--><table><table border="0" width="600"><tr><td><font face="Arial"><font size=4> </font></font><div align="Justify">
Entweder sind die alle gekauft, werden erpresst, haben wirklich keine Ahnung, oder alles zusammen.
Meine Entscheidung niemanden mehr mit gutem Gewissen wählen zu können, wird mir jedenfalls bestätigt.
Das war übrigens die Antwort auf eine Mailanfrage von mir, was die Herren und Damen den gegen <a target=_blank href=http://www.miprox.de/USA_speziell/Geheimsache_9-11.htm>DAS STRATEGISCHE KONZEPT HINTER DEN US-KRIEGSPLÄNEN</a> gedenken zu tun.
--------------
Rede von Bundesaußenminister Fischer vor dem Deutschen Bundestag im Rahmen der Debatte über die NATO-Erweiterung, 05.06.2003
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Mit der jetzt anstehenden NATO-Erweiterung - ich freue mich, dass hier seitens der Fraktionen weit gehende Übereinstimmung über die historische Notwendigkeit dieses Schrittes erzielt wurde - wird meines Erachtens ein ganz wichtiger Schritt getan, um Frieden und Stabilität auf unserem Kontinent dauerhaft zu garantieren.
Da der frühere Bundesverteidigungsminister Rühe gerade gesprochen hat und vieles von dem, was er gesagt hat, auch die Zustimmung der Bundesregierung findet - er hat zu Recht auf die historischen Leistungen der Vorgängerregierung hingewiesen -, möchte ich es der Fairness wegen nicht versäumen - wir hatten in der Vergangenheit manchen heftigen Streit -, seine ganz besondere Rolle als Bundesverteidigungsminister beim Anstoßen der NATO-Osterweiterung zu würdigen. Herr Kollege Rühe, ich bringe Ihnen im Namen des ganzen Hauses, zumindest aber der Bundesregierung unseren Dank zum Ausdruck.
NATO-Erweiterung als paralleler Prozess zur EU-Osterweiterung
Die NATO-Erweiterung ist ein zentraler Schritt. Ich beginne da, wo mein Vorredner aufgehört hat. Die jetzige Erweiterung bis hin zu den baltischen Staaten und nach Südosteuropa - Polen, Ungarn und Tschechien waren schon vorher Mitglieder - erfolgt in einem parallelen Prozess zur EU-Osterweiterung. Das dürfen wir nicht vergessen. Wenn in jüngster Zeit Diskussionen aufkamen, in denen versucht wurde, einen Gegensatz von NATO-Erweiterung und Erweiterung der Europäischen Union zu konstatieren, dann kann ich nur sagen, dass es sich aus unserer Sicht als ein paralleler Prozess darstellt. Zu Beginn meiner Amtszeit war es noch ein Anathema, ein Tabu, dass EU und NATO zusammen tagen und die beiden Spitzen, Javier Solana, der Hohe Repräsentant der Europäischen Union, und NATO-Generalsekretär Robertson, zusammenarbeiten. Heute ist diese Kooperation eine Selbstverständlichkeit - bei allen Problemen im Detail, die es immer wieder gibt. Daran wird deutlich, welchen Fortschritt wir hier erzielt haben. An dieser Stelle würdige ich die Leistungen der Zusammenarbeit von Europäischer Union und NATO in Mazedonien. Die Zusammenarbeit von Diplomatie und militärischem Druck sowie die Sicherheitsgarantie von NATO und Europäischer Union, von Lord Robertson und Javier Solana, haben eine weitere humanitäre Katastrophe, einen barbarischen Bürgerkrieg auf dem Balkan verhindert.
Neue Anforderungen an die deutsche Außenpolitik
Das macht klar: Wir reden hier über die Zukunft unserer gemeinsamen Sicherheit. Deutschland liegt inmitten eines zusammenwachsenden Europas, inmitten eines neuen Stabilitäts- und Sicherheitsraums. Das wird unsere Lage dramatisch verändern, das wird die Anforderungen an die deutsche Außenpolitik, eingebettet in die europäische und in die Bündnispolitik, grundsätzlich verändern, ebenso die Fähigkeiten und die Notwendigkeiten, denen die Bundeswehr gegenüber steht.
Seien wir einmal ehrlich: Wer von uns hätte vor zwei Jahren gedacht, dass die Bundeswehr am Hindukusch und am Horn von Afrika in solchen Größenordnungen eingesetzt wird, wie es heute der Fall ist? Das hätte keiner hier im Hause, egal von welcher Seite des Hauses, als eine realistische Perspektive betrachtet.
Ein starkes Europa liegt im Interesse des Bündnisses
All das macht deutlich, dass es um eine dramatische Veränderung geht. Die neue, die erweiterte NATO muss hierfür auch neue Strukturen entwickeln. Lassen Sie mich an diesem Punkt wiederholen, was ich beim NATO-Frühjahrstreffen der Außenminister gesagt habe: Das transatlantische Bündnis gründet auf zwei Pfeilern: auf dem nordamerikanischen, bestehend aus den USA und Kanada, und auf dem europäischen Pfeiler. Dieses Bündnis kann nur geschwächt oder gar gefährdet werden, wenn einer der Pfeiler so geschwächt wird, dass er nicht mehr belastbar ist. Deswegen liegt ein starkes Eu-ropa im Interesse des Bündnisses; ein schwaches Europa würde dieses Bündnis gefährden.
