Toby0909
01.09.2003, 10:47 |
in Memoriam: Charles P. KindlebergerThread gesperrt |
-->Habe mir"Manien, Paniken und Crashs" hervorgekramt und will an dieser Stelle immer wieder mal ein paar gute Zitate bringen.
Hier die ersten:
Als 1808 nach Wellingtons Feldzug auf der iberischen Halbinsel die portugiesische Königsfamilie nach Brasilien geflohen war, entstand der brasilianische Markt und in wenigen Wochen flossen mehr Waren aus Manchester dorthin, als in 20 Jahren verbraucht werden konnten, unter anderem Schlittschuhe und Kohlepfannen.
William Bertillon:
England ist das Schlaraffenland der Aktienschwindler. Würdige Lords setzen sich in den Aufsichtsrat irgendeiner Gesellschaft, für ein paar Kröten pro Sitzung. Und die Ã-ffentlichkeit! Entweder meschugge oder blöde. Mein Gott, ich habe noch nie von so einem Volk gehört, mit Ausnahme vielleicht einiger Bauern in Bessarabiern oder den Kamerunnegern, die glauben, woran sie eben glauben: Magie- Ziehen Sie irgendein Geschäft auf, das völlig unmöglich klingt, und sie werden es schlucken.
Der Gipfel der Ausweitung von „Bankkrediten“ wurde wahrscheinlich in den Jahren 1977 bis 1982 erreicht, als am kuwaitischen Souk al-Manakh (Börse) Aktien und Immobilien mittels vorausdatierter Schecks in Höhe von Milliarden Dinar gekauft und verkauft wurden. Für einen vorausdatierten Scheck bracuht man kein Bankguthaben; der Empfänger hofft, dass es zum Fälligkeitsdatum vorhanden sein wird. Im Juli 1982 versuchten einige Verkäufer, ihre fälligen Schecks einzulösen und stellten fest, dass bei den Käuferbanken keine entsprechenden Einlagen vorhanden waren. Die im Zuge eines beispiellosen Booms angehäuften wertlosen Schecks beliefen sich ersten Schätzungen zufolge auf insgesamt 70, späteren Schätzungen zu folge auf 91 Milliarden Dollar. Man unternahm komplizierte Rettungsaktionen, um die „Kleinanleger“ (unter 6,8 Millionen Dollar) zu retten, während man die größeren in Konkurs gehen ließ. Die kuwaitische Regierung entschloss sich, eine neue Börse aufzubauen und neu anzufangen.
Als historische Verallgemeinerung kann man sagen, dass immer, wenn die Behörden eine Geldmenge M stabilisieren oder kontrollieren, ob nun absolut oder entlang einer vorbestimmten Wachstumslinie, in Zeiten der Begeisterung mehr produziert wird.
Die modernen Währungstheoretiker können sich nur schwer entscheiden, wie sie die Geldmenge definieren sollen: als M1 gleich Valuta plus bereinigte Sichteinlagen; M2 gleich M1 plus Termingelder; M3 gleich M2 plus hochliquide Staatspapiere; oder auf irgendeine andere Art. Ich habe gehört, dass manche Analytiker bis M7 gegangen sind. Ich wende dagegen ein, dass der Prozeß endlos ist; Legt man irgendein Mx fest, schafft der Markt in Boomzeiten neue Geldformen, um die Begrenzung zu umgehen und man muss eine Variable My festlegen.
Die Debatte darüber, was unter den Begriff „Geld“ fällt, ist nutzlos; die Wirtschaftswissenschaftler haben sie über ein Jahrhundert lang geführt.
“Vor einem Jahr war ich keine 2 Cent wert und jetzt habe ich 2 Millionen Dollar Schulden“
J.R. McConnell - Dieser Hochstapler, der mit texanischen Immobilien handelte, hatte 437 Millionen Dollar Schulden, konnte aber keine 750.000 Dollar Kaution beschaffen, um aus dem Gefängnis freizukommen.
Toby
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dottore
01.09.2003, 15:04
@ Toby0909
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Re: Danke! Gekauft wird immer auf Kredit - egal was... |
-->... und Geld ist, was der Gläubiger aus dem Kontrakt akzeptiert, weil er damit zur selben Termin eine andere, an diesem Termin erscheinende Fälligkeit, die ihm präsentiert wird, per Zession aus der Welt schaffen kann.
