-->Paolo kann sich der Solidarbekundungen aus allen Bevölkerungsschichten sicher sein. [img][/img]
"Prominente Freier, bekennt euch!"
Stephanie Klee vom Bordellverband BSD nimmt Michel Friedman in Schutz und ruft Freier auf, sich zu outen. Politiker sollten Prostitution nicht stigmatisieren, sondern legalisieren. Ihr Vorschlag: eine Green Card für ausländische Huren
taz: Frau Klee, haben Sie schon mal erlebt, dass sich Freier für die Arbeitsbedingungen der Huren interessieren?
Stephanie Klee: Sehr selten.
Sind Prominente, die sich vielleicht auch für karitative Projekte engagieren, sensibler für die Ausbeutung der von ihnen bestellten Huren?
Das kann man ja so ohne weiteres nicht feststellen. Zu unserem Geschäft gehört die Schauspielerei. Wir spielen dem Gast eine bestimmte Situation vor, da hat die eigene Lage nichts zu suchen - ob man ausgebeutet wird, unter Drogen steht oder misshandelt wird. Der Gast kann natürlich sehr wohl Zeitung lesen und sich seinen Reim machen.
Aber zwischen freiwillig und unfreiwillig kann er nicht unterscheiden?
Mit dem"unfreiwillig", das ist so eine Sache. Untersuchungen und auch meine Erfahrungen sagen, dass etwa die meisten Osteuropäerinnen freiwillig hier sind. Nur wussten sie nicht, dass sie hier als Illegale in eine rechtlose Situation geraten, dass ihnen oft der Pass weggenommen wird, dass sie erpressbar sind. Aber zurück wollen sie nicht.
Die Frauen nehmen diese Bedingungen in Kauf?
Wenn es die einzige Möglichkeit ist, Geld zu verdienen, dann schon.
Könnten Freier irgendetwas daran ändern?
In der Tat. Sie könnten zu ihrem Freiersein stehen. Dann könnten sie auch in ihrem Umfeld darüber sprechen und damit das Klima verändern. Das Freiersein ist ja genauso stigmatisiert wie das gesamte Prostitutionsgeschäft. Wenn Freier keinen Karriereknick und keinen Rufmord fürchten müssten, dann könnte man mal ganz anders über die Rechte von Prostituierten oder auch über Aidsprävention reden.
Könnte man ein unfreiwilliges Outing wie das von Friedman, falls es denn stimmt, für diesen Zweck nutzen?
Das ist kompliziert. Auch Prominenten werfe ich vor, dass sie so wenig Interesse daran haben, wie Prostitution abgesichert ist, und so wenig für ihr eigenes Wohlsein tun. Wenn ein Prominenter sich bekennen würde, wäre das ein großer Schritt nach vorn. Aber ich habe niemanden erlebt, der auch nur seinen Namen dafür hergeben würde, auch wenn er kein Freier ist, wie etwa damals bei der Abtreibungskampagne von Alice Schwarzer. Ich habe mit vielen so genannten Prominenten gesprochen: Nicht ein einziger würde sich hervorwagen.
Würde eine Art Green Card für ausländische Prostituierte das Problem lösen?
Ja. Wenn eine Frau in Kenia etwa informiert würde, dass man über eine legale Agentur nach Europa kommen kann, würde sie dann noch viel Geld für Schlepper bezahlen? Sie hätte eine echte Alternative.
Was steht dem entgegen?
Wir müssen nachweisen, dass eine"wirtschaftliche Notwendigkeit" besteht. Das versuchen wir als Verband gerade.
Gibt es Unterstützung aus der Politik?
Wir brauchen eigentlich nur eine Ausnahmeregelung, wie es sie für polnische Spargelstecher und Pflegekräfte auch gibt. Aber bei der hiesigen Ausländerpolitik ist das nicht leicht.
In Ihren Augen hätte Herr Friedman also seinen Ruf schon wieder hergestellt, wenn er sich mal für die Legalisierung der Migrantinnen stark machte?
In meinen Augen hätte er seinen Ruf gar nicht verloren, wenn diese Geschichten überhaupt stimmen. Wenn ein Mann sich ausländische Prostituierte einlädt, beglückwünsche ich ihn dazu, dass er seine Sexualität nicht unterdrückt. Aber die jüdische Gemeinde oder die CDU würden ihn sicher nicht küssen und befördern, wenn er für die Rechte der Huren einträte.
Also kein Appell an Herrn Friedman?
