R.Deutsch
22.06.2003, 11:32 |
Dürfte eine Regierung den Anschlag auf das WTC selbst organisieren? Thread gesperrt |
-->Die Dokumentation im WDR (die am Montag 10:15 Uhr wiederholt wird) legt die Vermutung nahe, dass die amerikanische Regierung selbst in die Anschläge verwickelt war.
Ähnlich, wie sich die große Aufklärungsdebatte 1777 an der Frage entzündete, ob es nützlich sein könne, das Volk zu betrügen, könnte man sich ja einmal der Frage zuwenden:
Wäre eine Sprengung des WTC zu rechtfertigen, wenn die daraus folgenden Entwicklungen zu einer friedlichen und prosperierenden Welt (pax americana) führen?
Eine Art römisches Reich unter einem gütigen Hegemon zu errichten, wie es einige amerikanische Strategen vorschlagen, hat ja auch Vorteile für alle Beteiligten.
Wenn ich es richtig sehe, ist es genau das Problem, das wir auch im Timothy Roth Forum diskutieren wollen, also die Frage, woher nehmen wir die Maßstäbe für moralisch richtiges Handeln?
Grübel, grübel
RD
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Stephan
22.06.2003, 12:04
@ R.Deutsch
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Re: Nein |
-->Hallo,
>Wäre eine Sprengung des WTC zu rechtfertigen, wenn die daraus folgenden Entwicklungen zu einer friedlichen und prosperierenden Welt (pax americana) führen?
Das erinnert mich irgendwie an den Reichtagsbrand! Seit 911 ist ein gutes Stück Zeit vergangen. Und wie weit sind wir gekommen? Bis hierher! Von einer friedlichen und properrierenden Welt kann überhaupt nicht die Rede sein.
>Eine Art römisches Reich unter einem gütigen Hegemon zu errichten, wie es einige amerikanische Strategen vorschlagen, hat ja auch Vorteile für alle Beteiligten.
Das immerwiederkehrende Problem der Macht: Ab einer kritischen Ansammlung von Macht erfolgt eine nicht mehr zu stopppende Kettenreaktion. Nicht irgendeine Masse spaltbaren Materials löst ein Kernspaltung aus, sondern die kritische Masse. Nicht irgendeine Menge Macht wird zu brutalem Missbrauch führen, sondern die kritische Menge Macht. Die Frage die sich jeder selbst beantworten muss: haben die USA diese kritische Machtansammlung erreicht?
>Wenn ich es richtig sehe, ist es genau das Problem, das wir auch im Timothy Roth Forum diskutieren wollen, also die Frage, woher nehmen wir die Maßstäbe für moralisch richtiges Handeln?
Gruß
Stephan
<ul> ~ Erdcharta</ul>
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sensortimecom
22.06.2003, 12:30
@ R.Deutsch
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Re: Dürfte eine Regierung den Anschlag auf das WTC selbst organisieren? |
-->>Die Dokumentation im WDR (die am Montag 10:15 Uhr wiederholt wird) legt die Vermutung nahe, dass die amerikanische Regierung selbst in die Anschläge verwickelt war.
>Ähnlich, wie sich die große Aufklärungsdebatte 1777 an der Frage entzündete, ob es nützlich sein könne, das Volk zu betrügen, könnte man sich ja einmal der Frage zuwenden:
>Wäre eine Sprengung des WTC zu rechtfertigen, wenn die daraus folgenden Entwicklungen zu einer friedlichen und prosperierenden Welt (pax americana) führen?
>Eine Art römisches Reich unter einem gütigen Hegemon zu errichten, wie es einige amerikanische Strategen vorschlagen, hat ja auch Vorteile für alle Beteiligten.
>Wenn ich es richtig sehe, ist es genau das Problem, das wir auch im Timothy Roth Forum diskutieren wollen, also die Frage, woher nehmen wir die Maßstäbe für moralisch richtiges Handeln?
>Grübel, grübel
>RD
Hallo.
Jede Macht, die sich einer solchen verbrecherischen Methode bedient (wobei ich nicht an die vorsätzliche WTC-Sprengung glaube!) würde sich selber moralisch disqualifizieren, und käme für die Errichtung eines hegemoniales Reiches NICHT in Frage. Ich glaube da erübrigt sich jede Debatte.
mfg E.
