So, ich bin ganz zufrieden, denn in dieser Woche hat sich so einiges um diese Fannie Mae und Freddie Mac Geschichte geklärt. Ich fasse hier zusammen, was sich dabei für mich ergeben hat:
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Fannie Mae (FNM), Freddie Mac (FRE) und die Federal Home Loan Bank (FHLB) wurden als Institutionen 1938 gegründet und bereits 1968 privatisiert. Man fasst sie unter den Begriff GSE, was soviel bedeutet wie 'government sponsored enterprise'.
Um diese Bezeichnung ist ein öffentlicher Streit entbrannt zwischen Fannie Mae und einer Gruppe, die sich FMWATCH nennt. Worum geht es?
FMWATCH hat Daten über die GSEs zusammengestellt, die besagen, dass diese sich in einer Schuldenkrise befinden, welche die ganze Nation betreffe.
Nachzulesen unter: http://www.fmwatch.com/debt/index.shtml und den assoziierten Links
Fannie Mae antwortet darauf in einem ins Netzt gehängten PDF-File und kritisiert darin vor allem drei Dinge:
1. FNM meint, die Zahlen von FMWATCH seien falsch
2. FNM behauptet, sie hätte keine Staatsgarantie
3. FNM zeigt, dass bei FMWATCH die Konkurrenz im Verwaltungsrat sitze und dass darum die Vorwürfe gegen die GSEs parteisch seien und von Selbstinteresse geleitet.
Nachzulesen unter: http://www.fanniemae.com/news/pdf/fmwatch_recent.pdf
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Ziel der GSEs ist es, Hypothekarkredite für den Mittelstand und die untere Bevölkerungsschicht erschwinglich zu machen und dadurch das Wohneigentum in den Staaten zu fördern.
Technisch gilt es zu sagen, dass FNM selber keine Hypotheken begibt, sondern diese im grosse Stil und in Paketen von anderen 'Intermediaries' (hier 'Finanzvermittler' genannt) kauft und dabei genau die Struktur der gekauften Schulden analysiert.
Es entsteht also eine Kette von Zwischenhändlern von Schulden, die beim Kreditnehmer beginnt und über verschiedene Zwischenhändler oft teilweise bei den GSEs endet. Hier gilt es zu bemerken, dass alle an den Schulden verdienen wollen und dass das die Kredite verteuert.
Für die Finanzierung der gekauften Kredite stehen Eigenmittel zur Verfügung und es werden Anleihen am Finanzmarkt begeben und somit Schulden gemacht um damit andere Schulden zu finanzieren.
Das Risiko ist damit dasjenige von Kreditausfällen beim Schuldner, der nicht mehr bezahlen kann, was vorkommen kann, wie der Fall Conseco (CNC) zeigte.
Um diesem Risiko ganz oder teilweise zu entgehen, hat nun FNM weitere Kredite aufgenommen und mit dem Geld frühere Anleihen von sich selber am Markt zurückgekauft.
Damit hat sich das Risiko etwas weg von dem Kreditnehmer und hin zum Zinsmarkt verlagert. FNM ist jetzt mehr vom Zinssatz abhängig als von der Schuldnerbonität. Dies wurde mit der Steigerung der Gesamtschuld erkauft.
Sprachen wir bei CNC von einem Verhältnis Schulden zu Eigenkapital von 2.27, so beträgt das gleiche Verhältnis bei FNM 31 (siehe http://biz.yahoo.com/p/f/fnm.html).
FNM hat also 31 mal mehr Schulden aufgenommen als sie Aktienkapital besitzt. Diesen Schulden entsprechen auf der Aktivseite bei FNM natürlich Schuldpapiere in ihrem Portefeuille: ein Schuldenhandel findet statt. 31 finde ich persönlich ein gewaltiger Hebel oder 'leverage', aber auch hier gilt, solange nichts schief geht (Checks eintreffen und Coupons bezahlt werden), haben die Schulden als Investitionen zu gelten.
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Was nun die oben genannte Auseinandersetzung betrifft, so denke ich, dass eine Vielzahl von Faktoren hineinspielen.
1. Es ist wahr, was unter Punkt 3 gegen die Vorwürfe vorgebracht wurde:
Bei FMWATCH spielt die Konkurrenz, die 'commercial banks', mit. Diese Banken selber sind die grössten Hypothekargläubiger der USA mit einem Marktanteil von 27%. FNM hat selber einen Teil von 17%, der in den 90er Jahren des letzten Jahrtausends stets anwuchs. 1990 lag er bei etwa 5% und heute stehen die GSEs mit 17% an zweiter Stelle in der Rangliste der Kreditgeber.
