Svenni
19.07.2003, 13:29 |
Was für eine Jahrhundert-Reform! Thread gesperrt |
-->Hi,
neben der Positivliste, die auf Wunsch der Pharma-Industrie gleich wieder in die Ablage 9 (Abfalleimer) landete, ist auch das"Geheim-Thema" - ohne weitere Diskussion - am Rande dieser Theater-Veranstaltungen, versenkt worden. Es ging darum, der immensen Abrechnungsmanipulation Herr zu werden. Ich bin selbst mit dieser Thematik beschäftigt und meine persönliche Meinung ist, dass die Krankenkassen allein dort ein Einsparungspotential von 30-40%(!) hätten. Es wurde u.a. der Vorschlag auf dem Tisch gelegt, für ALLE Kassenpatienten eine Privatrechnung auszustellen, die gleichzeitig mit einer Zuzahlung von 2-5% (Härtefälle und Familienversicherte ausgenommen) belegt werden sollten. Das hätte den Effekt, dass die Patienten schon aufgrund der (geringen) Eigenbeteiligung, ein ureigenes Interesse hätten, die Arztrechnung auf Korrektheit zu überprüfen. Von Anfang an wurde dieser Vorschlag von der Ärzteschaft torpediert! Zwischenzeitlich gab es wohl ein Gegenangebot der Ärzte, alternativ eine Rechnung mit ID-Nr. auszustellen, wobei der Patient keine oder nur eine EINHEITLICHE Zuzahlung von z.B. 2 Euro zu leisten hätte. Durch die ID-Nr. und der einheitlichen Zuzahlung wären dem Betrug dann natürlich weiterhin Tür und Tor offengeblieben. Welcher Patient weiß schon, hinter welcher ID-Nr. welcher Behandlungspunkt steht. Außerdem entfällt das interessierte Nachfragen der Patienten aufgrung des festen und einheitlichen Zuzahlungsbetrags von z.B. 2 oder 3 Euro! Die Ärtzeschaft hat diesen"Vorschlag" jedoch auch schnell wieder zurückgezogen, da sie wohl merkten, dass keine (!) politische Kraft (auch nicht die GRünen!!!) ein Interesse daran hatte, sich mit der starken Ärzte-Lobby anzulegen!
Leute, ich bin darüber total gefrustet, das diese Thematik schon im Keim erstickt wurde, weil ich wirklich weiß, was da abläuft [img][/img].
Und was blieb übrig von der Reform? Humbug, absoluter Verscheißerei aller. Aber wenigstens werden sich in Zukunft Allianz und Konsorten (auf deren Drängen natürlich!) auf Neugeschäfte freuen können. So kurbelt man halt den"Konsum" an.........die Leute müssen diese Versicherungen kaufen, sonst Zahnlos!
Danke, Herr Schröder, lassen Sie sich auf die Schulter klopfen! So wenig Steuern haben die Bundesbürger wirklich noch nie bezahlt. Kein Reporter wird sie auf einer Bundespressekonferenz darauf ansprechen, dass, durch die Erhöhung von Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträgen sowie dem Zwangsabschluss von Zahnersatz- und Lohnfortzahlungsversicherungen, in Wirklichkeit viel weniger in der Geldbörse bleibt."Aber meine Damen und Herren, ich bitte sie, welche Regierung hat es denn bis heute geschafft, so niedrige Steuersätze einzuführen. Hohohoho" O-Ton Schröder.
Mahlzeit!
Svenni
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thomas
19.07.2003, 14:03
@ Svenni
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Die beste Reform: Freiwilligkeitsprinzip |
-->Die Krankenversicherung lässt sich nicht reformieren, solange sie ein System von Zwangsabgaben (Beiträgen) einerseits, und Privilegien (Leistungen) andererseits ist.
Solange das Zwangsabgaben/Privilegien-Prinzip aufrechterhalten bleibt, sollte man eher von einem staatlichen Gesundheits-System sprechen.
Und staatliche Systeme haben anscheinend immer die Eigenschaft, über jede festgelegte Grenze (hier: Beitragssatz) hinauszuwachsen, wie wir es ja klar beobachten können. Und fällt dennoch der Beitragssatz durch eine"Reform", dann entfallen auch Leistungen, wie im Moment wieder diskutiert.