Deswegen kommt es meines Erachtens ganz entscheidend auf die erweiterte NATO an. Kollege Rühe hat über deren Fähigkeiten gesprochen; ich möchte das nicht wiederholen, sondern unterstreiche das. Wenn ich richtig informiert bin, haben Frankreich und Großbritannien bereits die notwendigen Schritte eingeleitet, um einen gemeinsamen Flugzeugträger zu bauen. Ja, das erleben wir in der Europäischen Union wie in der NATO: Wir müssen Verständnis dafür haben - es ging uns doch über die Jahrzehnte des Kalten Krieges hinweg nicht sehr viel anders und wir erleben es auch im Inneren -, wie viel Zeit, wie viel Verständnis und Aufeinanderzugehen notwendig sind, um die Folgen der Teilung im Inneren zu überwinden. Selbstverständlich sagen viele Menschen in den neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der NATO: Wir haben gerade eine Union überlebt, wir haben für unsere Unabhängigkeit gekämpft. Ja, Jagdflugzeuge sind Symbol der nationalen Unabhängigkeit, genauso wie Sprache, eigenes Geld und anderes mehr. Das erfordert aus deren Sicht Geduld, das erfordert Zeit.
Stärkung des transatlantischen Bündnisses
Machen Sie nicht den Boten für die Botschaft verantwortlich. Ich teile diese Position nicht; ich plädiere nur für das zur Überwindung dieser Positionen notwendige Verständnis. Das, was Kollege Rühe über die gemeinsamen Fähigkeiten gesagt hat, ist selbstverständlich richtig, zutiefst rational und muss die Zukunft im Bündnis wie auch in der Europäischen Union bestimmen. Wir müssen begreifen, dass dies seine Zeit braucht, aber wir müssen dieses transatlantische Bündnis, das so grundsätzlichen Veränderungen unterworfen ist, auch stärken. Die NATO betreibt heute nicht mehr klassische Landesverteidigung. Wir sind heute nicht mehr in der Situation eines geteilten Landes, einer geteilten Stadt, wo die erstarrte Frontlinie im Grunde genommen die permanente Bedrohung, die Konfrontationslinie war. Die NATO betreibt heute gemeinsam mit der Europäischen Union im Wesentlichen „nation building", um Nationen zu helfen, sich zu stabilisieren, um in langfristigen Einsätzen regionale Stabilisierung zu betreiben. Das ist ein völlig anderes Einsatzprofil.
Stärkung des europäischen Pfeilers
In diesem Zusammenhang müssen wir natürlich die Frage stellen: Was heißt Stärkung des europäischen Pfeilers? Europa hat drei Defizite. Das erste Defizit ist die politische Willensbildung. Darüber wird gar nicht vorrangig in der NATO entschieden, sondern sie wird im Wesentlichen innerhalb der Europäischen Union vorankommen müssen. Das leistet jetzt der Konvent. Zweitens bestehen große Probleme in den Institutionen bei der Umsetzung des politischen Willens und drittens in Bezug auf die Fähigkeiten, den so genannten Capabilities. Das sind die drei großen Defizite. Aber ansonsten hat Europa überall dort, wo es um Softpower-Faktoren geht, etwa hinsichtlich des Mittelmeerraumes oder des Nahen Ostens, einen Instrumentenkasten, der teilweise über das hinausgeht, was die Vereinigten Staaten von Amerika in Bezug auf regionale Konflikte zu bieten haben.
Nahostkonflikt/Roadmap
Ich hoffe, dass der Prozess zur Beilegung des Nahostkonfliktes jetzt, angeschoben vom Präsidenten der Vereinigten Staaten, wirklich vorangehen wird; ich halte ihn für die regionale Stabilisierung für unverzichtbar. Aber die Roadmap ist ein europäisches Kind und wurde in der Europäischen Union entwickelt. An diesem Punkt sei auch erwähnt, dass die Reform in den palästinensischen Institutionen bis hin zum Premierminister vorangegangen ist und dass dies vor allen Dingen Miguel Moratinos und Javier Solana zu verdanken ist.
Sicherung der strategischen Nachbarschaft
Oder nehmen wir das letzte EUROMED-Treffen der arabischen Nachbarn, Israels und der Türkei mit der EU auf Kreta, in dessen Folge sich jetzt der Blockadefaktor Nahostkonflikt auflöst. Hier sehe ich, welche Möglichkeiten strategischer Natur sich für Frieden und Stabilität in dieser Zone eröffnen. Der Golfkooperationsrat wird ein ähnliches Instrument sein.
Bezüglich der Türkei bitte ich die Union, nochmals zu überdenken, was es hieße, der Türkei die europäische Tür zuzumachen. Ich nenne auch die Stabilitäts- und Partnerschaftsabkommen. Dieser ganze Instrumentenkasten zeigt: Wenn wir mit der institutionellen Willensbildung und den Fähigkeiten vorankommen, wird Europa bei der Sicherung der strategischen Nachbarschaft eine ganz andere Rolle spielen.
Dazu gehört aber auch der große Kontinent Afrika, der unsere Sicherheit ganz entscheidend mitbestimmen wird, und zwar nicht nur der Maghreb, sondern - in Verbindung mit dem Terrorismus und der Gefahr durch zusammenbrechende Staatsstrukturen - der gesamte Kontinent. Das werden wir an anderer Stelle zu debattieren haben, aber auch hier ist Europa gefragt.