Geld ist also von zwei Seiten definiert, was bei Cash, egal in welcher Form, völlig deutlich wird: Ich muss zum Zeitpunkt y 100 zahlen, diese in Form von 100 X und erhalte zum Zeitpunkt y ebenfalls 100 X. Da leuchtet bei Bargeld unmittelbar ein. 3 Personen: A zahlt an B und B zahlt an C. C entscheidet also, was"Geld" ist. Das muss sich B - zum Termin - von A beschaffen.
Die ganze Verwirrung entsteht dadurch, dass B nur einmal gezählt wird, also A - B - C. Tatsächlich haben wir A - B sowie B - C. Würde B völlig rational handeln, würde er alle seine Termine (Geld von A, Geld an C) zusammenlegen, z.B. von ihm geschuldete Miete genau in dem Moment überweisen, da er an ihn geschuldeten Lohn erhält. Das Geld zwichendurch zu halten, macht keinen Sinn, es verursacht Kosten der Nichtweiterleitung bzw. Nichtweitergabe. B könnte den Betrag auch sofort z. B. durch Kauf einer später fälligen Forderung an einen D weitergeben und den Diskont darauf kassieren (was bei größeren Beträgen durch Banken laufend exerziert wird, siehe Tagesgeldmarkt).
Geld zu halten bedeutet, dass es - wie alles"Geld" - während der Haltezeit keinerlei monetären Wert hat, den es erst (wieder) erhält, wenn eine auf es selbst gerichtete Fälligkeit erscheint. Dieser Fälligkeit ist B entweder bereits unterworfen (es früher eingegangenen Verpflichtungen) oder er führt sie herbei (z.B. Kauf). Ob er den Kaufvertrag mit bereits bei ihm vorhandenen Geld erfüllt (und den immer kreditären Kaufvertrag per Barkauf ablöst) oder mit Geld, das bei ihm genau zu dem Zeitpunkt (dann aber spätestens) eintrifft (eintreffen muss), wenn der Kaufpreis fällig ist, ist unerheblich.
Der Witz beim Goldgeld ist, dass es vor dessen monetärer Fälligkeit (besser: zwischen dessen monetären Fälligkeiten) einen Materialwert hat bzw. haben kann, Papiergeld jedoch keinen. Fällt beim Goldstandard der Goldpreis unter die staatlich festgelegte Parität, wird der Goldanbieter (egal, ob aus Horten oder Minen) staatlich subventioniert, da er für sein ungemünztes Gold in gemünzter Form mehr erhält als es am Markt einbringt.
Um nicht bankrott zu gehen, muss die Münze auf eigene Rechnung Gold ankaufen (in der Regel sind die Münzen Staatsmonopole) und zwar genau in dem Umfang, dass sie mit dem von ihr"intern" höher bewerteten Gold (sie kann das Nostrogold in Form von Münzen teurer machen als das Nostrogold in Form von Barren) ihre Kosten deckt. Kommt zwar selten vor, aber immerhin, z.B. konnte in Venedig 1490 Tiroler Silber nicht losgeschlagen werden, was zum Konkurs der Silberhändler Anton vom Ross (Antonio Cavalli) führte (Mueller, 232).
An der Tatsache, dass Geld zur Zahlung und nicht zum Kauf benötigt wird (weshalb auch Preise, wie das schöne Beispiel der Kuwaiter Aktienhausse zeigt, nichts mit Geld zu tun haben und - völlig richtig - alle Mtralala-"Berechnungen" inkl. aller Quantitäts- und Geldmengentheorien Mumpitz sind) scheitern auch alle"Geldreform"-Vorschläge, weil es am Geld schlicht nichts zu reformieren gibt. Die"Reformer" verwechseln"Geld" mit der Fälligkeit desselben und wollen an den Fälligkeiten herumsdoktern. Was kann das arme Geld dafür, dass einer es dem anderen schuldig ist?
Ist keinem keinem (Staat inklusive) Geld schuldig, gibt es keins. Existieren Schulden in Geld, spielt das Geld selbst keine Rolle ( weshalb es auch völlig wurscht ist, aus welchem Stoff usw. es besteht), sondern die Umstände des Schuldigseins: Termin, Fälligkeit, Vollstreckung, Pfand, usw.
