360). Ein kleiner Rechner hilft dabei, auszurechnen, um wie viel der Schuldner am Jahresende eben schuldig ist. MEHR als 10 Prozent. Wie kömmt's?
>>"Beim Gewinn gilt das Gleiche: Firma stellt Waren für 1000 her, will aber 1100 vom Markt zurück haben. Wo kommen die 100 her? Die hat die Firma ja nicht als potentielle Nachfrage (= Faktorkosten) in den Kresilauf gebracht. Auch die 100 sind nur durch zusätzliche Verschuldung darstellbar. Marx hat übrigens als erster das Problem erkannt (Bd. III: Wie wird der Mehrwert realisiert)."
>>Ich bin mir nicht sicher, ob das zwangsläufig ist. Denn die Zentralbank kann diesen Prozeß auch simulieren, indem sie aus dem Altbestand der nicht beliehenen Assets so viele ankauft - und dadurch Geld in Umlauf bringt - wie"Mehrwert" erforderlich ist.
>Das ist richtig. Die Notenbank kann natürlich (siehe mein Beispiel vom Hotel, das der Schweizerischen Nationalbank gehörte) alles kaufen, was sie will. Aber dann landet über kurz oder lang das ganze BIP auf ihrer Aktivseite. Und dann? Dann haben wir die klassische Hyperinflation.
>Aber am Ende jeder Hyperinflation sind die Schulden auf ATH. Wieso wohl?
>>"Die Vorstellung vom wirtschaftlichen Gleichgewicht stammt aus einer Welt, in der keine Zeit abläuft. Dies aber ist leider nicht die Realität, wie wir wissen. Je länger ein Unternehmer auf die Realisierung seiner Marktvorstellungen warten muss (= Verkauf per Waren mal Preis), desto mehr verschuldet er sich, weil die Produktion bekanntlich vorfinanziert wurde. Und selbst wenn der Unternehmer mit einer Cash-Position gestartet ist, macht er auch Verluste, er verliert nämlich (solange er warten muss) just das Geld, das er bei einer alternativen Anlage seines Cashs erwirtschaften würde."
>>S.o. Ich sehe nicht, dass man das nicht in Form temporärer Gleichgewichts beschreiben kann.
>Was ist temporär? Eine Sekunde? Eine Stunde? Ein Tag. Denk an das Beispiel mit der banküblichen Verzinsung. Die Banken könnten die Zinsen nach jeder Sekunde bereits draufschlagen. Bisher tun sie's"nur" für jeden Tag.
>>"Das System des von mir kreierten"Debitismus" ist absolut geschlossen, leider: Gleichgewicht herrscht dann, wenn in Höhe der nicht an der Kreislauf in Form von Faktorkostenentlohnung abgegebenen (und damit nicht existenten) Nachfrage just in der Höhe dieses"Minus" zusätzliche Nettoneuverschuldung stattfindet."
>>Oder die Zentralbank diesen Prozess simuliert.
>Die muss dazu nichts simulieren. Die kauft einfach alle Märkte so lange leer, bis alle Vorschuldner zufrieden nach Hause gehen. Dann - siehe oben - haben wir die Komplett-Perversion des"gesetzlichen Zahlungsmittels". Und - wie gesagt - die Hyperinflation. Und jeder würde produzieren wie und was er will. Er muss ja nicht mehr auf Märkte Rücksicht nehmen. Aber eben - Hyperinflation. Und zum Schluss - siehe 1923 - wird jeder, der mit einer Banknote daher kommt, ausgelacht. Das Papier kann er selbst bedrucken (sprat ebenfalls zeit).
>>"Die zusätzliche Verschuldung ist es auch, die das System vorwärts treibt. Denn jetzt müssen die Nachschuldner ihrerseits wieder entsprechende Nachschuldner finden. Und so immer weiter...
>>Damit ist der Kapitalismus enträtselt, seine Aporie und seine Dynamik zugleich."
>>100 % Zustimmung.
>Vielen Dank. Wir kommen voran.
