Tofir
28.07.2003, 11:27 |
Volle US-Gefängnisse Thread gesperrt |
-->Volle US-Gefängnisse (Tagesanzeiger Zürich online)
Die Zahl der Gefangenen in den USA ist im vergangenen Jahr auf die Rekordmarke von mehr als 2,1 Millionen gestiegen. Jede Woche kamen rund 700 Verurteilte neu hinter Gitter.
Im Vergleich zu 2001 wuchs die Häftlingszahl mit 2,6 Prozent um mehr als das Doppelte, wie aus einem am Sonntag veröffentlichten Bericht der US-Regierung hervorgeht. In Staatsgefängnissen sassen demnach im Jahr 2002 mehr als 1,2 Millionen verurteilte Kriminelle ein.
Rund 150’000 waren in Bundes- und mehr als 650’000 weitere in kommunalen Anstalten inhaftiert. Zudem waren mehr als 110’000 jugendliche Straftäter im Gefängnis.
Damit bleiben die Vereinigten Staaten weltweit der unangefochtene Spitzenreiter bei der Zahl der Inhaftierten. In China, mit 1,3 Milliarden Bewohnern das bevölkerungsreichste Land der Welt, sitzen nach britischen Regierungsangaben rund 1,4 Millionen Menschen im Gefängnis. In Russland sind es demnach 920’000.
Für den deutlichen Anstieg der Gefangenenzahl gab das US-Justizministerium keine Erklärung. Eine liberale Denkfabrik, das Justice Policy Institute, warf der Regierung dagegen vor, immer weniger Geld für Präventionsprogramme bereitzustellen.
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...Die Erklärung dürfte darin liegen, dass die Staaten ein big Business aus der Gefängnisindustrie gemacht haben und es halt laufend viele neue Insassen BRAUCHT! Da fällt das Urteil für Knast eben schneller.
Und zweitens leben die Amis fast alle auf Pump im grossen Stil. Wenns dann nichts mehr zu Pumpen gibt, muss es halt irgendwie beschafft werden........
Gruss
tofir
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fridolin
28.07.2003, 13:03
@ Tofir
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Re: Volle US-Gefängnisse |
-->...Die Erklärung dürfte darin liegen, dass die Staaten ein big Business aus der Gefängnisindustrie gemacht haben und es halt laufend viele neue Insassen BRAUCHT! Da fällt das Urteil für Knast eben schneller.
Ein sehr lesenswerter (längerer) Artikel zu diesem amerikanischen"Industriezweig" vom Dezember 1998, aber immer noch aktuell, ist hier:
http://www.theatlantic.com/issues/98dec/prisons.htm
Fortsetzungslinks am Ende des Artikels, oder hier: http://www.theatlantic.com/issues/98dec/pris2.htm http://www.theatlantic.com/issues/98dec/pris3.htm
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marsch
28.07.2003, 13:45
@ Tofir
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Three-Strikes-Law (und noch ein biĂźchen was) |
--><table><table border="0" width="600"><tr><td><font face="Arial"><font size=4> Three-Strikes-Law </font></font><div align="Justify">
Gefangenenzahl in den USA ĂĽberschreitet erstmals die 2 Mio.-Grenze
Anfang April 2003 waren in den USA mehr als 2.1 Mio. Menschen in den USA inhaftiert: Zwei Drittel davon in staatlichen Gefängnissen mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr, ein Drittel in lokalen „jails“. Mit einer Gefangenenquote von über 700 auf 100.000 Einwohner ist damit ein neuer Höhepunkt erreicht worden. http://www.cjcj.org/press/inmate_population.html. Ursachen für den nach wie vor dramatischen Anstieg der Gefangenenzahlen, der vor allem auch schwarze Jugendliche und Heranwachsende trifft, sind die harten Strafen bei Drogenbesitz und die „Three-Strikes-Gesetzgebung“, wonach bei der dritten Verurteilung lebenslängliche Strafen verhängt werden müssen.
TF
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Three Strikes als Mittel zur Prävention?