Wird das Geld"manipuliert", wird an der Tatsache seines Geschuldetseins manipuliert: Ist es"stofflich", wird es gestreckt, befeilt, gefälscht u.ä. Ist es"unstofflich" wird es prolongiert, verweigert, usw. oder der Einfachheit halber dupliziert, multipliziert.
Geld ist und bleibt dabei, was es ist: Steuerzahlungsmittel mit Wiederannahme- bzw. Rücknahmezwang. Der Staat setzt fest, worin die gesetzlich vorgeschrieben Zahlungen zu leisten sind und dass der Nichtstaatssektor dieses"Etwas" gefälligst (wieder) anzunehmen hat, wenn der Staat selbst damit bezahlt.
Kuwait endete damit, dass schließlich der Staat Entschädigungen leistete, in"seinem" Zahlungsmittel selbstverständlich.
Tja, Toby, alles sehr lehrreiche Geschichten.
Dank + Gruß!
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R.Deutsch
01.09.2003, 16:20
@ dottore
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Gekauft wird fast immer auf Kredit |
-->Alles Wirtschaften ist letztlich Tausch von Leistung und Gegenleistung (was denn sonst?). Geld ist nur eine Zwischenstufe, weil Raum und Zeit bei Leistung und Gegenleistung i.d.R. auseinanderfallen. Deshalb muss gestundet werden (Kredit) bis zur späteren Leistung und das Versprechen wird mit Pfand besichert. Wenn ich mit Gold bezahle, fällt Leistung und Gegenleistung räumlich und zeitlich zusammen - Kredit entfällt.
Das ist schon alles. Aus diesem simplen Vorgang machen Heinsohn/Steiger ein dickes Buch, indem sie einfach den Tausch leugnen, den Kredit neu entdecken und das Ganze als kopernikanische Wende bezeichnen lassen.
Gruß
R.Deutsch
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dottore
01.09.2003, 17:25
@ R.Deutsch
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Re: Geld = Quittung für noch nicht bezahlte Steuern |
-->>Alles Wirtschaften ist letztlich Tausch von Leistung und Gegenleistung (was denn sonst?).
Leider nicht. Schon die erste Produktion, die über die Subsistenzwirtschaft hinaus geht, ist Abgabenproduktion. Die Leistung erbringt das Volk, der Zwingherr zeigt die Waffen. Den bewaffneten Zwang als Gegenleistung zu bezeichnen, ist inakzeptabel.
Getauscht wird nicht Ware gegen Ware, sondern Gut gegen Abgabengut. Waren setzen Märkte voraus, die entstehen erst, nachdem die Abgabenwirtschaft etabliert ist. Erst nach den Burgen entstehen die Märkte, nicht umgekehrt. Oder uss sicher der"Markt-Überwacher hinter 5 Meter dicken Mauern verschanzen?
Der Tausch zielt nicht auf andere Waren, die man haben kann oder auch nicht. Der Tausch zielt darauf, jene Güter zu erhalten, die man abzuliefern hat, also zum Termin (!) haben muss.
>Geld ist nur eine Zwischenstufe, weil Raum und Zeit bei Leistung und Gegenleistung i.d.R. auseinanderfallen.
Geld ist stets das standardisierte Abgabengut. Das berühmte und ach so verzweifelt gesuchte Privatgeld hat es nie gegeben.
Geld wird"von oben" eingeführt, nicht von"unten". Oder sind Hundterttausende von überall her zusammen geströmt und haben sich nach langen Beratungen auf"ihr" Geld geeinigt?
Das staatliche Abgabenzwinggeld begann mit standardisierten, aber als Waffen völlig unbrauchbaren Kupferbeilen, siehe frühere Darstellung aus einem Fund in der Bretagne weiter unten im Forum, bei den Hethitern auf genau 2 Kilogramm genormt, ging dann zu Edelmetallen, die zunächst gehortet wurden - siehe"Tempelwirtschaften" und"Tempelbanken" - um dann über Feingehalt (weißes Silber) und per obrigkeitlicher Normung (Gepräge) zu Münzen zu werden, was dem Zwingherrn das Inkasso erleichterte (er bestrafte Münzfälschung, Münz"fütterung" nicht im Interesse des Publikums, sondern in seinem!) und kam über das erste Papiergeld (Todesstrafe auf Nachmachen, schon auf den französischen Assignaten deutlich zu lesen!) zum heutigen GZ.