Stärkung der europäischen Säule: Diskussion über eine"Eurogroup"
Was heißt also Stärkung der europäischen Säule? Auf der NATO-Frühjahrstagung habe ich die amerikanische Seite gefragt, ob sie bereit sei, ernsthaft über so etwas wie eine Eurogroup in der NATO zu diskutieren und sie dann auch zuzulassen. Ich bin der Meinung, dass die europäische Sicherheit im Wesentlichen in Verbindung mit EU und NATO bzw. - was die Fähigkeiten betrifft - innerhalb der NATO geschaffen werden sollte. Das ist die Position nicht nur dieser Bundesregierung, sondern auch die der vorherigen.
Ich meine, dass man dann ehrlicherweise das Tabu der Bildung einer europäischen Gruppe brechen und darüber ernsthaft diskutieren muss.Es mag sein, dass man am Ende zu einer Negativposition kommt. Ich möchte das nicht ausschließen. Aber die Diskussion mit der nordamerikanischen Seite muss beginnen. Ich meine damit die USA und Kanada. Das halte ich für einen wichtigen Punkt; denn sonst werden die Prozesse außerhalb stattfinden. Das hielte ich nur für die zweit- oder drittbeste Lösung.
Definition einer anderen Sicherheitsstrategie
Im Klartext heißt das: Den neuen Gefahren, die uns heute, im Moment der Erweiterung, angesichts der dramatischen strategischen Veränderungen alle gemeinsam bedrohen und die eine andere Sicherheitsstrategie erfordern - diese Gefahren sind in der Wirkung mit den alten Gefahren zu vergleichen -, ihnen zu begegnen, das wird aber eine neue Sicherheitsstrategie mit anderem Einsatzprofil und hinsichtlich der regionalen Stabilisierung ähnliche Zeithorizonte wie bei der Überwindung des Kalten Krieges erforderlich machen.
Wenn man das zusammennimmt, werden wir die erweiterte NATO neu erfinden müssen. Wir müssen kein neues Bündnis schaffen, werden aber dieses Bündnis neu erfinden müssen, wenn es seine Wirkung entfalten soll.
Ich denke, das ist eine der Botschaften, die mit der Erweiterung verbunden sind.
Wenn es darüber hinaus gelingt, die strategische Partnerschaft mit Russland auf eine dauerhafte, stabile Grundlage zu stellen, werden wir eine völlig veränderte und sehr positive Sicherheitslandschaft in unserem direkten Umfeld haben.
Ich danke Ihnen.
erschienen: 05.06.2003
"Transatlantische Beziehungen in der Bewährungsprobe - Deutschland und die USA nach dem 11. September" - Rede von Karsten D. Voigt vor dem Zentrum für Internationale Beziehungen in Warschau am 03.03.2003
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich danke Ihnen für die Einladung, heute zu Ihnen über die aktuelle Bewährungsprobe in den transatlantischen Beziehungen nach dem 11. September zu sprechen. Dieses Gespräch zu diesem Thema ist zwischen Deutschen und Polen aus zwei Gründen besonders bedeutsam: Zum einen war und bleibt unser Bestreben, zu Polen genauso enge und vertrauensvolle Beziehungen zu entwickeln wie zu Frankreich. Zum anderen eint Polen und Deutsche die Sympathie für das amerikanische Volk und das Bewußtsein für den hohen Stellenwert der transatlantischen Beziehungen. Sowohl in Deutschland als auch in Polen sind die Amerikaner das beliebteste Volk. Ziel unserer Politik ist es, diesen Zustand zu erhalten und gleichzeitig darauf hinzuwirken, daß in Deutschland künftig die Polen ebenso beliebt sind wie die Amerikaner und in Polen die Sympathiewerte für die Deutschen weiter ansteigen. Umso wichtiger ist es, daß wir uns wechselseitig auch dann verstehen, wenn wir trotz dieser Gemeinsamkeiten aktuell in einer wichtigen Frage zu unterschiedlichen Schlußfolgerungen gelangen.
I.
Die Angriffe des 11. September haben überaus deutlich werden lassen, dass die Welt in einer Zeit des Wandels lebt, die lange vor den Angriffen auf Washington und New York begonnen hat. Jedoch waren bis zum 11. September in weiten Kreisen Denkmuster und Konzeptionen noch von der transatlantischen Routine und den geistigen Kategorien des Kalten Krieges befangen. Und das, obwohl 2001 der Fall des Eisernen Vorhangs in Europa schon über zehn Jahre zurücklag.
Dabei hat sich für Deutschland die außenpolitische Lage seit dem Ende des Kalten Krieges grundlegend verändert und zwar in eine positive Richtung. Seit 1990 leben wir Deutsche zum ersten Mal seit Jahrhunderten in der Gewissheit, ausschließlich von Freunden und Partnern umgeben zu sein. Der Beitritt Polens und Tschechiens - zusammen mit Ungarn - zur NATO und bald zur EU belegen diese Tatsache. Heute sind über eine Million Soldaten weniger in Deutschland stationiert als 1989. Nahezu alle Nuklearwaffen und die meisten ausländischen Truppen sind abgezogen worden - glücklicherweise nicht alle Truppen; Es liegt im deutschen Interesse, daß amerikanische und andere alliierte Truppen in Deutschland stationiert bleiben. Auch aus diesem Grunde behindern wir ihren Bewegungsspielraum selbst dann nicht, wenn wir von den Zielen ihres militärischen Engagements im Einzelfall nicht überzeugt sind.