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silvereagle
22.06.2003, 13:07
@ Stephan
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Erinnerung an den Reichstagsbrand? ;-) |
-->Hallo Stephan,
>Das erinnert mich irgendwie an den Reichtagsbrand! Seit 911 ist ein gutes Stück Zeit vergangen.
Immerhin ist ja auch der Reichstagsbrand ein"911"... --> 9.11.1938... ;-)
Gruß, silvereagle
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dottore
22.06.2003, 14:15
@ R.Deutsch
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Re: Dürfen Bürger Politiker erpressen? |
-->Hi,
>Wenn ich es richtig sehe, ist es genau das Problem, das wir auch im Timothy Roth Forum diskutieren wollen, also die Frage, woher nehmen wir die Maßstäbe für moralisch richtiges Handeln?
Ja, woher? Abgesehen davon, dass darin ein Denkfehler liegt, weil sich weder ein"Maßstab" noch"Moral" noch"richtig handeln" definieren lässt, Kant, Rawls, Pareto usw. hin oder her.
Aber mal runter von der ganz, ganz großen Weltpolitik:
Dürfen / sollen (oder was auch immer) Privatpersonen Politiker erpressen?
Die Frage steht jetzt im Raum, da bestimmte Politiker in einer bestimmten Angelegenheit, die selbst nicht strafbewehrt ist, tätig waren bzw. bei der Tätigkeit zweifelsfrei identifiziert wurden?
Bis zu welchem"Rahmen" sollte die Erpressung gehen dürfen? Darf man sich mit Geld, Bevorzugung, Wohlwollen o.ä."bereichern" oder darf man sie"nur" zum Rücktritt nötigen, was freilich zu Einkommenseinbußen derjenigen und zu etwaigen Schadensersatzansprüchen führen würde und Nötigung ihrerseits auch strafbewehrt ist?
Die Moralisten werden darauf gewiss rasch eine Antwort finden.
Gruß!
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sensortimecom
22.06.2003, 16:01
@ dottore
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Re: Dürfen Bürger Politiker erpressen? |
-->>Hi,
>>Wenn ich es richtig sehe, ist es genau das Problem, das wir auch im Timothy Roth Forum diskutieren wollen, also die Frage, woher nehmen wir die Maßstäbe für moralisch richtiges Handeln?
>Ja, woher? Abgesehen davon, dass darin ein Denkfehler liegt, weil sich weder ein"Maßstab" noch"Moral" noch"richtig handeln" definieren lässt, Kant, Rawls, Pareto usw. hin oder her.
>Aber mal runter von der ganz, ganz großen Weltpolitik:
>Dürfen / sollen (oder was auch immer) Privatpersonen Politiker erpressen?
>Die Frage steht jetzt im Raum, da bestimmte Politiker in einer bestimmten Angelegenheit, die selbst nicht strafbewehrt ist, tätig waren bzw. bei der Tätigkeit zweifelsfrei identifiziert wurden?
>Bis zu welchem"Rahmen" sollte die Erpressung gehen dürfen? Darf man sich mit Geld, Bevorzugung, Wohlwollen o.ä."bereichern" oder darf man sie"nur" zum Rücktritt nötigen, was freilich zu Einkommenseinbußen derjenigen und zu etwaigen Schadensersatzansprüchen führen würde und Nötigung ihrerseits auch strafbewehrt ist?
>Die Moralisten werden darauf gewiss rasch eine Antwort finden.
>Gruß!
[b]...woher nehmen wir die Maßstäbe für moralisch richtiges Handeln?
Ich meine doch aus dem Prinzip das Jesus Christus aufgezeigt hat (und mit dem Kant`schen Imperativ weitgehend ident ist): Liebe deinen Nächsten wie dich selbst...
Dieses Prinzip kann die EINZIGE Maxime für die Gestaltung einer zukünftigen Welt sein, nachdem alle"alternativen" Konzepte schmählich zusammengebrochen sind...
mfg
Erich B.
