--><font size="5">Die Börsianer kommen mächtig ins Schwitzen</font>
Kauflust ist ungebrochen -
Charttechnik gibt aber erste Warnsignale -
Auch Konjunkturdaten könnten kalte Dusche bringen
von Beatrix Wirth/Berlin Frankfurt
Nicht nur das Wetter, auch die heiß gelaufene Börse hat viele Marktteilnehmer zuletzt ins Schwitzen gebracht. Denn so, wie bei extremen Temperaturen die Gefahr von Gewittern zunimmt, steigt auf dem Parkett bei ungebremsten Kursrallyes schließlich das Risiko empfindlicher Rückschläge. Die Abkühlung zum Wochenschluss in Form eines Kursdämpfers kam daher einigen Börsianern gelegen: Damit ließen Dax und Co etwas Druck ab. Die entscheidende Frage für die neue Handelswoche jedoch bleibt: War der freitägliche Donner der Beginn einer Korrekturphase, oder hält die Schönwetterperiode an?
Die Mehrheit der Strategen und Analysten zeigt sich im Grundsatz weiter optimistisch. Der nahende Halbjahresultimo veranlasse institutionelle Anleger, ihre zuletzt recht üppigen Barreserven auf"Normalmaß" zu reduzieren, erklären die Experten der Hamburger Sparkasse die anhaltend starke Nachfrage nach Dividendenpapieren. Sie prognostizieren weitere Kurssteigerungen des Dax bis 3400 Zähler, worauf eine"Welle von Gewinnmitnahmen" folgen werde. Auch Joachim Goldberg vom Analysehaus Cognitrend sieht das Investoreninteresse bislang nicht erlahmen, so dass er ein Dax-Kursziel von 3350 Punkten weiter für realistisch hält. Zuversichtlich stimmt dabei auch, dass der von Cognitrend erhobene Dax-Sentiment-Index noch keinen überschäumenden Optimismus am Markt aufzeigt, der auf ein baldiges Kippen der Stimmung hinweisen könnte.
Diesen Faktor hebt auch der Charttechniker Wieland Staud von Staud Research positiv hervor. Dennoch macht er verschiedene Warnsignale aus, die nun für"einige Konsolidierungstage" sprächen. Mehrere Tagesindikatoren hätten das Dax-Hoch von 3253 Punkten nicht mehr bestätigen können und negative Divergenzen ausgebildet, die schnell Verkaufssignale auslösen könnten, mahnt er. Zudem gebe das hohe Handelsvolumen zu denken. Andere Strategen sehen unterdessen mit den bevorstehenden Konjunkturdaten mögliches Unheil heraufziehen. Frank Schallenberger, Stratege bei der Landesbank Baden-Württemberg, hält die Zahlen zur US-Industrieproduktion am Dienstag für den Knackpunkt, während die Experten der Bankgesellschaft Berlin vor allem die neuen Preisdaten im Auge haben."Im Falle einer erneuten Zuspitzung der Deflationsdebatte halten wir selbst stärkere Kursrückschläge für möglich", schreiben sie in ihrem Wochenausblick.
Darüber hinaus steht die Stimmung in der Wirtschaft in dieser Woche erneut auf dem Prüfstand: mit dem deutschen ZEW-Index für Juni (Dienstag) und dem amerikanischen Philly-Fed-Index (Donnerstag). Bei beiden Barometern erwartet der Durchschnitt der Volkswirte eine weitere Verbesserung. Doch gibt es für die deutsche Messlatte der Konjunkturerwartungen auch einige Skeptiker. Der starke Euro dürfte zu einem leichten Rückgang des ZEW-Index geführt haben, meint Jörg Krämer von Invesco, während die Strategen der Deutschen Bank die Deflationsängste als Grund für eine mögliche Schwäche nennen.
Sollten sie Recht behalten, könnte dies - wie am vergangenen Freitag das US-Verbrauchervertrauen - für eine kalte Dusche am Aktienmarkt sorgen. Clever ist, wer sie genießt. So weisen schließlich auch die Strategen der DZ Bank noch einmal mit Nachdruck darauf hin:"Ein paar schwächere Tage täten gut, um eine Überhitzung des Marktes zu vermeiden."