Die berechtigte Freude über neue Chancen für Demokratie und Frieden nach dem Ende des Kalten Krieges hat zugleich den Blick für neue Risiken getrübt - bis der 11. September die Welt wach rüttelte. Welche Paradigmenwechsel hat das letzte Jahrzehnt hervorgebracht?
? Zahl und Art der internationalen Akteure haben sich erheblich verändert. Die Welt ist in ein neues Zeitalter eingetreten, in dem nichtstaatliche Akteure und sogar Einzelpersonen fähig sind, die nationale und internationale Sicherheiten ernsthaft zu bedrohen.
? Wir sind mit einer Vielzahl"neuer" Fragen konfrontiert. Einige von denen sind nicht völlig neu, sie traten jedoch während des Kalten Krieges an Bedeutung zurück, z.B. Terrorismus, illegaler Drogenhandel, internationale Kriminalität, Geldwäsche (die geschätzte 2 bis 5% des weltweiten Einkommens ausmacht), Seuchen. Einige Faktoren wie der transnationale Terrorismus haben ihr Gesicht verändert. Andere Risiken sind ein Erbe des Kalten Krieges, z.B. die weltweite Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und Trägermitteln, große Mengen an hochgiftigem Plutonium und Arsenale chemischer Waffen.
? Die Anschläge vom 11. September haben die Verwundbarkeit demokratischer Gesellschaften aufgezeigt. Bis dahin war die Analyse asymmetrischer Kriegsführung bzw. Angriffe eher der Zeitvertreib einiger weniger Experten. Heute stehen Attacken auf sogenannte"weiche" Ziele, wie z.B. öffentliche Versorgungseinrichtungen und Kommunikationssysteme, u.a. über den Cyberspace, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Früher waren wir daran gewöhnt, bei Massenvernichtungswaffen nahezu ausschließlich an Kernwaffen zu denken. Mit den Ereignissen um den 11. September - denken Sie nur an die Anthrax-Attacken in den USA - sind uns auch die Möglichkeiten von biologischen und chemischen Waffen vor Augen geführt worden. Das Potential, katastrophale Zerstörungen anzurichten, hat stetig zugenommen und wächst weiter: Dieses Potential ist auch immer schwerer zu entdecken. Wir müssen uns deshalb mehr denn je zuvor darauf konzentrieren, entstehende Gefahren im Keim zu ersticken.
? Die räumliche Entfernung zu einer Krise nimmt an Bedeutung ständig ab. Folglich können wir Sicherheit nicht mehr ausschließlich militärisch oder im Sinne der Grenzverteidigung interpretieren. Nicht umsonst hat der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck davon gesprochen, daß die Verteidigung Deutschlands heute am Hindukush beginnt. Diese Worten - und die daraus abgeleitete beschleunigte Umstrukturierung der Bundeswehr sind die bittere Konsequenz der neuen Risiken und Bedrohungen.
Die USA unternehmen seit geraumer Zeit Anstrengungen zur Anpassung ihrer Sicherheitspolitik an die neuen Gefahren. Die Diskussion begann dort früher als in Europa bereits mit dem Ende des Kalten Krieges. Die Raketenverteidigung ist eines der Ergebnisse dieser Bemühungen. Seitdem der Mythos von der amerikanischen Unverwundbarkeit am 11. September zerstört wurde, sehen sich die amerikanischen politischen Entscheidungsträgern in einer langfristigen Auseinandersetzung - sie nennen es"war" - gegen das Bedrohungsdreieck von transnationalem Terrorismus, Massenvernichtungswaffen und"states of concern".
Um der Bedrohung begegnen zu können, wollen die Vereinigten Staaten einerseits ihre militärischen Instrumente anpassen. Dazu gehört, eine Abschreckungskapazität gegen asymmetrische Angriffe aufzubauen. Sie beanspruchen auch, präemptiv zuzuschlagen für den Fall (sic), dass Vorbeugung, Abschreckung und Eindämmung versagen. Andererseits wissen auch die Vereinigten Staaten, dass militärische Macht allein Konflikte dauerhaft nicht lösen kann. Lassen Sie mich aus der Rede zitieren, die Präsident Bush im Mai 2002 im Reichstag gehalten hat:"Um die Welt sicherer zu machen, müssen wir eine bessere Welt schaffen." Daraus folgt, dass eine Politik, die Entwicklung, Demokratie und Menschenrechte fördert, als ebenso notwendig gesehen wird. Die am 20. September veröffentlichte Nationale Sicherheitsstrategie der USA spiegelt diesen umfassenden, multilateralen Ansatz wider. Diese Seite der Medaille hat leider in der Rhetorik - und zuweilen in der tägliche Politik - der US-Administration zu wenig Berücksichtigung gefunden. Sie ist daher von der öffentlichen Meinung in Europa auch nur wenig registriert worden.
Die US-Regierung ist sich dabei sehr bewusst, nicht zuletzt aus der Erfahrung in Afghanistan, dass die Vereinigten Staaten Partner brauchen, um diesen umfassenden Ansatz verfolgen zu können. Sie mag in der Lage sein, Kriege allein zu führen und zu gewinnen, aber sie braucht regionale und internationale Partner spätestens dann, wenn es um die Sicherung des anschließenden Friedens geht.