>>
>>>3.) Heinsohn und Steiger sehen Geld als Anspruch auf Eigentum. Auch wenn das historisch sicherlich richtig ist, so fragt sich dennoch, ob sich damit erstens eine Eigentümerwirtschaft, wie wir sie heute vorfinden, erklären lässt und zweitens, ob man der Neoklassik damit Paroli bieten kann. Denn das Argument der Vertreter einer Theorie der Geldwirtschaft gegenüber der Neoklassik ist, dass dort jedes mögliche Gut Geld sein kann (Beispiel: Gold oder Muschelgeld). <
>>"Nein. Muschelgeld schon Mal gar nicht. Das ist reines Rechengeld. So was wie ein Abacus. Auch das kapiert die traditionelle Ã-konomie nicht. Ein wissenschaftlicher Skandal übrigens. Und ich kenne mich in der Geldgeschichte allerbestens aus."
>>Aber das ist doch gerade mein Punkt beziehungsweise der entscheidende Punkt der Berliner. In der Neoklassik kann jedes Gut Wertmaßstab sein. Deshalb beschreibt sie auch keine Geldwirtschaft, sondern eine Gütertauschwirtschaft. Doch wie dem etwas entgegensetzen??? Ich behaupte, das geht nur dann, wenn man das Geld von den Güter gedanklich abkoppelt. Doch das schaffen Heinsohn und Steiger aus meiner Sicht nicht.
>Mag sein. Es ist eh kompliziert genug. Aber es gibt keine Gütertauschwirtschaft (ich betone: WIRTSCHAFT!) und es hat sie historisch auch nie gegeben (wir reden jetzt nicht vom"Stechen", siehe Grimms Wörterbuch). Wie sollten auch Güter, die dann getauscht werden sollen, hergestellt werden, wenn nicht über Vorfinanzierung (ich hatte Mal das Beispiel"Obolos" gebracht, nicht gelesen? Obolos = Münze und Obolos = Lanze; wer hat sie wohl hergestellt die Lanzen und womit hat er die Arbeiter bezahlt, denke an Sokrates, der an einer Schwertfabrik beteiligt war).
>>
>>"Geld ist Schuldendeckungsmittel, sonst nichts. Güter eigne ich mir nicht mit Geld an (das tun Räuber mit der Pistole), sondern ich erwerbe Eigentum an ihnen, nachdem ein schuldrechtlicher Kontrakt so abgewickelt wurde (muss ja nicht gegen Geld sein!), dass der bisherige Eigentümer via Einigung und Übergabe sein Eigentum überträgt."
>>Alles Geld entsteht aus dem Kredit, ist jedoch selbst kein Kredit. Kannst du diese Sichtweise akzeptieren?
>Alles Geld...: Richtig. Kann aber auch Kredit sein, zum Beispiel kann ich Dir einen Hunni leihen und Dich bitten, mir genau diesen (!) zurückzugeben. Dann wäre auch das mit der Liquiditätspräferenz aus der Welt.
>>>Um eine Dominanz der Geld- über die Gütersphäre abzuleiten, muss man folglich die Geldentstehung (nicht geschichtlich, sondern faktisch-aktuell) (gedanklich) von der Gütereben lösen. Doch genau das schaffen Heinsohn und Steiger nicht, da hier stets das Eigentum über die Entstehung und Nichtentstehung des Geldes entscheidet.
>>Es geht immer nur um die Fragen: Werden Kontrakte eingegangen und werden sie erfüllt? Wie und was und womit ist völlig wurscht. Deshalb ist es auch völlig unerheblich, w a s prouziert wird. Es muss nur dazu dienen, auf dem Markt (= Ort wo ich Schuldendeckungsmittel einsammle) die benötigte Nettoneuverschuldung in Gang zu bringen.
>>Am Abend eines jeden Markttages sind daher zwangsläufig mehr Schulden in der Welt als am Morgen (vorausgesetzt, der Markt wird geräumt).
