Auch auf die Gefahr hin, dass der Beitrag in einer sehr spannenden Börsenwoche „untergeht“, hier nun etwas Allgemeines zu STOPPS, die ja im Forum auch ab und an diskutiert werden.
In meinem Beitrag zum Thema PATTERNS habe ich kurz mal erwähnt, dass Exits wichtiger sind als Entries. Das hört sich zunächst etwas merkwürdig an, aber es gibt eine gute alte (vielleicht DIE) Börsenregel, die besagt: „Verluste begrenzen, Gewinne laufen lassen.“ Beide Teile des Satzes beziehen sich bei genauem Hinsehen bereits auf Exits. Natürlich gibt es auch noch 10000 andere Regeln. Aber an dem Satz ist wirklich etwas dran, denn:
Die ganze Welt fragt: „Was soll ich kaufen?“ Und „Wann soll ich reingehen?“ Die Antwort auf die Frage könnte so lauten: „Es ist egal, was Du kaufst und es ist auch egal, wann Du es kaufst. Wichtig ist, dass Du die Position sofort glattstellst, sobald sie gegen Dich läuft, z.B. 10%, und wichtig ist auch, dass Du die Position solange behälst, wie sie weiter für Dich läuft.“
Verluste sind wie Krebs: Wenn man sie nicht sofort abschneidet, können sie einen umbringen. Verluste sofort verkaufen. Verluste machen (begrenzen) an sich ist ist o.k. - den Markt nicht mit dem Ego verwechseln.
Im Buch „Das große Buch der technischen Indikatoren“ wird eine Textstelle aus „Technical Traders Guide to Computer Analyses of the Futures Markets“ zitiert. Die ist so prägnant, dass ich sie auch hier bringe:
„Wir kannten einmal einen Trader, der behauptete, er würde die Einstiegssignale von irgendwelchen mysteriösen Wesen aus dem Weltraum erhalten. Er gab an, dass er die Nachrichten mit Hilfe seines interplanetaren Zelltelefons erhielte, das aus einer Coca Cola-Flasche konstruiert war, aus deren Oberteil eine abgebrochene Radio-Antenne ragte. Dieser glückliche (oder unglückliche) Trader hat wirklich Geld verdient, da er die Fähigkeit besaß, seine Trades korrekt abzuschließen. Er konnte es nicht ausstehen, Geld zu verlieren und sich die bissigen Bemerkungen anderer Trader anzuhören, die mit ihm im selben Boardroom saßen, so dass er seine Verlusttransaktionen sehr schnell abschloss. Er würde wahrscheinlich seine Verluste auf die Statik oder irgendeine Art kosmische Interferenz zurückgeführt haben, die seine geheime Botschaft verstümmelt hatte.
Wenn er zufälligerweise in einen Gewinntrade hineingestolpert war, versuchte er diese Erfahrung so lange wie möglich zu verlängern. Er nahm dann den Mund voll über die Gültigkeit seiner Botschaft von außerhalb unserer Erde und machte sich lustig über die anderen Trader und deren scheinbar nutzlose Ansätze, Geld zu verdienen durch die Analyse von Fundamentaldaten und Charts. Er war brutal in seiner Kritik konventioneller Handelsmethoden und hämisch im Hinblick auf seinen eigenen Erfolg. Er war absolut unerträglich, wenn er sich auf der richtigen Seite des Marktes befand.
Dieser glückliche Händler hatte die Eigenschaft, seine Verluste zu begrenzen und die Gewinne laufen zu lassen, und so verdiente er Geld. Sein Handelserfolg war das Gesprächsthema des ganzen Parketts, das seine Witze über die sprechende Coca-Cola-Flasche und den verrückten Händler, der sich mit ihr unterhielt, machte.“...
Eine wahre Geschichte.