Nicht die amerikanische Sicherheitspolitik hat sich zuerst verändert, sondern das Sicherheitsumfeld. Europa ist aufgefordert, sich mit der Veränderung des Sicherheitsumfeldes, den Sicherheitsdoktrinen sowie den Einschätzungen, auf denen sie beruhen, auseinander zusetzen. So ist es beispielsweise nicht im Interesse selbst der Vereinigten Staaten, Prinzipien zu formulieren, die jedem Staat das Recht auf Präventiv- oder Präemptivschläge auf der Grundlage seiner eigenen Definition gestatten. Andere Fragen stehen ebenfalls ungelöst im Raum. Wann ist ein Regimewechsel legitim? Soll oder muss sogar das Völkerrecht weiterentwickelt werden, um der aktuellen Post-9/11-Realität gerecht zu werden? Wie soll eine gemeinsame Strategie zur gesamten Region des Nahen und Mittleren Osten oder zur muslimischen Welt überhaupt aussehen? Die von der amerikanischen Administration hierauf angebotenen Politiken verdienen eine umfassende und kritische Reflexion. Diese Reflexion findet in Deutschland in der Regierung, dem Parlament und den Think-Tanks intern und öffentlich zunehmend statt.
Anstatt zu murren, zu schweigen oder nur Beifall zu klatschen, müssen die Europäer aus ihrer Sicht und Interessenlage eigene Vorschläge spezifizieren und diese auf dem Markt der Ideen platzieren, insbesondere in Washington. In dieser Diskussion ist die Stimme Polens sehr erwünscht. Polen spielt für die Zukunft und damit Sicherheit Europas eine wichtige Rolle, sei es in der Brückenfunktion nach Osten, sei es für die Stärkung der transatlantischen Beziehungen. Ich kann Sie nur ermuntern, sich aktiv einzubringen.
Zugleich waren europäische Kritik an Amerika und Amerikas Probleme mit Europa in nicht geringem Maße auch eine Folge von Europas Schwäche. Konsequenz ist, daß Europa auch seine Fähigkeiten zu gemeinsamem Handeln verbessern muß. Zumindest und zuerst geht es dabei um die Entwicklung adäquater diplomatischer, polizeilicher, nachrichtendienstlicher und militärischer Fähigkeiten. Auf Dauer erwarten die Bürger Europas eine Diskussion über eine gemeinsame Vision der europäischen Sicherheit oder sogar über Europas Rolle in der Welt. Der Europäische Konvent und die nachfolgende Regierungskonferenz sollten diese Erwartungen erfüllen. Unterschätzen Sie deshalb nicht die Arbeit des Europäischen Konventes. Berlin würde sich eine stärkere Mitwirkung Polens im und um den Konvent sehr wünschen.
In diesem Zusammenhang möchte ich eines deutlich klarstellen: Deutschland beabsichtigt nicht, mit einer Verbesserung der europäischen Handlungsfähigkeit Europa als Gegengewicht oder Gegenspieler zu den Vereinigten Staaten aufzubauen. Es geht vielmehr darum, dieses Europa zu einem wirksameren und damit einflußreicheren Partner der Vereinigten Staaten zu machen. Mit zusätzlichen Fähigkeiten ausgestattet würde Europa in den Augen Washingtons relevanter werden. Kein Problem der Welt ist besser lösbar, wenn Europa und die USA gegeneinander arbeiten. Eine funktionierende transatlantische Partnerschaft ist eine der Schlüsselvoraussetzungen für weltweite Stabilität und Sicherheit.
Sich mit den aktuellen sicherheitspolitischen Fragen auf der transatlantischen Tagesordnung zu befassen, stellt im Augenblick die Bewährungsprobe für die transatlantischen Beziehungen dar.
II.
Aus dem bereits gesagten folgt für Deutschland zwangsläufig: Die transatlantische Partnerschaft ist neben dem Prozess der europäischen Einigung eine der Säulen der deutschen Außenpolitik. Für Deutschland war und ist diese besondere Beziehung auf gemeinsame Werte, Interessen und letztlich auf gemeinsame Visionen davon gegründet, wie die Welt aussehen sollte. Dies galt seit über 50 Jahren und wird auch in Zukunft so sein.
Die deutsche Reaktion auf den 11. September hat unsere Nähe zu den Vereinigten Staaten deutlich gemacht. Niemand hat nach dem 11. September eindrucksvoller als die Deutschen ihren Abscheu, ihre Trauer und ihr Mitgefühl mit dem amerikanischen Volk zum Ausdruck gebracht. Hunderttausende demonstrierten kurz darauf vor dem Brandenburger Tor, kein anderes Volk hat mehr für die Opfer des 11. September gespendet als die Deutschen. Bundeskanzler Schröder sicherte den Vereinigten Staaten im weltweiten Kampf gegen den Terrorismus die uneingeschränkte Solidarität Deutschlands zu. Diese Solidarität wird seitdem politisch, polizeilich, nachrichtendienstlich und auch militärisch praktiziert. Mit seiner Entscheidung November 2001, Truppen für die Operation"Enduring Freedom" und die Militärkampagne in Afghanistan zur Verfügung zu stellen, setzte der Bundeskanzler sogar seine politische Existenz aufs Spiel - und war erfolgreich. Der Bundestag hat das deutsche Mandat für"Enduring Freedom" im November 2002 mit großer Mehrheit erneuert. Auf der gleichen Linie bewegt sich das deutsche Engagement in Afghanistan, wo Deutschland Mitte Februar zusammen mit den Niederländern die Führung des ISAF-Truppen übernommen haben.
