doppelknoten
26.06.2003, 10:02 |
Horx -''kleinbügerlich-toskanischer moralismus/scheinheilige empörungsgeilheit'' Thread gesperrt |
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einfach herrlich, dieser neue horx
ich habe schon öfter beiträge dieses
matthias horx,
inhaber des"think tanks"das zukunftinstitut" (frankfurt / www.zukunftinstitut.de),
reingestellt.
ich finde immer, wenn es auch vielen unbequem erscheint,
der mann passte und passt auf!
seine einschätzungen wenigstens zu lesen, müsste für die entscheidungsträger in dieser bananenrepublik (dieses wort wagt ausgerechnet dieser gewerkschaftsvolltrottel peters angesichts seines hirnrissigen streiks im osten auch noch vollmundig in einem boulevardblatt in den mund zu nehmen) ein muss sein.
für alle.er haut ihnen regelmaessig ihr fratziges ebenbild um die ohren.
kneric
Un-Konvent-ionelles Denken
Die Stunde der Zukunft schlägt erst,
wenn sich die Verantwortungsdelegierung verflüchtigt
von Matthias Horx
Brauchen wir wirklich Bürger-Konvente? Benötigen wir Ganzseitenanzeigen mit Aufrufen, Appellen, Anklagen? Ist es an der Zeit für einen zivilen Ungehorsam, der sich primär in Spenden und Petitionen ausdrückt, in der Produktion von noch mehr Papier, Sendezeit in Talkshows, Empörungen in Wort und Bild?
Damit sich der Diskurs um die Modernisierungsfrage aus seinen Sackgassen herausarbeiten kann, brauchen wir vor allem ein anderes Denken. Ich möchte dieses Denken provisorisch"nicht delegierendes Denken" nennen. Es allein kann einen Weg in die Zukunft eröffnen.
Man kann altes und neues Denken auf sehr einfache Art und Weise voneinander unterscheiden. Das alte Denken, das Denken der Klage und des ideologischen Konflikts, weist die Verantwortlichkeit"den anderen" zu. Es nutzt die derzeitige Krisenlage als Abrechnungszeitraum, in dem die alten Rechnungen endlich beglichen werden können.
Dabei haben sich vier Grundmelodien herausgearbeitet, die sich - quadratisch, praktisch, gut - als Schuldzuweisung anbieten.
Erstens: Die 68er sind schuld! Sie haben die geistige, moralische Macht in unserem Land putschistisch übernommen, die Bevölkerung in einen ewigen Sozialstaatstraum eingelullt, Leistung und Moral als Leitwerte denunziert und damit jenes Leistungsbilanzdefizit erzeugt, das uns heute in Form von Staatsschulden um die Ohren fegt!
Zweitens: Die Politiker und ihre Komparsen sind schuld! Der Parteienstaat hat die Macht an sich gerissen, die Verbände blockieren, die Lobbys üben grausame Macht aus. Das ist gewissermaßen die Standardfigur, die in diversen Mischungen mit den anderen drei Vorwurfsfiguren auftaucht.
Drittens: Der Neoliberalismus ist schuld. Niemand kann das so schwitzend und herrlich auf den Punkt bringen wie Oskar Lafontaine, die Inkarnation der beleidigten Leberwurst ("Ich habe ja damals, bei der deutschen Einheit, schon gesagt..."). Hier wird das Problem ins transzendente Reich der"internationalen Finanzmärkte" und in die ätherische Welt der"Gerächtichkeit" weitergereicht - dorthin, wo alles unerreichbar und damit unänderbar bleibt (in den goldenen 68er-Zeiten hatte man dafür noch den schönen Begriff des"Systems").
Viertens: Der Bürger ist schuld. Das wird natürlich nicht so offen ausgesprochen. Aber in den Verbänden erklingt dieses Lied doch recht unverhohlen von den Podien. Die Rede ist vom"Anspruchsdenken", von"Illusionen". Unterton: Die Menschen sind tendenziell faul, irreal, anmaßend. Weil sie nicht akzeptieren wollen, was wir ihnen zumuten mögen... Natürlich fehlen in diesem Panoptikum der Zuweisungen noch einige Varianten der Verschwörungstheorien (Ausländer, Banken, Zinsknechtschaft, Bilderberger-Klub etc.). Das gemeinsame Element wird jedoch klar: Wir haben mit dem ganzen Schlamassel nichts zu tun!