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rodex
22.06.2003, 16:27
@ sensortimecom
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Full ACK! (owT) |
-->
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Dieter
22.06.2003, 16:43
@ dottore
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Re: Dürfen Bürger Politiker erpressen? |
-->Ein Politiker ist eben kein Mensch wie Du und ich, sondern hat eine Führungsfunktion zumindest für seine propagierten Ziele und Programm. Sollte ein Politiker zusätzlich noch ein öffentliches Amt annehmen, kommen zu den üblichen moralischen Maßstäben noch die zusätzlichen der Amts/Staatsführung hinzu. Sobald ein Politiker im Amt etwas vorlebt, was nach dem Gesetz welches er vertritt nicht rechtens oder zweifelhaft ist, verliert er automatisch jegliche Berechtigung Politiker im Amt sein zu dürfen - und zwar nicht per Gesetz sondern per Definition.
Der Bürger braucht niemanden zu erpressen, höchstens darauf hinzuweisen, was richtig wäre.
Übrigens: Aufgrund der geringen Aufregung innerhalb der Bevölkerung für Vorteilsnahme seitens der Politiker sollte überlegt werden, inwieweit unser Recht noch im Sinne der breiten Masse ist. Ehrlicher wäre demnach, Vorteilsnahme nicht als Delikt anzusehen sondern als erstrebenswertes Denkmuster und mit Anerkennung und Lob zu versehen.
Gruß Dieter
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silvereagle
22.06.2003, 16:51
@ dottore
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Re: Dürfen Bürger Politiker erpressen? / Nein... |
-->Hallo dottore,
> Die Moralisten werden darauf gewiss rasch eine Antwort finden.
hier eine kurze juristische Zusammenfassung, da die Lage absolut eindeutig ist:
"Erpressung" ist immer verboten, und strafbewehrt. Um eine rechtlich relevante Erpressung handelt es sich - vereinfacht gesagt - immer dann, wenn entweder das angewandte Mittel (z.B. Drohung mit körperlicher Gewalt), der zu erreichende Zweck (z.B. eine gewünschte Straftat, die der Erpresste begehen soll) oder aber die Zweck-Mittel-Relation als unrechtmäßig angesehen wird: Dazu gehört u.a., jemandem mit Veröffentlichung brisanter Infos über ihn selbst oder seine Angehörigen zu drohen, wenn der Bedrohte z.B. nicht eine gewisse Summe Geld zahlt, nicht mit dem Erpresser Geschlechtsverkehr hat usw. Auch der Versuch ist strafbar.
In vielen Fällen wird es aber nach dem Motto laufen:"Wo kein Kläger, da kein Richter."
Gruß, silvereagle
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dottore
22.06.2003, 17:24
@ Dieter
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Re: Dürfen Bürger Politiker erpressen? |
-->Lieber Dieter,
>Ein Politiker ist eben kein Mensch wie Du und ich,
Richtig. Was macht der Bürger, der den Politiker (die Politiker) ablehnt, weil er ihn (sie) als seinen natürlichen Feind empfindet?
>sondern hat eine Führungsfunktion zumindest für seine propagierten Ziele und Programm.
Der Bürger lehnt Ziele und Programme ab. Wie soll er sich verhalten?
>Sollte ein Politiker zusätzlich noch ein öffentliches Amt annehmen, kommen zu den üblichen moralischen Maßstäben noch die zusätzlichen der Amts/Staatsführung hinzu.
Politiker streben automatisch nach Ämtern bzw. sind"rent seeker" auf Kosten des Bürgers. Mit einer Erpressung hätte der Bürger die Chance, etwas von dem, was er gegen seinen Willen als Kosten hatte, zurück zu gewinnen. Die Erpressung kann einvernehmlich ablaufen, da der Politiker ohnehin nicht auf eigenes Geld verzichten muss.
>Sobald ein Politiker im Amt etwas vorlebt, was nach dem Gesetz
Er hat nicht gegen ein Gesetz verstoßen, würde jedoch mit größter Wahrscheinlichkeit Amt und Reputation verlieren, wenn der Tatbestand ruchbar würde.
>welches er vertritt nicht rechtens oder zweifelhaft ist, verliert er automatisch jegliche Berechtigung Politiker im Amt sein zu dürfen - und zwar nicht per Gesetz sondern per Definition.
Wie gesagt, es geht um ein"ungeschriebenes Gesetz".
>Der Bürger braucht niemanden zu erpressen, höchstens darauf hinzuweisen, was richtig wäre.
Was heißt"richtig" in diesem Zusammenhang? Soll der Bürger dem Politiker mitteilen, dass er weiß, was der Politiker getrieben hat und anschließend für immer schweigen?