>Deshalb muss gestundet werden (Kredit) bis zur späteren Leistung und das Versprechen wird mit Pfand besichert.
Der erste Kredit war leider kein Privatkredit, sondern der Kredit, den sich der Zwingherr nahm und dafür Teile seiner Abgaben (census = Zinsen) an die Kreditgeber abtrat. Oft genug als Mittelding ("Zwangsanleihe", siehe den ältesten durchgehenden Staatskredit Europas, den von Venedig). Die obrigkeitlichen Schulden waren durch den Fakt besichert, dass der Zwingherr Abgaben mit Hilfe von bewaffnetem Zwang eintreiben konnte. Das Pfand war insofern seine bewaffnete Inkasso-Fähigkeit. Nach diversen Zwingherr-Bankrotten ließen sich die Kreditgeber (die das Steuerzahlungsmittel kreditierten) durchaus auch dingliche Rechte überschreiben (Silbergruben, Ländereien, Kronjuwelen usw.).
>Wenn ich mit Gold bezahle, fällt Leistung und Gegenleistung räumlich und zeitlich zusammen - Kredit entfällt.
Wer sollte sich mit Gold bezahlen lassen, wenn er es nicht selber schuldig ist?
Es geht nicht um den, der mit Gold bezahlt, sondern um den, der es dem Zwingherrn gegenüber schuldig ist. Der muss es sich beschaffen oder die Sanktion in Kauf nehmen, die bei Nichtleistung von Abgaben (aller Art) fällig ist. Der"Preis" für das Abgabengut entsteht zum Abgabentermin und sonst gar nicht: Er entspricht der bei Nichterfüllung zum Termin zu leistenden Sanktion (Strafe).
Das Wirtschaften startet mit Termin und nicht mit Tausch. Wer tauschen will, kann warten oder verzichten. Was er hat, hat er bereits. Und was er nicht hat, muss er nicht haben, denn er kam vorher auch ohne es aus. Den ersten und ab dann ultimativen Termin setzt der Zwingherr, der nicht wartet oder verzichtet. Ist der Termin, nur durchsetzbar mit bewaffnetem Zwang, einmal von der Macht in die Welt gesetzt, sind alle"privaten" Termine Zeitderivate desselben.
>Das ist schon alles. Aus diesem simplen Vorgang machen Heinsohn/Steiger ein dickes Buch, indem sie einfach den Tausch leugnen, den Kredit neu entdecken und das Ganze als kopernikanische Wende bezeichnen lassen.
Dass sich das Wirtschaften nicht aus Tauschen mit anschließendem gegenseitigen Hochtauschen entwickelt hat, worauf der mainstream bis heute basiert, muss nicht geleugnet werden. Es widerlegt sich selbst.
Der Kredit wird nicht neu entdeckt, sondern eine Geld-Genese geliefert, wonach ein durch das Abgabengut bzw. durch das, womit das Abgabengut zu erhalten ist (z.B. Grund und Boden ---> Ernte ---> Abgabengut usw.) besicherter Titel zur Basis des besicherten Kredits wird.
Grund und Boden oder deponiertes Metall besichern den Titel (Pfandbrief, Depotschein), dieser Titel wiederum besichert"Geld" (war bis vor kurzem noch gang und gäbe; verschwindet jetzt, da der erste Titel nicht mehr dinglich ist, sondern schuldrechtlich - also aus Grund, Boden, Gold usw. mach eine Forderung an den Staat, die ihrerseits eine Forderung an den Steuerzahler ist).
Nochmals, da schon mal geschrieben: Geld ist nichts anderes als eine vorab ausgestellte Quittung über eine noch nicht erfolgte Steuerzahlung in gleicher Höhe.
Gruß!
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R.Deutsch
01.09.2003, 19:00
@ dottore
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Die Abgabentheorie ist zwar ganz hübsch..... |
-->aber sie endet an der Grenze. Der Abgabenzwang kann logischer Weise ja nur fürs eigene (beherrschte) Land gelten und Geld nur dort „Quittung für noch nicht bezahlte Steuern“ sein.
Damit lässt sich der internationale Warenaustausch und Weltgeld nicht erklären. Die Schiffe der ostindischen Compagnie haben Silber und Geräte mitgenommen und dies gegen Gewürze, Seide etc. getauscht. Wo ist da das Abgabengut, oder haben die Inder Quittungen für noch nicht bezahlte Steuern entgegen genommen?