2. Der Punkt 1 ist fraglich, da nicht wirklich unterschiedlich gerechnet wird, sondern die Zahlen über die Schulden bloss unterschiedlich eingeteilt werden. FMWATCH kommt zum Ergebnis, dass die Schulden der GSEs (Tendenz steigend) fast gleich gross sind, wie diejenigen des Treasury Department (Tendenz fallend).
Man könnte also sagen, dass da ein politischer Trick dahintersteckt: Während das TrDep lauthals vorgibt, dass der Staat Schulden abbaut, werden wachsende Schulden bei den GSEs staatlich gedeckt. Nach der Grafik bei FMWATCH läuft das auf eine Verlagerung und nicht auf einen Nettoabbau der Schulden hinaus. Zu sagen gilt es hierzu:
A) Dabei ist aber die unter Punkt 2 gemachte Aussage zu klären, denn wenn der Staat nicht für die Schulden der GSEs garantiert, dann macht er bei den GSEs auch nicht mehr Schulden und würde netto Schulden im TrDep abbauen. Die Vorwürfe wären in der Tat dann unberechtigt.
B) Eine Schuldverlagerung anstelle von Schuldenabbau hätte in meinen Augen grössere Wichtigkeit in der Strategie für die kommenden Wahlen, da damit gezielt eine Bevölkerungsschicht gemäss dem Programm der regierenden Partei glücklich gemacht wird. Es bestünde ferner ein Zusammenhang im Wettbewerb mit der Konkurrenz, den commercial banks, die an möglichst grossen Margen im Kreditgeschäft interessiert sind, wogegen die GSEs vor allem die Erschwinglichkeit von Krediten für jedermann (Abbau von Margen) anstreben.
3. Sind die Schulden (Punkt 2) der GSEs durch den Staat gedeckt? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, weil die gesetzliche Regelung nicht einfach ist. Pikanterweise findet nächste Woche eine Senatsanhörung statt und es wird über regulatorische Reformen bei den GSEs debattiert. Das alles steht im Zusammenhang mit dem Wahlkampf und fand wohl auch seinen Niederschlag in der hier beschriebenen Auseinandersetzung.
Ich kann nichts genaues über die gesetzlichen Finessen des Status der GSEs sagen. Allein der Name legt offene Unterstützung durch die Regierung nahe und dabei ist dann das Ausmass dieser Unterstützung ausschlaggebend.
ð Im Schuldmarkt ist aber das Rating durch die bekannten Ratingagenturen ebenso wichtig, da davon die Höhe der Zinszahlungen betroffen ist.
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Gestern kam es im Markt zu Gerüchten, dass Fannie Mae durch die Ratingagenturen herabgestuft würden, was eine Kraftprobe für die Balancierung der Finanzmittel bedeutet hätte.
Am Ende des Tages war es dann klar: Keine Herabstufung, sondern Tripple-A Rating weiterhin: http://biz.yahoo.com/rf/000512/g2.html
Interessant dabei ist aber die Begründung:
"good financial fundamentals, the strong implied government support of the (government sponsored) enterprises
(GSEs) and the competitive advantages they enjoy as a result of their special status.''
Das Rating baut also explizit auf der Unterstützung der GSEs durch den Staat auf, der offenbar in den Augen der Agenturen 'garantiert' oder etwas ähnliches gewährleistet? Es muss offenbar so sein, und was auch immer der Senat nächste Woche beschliesst, eine Schuldenkrise bei den GSEs würde den gesamten Finanzmarkt durcheinanderbringen, der darauf baut, dass der Staat in gewisser Weise die Schulden der GSEs garantiert. Sei dies auch nur durch 'fiat money' - Käufe von GSE-Anleihen durch die Notenbank oder andere Garantien.
Der Direktor von FNM weist in der erwähnten Entgegnung auf die Vorwürfe von FMWATCH darauf hin, dass in jedem Emissionsprospekt von Anleihen geschrieben stehe:
"THE SECURITIES … ARE NOT GUARANTEED BY THE
UNITED STATES AND DO NOT CONSTITUTE A DEBT OR
OBLIGATION OF THE UNITED STATES."
Dies mag vordergründig juristisch stimmen, es beeinflusst aber das Rating der Agenturen in keiner Weise, die von einer starken Stützung durch den Staat ausgehen. Ein Hebel von 31 würde sonst kaum einem Trippel-A Rating (das beste überhaupt, über das kaum mehr eine Grossbank in Deutschland verfügt) Genüge tun.
Insofern ist der unter Punkt 2 erwähnte Einwand eher ein Wort- als ein Tatsachenkrieg, und der Senat wird dies nächste Woche zu berücksichtigen haben.