>Übrigens: Aufgrund der geringen Aufregung innerhalb der Bevölkerung für Vorteilsnahme seitens der Politiker sollte überlegt werden, inwieweit unser Recht noch im Sinne der breiten Masse ist.
Das ist sehr interessant. Demnach könnte der Bürger den Politiker dergestalt bestechen (dessen Vorteilsnahme), indem er den anderen Bürgern gegenüber schweigt? Der Politiker hat dann einen geldwerten Vorteil, den er nicht hätte, wenn der Bürger nicht geschwiegen hätte.
>Ehrlicher wäre demnach, Vorteilsnahme nicht als Delikt anzusehen sondern als erstrebenswertes Denkmuster und mit Anerkennung und Lob zu versehen.
Demnach wäre alles, was dem Politiker frommt, so zu handhaben - nur weil es ehrlicher wäre? Also ich weiß nicht.
Jedenfalls vielen Dank und Gruß!
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dottore
22.06.2003, 17:38
@ silvereagle
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Re: Dürfen Bürger Politiker erpressen? / Nein... |
-->>Hallo dottore,
>> Die Moralisten werden darauf gewiss rasch eine Antwort finden.
>hier eine kurze juristische Zusammenfassung, da die Lage absolut eindeutig ist:
Ja, so gesehen, ist die Lage eindeutig.
Nun ist es aber etwas anders: Der Bürger kann dem Politiker auch sagen, Du musst jetzt zurücktreten. Falls Du es nicht tust, werde ich mit Deinem Tatbestand an die Ã-ffentlichkeit gehen (wie auch immer das dann"abgewickelt" würde) und dann bist Du Dein Amt auch los und hast auch noch die"Schande" am Bein.
Das Problem ist: Der Bürger kann den Politiker"abschießen". Tut er das, wird sofort Geld gespart (Pensionsansprüche usw.). Tut er das nicht, geht der Politiker mit hohem Renomee und Rente, also auf Kosten sowohl des Bürgers selbst als auch der Gemeinschaft aller Bürger, später ab.
>In vielen Fällen wird es aber nach dem Motto laufen:"Wo kein Kläger, da kein Richter."
Es soll nicht angeklagt werden, was auch gar nicht geht, da das Verhalten des Politikers nicht ungesetzlich war. Es geht um nichts anderes als den"Abschuss", den der Politiker vermeiden kann, indem er von sich aus zurücktritt.
Ist der Hinweis auf den möglichen Abschuss, um damit den Rücktritt zu erzwingen, eine"Erpressung"? In dem von Dir ausführlich dargestellten Sinne vermutlich nicht.
Gruß!
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Hirscherl
22.06.2003, 17:49
@ dottore
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Re: freilich |
-->Wenn das"dürfen" sich nicht auf die rechtliche Lage bezieht, sondern auf eine ethische Bewertung, dann würde ich sagen: ja, jeder darf jeden erpressen.
Das ist ein ganz normaler Handel, Schweigen gegen Bares (oder was auch immer). Man muß den Handel ja nicht eingehen. Ist das Gut (Stillschweigen) mehr oder gleich viel wert als das geforderte Gut (meist Geld)? Diese Frage stellt sich bei jedem Kauf.
Siehe Rothbard´s"Ethik der Freiheit".
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Dieter
22.06.2003, 17:59
@ dottore
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Du stelltest Fragen |
-->Hallo Dottore,
füge Text ein:
>Lieber Dieter,
>>Ein Politiker ist eben kein Mensch wie Du und ich,
>Richtig. Was macht der Bürger, der den Politiker (die Politiker) ablehnt, weil er ihn (sie) als seinen natürlichen Feind empfindet?
je nach Veranlagung wird sich der Bürger entweder arrangieren, selber Politiker mit seiner Meinung werden, offen oder versteckt protestieren und bei Aussichtslosigkeit obiger Ansätze zu Gewalt übergehen (ungesetzliche Mittel).
>>sondern hat eine Führungsfunktion zumindest für seine propagierten Ziele und Programm.
>Der Bürger lehnt Ziele und Programme ab. Wie soll er sich verhalten?
Siehe oben:
zuerst Ausschöpfung aller legalen Mittel, bei Aussichtslosigkeit, (falls man sich nicht resigniert ins private Abseits drängt), anschließend mit Gewalt.