>>Das ist sicherlich ein gutes Bild. Doch ist das wirklich zwangsläufig? Denn der Bestand an existierten Vermögenstiteln ist immer größer als die notwendige Neuverschuldung. Die Zentralbank hat damit also die Möglichkeit, diesen Prozess ohne Geldverschlechterung vorzufinanzieren.
>Nicht die Zentralbank finanziert vor. Niemals! Sie diskontiert nur bereits vorfinanzierende Papiere. Es sei denn die Zentralbank kauft unter Missbrauch ihres Notenmonopols alles auf (siehe oben).
>Die Vermögenstitel gehören da überhaupt nicht hin. Vermögenstitel sind ja nur dann welche, wenn es bereits Geld gibt, denn sonst wären sie ja nicht zu"bewerten" (in was auch?). Und damit sind wir wieder beim Geld. Und damit bei den Schulden und damit bei der Finanzierung, usw.
>>>4.) Diesem Konzept wird nun das der Liquiditätspräferenz gegenübergestellt, das ich jedoch auch nicht unproblematisch sehe.
>>"Liquiditätspräferenz ist, wie richtig vermutet, nicht nur problematisch. Und zwar so sehr, dass ich erst Mal jemand sehen möchte, der eine solche Präferenz auch leibhaftig hat (die Phase der Defla Mal ausgenommen, wo ich Cash halte, weil die Preise fallen und ich alsbald billiger kaufen kann und Cash, weil ich nicht weiß, wie lange meine Bank noch auf ist). Aber vielleicht können die Herren Professoren Mal einen solchen Marktteilnehmer vorführen?
>>Ich betone noch Mal: Kein Mensch hält Liquidität (z.B. Bargeld oder Girokontenauszug), um sie sich anzuschauen (die Scheine und die Kontenauszüge)."
>>Hier bin ich allerdings völlig anderer Meinung - und verstehe gar nicht, warum du gegen diesen Punkt so angehst? Ich behaupte, jeder Marktteilnehmer steht täglich vor dieser Entscheidung: Soll ich mein Vermögen in Geld halten oder Wepas kaufen (Kusrisiko) oder reale Investitionen tätigen (an even higher risk). Dadurch bestimmt sich der Zinssatz. Warum kannst du dem nicht zustimmen? Das berührt doch dein System ansonsten gar nicht.
>Jeder Marktteilnehmer steht täglich...? Ja, sicher. Aber wo hat er denn sein Geld? Doch nicht gehortet unter der Matratze oder in Rahmen gehängt in seinem Zimmer. Er hat es doch angelegt (und sei's zum Miniminiminizins bei der Bank). Wenn er sein Geld"abhebt", ist das ja nicht weg, sondern wird einem anderen zugebucht. So geht's immer. Aber was Du meinst, ist die unterschiedliche Frist (plus Risiko) von Anlagen. Da kann ich rummachen wie ich will. Aber ich halte doch niemals Liquidität als solche. Netto.
>Und die Liquipräferenz-Theorie kommt erst Recht ins Schwitzen, wenn wir eine inverse Zinskurve haben. Dann kostet Tagesgeld 20 % und am langen Ende gibt 10 %. Was ist denn dann mit der Liquipräferenz?
>>In Erwartung der Antwort die besten Grüße
>>BN
>Antwort da (krieg jetzt doch 'nen Schreibkrampf ;-)
>Besten Gruß
>d.
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Jochen
23.10.2000, 19:28
@ dottore
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Re: Nein, nur der Bauer. Und das ist eine verdammt gute Eröffnung. Jetzt Gambit! |
Hallo Leute,
>>>3.) Heinsohn und Steiger sehen Geld als Anspruch auf Eigentum. Auch wenn das historisch sicherlich richtig ist, so fragt sich dennoch, ob sich damit erstens eine Eigentümerwirtschaft, wie wir sie heute vorfinden, erklären lässt und zweitens, ob man der Neoklassik damit Paroli bieten kann. Denn das Argument der Vertreter einer Theorie der Geldwirtschaft gegenüber der Neoklassik ist, dass dort jedes mögliche Gut Geld sein kann (Beispiel: Gold oder Muschelgeld). <
>>"Nein. Muschelgeld schon Mal gar nicht. Das ist reines Rechengeld. So was wie ein Abacus. Auch das kapiert die traditionelle Ã-konomie nicht. Ein wissenschaftlicher Skandal übrigens. Und ich kenne mich in der Geldgeschichte allerbestens aus."