Eine Studie des German Marshall Fund und des Chicago Council on Foreign Relations aus 2002 hat einmal mehr bestätigt, daß Deutsche und Amerikaner in puncto Werte und Grundsätze gar nicht so unterschiedliche Auffassungen vertreten, wie die Medien uns glauben machen wollen. So haben zahlreiche Umfragen ergeben, dass die Amerikaner wesentlich multilateraler eingestellt sind, als allgemein angenommen wird. Die Zahl der Amerikaner, die sich für militärische Interventionen im Ausland aussprechen, nimmt in dem Maße zu, wie diese Politik von Amerikas Partnern unterstützt wird. Die Mehrheit der Amerikaner tritt auch nachdrücklich für eine Stärkung der Vereinten Nationen ein.
III.
Angesichts dieses festen Fundaments drängt sich die Frage auf, wie sich aus der Debatte über Irak die gegenwärtigen Irritationen entwickeln konnten. Wenig geholfen hat, daß das Thema Irak letzten Herbst in den gleichzeitigen Wahlkämpfen in Deutschland - die Bundestagswahlen - und in den USA - die mid-term elections - eine prominente Rolle gespielt haben. Gleichzeitig sollte sich niemand täuschen: Sowohl die Haltung der Bush-Administration als auch die Haltung der Bundesregierung sind nicht primär durch wahltaktische sondern durch prinzipielle außenpolitische, völkerrechtliche und moralische Überlegungen geprägt. Die rot-grüne Koalition hat sich in der Vergangenheit gegen starken Widerstand dann zur Beteiligung an Militäreinsätzen entschieden, wenn sie moralisch von ihrer Notwendigkeit überzeugt war, sie völkerrechtlich für legitim und unter Abwägung aller Alternativen und Konsequenzen für unvermeidbar hielt. Aber eben nur dann. Und dies ist im Fall Iraks gegenwärtig nicht der Fall.
Die konträren Ansichten haben über den Atlantik hinweg zu harten Wortwechseln geführt. Gleichzeitig werfen Medienvertreter mit Stereotypen um sich, statt emotionsfrei zu analysieren: von amerikanischen Cowboys oder Rambo-Typen ist auf dieser Seite die Rede, während man jenseits des Atlantiks von naiven europäischen Bedenkenträgern und EU-nuchen lesen und hören kann. Ich brauche wohl nicht besonders zu betonen, dass ich diese Wortgefechte sehr bedauere. Die Zurschaustellung anti-amerikanischer Vorurteile in Europa oder anti-europäischer Vorurteile in Amerika ist nicht konstruktiv. Diese Stereotypen sind auch nicht zutreffend. Nicht zuletzt spiegeln die Wortgefechte die Realität der deutsch-amerikanischen und europäisch-amerikanischen Freundschaft schlichtweg nicht wider. Ich rate gerade in diesen Wochen der Entscheidung zur rhetorischen Abrüstung.
Zu den aktuellen Irritationen möchte ich einige Anmerkungen machen:
Erstens sollten wir nicht vergessen, dass sich alle transatlantischen Partner, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Polen, die Vereinigten Staaten, etc. auch in der Debatte über Irak in grundsätzlichen Fragen einig sind. Wir sind uns einig, dass Saddam Hussein ein brutaler, aggressiver Diktator ist, der in der Vergangenheit die Resolutionen des VN-Sicherheitsrats in vermutlich schlimmster Absicht missachtet hat. Wir sind uns einig, daß die Waffeninspektoren ihre Aufgabe ungehindert erfüllen können müssen; daß der Irak verpflichtet ist nachzuweisen, daß er über keine Massenvernichtungswaffen und deren Trägermittel verfügt bzw. diese abgerüstet hat; und daß er am Ende auch tatsächlich nicht mehr darüber verfügen darf.
Die transatlantischen Partner sind jedoch gegenwärtig nicht einer Meinung über den richtigen Weg, um diese gemeinsamen Ziele zu erreichen. Deutschland begrüßte die Entscheidung der Vereinigten Staaten, sich im Bemühen um eine multilaterale Lösung an die Vereinten Nationen zu wenden. Die daraus folgende Resolution 1441 des VN-Sicherheitsrats hat den Weg für eine politische Lösung frei gemacht. Die Staats- und Regierungschefs der NATO - also auch Deutschland - haben im November 2002 in Prag ihre uneingeschränkte Unterstützung für die Umsetzung der Resolution 1441 zum Ausdruck gebracht, die EU hat sich zuletzt auf ihrem Gipfel vom 17.02. den Zielen der Resolution 1441 verpflichtet - die Beitrittsländer schlossen sich einen Tag später an. Deutschland beteiligt sich an der Umsetzung im Rahmen seiner Möglichkeiten, z.B. durch die Entsendung deutscher Experten in die UN-Teams, durch Überlassung von Material und auch durch die Übernahme des Vorsitzes im Irak-Sanktionsausschuss des UN-Sicherheitsrates. Zugleich lehnt Deutschland derzeit die Anwendung militärischer Gewalt gegen Irak ab, es erachtet, daß die Möglichkeiten der Resolution 1441 noch nicht ausgereizt sind. Deshalb hat Deutschland in seinem Streben die Irak-Krise, friedlich zu lösen, zusammen mit Frankreich und Rußland und mit der Unterstützung Chinas eine Alternative, nämlich die Stärkung des Inspektionsregimes, aufgezeigt.