Die GSEs können offenbar nicht selber bei der Notenbank frisches Geld direkt besorgen, sondern sind auf die Stützung durch Käufe derselben angewiesen, womit der Markt wiederum fest rechnet.
Im Gegensatz dazu stehen die oben genannten Banken direkt mit dem Fed in Verbindung, wenn es darum geht, 'neues Geld' in Umlauf zu bringen oder Liquidität abzuschöpfen.
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Derivate bei FNM:
1. FNM setzt sich selbst nicht einem grossen derivativen Risiko aus, da zur Synchronisierung von Langzeitschulden mit kurzlaufenden Krediten bloss kurzlaufende Swaps mit fixen Raten verwendet werden. Insofern kommt der Leverage aus den Schulden und nicht aus den Derivaten.
2. FNM bleibt dem Gesamtrisiko der Zinsen voll ausgeliefert und muss im Falle eines Falles bei der Fed oder gar im Kongress Unterstützung holen. Der Kongress müsste dann einen sogenannten 'bailout' finanzieren, ansonsten die Ratings von FNM in den Keller sinken würden (gesehen auch in Japan und Asien, dass die Agenturen mit ihren Herabstufungen die Situation jeweils noch verschlimmern). Die könnte dann eine allfällige Krise akzentuieren. Ich denke, dass dies dann wirklich der Abgrund wäre, aus dem es im Falle dieses Falles kein Entrinnen mehr gäbe.
Persönlich meine ich auch, dass die Notenbank das verhindern wird, indem sie Unmassen an Titel im Markt aufkaufen würde, bevor es zum Kollaps oder zu 'bailout' käme. Insgesamt handelt es sich alleine bei FNM um ein Portefeuille an Schulden im Wert von annähernd 2 Billionen (amerikanisch also 'trillions') Dollar. Ich denke also das gleiche wie die Agenturen und die Investoren, die ihr Geld in den Titeln von FNM anlegen.
Und gerade darum gilt es umso mehr in Rechnung zu stellen, dass Schulden und Kredite solange Investitionen bleiben, als Checks eintreffen und Coupons bezahlt werden. Im falle des oben genannten Falles würde eine gigantische Investitionsruine entstehen.
Konklusio und Schluss:
Dass dies nun eine politische Geschichte geworden ist, steht für mich ausser Frage und gerade darum hat mich dieser Fall besonders interessiert. Es ist offenbar so, dass sich die verschiedenen Parteien alle Wahlkampfgewinne versprechen, wenn sie dieses Thema auf die eine oder andere Weise in Umlauf bringen.
Ich wünsche allen einen schönen Tag
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Hallo NickLeeson,
besten Dank für den Link zu der genannten Diplomarbeit. Sie ist umfassend und erklärt im Detail genau.
Was ist ein ABS?
ABS heisst nun also einfach gesagt, dass ein Gläubiger einen Pool von Forderungen (Kredite, Leasing, etc) gegenüber einem Schuldner an einen Dritten weiterverkauf und sich dadurch (über die Zahlung des Dritten) refinanziert. Damit wird sein Risiko damit abgebaut, die Eigenmittelquote aufbessert und neue Mittel frei für weitere Kredite.
Hier einige kurze Bemerkungen zum Text:
1. Besonders anschaulich sind die Schemen auf Seiten 27/28 (Papierzählung (PZ)) oder 34/35 (Akrobatreader (AR)), die den Ablauf einer konkreten Emission, Absicherung, juristische Instanzen, Käufer etc. aufzeigen.
