-->18/08/2003 (09:00)
REUTERS-MARKTTECHNIK - Sparkasse Mittleres Erzgebirge zu Zyklen
Arndt Kümpel, Sparkasse Mittleres Erzgebirge
"ZYKLEN
Mona Lisa und der DAX
Folgt man einer langfristige Elliott Wellen Analyse des DAX auf
der Basis von Fibonacci- Zahlen (FAZ vom 7.3.2003, Seite 21), so
endete der 1922 begonnene Aufwärtstrend im Jahr 2000, wobei sich
in der letzten Abwärtswelle C bis zum Jahr 2018 ein Tief von
1026 Punkten bilden kann, was 89 Prozent Kursverlust entspräche.
So weit, so tief. Die Zeitdauer hängt von der Zeitachse der
Struktur ab und ergibt sich aus einem 23,6 Prozent
Fibonacci-Retracement der angenommenen Strukturentwicklung von
78 Jahren.
Der Universalgelehrte Leonardo da Vinci hatte viel Sinn für
Harmonie. Seine Mona Lisa ist auf einem goldenen Dreieck
aufgebaut, also einem gleichschenkligen Dreieck, dessen Schenkel
sich zur Basis nach dem goldenen Schnitt verhalten, wie man es
auch beim Pentagramm finden kann. Als 'Goldenen Schnitt'
bezeichnet man die Teilung einer Strecke X in zwei Abschnitte in
der Weise, dass sich der kleinere Abschnitt (X-1) zum größeren
(1) wie der größere zur gesamten Strecke verhält. Es gilt: X:1 =
1: (X-1) Die wachstumsrelevante Lösung beträgt circa 1,61803,
die rückschreitende hin zum Ursprung deren Umkehrwert circa
0,61803. Der goldene Schnitt stellt sich also ein, wenn zwei
Strecken im Verhältnis 1:1,61803 beziehungsweise 0.618:1
zueinander stehen.
Die rückschreitende Lösung 0,618:1 entspräche einem 61,8 Prozent
Retracement nach Fibonacci in oben erwähnter Elliott Wellen
Analyse. Diese hat der DAX mit dem Erreichen von 2921,91 Punkten
bereits vollendet. Im Rahmen der immer noch laufenden Korrektur
könnte der DAX bis auf 1806 Punkte fallen (76,4 Prozent
Retracement), um danach bis auf circa 5400 Punkte in einer
Zwischenerholung zu steigen. Wenn das richtig ist, dann hat der
DAX und dessen Analyse etwas mit Kunst zu tun. Die Ideen über
den DAX und die Werthaltigkeit seiner Bestandteile folgen dabei
möglicherweise einem Entwicklungspfad, wobei sich die
Werthaltigkeitsideen entlang bestimmter Konstanten
stabilisieren. Die Ansichten (und in der Folge die marginale
Zahlungs- bzw. Investitionsbereitschaft) über die Kauf- bzw.
Verkaufswürdigkeit des DAX werden also möglicherweise entlang
eines bestimmten ipsativen Möglichkeitsraumes gebildet, der
deren Zufälligkeit in eine bestimmte Richtung hin zu
harmonischen Verhältnissen mit dem Resonanzboden Wirklichkeit
des 'Goldenen Schnittes' lenkt.
Das Ergebnis hängt auch bei Fibonacci von der Skale ab, die
Skalierung seit dem Zeitpunkt der Verfügbarkeit von bestimmten
Daten ist eher willkürlich. Also wird das Ergebnis der Analyse
auch stark vom verwendeten Analysetool beeinflußt. Außerdem
bleibt das Problem, daß es Phasen wie Kriege oder
Fundamentalereignisse gibt, in denen keine Daten verfügbar sind
und dadurch ein Mosaikstein im Muster fehlt.
Konrad Lorenz wies einmal darauf hin, daß die Zukunft
grundsätzlich offen ist. Ein Maß für diese Offenheit ist der
Zufall. Damit bleibt der DAX für den Beobachter zu einem
bestimmten Teil genauso unbestimmt und geheimnisvoll wie das
Lächeln der Mona Lisa. Man kann nur versuchen, sich nicht
sicherer sein zu wollen, als man sich wirklich sein kann. Auch
reizt es zu vermuten, wie Leonardo da Vinci und Leonardo von
Pisa (Fibonacci) heute investieren würden.
Fazit für den DAX
Die strukturelle Kopplung des DAX an die US-Kapitalmärkte kann
im besten Fall zu einer relativen Besserentwicklung führen.
Untersucht man den DJIA mit herkömmlichen Analyseinstrumenten
auf größerer Zeitskale, so wurden im Jahr 2000 von
zeitgewichteten Momentumindikatoren, die die letzten 103 Jahre
einbeziehen, ein Wechsel eines Investing- hin zu einem
Tradingmarkt angezeigt. Wenn langfristige Anleger anfangen, ihr
Investitionsverhalten in diese Richtung zu ändern, kommen die
Kursziele der obigen Fibonacci Analyse in Reichweite. Der
derzeitigen scheinbaren Stabilisierung des DAX fehlt technisch
eine hinreichend symmetrische Trendumkehrformation genauso wie
die realwirtschaftliche Unterlegung höhere Kurse durch
qualitativ hochwertiges Gewinnwachstum, das nicht nur aus
Rationalisierungen resultiert. Die auch für die US-Notenbank
reale Gefahr eines längerfristig zurückgehenden Preisniveaus
findet darin einen ihrer potentiellen Auslöser. Wenn die
Fibonacci-Reihe in ihrer Struktur ein langfristig stabiles
Verlaufsmuster von Wachstum vorzeichnet, ist der DAX jedenfalls
bislang genauso wenig stabilisiert wie seine realökonomischen
Grundlagen."
Arndt Kümpel ist Abteilungsleiter Treasury bei der Sparkasse
Mittleres Erzgebirge. Für den Inhalt ist allein der Verfasser
verantwortlich.
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