>>Aber das ist doch gerade mein Punkt beziehungsweise der entscheidende Punkt der Berliner. In der Neoklassik kann jedes Gut Wertmaßstab sein. Deshalb beschreibt sie auch keine Geldwirtschaft, sondern eine Gütertauschwirtschaft. Doch wie dem etwas entgegensetzen??? Ich behaupte, das geht nur dann, wenn man das Geld von den Güter gedanklich abkoppelt. Doch das schaffen Heinsohn und Steiger aus meiner Sicht nicht.
>Mag sein. Es ist eh kompliziert genug. Aber es gibt keine Gütertauschwirtschaft (ich betone: WIRTSCHAFT!) und es hat sie historisch auch nie gegeben (wir reden jetzt nicht vom"Stechen", siehe Grimms Wörterbuch). Wie sollten auch Güter, die dann getauscht werden sollen, hergestellt werden, wenn nicht über Vorfinanzierung (ich hatte Mal das Beispiel"Obolos" gebracht, nicht gelesen? Obolos = Münze und Obolos = Lanze; wer hat sie wohl hergestellt die Lanzen und womit hat er die Arbeiter bezahlt, denke an Sokrates, der an einer Schwertfabrik beteiligt war).
>>
>>"Geld ist Schuldendeckungsmittel, sonst nichts. Güter eigne ich mir nicht mit Geld an (das tun Räuber mit der Pistole), sondern ich erwerbe Eigentum an ihnen, nachdem ein schuldrechtlicher Kontrakt so abgewickelt wurde (muss ja nicht gegen Geld sein!), dass der bisherige Eigentümer via Einigung und Übergabe sein Eigentum überträgt."
>>Alles Geld entsteht aus dem Kredit, ist jedoch selbst kein Kredit. Kannst du diese Sichtweise akzeptieren?
>Alles Geld...: Richtig. Kann aber auch Kredit sein, zum Beispiel kann ich Dir einen Hunni leihen und Dich bitten, mir genau diesen (!) zurückzugeben. Dann wäre auch das mit der Liquiditätspräferenz aus der Welt.
>>>Um eine Dominanz der Geld- über die Gütersphäre abzuleiten, muss man folglich die Geldentstehung (nicht geschichtlich, sondern faktisch-aktuell) (gedanklich) von der Gütereben lösen. Doch genau das schaffen Heinsohn und Steiger nicht, da hier stets das Eigentum über die Entstehung und Nichtentstehung des Geldes entscheidet.
>>Es geht immer nur um die Fragen: Werden Kontrakte eingegangen und werden sie erfüllt? Wie und was und womit ist völlig wurscht. Deshalb ist es auch völlig unerheblich, w a s prouziert wird. Es muss nur dazu dienen, auf dem Markt (= Ort wo ich Schuldendeckungsmittel einsammle) die benötigte Nettoneuverschuldung in Gang zu bringen.
Mir scheint, daß es unglaublich schwerfällt, sich den Unterschied Eigentum/Besitz tatsächlich klarzumachen.
"...muss man folglich die Geldentstehung (nicht geschichtlich, sondern faktisch-aktuell) (gedanklich) von der Güterebene lösen..."
Dem Terminus"Geldentstehung" haftet auch der 'Geruch' des Produzierten an (Geld entsteht, Güter entstehen usw.).
Geld entsteht bei jedem eingegangenen Kontrakt. Jede Forderung ist Geld.
Von Bethmann:
"Alles Geld ist"Anspruch auf Zahlung in Geld". Anspruch auf Be-Zahlung, Aus-Zahlung, Rück-Zahlung, also jede Geld-Forderung.
Geld-Schöpfung findet statt mit jedem neuen"Kredit"-Vertrag, (z.B. auch Kauf-Vertrag, Miet-Vertrag, Lohn-Vertrag).