Die beste Reform: abschaffen.
Dann würden wir endlich sehen, wer sich zu welchen Konditionen gegen welche Risiken versichern möchte, und zu welchem Preis. Und die Ärzteschaft müsste endlich von ihrem hohen Roß, genannt"Gebührenordnung", absteigen.
Manchmal ist die einfachste Lösung auch die beste. Ich fürchte nur, die Zeit ist noch nicht reif.
Thomas
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Euklid
19.07.2003, 14:29
@ thomas
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Re: Die beste Reform: Freiwilligkeitsprinzip |
-->Alles in Ordnung denn die Bürger bekommen ca 10 MRD Euro pro Jahr aus der Tasche gezogen (für bis zu 350 Euro Krankenhausbehandlung,10 Euro Eintrittsgebühr,12 Euro Rezeptgebühr je Medikament,zusätzliche Zahnarztversicherung und Zusatzversicherungen für das Krankengeld)
Weiter so Deutschland und jetzt kann der Gutmensch der AOK der kostenlose Behandlungen von Großvätern und Großmüttern und sämtlicher Familienmitglieder in der Türkei und Serbien sowie Bosnien gut heißt doch wieder ruhig schlafen.
Und sein Job bei der AOK wird natürlich auch weiter gepampert damit er weiter ungestraft solchen Unsinn mit der Rechten-Keule verbreiten kann.
Mich betriffts nicht mehr aber wenn die Leute sich das gefallen lassen daß man ihnen derart das Geld aus den Taschen zieht um in anderen Ländern Großmütter und Großväter auf ihre Kosten zu verpflegen dann sind sie selbst schuld.
Es ist an der Zeit von der Bürgerschaft jetzt Farbe zu zeigen.
Schreiben sie ihren Bundestagsfuzzy in ihrem Wahlkreis an und verbitten sie sich daß dieses Thema irgend etwas mit Rechtsextremismus zu tun hätte.
Sagensie ihm daß ihr Großvater erstens gearbeitet hat und zweitens von seiner Rente die Beiträge für Krankenversicherung bezahlt und wieso Rentner in fernen Ländern in den Genuß einer deutschen Krankenversicherung kommen können die hier noch nie einen Handschlag gerabeitet haben.
Wenn man damals diesesZugeständnis auf Druck der Firmen gemacht hat,warum zahlen dann die Firmen die Gastarbeiter in rauen Mengen beschäftigt haben nicht diese unsinnige Regelung selbst?
Wer kommt für die Greencardler auf wenn diese hier arbeitslos werden und in die Sozialhilfe fallen?
Wer zahlt den Greencardlern dann die Rente?
Diejenigen die so lautstark nach ihnen rufen?
Gruß EUKLID
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alberich
19.07.2003, 17:09
@ Euklid
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Dies sind die Probleme der GKV (mit Link) |
-->Hallo EUKLID,
nachdem ich auf diesen Sachverhalt bzgl. des Sozialabkommens mit der Türkei des öfteren gestoßen bin, habe ich einen Brief an die Tk geschrieben. Ich bin auf die Antwort gespannt.
Um die 'Diskussion' auf die gravierenderen Probleme der GKV zu lenken, empfehle ich die Lektüre folgender Dissertation:
Strategien für ein
zukunftsfähiges Versorgungssystem
der gesetzlichen Krankenversicherung
http://archiv.ub.uni-bielefeld.de/disshabi/2003/0016/dissertation.pdf
Sehr umfassend, lohnt die Mühe!!!
Ausschnitt: S. 51
Die sozialwissenschaftlichen Diagnosen der Gegenwart bezeichnen die
Individualisierung als einen der zentralen Trends der gesellschaftlichen Entwicklung und verweisen damit zugleich auf entsprechende Probleme der Entsolidarisierung der Gesellschaft.
Dabei ist zunächst eine Definition des Begriffes Solidarität notwendig: Nach K. Beck handelt es sich um eine „wechselseitige Verbundenheit von Menschen aufgrund einer gemeinsam empfundenen Interessenslage."