Nein, eher ein Appell an alle Männer. Wenn wir 50 Prominente hätten, die auf Plakaten sagen würden: Ich bin Freier und ich stehe dazu, dann wäre uns und unser aller Gesundheit ungemein geholfen.
taz Nr. 7085 vom 23.6.2003, Seite 8, 129 Zeilen (Interview), HEIDE OESTREICH
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-->dazu,dottore,
ein interessanter beitrag aus der gestrigen wams, auf welchen gleisen die macher des neuen"Neon" (alles die früheren"jetzt-macher")unter dem stern-dach ein neues blatt kreierenn sollen, wollen, vermeindlich fahren müssen.
interssant auch abseits des reinen blattmachens mit einem blick auf den zustand der generation der 20 bis 30jährigen.
müsste sie interessieren. als vollblutjournalist
vÃel vergnügen,
ein amüsanter beitrag über nachwuchs - wie ich fand
kneric
<font size="4">Unisex, nicht zwangship</font>
Die früheren"jetzt"-Macher bringen unter dem Dach des"Stern" ein Heft für junge Menschen raus:"Neon". Kann das gut gehen?
von Sigrid Liebig
Wer gern Gäste hat, kommt eines Tages in den Parmesanreibekonflikt. Man steht in der Stadt, überlegt, was es abends gibt, und sieht eine Parmesanreibe im Schaufenster. Einerseits will man überhaupt nicht so küchenperfekt eingerichtet sein wie die ganzen Home-Shopping-Europe-Kunden, die alles haben: drei Sorten Glasputzmittel, Antiwespentrinkhauben oder die Stöpsel-Garage aus der"Modernen Hausfrau".
Andererseits ist eine Parmesanreibe schlicht praktisch. Wird man jetzt alt, weil man Vernunftgründe anführt, um Küchenklimbim kaufen zu können? Bleibt man jetzt jung, weil man auf Teufel komm raus weiter improvisiert, ohne dass es funktional nötig wäre? Was ist klemmiger? Parmesanreibenbesitzertum oder Dogmafesthalterei?
Timm Klotzek und Michael Ebert waren früher beim"jetzt"-Magazin. Im vergangenen Jahr wurde das Supplement der"Süddeutschen Zeitung" eingestellt. Unter selten lautem Protest seiner Leser. Die"Stern"-Redaktion bat darauf die beiden und ein kleines Grüppchen, eine Zeitschrift zu entwickeln, die erstens den Geist von"jetzt" nicht verrät und sich zweitens auch noch verkauft. Jetzt, am 23. Juni, kommt das Heft auf den Markt.
"Neon" ist 180 Seiten dick, kostet 2,50 Euro und wird, wenn es sich mehr als 70 000-mal verkauft, in Serie gehen: monatlich, gelumbeckt, multithematisch, unisex, Zielgruppenalter 25 bis 35, kosmopolitisch, nicht zwangship, aber modern. Und empfindlich gegen die Langeweile der Routine. Es ist ein Heft, das Pippi Langstrumpf gefallen würde, oder Monaco Franze. Weil beide gegen eine bürgerliche Stereotypisierung waren. Und trotzdem lebten. Oder deshalb.
Es gibt einen Ordner, den einen. Meist bekommt man ihn von seinem Vater geschenkt, und"Wichtige Dokumente" steht drauf. Da kommt dann alles rein, was wichtig ist, aber zu unwichtig für den Augenblick: GEZ-Anmeldeformulare, Riester-Rentenbroschüren, Einwohnermeldeamtformulare, Waschmaschinengarantiezettel.
Man beschäftigt sich mit diesen Themen nicht, obwohl man weiß, dass sie wichtig sind. Das Ritual des Abheftens stammt noch aus Uni-Zeiten: Aufsätze musste man nicht unbedingt lesen, wohl aber kopiert besitzen. So verbrachte man Tage im Copy-Shop, um das Gewissen zu beruhigten: Notfalls kann ich's nachlesen.
"Jede Zeit hat ihren Claim", sagt Timm Klotzek,"in den Siebzigern war es,Ho Ho Ho-Tschi-Minh", in den Achtzigern war es,Atomkraft, nein danke" in den Neunzigern waren es oft Sprüche wie,Eure Armut kotzt mich an" und heute sagen wir,Eigentlich sollten wir erwachsen werden"." Sein Kollege Michael Ebert ergänzt:"Vor ein paar Jahren war es doch so, dass jeder einen Job bekam, der Excel konnte. Diese Sicherheit ist nun vorbei, es zählen andere Werte."
Der Wert von"Neon"? Dass es Larmoyanz konstruktiv ästhetisiert.
Die Geschichten im Heft, (Wie organisiert man eine Beerdigung, welche Kniffe sollte ich vor einem Umzug kennen, wackelt eigentlich die Erde, wenn alle Chinesen auf einmal in die Luft springen würden, wie manipuliert das Musikfernsehen unser Liebesleben?) sind auf eine moderne Art politisch, wenn sie es brauchen, und auf eine konservative Art unhip, uncool, unsexy, wenn sie es sein wollen."In manchen Bereichen ist der,Neon"-Leser schon erwachsen", sagt Michael Ebert,"in manchen noch nicht. Das macht die Komplexität dieses Lebensalters aus. Und das soll sich auch in,Neon" wiederfinden."