>>Sollte ein Politiker zusätzlich noch ein öffentliches Amt annehmen, kommen zu den üblichen moralischen Maßstäben noch die zusätzlichen der Amts/Staatsführung hinzu.
>Politiker streben automatisch nach Ämtern bzw. sind"rent seeker" auf Kosten des Bürgers. Mit einer Erpressung hätte der Bürger die Chance, etwas von dem, was er gegen seinen Willen als Kosten hatte, zurück zu gewinnen. Die Erpressung kann einvernehmlich ablaufen, da der Politiker ohnehin nicht auf eigenes Geld verzichten muss.
Bei Politikern möchte ich differenzieren zwischen Berufspolitikern und den eher selteneren, den Politikern aus innerer Überzeugung, für alle das Gute zu wollen.
Deine vorgeschlagene Kostenrechnung lehne ich ab. Eine einvernehmliche Erpressung kann nur ein Kuhhandel sein, also nichts gutes.
>>Sobald ein Politiker im Amt etwas vorlebt, was nach dem Gesetz
>Er hat nicht gegen ein Gesetz verstoßen, würde jedoch mit größter Wahrscheinlichkeit Amt und Reputation verlieren, wenn der Tatbestand ruchbar würde.
Dann sprichst Du von einem"ungeschriebenen Gesetz", welches natürlich genauso gültig ist, wie die geschriebenen. = Maßstab ist wieder die Position der Partei/Politikers wofür er steht oder stand.
Beispiel: Wenn ich als Politiker Schwul sein als erstrebenswert vertrete kann ich damit nicht erpreßbar sein, wenn ich dagegen öffentlich schwul als pervers bezeichne, wäre ich bei eigenem"Schwulsein" natürlich erpreßbar.
>>welches er vertritt nicht rechtens oder zweifelhaft ist, verliert er automatisch jegliche Berechtigung Politiker im Amt sein zu dürfen - und zwar nicht per Gesetz sondern per Definition.
>Wie gesagt, es geht um ein"ungeschriebenes Gesetz".
Siehe einen Absatz höher.
>>Der Bürger braucht niemanden zu erpressen, höchstens darauf hinzuweisen, was richtig wäre.
>Was heißt"richtig" in diesem Zusammenhang? Soll der Bürger dem Politiker mitteilen, dass er weiß, was der Politiker getrieben hat und anschließend für immer schweigen?
Wenn ein Politiker gegen seine eigene öffentlich vorgetragene Rechtsauffassung oder moralischer Auffassung verstößt und sich nicht (ohne Dazutun der Ã-ffentlichkeit) automatisch für unfähig für diese Aufgabe als Politiker fühlt und abtritt, dann sollte ihm das jemand sagen, sei es die Presse, sei es doe breite Massen, sei es Parteifreunde. Es ist für mich keine Erpressung sondern nur eine kleine erzieherische Maßnahme zum Wohle des betroffenen Menschen (Politikers).
>>Übrigens: Aufgrund der geringen Aufregung innerhalb der Bevölkerung für Vorteilsnahme seitens der Politiker sollte überlegt werden, inwieweit unser Recht noch im Sinne der breiten Masse ist.
>Das ist sehr interessant. Demnach könnte der Bürger den Politiker dergestalt bestechen (dessen Vorteilsnahme), indem er den anderen Bürgern gegenüber schweigt? Der Politiker hat dann einen geldwerten Vorteil, den er nicht hätte, wenn der Bürger nicht geschwiegen hätte.
>>Ehrlicher wäre demnach, Vorteilsnahme nicht als Delikt anzusehen sondern als erstrebenswertes Denkmuster und mit Anerkennung und Lob zu versehen.
>Demnach wäre alles, was dem Politiker frommt, so zu handhaben - nur weil es ehrlicher wäre? Also ich weiß nicht.
Meine Art des Sarkasmus ist wohl nicht verständlich gewesen?
>Jedenfalls vielen Dank und Gruß!
netten Gruß zurück, Dieter
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beni
22.06.2003, 18:09
@ dottore
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Kommt darauf an |
-->Hallo,
Ist das Fehlverhalten des Politkers an sein Amt geknüpft, z.B. Verschwendung öffentlicher Güter, dann finde ich es OK die Sache zu veröffentlichen, oder ihm anzubieten die Sache zurückzuhalten, wenn er sich von seinen Ämtern zurückzieht.