Neues Geld entsteht auch mit jeder fälligen Zins-Gutschrift bzw. Zins-Belastung (Geldvermehrung aus Zinsen).
Geld-Vernichtung findet statt nur mit Streichung, Ausbuchung ("Verzicht") durch den Gläubiger." (aus: Von Bethmann, Unbezahlte Rechnungen. Die Geldmengenpolitik ist am Ende, Frankfurt 1994)
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dottore
23.10.2000, 20:46
@ Jochen
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Re: Nein, nur der Bauer. Und das ist eine verdammt gute Eröffnung. Jetzt Gambit! |
Hallo Jochen,
vielleicht siehst Du es schon klarer als wir alten Säcke, die sich mit dem Scheiß (uuups!) seit Jahrzehnten rumgeplagt haben.
Es geht aber, um zu Deinem Kern zu kommen, nicht um das Problem Eigentum/Besitz. Dem wäre ja noch beizukommen.
Sondern es geht um das Problem Sache/Forderung.
Und das ist zwickelig.
Also. Vor mir liegt der Huni mit der Nummer GK5167775K5 (buchstäblich; ich liebe es überhaupt immer, Hunis anzuschauen schon allein wg. Clara und ihrem Perlenkettchen, einfach schön! Was aber kein Nachgeben gg. Bernd Niquet ist von wegen es gäbe so was wie Liquiditätspräferenz, hoho).
Mein Eigentum und mein Besitz. Ist der Huni auch eine Forderung? Nein. Ich wüßte nicht gegen wen.
Ich leih ihn Dir. Was ist das dann?
a) Ein Anspruch auf Rückgabe meines Eigentums.
b) Ein Anspruich auf Wiedereinsetzung in meinen Status des Besitzers dieses Scheins.
c) Ein Anspruch auf Rückgabe eines Scheines gleicher Art (sog."fungible Sache").
d) Eine Forderung auf Versetzung in den gleichen Stand (= ich muss auch 5 Zwanziger akzeptieren).
e) Was anderes. Was dann?
Das müssen wir, glaube ich, erst Mal üben. Und wenn wir das intus haben, geht's weiter.
Davon unabhängig, hat Bethmann (kenne ihn allerbestens, armer Kerl, weil so verkannt) fast völlig Recht. Danke daher für Deinen Hinweis.
d.
>Mir scheint, daß es unglaublich schwerfällt, sich den Unterschied Eigentum/Besitz tatsächlich klarzumachen.
Ja.
>"...muss man folglich die Geldentstehung (nicht geschichtlich, sondern faktisch-aktuell) (gedanklich) von der Güterebene lösen..."
Ja, aber geschichtlich macht es keinerlei Probleme.
>Dem Terminus"Geldentstehung" haftet auch der 'Geruch' des Produzierten an (Geld entsteht, Güter entstehen usw.).
Richtig. Es gibt so wenig"produziertes Geld" wie es"Geldmengen" gibt.
>Geld entsteht bei jedem eingegangenen Kontrakt. Jede Forderung ist Geld.
Richtig.
>Von Bethmann:
>"Alles Geld ist"Anspruch auf Zahlung in Geld". Anspruch auf Be-Zahlung, Aus-Zahlung, Rück-Zahlung, also jede Geld-Forderung.
>Geld-Schöpfung findet statt mit jedem neuen"Kredit"-Vertrag, (z.B. auch Kauf-Vertrag, Miet-Vertrag, Lohn-Vertrag).
>Neues Geld entsteht auch mit jeder fälligen Zins-Gutschrift bzw. Zins-Belastung (Geldvermehrung aus Zinsen).
EINSPRUCH! Das Letzte gesamtwirtschaftlich nur, wenn diese Geldvermehrung dadurch staatfindet, dass zusätzlich netto neue Schulden gemacht werden (meine zentrale These). Eine Zinsgutschrift als solche ist bloß eine Gutschrift. Ob ich sie auch verwenden, sprich am Markt verwerten kann, hängt davon ab, ob derjenige, der mir die Gutschrift gewährt hat, noch finanziell an Bord ist, was er - sub summa aller - nur sein kann, wenn diese Nettoneuverschuldung stattfindet.