Wie so häufig in der Geschichte wird die Politik vor wichtigen Weichenstellungen hektisch und unübersichtlich. Deshalb sollten drei Dinge nicht aus den Augen verloren werden:
Deutschland steht zu seinen internationalen Verpflichtungen. NATO und EU sind und bleiben für Deutschland Schlüsselorganisationen. Daher stand für uns in den letzten Wochen nie außer Frage, daß Deutschland der Türkei im Falle ihrer Bedrohung militärisch helfen werde. Auch unterstützt Deutschland nicht nur im Kampf gegen den internationalen Terrorismus sondern selbst in der Irak-Frage die USA und Großbritannien in Taten mehr als manch anderer, der sich in Worten voll hinter die Strategie der USA gestellt hat: von Überfluggewährung bis zur Bewachung amerikanischer Kasernen.
Für Deutschland ist das politische Ringen in den letzten Woche ein Ringen in der Sache um eine Lösung des Irak-Konfliktes. Es ist kein Ausdruck dafür, daß wir unsere Politik gegenüber den USA prinzipiell neu definieren wollen. Ich war immer gegen Konzepte, die Europa grundsätzlich als Gegenpol zu den USA definieren. Wir wollen ein handlungsfähigeres und stärkeres Europa als Partner der USA. Wir fürchten, daß die transatlantische Partnerschaft auf Dauer für die USA weniger relevant und damit geschwächt würde, wenn Europa nicht gestärkt wird. Diese Auffassung sollte auch für Polen akzeptabel sein.
Und nicht zuletzt stimmen wir darin überein: Es ist die Politik von Saddam Hussein, die die Ursache der gegenwärtigen Krise ist. Es liegt an ihm, die VN-Resolutionen zu erfüllen und seinem Land Frieden zu bringen.
Zweitens: Die transatlantische Dissonanz in puncto Irak liegt auch darin begründet, daß Europa und die USA keine gemeinsame Strategie zur Region des Nahen und Mittleren Osten erarbeitet haben. Entgegen mancher populärer Vorstellung geht es den USA im Irak nicht nur und auch nicht primär um Ã-l. Natürlich kann niemand in der Golfregion Politik betreiben, ohne auch die Konsequenzen für die internationale Ã-lversorgung zu bedenken. Jedoch zielt die amerikanische Administration an erster Stelle aus außen- und sicherheitspolitischen Gründen darauf, über die Entwaffnung des Iraks eine dauerhafte stabilere Lage durch die politische Neuorientierung einiger wichtiger Staaten und Akteure in der Region zu bewirken. Aus diesem Grund arbeitet die Administration für den Fall der Fälle an Plänen für eine Post-Saddam-Ära in der Region. Eine Stabilisierung der Region würde sich in Augen der Administration auch positiv auf den Nahostkonflikt auswirken.
Hingegen befürchten viele Europäer, daß das Ergebnis amerikanischer Politik nicht mehr Stabilität, sondern zusätzliche Instabilität sein könnte. Insbesondere auch die deutsche Politik zieht nicht-militärische Mittel zur Veränderung und Verbesserung der Lage in dieser Region vor. Die Europäer sehen den Schlüssel zur Stabilisierung des Nahen- und Mittleren Osten in einem Wiederbeginn des Nahost-Friedensprozesses, wie er im Rahmen des"Quartetts" von USA, VN, Russland und EU angestrebt wird.
Drittens sind die gegenwärtigen Meinungsverschiedenheiten über den Irak im wesentlichen eine Sache zwischen den Regierungen. Die Menschen beiderseits des Atlantiks, sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Europa stellen sich die gleichen Fragen und äußern ähnliche Sorgen. Die zahlreichen Massendemonstrationen auf beiden Seiten des Atlantiks haben dies eindrucksvoll belegt. Während die amerikanische Bevölkerung militärischen Aktionen gegen den Irak relativ aufgeschlossen gegenüberzustehen scheint, sind die Bewohner des Partnerlandes, das die USA in dieser Frage am entschiedensten unterstützt, nämlich die Briten, zutiefst skeptisch. Auch in Polen gibt es eine Mehrheit gegen eine militärische Lösung der Irak-Frage. Dagegen würde eine Minderheit auch in Deutschland einen Militärschlag gegen den Irak dann unterstützen, wenn die Vereinten Nationen eine solche Operation ausdrücklich sanktionieren und andere Optionen nicht sicherstellen könnten, dass der Irak frei von Massenvernichtungswaffen bleibt.
Viertens manifestiert sich am Beispiel Irak, daß die Deutschen generell in der Frage von Krieg und Frieden gespalten sind. Angesichts ihres historischen Erbes aus dem II. Weltkrieg tun sich die Deutschen sehr viel schwerer als andere Nationen, sich für den Einsatz militärischer Mittel zu entscheiden, und sie hegen eine noch tiefere Abneigung gegen die Beteiligung deutscher Truppen an Kriegshandlungen. Insofern geht die Bundesregierung in der Frage eines Krieges gegen Irak mit der überwältigenden Mehrheit der Deutschen Hand in Hand.