2. Eigentlich entspricht diese ganze Konstruktion in ihrer Komplexität einer Art Finanzakrobatik und kann darum sehr interessant sein. Ich persönlich mag mich dabei nicht zu sehr ins Detail einlassen und es genügen mir die Grundprinzipien, wie in den folgenden Zitaten aus der Diplomarbeit formuliert:
A)"Unternehmen verfügen häufig über Forderungen als Aktivposten in ihrer Bilanz. Diese Vermögenswerte sind üblicherweise illiquide, beinhalten Risiken und binden sowohl Fremd- als auch Eigenkapital. Mit Hilfe der Veräußerung und der anschließenden Verbriefung dieser Forderungen wird es Unternehmen ermöglicht, die darin enthaltenen Risiken aus der Bilanz auszugliedern und die gebundene Liquidität vorzeitig freizusetzen, um eine quantitative und qualitative Verbesserung ihrer Unternehmens- und Finanzierungsstruktur zu erreichen. Die Verwendung von Asset Backed Securities gestattet es Unternehmen, ihre Unternehmenskennzahlen zu verbessern und die vorhandenen Risiken besser zu strukturieren. Daraus ergeben sich zusätzlich auch qualitative Aspekte, beispielsweise die Verschuldungsfähigkeit, die Unternehmensreputation oder die finanzielle Unabhängigkeit, wobei diese sich allerdings schwerer bewerten lassen."[i] (S. 39 (PZ), 45 (AR)
oder selbstverständlich:
B)[i] Asset Backed Securities, abgekürzt ABS, bedeutet im wörtlichen Sinn"durch Aktiva gedeckte Wertpapiere". Eine weitere treffende Übersetzung ist"forderungsgestützte Wertpapiere" beziehungsweise
"forderungsgestützte Verbriefung". Bei der Finanzierung mittels einer ABS-Transaktion wird ein diversifizierter Pool von Vermögenswerten,
insbesondere solcher, die einen regelmäßigen Zahlungsstrom generieren, verselbständigt. Eine ausschließlich zu diesem Zweck gegründete Gesellschaft kauft die Finanzaktiva an und refinanziert sich durch die Ausgabe von"durch Aktiva gedeckten" (asset backed) Wertpapieren. Ziel ist es, vorzeitig liquide Finanzmittel aus nicht im Produktionsprozeß gebundenen Finanzaktiva zu erhalten und die darin enthaltenen Bonitätsrisiken aus der Bilanz des Assetverkäufers auszugliedern. Die Zahlungsansprüche der Investoren werden aus den Cash Flows der zugrundeliegenden Assets bedient und nicht aus dem allgemeinen Cash Flow des Forderungsverkäufers, auch Originator genannt. Für die Bonitätseinstufung der ABS sind demnach in allererster Linie die Ertragskraft und Werthaltigkeit der zugrundeliegenden Vermögenswerte relevant und nicht die Kreditwürdigkeit des Originators selbst. Als Finanzaktiva kommen insbesondere Forderungen in Betracht, da diese in der Regel einen Cash Flow generieren. (S. 3(PZ), S. 9 (AR))
3. Auf Seite 8 (PZ), S. 14 (AR) werden mögliche Forderungen genannt, die aus der Buchhaltung mittels ABS ausgegliedert werden. Der Autor definiert die Hypotheken auch als Assets und meint, dass darum Pfandbriefe auch unter ABS fallen müssen. (Dies ist nun ein Doktorenstreit und mir eigentlich nicht so wichtig. )
4. Was bringt die Ausgliederung von Forderungen aus der Buchhaltung:
Auf Seite 33/34 (PZ), 3940 (AR) wird ausgerechnet, dass über die ABS-Finanzierung (7.69%) 1.3% gespart werden konnte verglichen mit einer primären Finanzierung über die Bücher von GMAC (8.99%). Diese Einsparung ist aber sehr von der berechnungsart abhängig und von gewissen Parametern, die im Folgenden (Seite 38 (PZ), Seite 44(AR))diskutiert werden.
5. Etwas ganz Tolles ist die historische Einführung zu Beginn der Arbeit (um Seite 6). Diese steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem von frama hier publizierten Diamanten aus 1977. Ich werde mich wahrscheinlich dazu später noch äussern.
6. Ganz generell bin ich zur Ansicht gekommen, dass die ABS über eine recht aufwändige Konstruktion juristischer Art und eine hoch strukturierte Ausgestaltung verfügen, um die wirkliche Ausgliederung zu bestmöglichen Bedingungen aus der Buchhaltung zu gewährleisten. Das Risiko vermindert sich dadurch für denjenigen, der die Forderungen aus der Buchhaltung ausgliedert und gehen auf denjenigen über, der sie übernimmt.
Zu den anderen Links:
1. http://biz.yahoo.com/prnews/000503/ny_s_p_con_1.html
So wird es immer schwerer, die Conseco Finance Corp zu verkaufen. Das Rating sinkt, die ausstehenden Schulden werden immer teurer in der Finanzierung und das Rating sinkt weiter. Was für ein Teufelskreis!
2. http://biz.yahoo.com/rf/000504/oc.html
Ich glaube, die steigenden Zinsen sind der Grund, warum Conseco in solche Schwierigkeiten geraten ist. Wenn es Fannie Mae gut macht mit den Derivaten, dann entgehen sie vielleicht selber diesen Problemen, weil sie es schaffen, die Risiken an einen anderen überzuwälzen, der sie dann tragen muss. Beliebt ist das Verteilen der Risiken, wozu ich auch den Steuerzahler (Geldentwertung, Bailout) als ultimative Form zähle.
Vielen Dank und eine spannende Woche gewünscht
Schlangenfuchs
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