Die Stunde der Zukunft wird erst dann schlagen, wenn sich diese Rhetorik der Verantwortungsdelegierung verflüchtigt. Denn das war es ja gerade: Die alte Wirtschaftswunderidylle war ein Konsens.
In ihr spielte jeder seine komplementäre Rolle. Die CDU (und ihr Milieu) mit ihrem Kohlschen Hang des Schönredens und der kumpelhaften Variante der Umverteilung. Das grün-alternative Milieu mit seinen regressiven Romantizismen und lehrerhaften Menschenbildern. Die sozialdemokratischen Hausmächte mit ihrem Hang zu kleinbürgerlich-toskanischem Moralismus.
Die Medien mit ihrer scheinheiligen Empörungsgeilheit. Auch die Liberalen mit ihrem scheppernden Freiheitspathos, das spätestens......
[b]ich halt den text mal in grenzen. ein anklicken des originalbeitrages unten lohnt sich aber bestimmt.
<ul> ~ hier der gesamte text als link</ul>
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JLL
26.06.2003, 11:23
@ doppelknoten
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Re: '... T-Shirt-Trägern der populistischen Empörung... ' - Köstlich! (owT) |
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Pega53
26.06.2003, 18:27
@ doppelknoten
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Ist ja nett formuliert vom Herrn Horx... |
-->...bleibt jedoch m.E. auf halbem oder vierteltem Wege stecken:
Für mich sind die entscheidenden Fragen:
Wie kommen wir zu einer selbstverantwortenden Geistesverfassung?
Wie kommen wir raus aus dem kurzfristig zwar bequemen Zeigen auf die"Schuldigen", das langfristig aber - wie jedes Suchtverhalten - zur völligen Verelendung und Ohnmacht führt?
Wie schaffen wir es - auch Jeder für sich persönlich - uns unsere eigenen Versäumnisse einzugestehen, uns dennoch noch selber zu mögen und ohne danach - extrem formuliert - uns (oder im zu erwartenden Ausbruch der gestauten Energien: dem nächstenbesten Mitglied der Zielgruppe"Sündenbock") vor lauter HaßFrust die Kugel zu geben???
Wie schaffen wir es, die Fähigkeit zur"Frust-Abwetterung" gerade jetzt zu entwickeln, da wir sie demnächst am dringendsten brauchen werden, obwohl wir es jahrzehntelang/jahrhundertelang/jahrtausendelang versäumt haben, das Leisten des dafür nötigen Konsumverzichts einzuüben?
Ich frage mich im Ernst, wie zB die ver-wöhnte Jugend das packen will, ohne zur Uzi (preiswerte tschechische Maschinenpistole) zu greifen, ohne zB die"überflüssigen nutzlosen Verfresser des Sozialprodukts", die über 50-Jährigen pogromartig abzuschlachten? Oder ohne in völliger Betäubung im Drogensumpf zu verenden?
Ich meine, sie haben es nun mal von keinem gelernt, wie das Verzichten geht, ohne dabei völlig abzufrusten, das heißt: Verzichten und dabei liebesfähig zu bleiben. Deswegen werden sie vermutlich ihrem Haß völlig ausgeliefert sein, sobald der Hedonismus gegen die Wand fährt: Wenn wir nicht radikal was verändern. Jetzt!
Wir hatten doch immer nur fleißig und fraglos die"praktisch/realistische" Religion des Sofort-Konsums geübt.
Da kann doch die Realität nicht einfach daherkommen und nun plötzlich etwas ganz anderes von uns fordern???
(IMHO ist es völlig egal, wer an der Erzeugung dieser"Realität" die"Schuld" trägt. Jeder von uns hat durch ihre Bejahung und Nutzung SEINEN Teil zu ihrer Etablierung und Bekräftigung beigetragen. Im Zuge der erforderlichen persönlichen Veränderung werden auch alle gesellschaftlichen Zusammenhänge - als Nebeneffekt! - bewußt und aufgedeckt. Dies allein schon deswegen, weil in diesem Prozeß das Interesse des im-Prozeß-Befindlichen immer lebendiger und umfassender wird.)