Die Praxis einiger US-amerikanischer Staaten, bei einer dritten Verurteilung massive Haftstrafen zu verhängen, scheint weniger erfolgreich zu sein als von den Initiatoren erwartet. Dies geht aus den Studien des Centre of Juvenile and Criminal Justice hervor, einer privaten Non-Profitorganisation, deren Ziel unter anderem die Reform der amerikanischen Strafrechtspolitik ist. Soziale Probleme sollen demnach nicht durch eine Zunahme der Gefängnisstrafen bekämpft werden. Das CJCJ weist folgende Defizite der Three Strikes-Policiy nach: In 65% der Fälle sind nicht die eigentlich anvisierten besonders gefährlichen Gewalttäter die Betroffenen; die Verbrechensrate nimmt nicht stärker ab als in US-Staaten, die Three Strikes nicht eingeführt haben; im Gegensatz zu den Erwartungen kostet die Praxis den Steuerzahler 500 Millionen Dollar mehr pro Jahr; 74% der Verurteilten gehören ethnischen Minderheiten an oder sind arm, so dass kaum von einem fairen Vorgehen gesprochen werden kann. Mehr Informationen über Kritik an Three Strikes und über das CJCJ finden sich unter http://www.cjcj.org/rsr/index.php.
TW
http://www.polizei-newsletter.de/aktueller_newsletter.htm
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Und mal ganz allgemein:
Zum amerikanischen Rechtsystem: Thema Todesstrafe
Studie über fehlerhafte Todesurteile <a target=_blank href= http://justice.policy.net/jpreport/liebman2.pdf>(„A Broken System: Error Rates in Capital Cases, 1973 bis 1995") </a>
Zitat:"Nationally, over the entire 1973-1995 period, the overall error-rate in our capital punishment system was 68%."
Zusammenfassung in Deutsch:
.....
Ein wichtiges Argument gegen die Todesstrafe ist der Umstand, dass im Gegensatz zu anderen Strafen eine Hinrichtung nicht korrigiert werden kann. Fehlurteile können nie ganz ausgeschlossen werden. So mussten in den USA seit 1973 über 84 Gefangene - zumeist Schwarze - aus den Todeszellen entlassen werden, weil sie zu Unrecht verurteilt worden waren. Im Juni 2000 veröffentlichte die New Yorker Columbia Universität eine groß angelegte, vom ehemaligen Vorsitzenden des Rechtsausschusses des Senats Joseph R. Biden angeregte Studie über fehlerhafte Todesurteile („A Broken System: Error Rates in Capital Cases, 1973 bis 1995"). Darin wird belegt, dass bei 68 % aller zwischen 1973 und 1995 verhängten Todesurteile das erstinstanzliche Urteil als fehlerhaft aufgehoben werden musste. 7 % aller zum Tode Verurteilten erwiesen sich unschuldig. 1999 wurden nicht weniger als acht Menschen als unschuldig entlassen. Einige standen unmittelbar vor ihrer Exekution, unter ihnen Anthony Porter. 16 Jahre befand er sich in der Todeszelle. 48 Stunden vor seiner Hinrichtung wurde diese ausgesetzt, da festgestellt worden war, dass Porter einen IQ von lediglich 51 Punkten aufwies. Private Ermittlungen eines Detektivs und eines Teams der Northwestern University erbrachten schließlich das Geständnis des tatsächlich Schuldigen.
Wie viele der letztlich Hingerichteten Opfer eines derart tödlichen Justizirrtums geworden sind, lässt sich nachträglich nicht feststellen. Sozial schwache Angeklagte können sich in der Regel keine kompetente - und damit teure - anwaltschaftliche Vertretung leisten. Die o. g. Studie der Columbia Universität kommt zu dem Ergebnis, dass in 37 % aller Verfahren, in denen ein Todesurteil verhängt worden war, die Verteidigung inkompetent, schlecht bezahlt oder ohne Erfahrung in derartigen Capital trials war. Die Todesstrafe war und ist somit in vielen Fällen auch die Fortführung einer sozialen Diskriminierung. In diesem Zusammenhang sind auch die Ergebnisse einer im letzten Jahr vorgelegten Studie von Amnesty International („Killing with Prejudice: Race and the Death Penalty in the USA") zu sehen. Demnach machen Schwarze 42 % aller in den USA zum Tode verurteilten Gefangenen aus, obwohl nur 12 % aller US-Amerikanerinnen und Amerikaner schwarzer Hautfarbe sind. Schwarze werden zudem elfmal häufiger wegen eines Mordes an einer weißen Person verurteilt als Weiße wegen der Ermordung eines Schwarzen
.....
http://www.todesstrafe.de/inhalt/politik/dokumente/abschaffung_der_todesstrafe_in_d.htm
</div></td></tr></table>
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Sascha
28.07.2003, 15:02
@ Tofir
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Volle US-Gefängnisse / Traurig aber wahr [mkT] |
--> Hi Tofir!