<font size="5">Der"neuen Blase" entweicht Luft </font>
von Martin Halusa/ New York
Nach einer drei Monate dauernden Jagd, in denen die Aktienkurse um mehr als 20 Prozent gestiegen sind, ist den Bullen an der New Yorker Börse erst einmal die Puste ausgegangen. Die drei großen US-Indizes gingen nahezu unverändert ins Wochenende. Und Wall Street befürchtet, dass die Börse in dieser Woche auf Talfahrt gehen könnte.
Grund hierfür sind sowohl schlechte Nachrichten, die von den Unternehmen kommen könnten, als auch wenig erfreuliche Meldungen vom Zustand der Volkswirtschaft. Analysten in New York erwarten sogar, dass die US-Notenbank Federal Reserve bei ihrer nächsten Sitzung am 24. und 25. Juni die Zinsen senken wird. Bewegungen auf dem Futures-Markt deuten bereits darauf hin, dass Fed-Chef Alan Greenspan die Federal Funds Rate um 50 Basispunkte absenken könnte. Derzeit steht der Satz für die Kurzfristzinsen bei 1,25 Prozent und damit auf dem niedrigsten Stand seit mehr als 40 Jahren.
An der Börse heißt es, die Kurse seien in den vergangenen Monaten zu schnell und zu hoch gestiegen. Einige Händler sprechen schon von einer Blase, die die Fundamentaldaten nicht rechtfertigten. Deshalb wird es in diesem Jahr wohl nicht zu einer Sommerrallye kommen. Im Gegenteil: Wertpapierexperten wie Richard Bernstein von Merrill Lynch vergleichen die hohen Kurse sogar mit dem Boom des Jahres 2000."Wir glauben, dass der Blase derzeit Luft entweicht", sagt Bernstein.
Der Dow Jones erhöhte sich in der abgelaufenen Woche um,6 Prozent und steht nun bei 9117,12 Punkten. Die Nasdaq und der Standard & Poors-500 stiegen um jeweils,1 Prozent. Am Freitag waren die Kurse deutlich zurückgegangen, nachdem die Universität von Chicago ihren Index über die Stimmung der Verbraucher vorgelegt hatte. Das Barometer ist im Juni überraschend und stark gesunken - von 92,1 auf 87,2 Punkte. Ã-konomen hatten einen kleinen Anstieg auf 93 Zähler erwartet und sind nun enttäuscht. Der Index könnte ein Hinweis darauf sein, dass sich der Aufschwung doch nicht so darstellt, wie dies bislang für das zweite Halbjahr vorhergesagt worden war.
Diese Woche dürfte nähere Auskunft über die Lage der Konjunktur bringen. Am Dienstag steht die Veröffentlichung der Inflationsrate an. Schon die Produzentenpreise waren im Mai um,3 Prozent gesunken, was die Diskussion über die drohende Deflation weiter angeheizt hat. Zudem stehen die Baubeginne von Häusern, die Realeinkommen und die Industrieproduktion auf dem ökonomischen Kalender. Am Donnerstag erwartet Wall Street den Index über die ökonomischen Frühindikatoren, die das New Yorker Institut Conference Board vorlegen wird. Analysten glauben, dass sich der Index geringfügig verbessert hat. Bei den Unternehmen stehen die Quartalszahlen mehrerer Unternehmen an, darunter die der Investmentbank Morgan Stanley, die Chipherstellers Micon Technology und der Handelskette Circuit City.
Die Banken blicken darüber hinaus auf den 20. Juni. An diesem Tag müssen die Chefs einiger New Yorker Großbanken den Ermittlungsbehörden Dokumente, Emails und Aktenordner übergeben. Zu den Managern, die Auskunft geben müssen, gehören Sanford Weill von Citigroup und der Ex-CEO von Credit Suisse First Boston, Allan Wheat. Die Börsenaufsicht wirft den Bankern unter anderem vor, massiven Einfluss auf die Berichte und Bewertungen von Analysten ausgeübt zu haben. Erst vor einigen Wochen hatten sich die großen Banken mit Börsenaufsicht und Staatsanwaltschaft auf die Zahlung von 1,4 Mrd. Dollar geeinigt. Die Behörden hatten den Finanzinstituten vorgeworfen,"irreführende Analystenberichte" abgegeben zu haben.
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