Gehts um andere Dnge, z.B. Koks und Nutten, ist es als seine Privatsache anzusehen, zumindest wenn die Nutten freiwillig ihrem Geschäft nachgehn.
Mir scheint das eigentlich relativ einfach zu sein.
m@G, Beni
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beni
22.06.2003, 18:26
@ R.Deutsch
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Maßstäbe für moralisch richtiges Handeln |
-->Hallo,
Ich denke dass sich keine abstrakten, allgemein gültigen Massstäbe für moralisches Handeln aufstellen lassen. Es wird immer Menschen geben, die diese Massstäbe mit einer gewissen Berechtigung anzweifeln.
Meine moralischen Massstäbe werden immer von meinem Menschenbild, von dem was ich als"gutes Leben", als"artgerechte Haltung" für mich und meine Mitmenschen ansehe, abhängen. Wer glaubt, dass Menschen nur unter der Führung einer"strengen Hand" zusammenleben können wird zu einer anderen Moral kommen als jemand der glaubt, dass der Mensch nur aus sich selbst heraus ein guter und gesunder Mensch sein kann. Gleiches auch für andere Meinungen die man in Bezug auf das Wesen, die Natur des Menschen haben kann. Wer glaubt dass der Mensch Gottes Ebenbild ist, wird zu einer anderen Moral kommen, als jemand, der glaubt dass der Mensch nichts ist als ein Zellhaufen.
Darum denke ich wir sollten lieber fragen: Was ist der Mensch? Was ist seine Natur? Was ist seine Stellung in der Menschheit, im Universum? Wenn man ein einleuchtendes Bild vom Menschen entwickelt, hat man auch eine Moral und kann sie auch begründen.
m@G, Beni
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Boyplunger
22.06.2003, 19:43
@ silvereagle
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Re: Erinnerung an den Reichstagsbrand? ;-) |
-->Hi silvereagle!
>Immerhin ist ja auch der Reichstagsbrand ein"911"... --> 9.11.1938... ;-)
Da war die Kristallnacht. Der Reichstagsbrand war am 27.02.1933 und einen Tag später wurde die"Verordnung zum Schutz von Volk und Staat" vom damaligen Reichspräsidenten erlassen.
Gruß b.
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silvereagle
22.06.2003, 21:02
@ dottore
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strafrechtliche Diskussionen... |
-->... hätte ich hierboards zwar bisher kaum für möglich gehalten, aber schaun 'mer mal:
> Nun ist es aber etwas anders: Der Bürger kann dem Politiker auch sagen, Du musst jetzt zurücktreten. Falls Du es nicht tust, werde ich mit Deinem Tatbestand an die Ã-ffentlichkeit gehen (wie auch immer das dann"abgewickelt" würde) und dann bist Du Dein Amt auch los und hast auch noch die"Schande" am Bein.
Als Jurist kann ich dazu nur sagen: Eindeutig Erpressung bzw. mangels Bereicherungsvorsatz allenfalls Nötigung (siehe meine vorherigen Ausführungen - unrechtmäßige Zweck-Mittel-Relation). Etwas anderes ist natürlich die Frage, ob es nicht auch"außerjuristische Rechtfertigungsgründe" geben kann - selbstverständlich ja. Das muss jeder mit seinem Gewissen und seiner Risikobereitschaft vereinbaren.
> Das Problem ist: Der Bürger kann den Politiker"abschießen". Tut er das, wird sofort Geld gespart (Pensionsansprüche usw.). Tut er das nicht, geht der Politiker mit hohem Renomee und Rente, also auf Kosten sowohl des Bürgers selbst als auch der Gemeinschaft aller Bürger, später ab.
Das wäre wohl ein solcher Grund. Wenn es allerdings um die rechtliche Würdigung des Vorgangs geht, ist das irrelevant.
>>In vielen Fällen wird es aber nach dem Motto laufen:"Wo kein Kläger, da kein Richter."
> Es soll nicht angeklagt werden, was auch gar nicht geht, da das Verhalten des Politikers nicht ungesetzlich war. Es geht um nichts anderes als den"Abschuss", den der Politiker vermeiden kann, indem er von sich aus zurücktritt. > Ist der Hinweis auf den möglichen Abschuss, um damit den Rücktritt zu erzwingen, eine"Erpressung"? In dem von Dir ausführlich dargestellten Sinne vermutlich nicht.