Die Misere beginnt mit einer glücklichen Partnerschaft. Man ist verliebt. Zieht zusammen. Findet seinen Partner toll, stark, witzig. Die Freundinnen neiden, die Freunde kumpeln. Und dann: der Stachel. Soll es das jetzt gewesen sein? Für den Rest deines Lebens? Die Gier auf einen Seitensprung ist ähnlich wie die nach Griesbrei. Natürlich wird man davon nicht satt, man isst ja auch nicht Schokolade, wenn man Hunger hat. Aber verzehrender als Hungerhunger ist Gierhunger.
Man weiß, dass man mit dem jetzigen Partner schon einen ziemlichen Hauptgewinn gezogen hat, aber die Vorstellung, dass man jetzt nie wieder auf anderer Leute Teller starren soll, macht wahnsinnig hungrig. Einerseits findet man ja Omas lange Ehe supertoll, romantisch, voller Poesie - aber Mutters Ehe ist schon wieder spießig, langweilig, zu kompromissreich.
Wird man jetzt durch die Partnerschaft alt, oder hält man sich mit Tür-offen-Optionen das Leben frisch?
"Viel in,Neon" erklärt sich durch unsere Bildsprache", sagt Timm Klotzek,"wir wollten eine authentische, die lapidar und ernsthaft ist. Wieder erkennbar und aufgeräumt. Wobei wir glauben, dass Aufgeräumtheit nicht das Gegenteil von jung ist. Wenn wir Nacktbilder im Heft haben, sollen sie nur Bilder von nackten Menschen zeigen, die ein Lebensgefühl transportieren, sonst nichts. Kein,Das habe ich für mich gemacht",,Also, ich finde die Fotos sehr ästhetisch",,meine Kinder sollen später mal sehen, wie ich in jung aussah" und erst recht kein Möchtegern-Porno. Denn das wollen Frauen nicht lesen und viele Männer in der Massivität, wie es in den Medien gezeigt wird, auch nicht. Man müsste also die Zielgruppe trennen. Und eine getrennte Geschlechterzeitschrift hat immer etwas Peinliches, das man vom Couchtisch verräumt, wenn sich wichtiger Besuch anmeldet."
Klassentreffen sind der soziologische GAU. Weil man sich einerseits darauf freut, alle einmal wieder zu sehen. Weil man andererseits kotzt bei so viel"Und was machst du so?"-Geschwätz, Furcht erregend etabliert. Die Klassenschöne, für die man früher schwärmte, hat heute Besenreißer und drei Kinder. Der Primus arbeitet erfolgreich in einer Kreissparkasse und spielt nebenher, an freien Abenden, Kniffel. Diese Freude-Kotzen-Ambivalenz stört einen natürlich erst recht.
Weil man sich abhängig macht von Äußerlichkeiten. Weil man selbst Teil eines Älterwerdens ist, das es zu meiden gilt: weil man beweglich sein will, improvisieren möchte, fit sein sollte. Weil man noch nicht gesiezt werden will. Und dabei längst in einem Alter ist, in dem man gesiezt wird.
"Neon" hat keine Ähnlichkeiten mit dem Supplement"jetzt" - und ganz viele. Das"jetzt"-Team arbeitete früher in einer Art medialem Naturschutzgebiet, daher waren die Themen"oft selbstverliebter, radikaler und auch isolierter", sagt Klotzek,"und in Bezug auf die Zielgruppe galt: Die wollte auf gar keinen Fall erwachsen werden.,Neon" muss sich auf dem freien Markt behaupten, viele Themen würden da gar nicht funktionieren."
Andererseits gibt es auch bei"Neon" die Rubrik"Wofür es sich zu leben lohnt", nur heißt die jetzt"Das wird mein Sommer. 20 Leser schreiben, was sie sich für die kommenden Wochen vorgenommen haben". Raider heißt jetzt Twix
Ratgeber wie"Von A bis Z: der Umzug" und"Gesundheitsmythen, die einfach Quatsch sind" wären vor einem Jahr bei"jetzt" nicht aus der Reihe getanzt. Und die Rausschmeißer-Seite ist eine Hommage an den Brötchengeber:"Was wird eigentlich aus...?" Aber das ist wahrscheinlich das Medien-Dilemma: Zwischen Parmesanreibe und Fremdgehlust. Zwischen Klassentreffen und Aufhebwahn. Zwischen"jetzt" und"Stern": Das ist"Neon."
dazu noch ein kurzinterview mit Elke Wenzel von"zukunftsinstitut":
"ein neues blatt,das auflagenstark eine eigene linie des unterhaltsamen jammerns kreieren soll - da muss man eher skeptisch sein....."
hier
http://www.wams.de/data/2003/06/22/122342.html
<ul> ~ hier das interview mit e.wenzel ''hang zum selbstmitlied''</ul>
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