Tharp und Basso haben solch ein Random Entry System sogar in 10 Futures-Märkten getestet. Die Prämissen waren:
1. Das Entry wurde mit einem Münzwurf bestimmt.
2. Slippage und commissions wurden mit 100$ berechnet
3. Es wurde pro Trade maximal 1% des Handelskapitals riskiert.
4. Ein Volatility-STOPP (das 3fache des 10-Tage exp. gleitenden Durchschnitts der 14-Tage Average-True Range) wurde benutzt, der ausschließlich zugunsten der Position angepasst wurde („Nachziehen“).
Die Ergebnisse waren eindeutig:
Die Trefferquote betrug insgesamt 38%; in 62% der Fälle wurde verloren.
Die Gewinne bei den Gewinntrades überstiegen die Verluste der Verlusttrades um ein Vielfaches!
Die Gesamtperformance war in allen Märkten positiv! Details kann man nachlesen in: „Trade your way to financial freedom.“ (Van K. Tharp)
Wie kann nun der Satz „Verluste begrenzen, Gewinne laufen lassen.“ Am besten umgesetzt werden?
Natürlich mit STOPPS. Der oben genannte Vola-STOPP ist schon ein spezieller. Wichtig sind zunächst:
1. Der Initial Risk STOPP: Der erste STOPP, der sofort gesetzt wird, sobald eine Position eröffnet wird. Bei einer Aktie zum Bsp. -15% vom Einstiegskurs (alles vice versa für shorts). Oft wird dieser STOPP nur mental gesetzt und dann wird er immer weiter angepasst, bis die Hoffnung siegt, dass sich der Markt nun endlich doch noch zu meinen Gunsten dreht und die Aktie schließlich zur Depotleiche wird. Der erste STOPP muss in die Tat umgesetzt werden, damit der Verlust BEGRENZT wird. Wenn man den (kleinen) Verlust dann erst mal abgestoßen hat, hat man Platz für neue Gedanken und (noch genug) Kapital für neue Trades. Hat man den Verlust abgeschnitten, wirkt das wie frische Bergluft: Echt befreiend.
2. Der Break-Even-STOPP: Entwickelt sich eine Position in meine Richtung (Aktie z.B. +10%), dann ersetzt man den Initial Risk STOPP durch den Break-Even-STOPP. Das ist der STOPP-Punkt, bei dem ein eventueller Rückgang der Aktie auf das Einstiegslevel, dann kein Verlust mehr entstehen kann (inkl. Transaktionskosten + slippage). Man verliert dann in keinem Fall mehr etwas - das ist das schöne, wenn man es bis zum Break-Even gebracht hat.
3. Der Trailing-STOPP: Jetzt kommt der Sahne-Teil. Entwickelt sich die Aktie (oder Optionsschein, Future, etc.) nun noch weiter in meine Richtung, dann passe ich den STOPP noch weiter nach oben an, so dass ich mir schon einen kleinen Gewinn sichere, aber die Position weiterlaufen lasse. Hier kann man z.B. in einem Aufwärtstrend die Dips als Referenz nehmen, ein festes Verhältnis festlegen (z.B. Höchstkurs minus 10%) oder einen Vola-STOPP wählen.
Der erfolgreiche Market-Wizard Ed Seykota meint dazu:
„Begrenze Verluste! Begrenze Verluste! Begrenze Verluste! Wenn Du diesen drei Regeln folgst, könntest Du eine Chance haben.“
Zum tatsächlichen Umsetzen von STOPPS gehört viel Disziplin - das kann man aber trainieren (indem man sich zum Beispiel lobt, wenn man’s gemacht hat und sich selbst auf die Schulter klopft. Lobt euch. Trinkt ein Bier.
Man könnte sich natürlich auch bestrafen, wenn man den STOPPS nicht umsetzt, z.B. indem man sich selbst 1 Monat Forum-Verbot erteilt - eine harte Strafe).
Das war’s erst mal zum Thema STOPPS, würde mich über feedback freuen.
Gruß an alle,
Tobias
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