>Geld-Vernichtung findet statt nur mit Streichung, Ausbuchung ("Verzicht") durch den Gläubiger."
Richtig. Aber leider nur zum Teil, deshalb bringt Bethmann auch solche dramatischen Extremsituationen wie Streichung oder Verzicht.
Also doch: NEIN. Geld wird vernichtet durch KONSUM (= Tilgung der vermaledeiten Urschuld, des Ur-Solls). Und das geschieht jeden Tag und ganz undramatisch.
>(aus: Von Bethmann, Unbezahlte Rechnungen. Die Geldmengenpolitik ist am Ende, Frankfurt 1994)
Gutes Buch, wenn auch nicht das Ende der Fahnenstange. Aber herzlichen Dank für diesen Hinweis.
Grüße
d.
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Jochen
23.10.2000, 22:12
@ dottore
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Re: Zinsen usw. |
Hallo Dottore,
>vielleicht siehst Du es schon klarer als wir alten Säcke, die sich mit dem Scheiß (uuups!) seit Jahrzehnten rumgeplagt haben.
>Es geht aber, um zu Deinem Kern zu kommen, nicht um das Problem Eigentum/Besitz. Dem wäre ja noch beizukommen.
>Sondern es geht um das Problem Sache/Forderung.
Richtig, das kommt von meiner Schnellschreiberei...
>Und das ist zwickelig.
>Also. Vor mir liegt der Huni mit der Nummer GK5167775K5
>Mein Eigentum und mein Besitz. Ist der Huni auch eine Forderung? Nein. Ich wüßte nicht gegen wen.
Ist der Hunni zumindest eine (theoretische) Forderung gegenüber der Notenbank?
Bei Goldstandard hättest du doch Anspruch auf Einlösung?
>Ich leih ihn Dir. Was ist das dann?
>a) Ein Anspruch auf Rückgabe meines Eigentums.
>b) Ein Anspruich auf Wiedereinsetzung in meinen Status des Besitzers dieses Scheins.
>c) Ein Anspruch auf Rückgabe eines Scheines gleicher Art (sog."fungible Sache").
>d) Eine Forderung auf Versetzung in den gleichen Stand (= ich muss auch 5 Zwanziger akzeptieren).
>e) Was anderes. Was dann?
>Das müssen wir, glaube ich, erst Mal üben. Und wenn wir das intus haben, geht's weiter.
Langsam raucht der Schädel!
>>Neues Geld entsteht auch mit jeder fälligen Zins-Gutschrift bzw. Zins-Belastung (Geldvermehrung aus Zinsen).
>EINSPRUCH! Das Letzte gesamtwirtschaftlich nur, wenn diese Geldvermehrung dadurch stattfindet, dass zusätzlich netto neue Schulden gemacht werden (meine zentrale These). Eine Zinsgutschrift als solche ist bloß eine Gutschrift. Ob ich sie auch verwenden, sprich am Markt verwerten kann, hängt davon ab, ob derjenige, der mir die Gutschrift gewährt hat, noch finanziell an Bord ist, was er - sub summa aller - nur sein kann, wenn diese Nettoneuverschuldung stattfindet.
Für mich zum Verständnis: Die Zinsbelastung ist also nach deiner Meinung noch kein Geld oder sozusagen pränatales Geld:-)?
Das mit der Netto-Neuverschuldung ist mir klar, aber ist der Zins nicht auch eine Forderung?
Kannst du das vielleicht nochmal erläutern? Denn im Grunde bin ich doch bei jeder Forderung darauf angewiesen, daß mein Vertragspartner noch am Markt ist.
>>Geld-Vernichtung findet statt nur mit Streichung, Ausbuchung ("Verzicht") durch den Gläubiger."
>Richtig. Aber leider nur zum Teil, deshalb bringt Bethmann auch solche dramatischen Extremsituationen wie Streichung oder Verzicht.