Den Leuten einzureden, es gebe keinen arbeitsteiligen Tausch, nur um eine „Neue Theorie“ zu etablieren, halte ich für albern. Es hat immer Tausch, Kredit, Warengeld und Kreditgeld, Abgabengeld und Privatgeld nebeneinander gegeben. Es gibt gar keinen Grund, einen Teil der Wirklichkeit (Tausch, Warengeld) auszublenden und zu behaupten, es gebe nur Abgabengeld und keinen Tausch.
Und ja, es hat immer auch Raub gegeben und der Staat ist zweifellos jetzt der größte und raffinierteste Räuber, aber der Normalfall ist es glücklicherweise noch nicht. Noch tauscht der überwiegende Teil der Menschheit freiwillig Leistung und Gegenleistung und der Staat raubt seinen Teil.
Gruß
R
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Bob
01.09.2003, 19:01
@ dottore
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Re: Der Tausch war vorher da |
-->Dottore,
In Deinen Ãœberlegungen stimmt doch etwas nicht.
Wenn die Leute Subsistenzwirtschaft betreiben, dann lohnt es sich für unseren Zwingherren gar nicht, sich irgendwo niederzulassen oder gar eine Burg zu bauen.
Nur wenn die Leute von sich aus schon zum Tausch produzieren, werden ja überhaupt erst die nötigen Mittel frei, um die Burg zu bauen und die Waffen zu schmieden.
Schließlich muß auch unser Zwingherr selbst erstmal von den Zwängen des Alltags befreit sein, sonst hätte er ja gar keine Gelegenheit zu räubern, würde vielmehr binnen kurzem Hungers sterben.
Du siehst also: Das Wirtschaften wird zwar durch den Staat entscheidend befördert, es existiert aber auch schon ohne und vor allem vor ihm - das geht gar nicht anders, weil zumindest diejenigen die den Staat machen, zeitweise von der Arbeit freigestellt sein müssen um Kräfte zu sammeln und Waffen zu bauen.
Der Staat ist letztlich nur eine besondere Form des Tausches Ware gegen Ware -ein Derivat des Marktes nichts sonst.
bobby
>>Alles Wirtschaften ist letztlich Tausch von Leistung und Gegenleistung (was denn sonst?).
>Leider nicht. Schon die erste Produktion, die über die Subsistenzwirtschaft hinaus geht, ist Abgabenproduktion. Die Leistung erbringt das Volk, der Zwingherr zeigt die Waffen. Den bewaffneten Zwang als Gegenleistung zu bezeichnen, ist inakzeptabel.
>Getauscht wird nicht Ware gegen Ware, sondern Gut gegen Abgabengut. Waren setzen Märkte voraus, die entstehen erst, nachdem die Abgabenwirtschaft etabliert ist. Erst nach den Burgen entstehen die Märkte, nicht umgekehrt. Oder uss sicher der"Markt-Überwacher hinter 5 Meter dicken Mauern verschanzen?
>Der Tausch zielt nicht auf andere Waren, die man haben kann oder auch nicht. Der Tausch zielt darauf, jene Güter zu erhalten, die man abzuliefern hat, also zum Termin (!) haben muss.
>>Geld ist nur eine Zwischenstufe, weil Raum und Zeit bei Leistung und Gegenleistung i.d.R. auseinanderfallen.
>Geld ist stets das standardisierte Abgabengut. Das berühmte und ach so verzweifelt gesuchte Privatgeld hat es nie gegeben.
>Geld wird"von oben" eingeführt, nicht von"unten". Oder sind Hundterttausende von überall her zusammen geströmt und haben sich nach langen Beratungen auf"ihr" Geld geeinigt?
>Das staatliche Abgabenzwinggeld begann mit standardisierten, aber als Waffen völlig unbrauchbaren Kupferbeilen, siehe frühere Darstellung aus einem Fund in der Bretagne weiter unten im Forum, bei den Hethitern auf genau 2 Kilogramm genormt, ging dann zu Edelmetallen, die zunächst gehortet wurden - siehe"Tempelwirtschaften" und"Tempelbanken" - um dann über Feingehalt (weißes Silber) und per obrigkeitlicher Normung (Gepräge) zu Münzen zu werden, was dem Zwingherrn das Inkasso erleichterte (er bestrafte Münzfälschung, Münz"fütterung" nicht im Interesse des Publikums, sondern in seinem!) und kam über das erste Papiergeld (Todesstrafe auf Nachmachen, schon auf den französischen Assignaten deutlich zu lesen!) zum heutigen GZ.