Leider doch, siehe oben. Im übrigen habe ich mich vielleicht nicht klar genug ausgedrückt: Mit dem Ausspruch"Wo kein Kläger..." meinte ich vielmehr, dass es trotz erfolgter Erpressung/Nötigung in vielen Fällen zu keiner Anzeige durch den Erpressten und damit zu keinem Verfahren kommen wird. Und zwar dann, wenn der Erpresser mit Augenmaß vorgeht, und der Erpresste in der Tat die Erfüllung des Erpressungszieles als den für sich subjektiv weniger dramatischen Eingriff betrachtet, als z.B. die Veröffentlichung brisanten Materials. Ich gehe davon aus, dass dies sogar die Regel sein wird. Allzuviele"freiwillige" Rücktritte lassen Fragen offen... ;-)
Gruß, silvereagle
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dr.seidel
22.06.2003, 21:34
@ dottore
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Re: Dafür gibt es eine 2000 Jahre alte Lösung das Patronat OT. |
-->>Hi,
>>Wenn ich es richtig sehe, ist es genau das Problem, das wir auch im Timothy Roth Forum diskutieren wollen, also die Frage, woher nehmen wir die Maßstäbe für moralisch richtiges Handeln?
>Ja, woher? Abgesehen davon, dass darin ein Denkfehler liegt, weil sich weder ein"Maßstab" noch"Moral" noch"richtig handeln" definieren lässt, Kant, Rawls, Pareto usw. hin oder her.
>Aber mal runter von der ganz, ganz großen Weltpolitik:
>Dürfen / sollen (oder was auch immer) Privatpersonen Politiker erpressen?
>Die Frage steht jetzt im Raum, da bestimmte Politiker in einer bestimmten Angelegenheit, die selbst nicht strafbewehrt ist, tätig waren bzw. bei der Tätigkeit zweifelsfrei identifiziert wurden?
>Bis zu welchem"Rahmen" sollte die Erpressung gehen dürfen? Darf man sich mit Geld, Bevorzugung, Wohlwollen o.ä."bereichern" oder darf man sie"nur" zum Rücktritt nötigen, was freilich zu Einkommenseinbußen derjenigen und zu etwaigen Schadensersatzansprüchen führen würde und Nötigung ihrerseits auch strafbewehrt ist?
>Die Moralisten werden darauf gewiss rasch eine Antwort finden.
>Gruß!
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Uwe
22.06.2003, 21:56
@ R.Deutsch
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Re: m.E. nicht im Sinne der Theorie der Gerechtigkeit/Fairness |
-->Hallo, Reinhard,
noch kann ich nicht erkennen, dass der Fall WTC nach den geschilderten Zusammenhängen, in die Moralannahmen von Kant/Rawls/T.P. Roth hineinpassen, da sich eine jede Institution an die besonders hergeleitete und eingeführte Verfassung zu halten hätte. Die beschriebenen Rahmenumstände erfüllen m.E. eher die Vorstellung, die dem Konsequenzialismus zugeschrieben werden müssen und damit im Gegensatz zur"Theorie der Gerechtigkeit/Fairness" stehen.
Das Hauptproblem, das durch die Inanspruchnahme der Moral als Basisbaustein für die Erstellung einer Verfassung entsteht, ist hier in einzelnen Beiträgen schon angesprochen worden.
Ein Fall, in dem also eine Regierung Tatsachen schafft, die das Ziel haben, Grundfreiheiten zeitweise für zukünftige vermutete größere/sichere Freiheiten einzuschränken, passt m.E. nicht in das Schema einer (wie auch immer definierten) von moralistischen Grundsätzen geleitete Regierung im Sinne von Kant/Rawls und damit von Roth, der sich auf beide beruft.
Gruß,
Uwe
|
Uwe
22.06.2003, 22:14
@ dottore
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Re: Sehr geehrter Herr Minister, Ihr Arbeitsverhältnis endet zum 31. des Monats |
-->Hollo, dottore,
ob Du hier einen besonderen Fall im Sinn hast oder allgemein die Frage aufwirfst, vermag ich nicht zu beurteilen. Hinzu kommt die Tatsache, dass ich nicht erkennen kann, was der Grund für die Möglichkeit der angedachten Erpressung ist.