Es ist für das Gros der Eltern stets bequemer gewesen, das Bedürfnis der Kinder nach Setzung von Grenzen oder profunder aufrichtiger Information und Auseinandersetzung durch"finanziellen Ausgleich" oder die Glotze oder... oder...zu umgehen. (Vor allem, um sich selbst und der eigenen Verletztheit nicht begegnen zu müssen in seinem Kinde.)
Meiner Erfahrung nach gibt es keinen anderen verträglichen Ausgleich sozialer Differenzen als die Liebe.
Demnach muß die Entwicklung von Liebesfähigkeit die höchste Priorität in der Zielsetzung des organisierten menschlichen Zusammenlebens (=Staat) genießen.
Wer meint, das sei ein"unrealistisches Ziel", dem halte ich entgegen, daß
es ihm wohl an entsprechender Erfahrung (gewiß nicht von Frust, Haß und von der Unmöglichkeit der Liebe, jedoch an Erfahrung der Wirkmächtigkeit von Liebe) mangelt.
Schließlich kann ja jeder sehen, daß alle übrigen Konzepte restlos abgewirtschaftet haben, und ihre Funktionsuntüchtigkeit vollständig erwiesen ist.
Und Jeder kann zugleich an sich selber erkennen, daß er sein Potential an Liebe noch längst nicht ausgeschöpft hat (weil es grundsätzlich unendlich und wunderwirkend ist - siehe zB. Matrix 1, wo die Frau durch ihre Liebe den Neo zum Leben zurückholt...).
Ich wünsche, daß wir die künftig geforderten"Anpassungsprozesse" in Frieden meistern werden. Die dazu erforderliche Fried-Fertigkeit müsste allerdings mit"Hochdruck" erlangt werden...
Durch Nutzung immer schon vorhanden gewesener brachliegender Ressourcen, über die Jeder verfügt.
Das wird ohne"Religio" im ursprünglichen Sinne (= Wiederanbindung des Ich an das Selbst) nicht möglich sein.
Obwohl es sicherlich Vielen hier im Forum bekannt ist, möchte ich hier noch erwähnen, daß der Begriff"Yoga" im Wesentlichen die gleiche Bedeutung trägt
("Anjochung des Geistes an das Selbst"). Weniger bekannt im Westen ist, daß so verstandene Religio sehr wenig mit"Glauben von Unbeweisbarem" zu tun hat, sondern viel mehr eine geistige Übungspraxis darstellt, in der sich der Übende praktisch selbst zum Experimentierfeld wählt und sich durch seine eigene Wandlung selber zum Beweis wird. Wer das erfahren hat, weiß, daß sich damit zwangsläufig auch die sogenannte"äußere Realität" mit wandelt.
Aus dieser Sicht sind sich selbst entfremdete Menschen tatsächlich"ziemlich Verirrte" und sind"ungezügelt" im wahrsten Sinne des Wortes...
Denn ihre Aufmerksamkeit schweift völlig unbeherrscht herum, getrieben von Impulsen, die (manchmal"um's Verrecken") nicht hinterfragt werden (dürfen)...
Denn das am meisten gemiedene Tabu berührt die Frage: Wer bin ich?
Weniger leicht kann ich mir vorstellen, daß diese Fähigkeit dann, wenn sie gebraucht wird, quasi spontan sich einstellt und verfügbar sein wird.
Aber: Ausweglosigkeit hat schon oft große Wunder bewirkt...
Deswegen mit der Bitte um Alles Gute für uns Alle
Gruß vom Pega
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Josef
26.06.2003, 21:36
@ Pega53
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@Pega: Ueberall in Deutschland gibt es Selbstfindungskurse sogar in Volks- |
-->hochschulen der meisten Kreisstaedte. Leider wird das in den Medien ueber-
haupt nicht erwaehnt und kaum einer redet darueber. Die sind oft recht gut
und wer interessiert ist kann von da aus weitergehen.
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