[b] Die Insassenzahl der US-Gefängnisse ist m.E. auch einer von vielen Indikatoren die zeigen wie groß die sozialen Spannungen in den USA sind, wie groß die Schere zwischen Arm und Reich ist und wie schlecht auch ein fehlendes soziales Netz haben kann. Nicht das man mich falsch versteht: Ich bin auch dagegen wenn Faule oder Schmarotzer auf Staatskosten und letztendlich damit auf Kosten der arbeitenden und engagierten Bevölkerung durchgefüttert werden aber in den USA ist das Problem ja, daß man nicht unbedingt ein Schmarotzer sein muß um im Armenhaus zu landen. Manche müssen dort zwei und drei sog. Hire & Fire-Jobs machen um gerade mal so leben zu können. Das dann viele auf die schiefe Bahn geraten und teilweise auch in die Kriminalität überwechseln ist doch nur das Ergebnis der Rambo-Wirtschaft und des Turbo-Kapitalismus der in den USA teilweise herrscht.
Die Vereinigten Staaten sind ein Land der Kontraste. Sowohl im Großen als auch im Kleinen. In Manhattan sieht man die Glitzerfassaden der vielen Hochhäuser und Wall Street ist auch nicht weit weg und ein paar Kilometer weiter befindet sich Harlem. Ein Stadtviertel bei dem es manchem so vorkommt als befinde man sich in Sao Paulo in den Favelas. Großer Reichtum auf der einen Seite und große Armut auf der anderen Seite. Das kann man fast für die ganzen Vereinigten Staaten beobachten. Es gibt gut verdienende Leute die im Middle-Management tätig sind oder eine akademische Ausbildung gemacht haben (Steuerberater, Staranwälte, Juristen, usw.) und es gibt ein RIESIGES Heer"armer Schweine" (so muß man es einfach nennen) die jeden Tag zehn, zwölf Stunden arbeiten für einen Hungerlohn und wenn sie einmal keine gute Leistung bringen oder mal einen schlechten Tag haben sofort rausfliegen. Das es da bisher keine größeren Unruhen gegeben hat wundert mich manchmal.
Viele GrĂĽĂźe
Sascha
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fridolin
28.07.2003, 17:43
@ Sascha
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Traurig, aber so nicht ganz wahr... |
-->Hallo Sascha,
jetzt interessiert mich doch schon mal, woher das ganze Hintergrundwissen für diese Analyse kommt. Hast Du mal längere Zeit in den USA gelebt? Oder kommt das allein aus scharfsinniger Analyse von Presseberichten? ;-)
Leider stimmt das alles nur bedingt. Es ist kein Problem des Wohlstandsgefälles oder der Armut, wenngleich so etwas natürlich immer mit reinspielt. Wie die Zahlen zeigen - http://www.ojp.usdoj.gov/bjs/glance.htm#Crime - sind sowohl die Gewaltkriminalität als auch Eigentumsdelikte in den USA seit mindestens Anfang der 1990er Jahre im Rückgang. (Ich kann mich noch ganz gut an die Zeiten erinnern, wo damals allein in Washington DC ohne Umland ca. 500 Morde pro Jahr waren, bei so ca. 600.000 Personen Wohnbevölkerung.) Was gestiegen ist, sind hauptsächlich die Drogendelikte und in deren Gefolge die drakonischen Strafen dafür. Bloß daß dieses"knallharte Durchgreifen" alles nichts gefruchtet hat.
Die ganze Sache ist extrem deprimierend. Bei der am stärksten betroffenen Gruppe (schwarze Männer zwischen 20 und 40 Jahren) sitzen momentan gut 10 Prozent in Gefängnissen. Das ist wohlgemerkt ein landesweiter Durchschnitt dieser Bevölkerungsgruppe. Wie die Zahlen in besonders stark von Kriminalität betroffenen Stadtvierteln aussehen mögen, darüber mag man gar nicht erst nachdenken.:-(
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LenzHannover
29.07.2003, 02:45
@ Sascha
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Alles reine Marktwirtschaft:-( |
-->Ich sehe es einfach so:
Diebe sind ja nicht blöd, die klauen dort wo es sich lohnt (pol. Diebe beklauen lieber Deutsche, mehr Profit, ggf. weniger Strafe) und klauen halt nur, wenn es sich lohnt.
D.h. wenn es keine sinnvolle Job-Alternative gibt, ist klauen halt der optimale Job, reichlich Kohle und Risiken? eventuell Knast, die Vorstrafen interessieren Menschen ohne Perspektive doch nicht!
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El Sheik
29.07.2003, 02:46
@ LenzHannover
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Du Nachteule! (owT) |
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