Der einzelne Bürger als"Erpresser" ist wohl in der Regel ein Straftäter. Medien(macht) als"Erpressungsinstrument" wird zudem ein"moralisches" Problem, da hier wohl weitere Personen/Bürger in die Dienste des"Erpresser" eingebunden werden. Ob dies dann noch Ã-ffentlichkeitsarbeit genannt werden kann, ist wohl fallabhänging zu bewerten.
Abgesehen davon stellt sich mir nun die Frage, ob es via"Arbeitsvertrag" möglich sein könnte, auf die Dienste von Politiker ganz normal durch Kündigung verzichten zu können. Das würde so manche"Erpressung" sinnlos werden lassen.
Gruß,
Uwe
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Miesespeter
22.06.2003, 22:25
@ dottore
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Wieso erpressen? |
-->>Aber mal runter von der ganz, ganz großen Weltpolitik:
>Dürfen / sollen (oder was auch immer) Privatpersonen Politiker erpressen?
>Die Frage steht jetzt im Raum, da bestimmte Politiker in einer bestimmten Angelegenheit, die selbst nicht strafbewehrt ist, tätig waren bzw. bei der Tätigkeit zweifelsfrei identifiziert wurden?
>Bis zu welchem"Rahmen" sollte die Erpressung gehen dürfen? Darf man sich mit Geld, Bevorzugung, Wohlwollen o.ä."bereichern" oder darf man sie"nur" zum Rücktritt nötigen, was freilich zu Einkommenseinbußen derjenigen und zu etwaigen Schadensersatzansprüchen führen würde und Nötigung ihrerseits auch strafbewehrt ist?
>Die Moralisten werden darauf gewiss rasch eine Antwort finden.
>Gruß!
Politiker ist kein Job, der mit normalen Arbeitsgesetzen zu beurteilen ist. Die Wahl zum Repraesentanten ist ein Privileg, und es kommt mit allerhand Sonderrechten. Allerdings auch Sonderauflagen.
Warum sollte 'das Volk' (wer immer das auch ist), nicht seinen Vertreter 'zum Ruecktritt noetigen', sobald er sich von diesem, aus welchen Gruenden auch immer, nicht mehr repraesentiert fuehlt?
Nur kommt es meistens leider nicht dazu.
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Pudelbirne
23.06.2003, 03:28
@ R.Deutsch
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Deine Argumentation ist klar utilitaristisch |
-->Hallo,
wie Uwe schon dargelegt hat, waere eine solche"efficiency enhancing" Massnahme rein utilitaristisch und somit nicht moralisch gesichert. Der Weg - hier Menschenleben auszuloeschen - ist jedenfalss unmoralisch, wenn man von moralischer Gleichheit der Menschen ausgeht.
So ein Hegemon kann eine moegliche gute Staatsform sein, aber, und das ist auch der Punkt von T.Roth, der Weg dahin kann vielleicht nicht beschritten werden, wenn man den Kantschen Imperativ nicht verletzen moechte. Moralischer Absolutismus ist nun aber leider nicht die Staerke von Menschen, deshalb werden sie auch immer wieder das Schlimmste machen, in der Hoffnung das Beste zu bewirken...
Gruesse
P
>Die Dokumentation im WDR (die am Montag 10:15 Uhr wiederholt wird) legt die Vermutung nahe, dass die amerikanische Regierung selbst in die Anschläge verwickelt war.
>Ähnlich, wie sich die große Aufklärungsdebatte 1777 an der Frage entzündete, ob es nützlich sein könne, das Volk zu betrügen, könnte man sich ja einmal der Frage zuwenden:
>Wäre eine Sprengung des WTC zu rechtfertigen, wenn die daraus folgenden Entwicklungen zu einer friedlichen und prosperierenden Welt (pax americana) führen?
>Eine Art römisches Reich unter einem gütigen Hegemon zu errichten, wie es einige amerikanische Strategen vorschlagen, hat ja auch Vorteile für alle Beteiligten.
>Wenn ich es richtig sehe, ist es genau das Problem, das wir auch im Timothy Roth Forum diskutieren wollen, also die Frage, woher nehmen wir die Maßstäbe für moralisch richtiges Handeln?
>Grübel, grübel
>RD
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