Nach dieser Definition hat Solidarität also immer etwas mit Akzeptanz, Verbundenheit und Freiwilligkeit zu tun. Aber genau diese Werte findet
man in der GKV-Solidargemeinschaft eher selten: Die Mitglieder sind zum großen
Teil Zwangsmitglieder, der Leistungskatalog ist gesetzlich definiert und die
Beitragshöhe ebenfalls fixiert.
Demzufolge ist das Kollektiv mit etwa 70 Mio. Mitgliedern auch kaum als tatsächliche Solidargemeinschaft zu betrachten. Denn unter einem helfenden und unterstützenden Handeln ist nicht gemeint, dass die Mitglieder zwangsweise in ein großes und anonymes Kollektiv einbezahlen und gleichzeitig Überlegungen anstellen, um möglichst viel von den eingezahlten Gelder wieder herauszuholen. In diesem Fall kann der Begriff der „Solidargemeinschaft“ eher gegen das Wort „Risikogemeinschaft“ ausgetauscht werden, da aufgrund der Größe und der entstehenden Anonymität unter den Teilnehmern die „interne Kontrolle“ (also die Selbststeuerung) nicht mehr funktioniert. Solidargemeinschaft bedeutet nämlich auch gleichzeitig, dass die Leistungsempfänger nur die Menge an in Anspruch nehmen, die sie auch tatsächlich benötigen.
Allerdings halten es die Bürger in unserer Gesellschaft nach wie vor im überwiegendem Maße für selbstverständlich, dass den sozial Schwachen - auch im Sinne einer gesetzlichen Krankenversicherung - geholfen werden muss. Die Kritik setzt erst dort an wo gegen diese Zielrichtung verstoßen wird, d.h. wo unter dem
„Deckmantel des Sozialen“ Gelder willkürlich umverteilt werden und wo die
Systeme durch einzelne Individuen ausgenutzt werden. Eben diese Tendenzen
lassen sich aber in großen Systemen mit relativ schwach ausgeprägter Selbststeuerung sehr häufig beobachten.
Weiterhin muss berücksichtigt werden, dass mit zunehmendem Wohlstand in der
Gesellschaft auch ein ständig steigender Anspruch an die medizinische Versorgung
gestellt wird. So werden in der heutigen Zeit altersbedingte Begleiterkrankungen
selbstverständlich im Rahmen der solidarisch finanzierten GKV behandelt und dies oftmals zu einem verhältnismäßig hohen Mitteleinsatz.
Hinzu treten gesellschaftliche Trends wie Life-Science und Wellness, die ebenfalls Einfluss auf die Leistungsinanspruchnahme der GKV haben. Aufgrund der
wirtschaftlich starken Position der westeuropäischen Staaten in der Welt gehen
die Menschen einfach davon aus, dass das jeweilige Gesundheitswesen natürlich
auch zu den leistungsfähigsten Systemen gehört, mit unerschöpflichen Ressourcen
und Möglichkeiten.
Aber nicht nur auf medizinischer Ebene steigen die Ansprüche: Da die Gesellschaft insgesamt über einen höheren Lebensstandard verfügt, findet man z.B. in Krankenhäusern oder Rehabilitationszentren immer aufwendigere Ausstattungen vor, die mittlerweile starken Hotelcharakter aufweisen.
Bedingt ist das hohe Anspruchsniveau der Versicherten aber auch durch die
Kostensteigerungen im Gesundheitswesen selbst, da die Menschen für ihre
(steigenden) Beiträge auch eine ständig verbesserte Versorgungsqualität
erwarten. Gerade im Bagatellbereich haben Ärzte in dieser Situation nur
begrenzte Möglichkeiten gegenzusteuern, da bei der Verweigerung von
Leistungen mit relativ geringem therapeutischem Nutzen die Gefahr besteht, dass
der Leistungserbringer den Patienten als Nachfrager verliert.
Falls aber die steigenden Ansprüche der Menschen zu einer weiteren Ausdehnung
des GKV-Leistungskataloges führen oder zumindest eine vermehrte
Leistungsinanspruchnahme nach sich ziehen, führt genau dieses zur Vergrößerung
der in Abbildung 6 (Seite 20) gezeigten Differenz zwischen der Mortalitätsund
Morbiditätskurve.
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