>Also doch: NEIN. Geld wird vernichtet durch KONSUM (= Tilgung der vermaledeiten Urschuld, des Ur-Solls). Und das geschieht jeden Tag und ganz undramatisch.
Klaro, das hätte ich aus deinen Büchern auch noch abschreiben können, war aber zu faul:-)
>>(aus: Von Bethmann, Unbezahlte Rechnungen. Die Geldmengenpolitik ist am Ende, Frankfurt 1994)
>Gutes Buch, wenn auch nicht das Ende der Fahnenstange.
Ist auch nicht sein bestes, aber es sind schöne, (vielleicht zu)knappe Formulierungen drin.
Grüßle aus dem Schwabenland
Jochen
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dottore
23.10.2000, 23:09
@ Jochen
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Re: Zinsen usw. Sehr gut, Jochen! |
Hi Jochenschwoberle-
>Richtig, das kommt von meiner Schnellschreiberei...
Macht nix. Frag nicht, wie ich in Deinem Alter drauf war!
>Ist der Hunni zumindest eine (theoretische) Forderung gegenüber der Notenbank?
>Bei Goldstandard hättest du doch Anspruch auf Einlösung?
Ja, einen Anspruch, sofern draufgedruckt. Daher"Note" (nota = Schuldschein).
>Langsam raucht der Schädel!
Gut so, wenn er abkühlt, ist er noch viel besser.
>Für mich zum Verständnis: Die Zinsbelastung ist also nach deiner Meinung noch kein Geld oder sozusagen pränatales Geld:-)?
Sehr gut beoachtet, Kompliment! Es ist eine Forderung, die aber erst dann zu"Geld" wird, wenn der Kontraktpartner (wer auch immer) damit einverstanden ist. Was die beiden dann vereinbaren und"protokollieren" und darüber ausstellen - das ist Geld!
>Das mit der Netto-Neuverschuldung ist mir klar, aber ist der Zins nicht auch eine Forderung?
Ja, aber eine, die noch nicht per Kontrakt bestätigt wurde. Das ist sehr wichtig! Bis dahin ist der Zins nur Wunsch/Hoffnung, dass sich jemand findet, der in seiner Höhe bereit ist, sich seinerseits zu verschulden. (Das ist - nebenbei - der religiöse Kern der Vorstellung, dass Christus unser aller Sünden = Schulden auf sich genommen hat; auf unser Beispiel hier & heute übertragen: Diese Forderung ist quasi der noch nicht existente Christus. Tut mir leid, mit solchen Abwegigkeiten zu kommen, aber manchmal findet man dadurch leichter zum Verständnis. Hat also mit Religion absolut nix zu tun).
>Kannst du das vielleicht nochmal erläutern? Denn im Grunde bin ich doch bei jeder Forderung darauf angewiesen, daß mein Vertragspartner noch am Markt ist.
Ja, er muss am"Markt", d.h. kontraktfähiger Partner sein. Auf dem Markt werden neue Schuldner gesucht, und auf den Gerichten (die seit alters immer ihre Gebäude n e b e n dem Markt hatten) werden die Schulden eingeklagt und vollstreckt. Leistet der Schulnder nicht, wird sein Gehäuse zerstört, daher"banca rotta" = Bankrott, was heißt seine ("Wechsler")-Bank auf dem Markt wird vor aller Augen zertrümmert (= rotta).
>Klaro, das hätte ich aus deinen Büchern auch noch abschreiben können, war aber zu faul:-)
Schon okay. Jederzeit bereit.
>>>(aus: Von Bethmann, Unbezahlte Rechnungen. Die Geldmengenpolitik ist am Ende, Frankfurt 1994)
>Ist auch nicht sein bestes, aber es sind schöne, (vielleicht zu)knappe Formulierungen drin.
Der Mann ist wirklich gut. Immerhin einer, der Mal - damals noch als Berufsbanquier - das Tabu gebrochen hat. Historisches Verdienst!
>Grüßle aus dem Schwabenland
>Jochen
Und Grusso, nordo, krasso!
d., HH
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