In den vergangenen 50 Jahren hatte die Bundesrepublik Deutschland mit ihrer multilateral und am Vorrang friedlicher Mittel ausgerichteten Außenpolitik große Erfolge (z.B. euro-atlantische Integration, KSZE), und sie wird auch weiterhin bestrebt sein, Probleme in erster Linie in diesem Rahmen zu lösen. Noch eine Nuance anders stellt sich die Situation in den Neuen Bundesländern dar: Aufgrund der Nachkriegsgeschichte begegnen die Ostdeutschen einer deutschen Beteiligung an einer globalen Sicherheits- und Interessenspolitik mit großem Misstrauen. Sie sind insbesondere skeptisch, wenn diese Politik zu einem größeren militärischen Engagement der Deutschen führen würde. Ich möchte gerade hier in Warschau in Erinnerung rufen, daß die ostdeutsche Bürgerrechtsbewegung anders als in Polen sich als Teil einer gesamteuropäischen Friedensbewegung verstand.
Die genannte Studie der beiden amerikanischen Denkfabriken macht deutlich, dass es sich bei der derzeit in Deutschland herrschenden Stimmung nicht um Anti-Amerikanismus sondern um die Einstellung der Deutschen zu militärischer Macht und zum Einsatz derselben handelt. Einerseits haben Deutsche im Vergleich zu Franzosen und selbst zu Briten weniger Probleme mit dem Supermachtstatus der Vereinigten Staaten, und Deutsche hegen gegenüber den Vereinigten Staaten ebenso freundschaftliche Gefühle wie die Briten. Hierin dürften Deutsche und Polen sich ähneln. Nicht zuletzt hat bei den Bundestagswahlen die einzige wirklich anti-amerikanische, im alten Parlament vertretene Partei, die PDS, die 5%-Hürde verfehlt und gehört erstmals in ihrer Geschichte nicht dem Bundestag an. Andererseits sind die Deutschen im Vergleich zu den Franzosen und den Briten
? stärker davon überzeugt, dass die EU eine regionale Rolle spielen und den Vereinigten Staaten die globalen Aufgaben überlassen sollte,
? weniger geneigt zu glauben, dass die EU eine Supermacht wie die Vereinigten Staaten werden sollte,
? weniger bereit, den Verteidigungshaushalt aufzustocken und die Entwicklungshilfe zu verstärken,
? weniger überzeugt davon, dass es zum besten für die Zukunft unseres Landes ist, wenn es eine aktive Rolle in der Weltpolitik spielt,
Fünftens belegen die Zahlen in der Studie auch, dass Deutschland seit 1990 bereits einen langen Weg zurückgelegt hat. Gegen starke Opposition haben verschiedene Bundesregierungen sukzessiv die deutsche Beteiligung an internationalen militärischen Operationen ausgebaut. Während des letzten Jahrzehnts war die Bundeswehr im Einsatz in Somalia, Bosnien, Osttimor, im Kosovo, im Kaukasus, Mazedonien und jetzt in Afghanistan. Gegenwärtig befinden sich ca. 9.500 Bundeswehrsoldaten im Auslandseinsatz, sei es auf dem Balkan (KFOR 4.600, MAZ 220, SFOR 1.500) oder als Teil von"Enduring Freedom". Etwa 100 deutsche Elitesoldaten kämpfen in Afghanistan, deutsche Spürpanzer sind in Kuwait stationiert, und die Bundesmarine patrouilliert am Horn von Afrika. Im Rahmen der ISAF sind ca. 1.300 deutsche Soldaten in Kabul stationiert. Mit der Übernahme der gemeinsamen Führungsverantwortung in Kabul zusammen mit den Niederlanden werden weitere Soldaten hinzukommen. Nur die Streitkräfte der Vereinigten Staaten haben mehr Soldaten in Auslandseinsätzen als die Bundeswehr. Dies unterstreicht einmal mehr unser außerordentliches Engagement. Aus den Zahlen lässt sich aber auch ablesen, dass Deutschland einstweilen an die Grenzen seiner Kapazitäten für ein militärisches Engagement über die Landesverteidigung hinaus gestoßen ist.
Vor zehn Jahren wäre ein solches Engagement nicht nur unmöglich, sondern schlichtweg undenkbar gewesen. Dank kluger politischer Führung beginnen sich die Deutschen allmählich an eine notwendige robustere Politik zu gewöhnen, die als ultima ratio auch den Einsatz von Gewalt nicht ausschließt. Sie werden sich dabei jedoch ihrer historischen Verantwortung stets bewußt bleiben. Ich wage vorauszusagen, dass sich im Verlauf des nächsten Jahrzehnts die öffentliche Meinung in Deutschland mehr und mehr an eine robustere Sicherheitspolitik gewöhnen wird.
IV.
Trotz aller gegenwärtiger Meinungsverschiedenheiten dürfen wir alle, Europäer, Kanadier und Amerikaner, deshalb das Gesamtbild nicht aus den Augen verlieren. Nordamerika und Europa verbinden gemeinsame Werte, Interessen und letztlich auch eine gemeinsame Vorstellung davon, wie das 21. Jahrhundert aussehen sollte: eine Welt, gegründet auf Freiheit, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit. An dieser Einsicht sollten wir selbst dann festhalten, wenn im Einzelfall unterschiedliche Auffassungen und Strategien unvermeidbar sind.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
erschienen: 03.03.2003
[img][/img]
</div></td></tr></table>
|