>>Deshalb muss gestundet werden (Kredit) bis zur späteren Leistung und das Versprechen wird mit Pfand besichert.
>Der erste Kredit war leider kein Privatkredit, sondern der Kredit, den sich der Zwingherr nahm und dafür Teile seiner Abgaben (census = Zinsen) an die Kreditgeber abtrat. Oft genug als Mittelding ("Zwangsanleihe", siehe den ältesten durchgehenden Staatskredit Europas, den von Venedig). Die obrigkeitlichen Schulden waren durch den Fakt besichert, dass der Zwingherr Abgaben mit Hilfe von bewaffnetem Zwang eintreiben konnte. Das Pfand war insofern seine bewaffnete Inkasso-Fähigkeit. Nach diversen Zwingherr-Bankrotten ließen sich die Kreditgeber (die das Steuerzahlungsmittel kreditierten) durchaus auch dingliche Rechte überschreiben (Silbergruben, Ländereien, Kronjuwelen usw.).
>>Wenn ich mit Gold bezahle, fällt Leistung und Gegenleistung räumlich und zeitlich zusammen - Kredit entfällt.
>Wer sollte sich mit Gold bezahlen lassen, wenn er es nicht selber schuldig ist?
>Es geht nicht um den, der mit Gold bezahlt, sondern um den, der es dem Zwingherrn gegenüber schuldig ist. Der muss es sich beschaffen oder die Sanktion in Kauf nehmen, die bei Nichtleistung von Abgaben (aller Art) fällig ist. Der"Preis" für das Abgabengut entsteht zum Abgabentermin und sonst gar nicht: Er entspricht der bei Nichterfüllung zum Termin zu leistenden Sanktion (Strafe).
>Das Wirtschaften startet mit Termin und nicht mit Tausch. Wer tauschen will, kann warten oder verzichten. Was er hat, hat er bereits. Und was er nicht hat, muss er nicht haben, denn er kam vorher auch ohne es aus. Den ersten und ab dann ultimativen Termin setzt der Zwingherr, der nicht wartet oder verzichtet. Ist der Termin, nur durchsetzbar mit bewaffnetem Zwang, einmal von der Macht in die Welt gesetzt, sind alle"privaten" Termine Zeitderivate desselben.
>>Das ist schon alles. Aus diesem simplen Vorgang machen Heinsohn/Steiger ein dickes Buch, indem sie einfach den Tausch leugnen, den Kredit neu entdecken und das Ganze als kopernikanische Wende bezeichnen lassen.
>Dass sich das Wirtschaften nicht aus Tauschen mit anschließendem gegenseitigen Hochtauschen entwickelt hat, worauf der mainstream bis heute basiert, muss nicht geleugnet werden. Es widerlegt sich selbst.
>Der Kredit wird nicht neu entdeckt, sondern eine Geld-Genese geliefert, wonach ein durch das Abgabengut bzw. durch das, womit das Abgabengut zu erhalten ist (z.B. Grund und Boden ---> Ernte ---> Abgabengut usw.) besicherter Titel zur Basis des besicherten Kredits wird.
>Grund und Boden oder deponiertes Metall besichern den Titel (Pfandbrief, Depotschein), dieser Titel wiederum besichert"Geld" (war bis vor kurzem noch gang und gäbe; verschwindet jetzt, da der erste Titel nicht mehr dinglich ist, sondern schuldrechtlich - also aus Grund, Boden, Gold usw. mach eine Forderung an den Staat, die ihrerseits eine Forderung an den Steuerzahler ist).
>Nochmals, da schon mal geschrieben: Geld ist nichts anderes als eine vorab ausgestellte Quittung über eine noch nicht erfolgte Steuerzahlung in gleicher Höhe.
>Gruß!
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wasil
02.09.2003, 09:35
@ R.Deutsch
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Frage an Reinhard Deutsch |
-->>Alles Wirtschaften ist letztlich Tausch von Leistung und Gegenleistung (was denn sonst?). Geld ist nur eine Zwischenstufe, weil Raum und Zeit bei Leistung und Gegenleistung i.d.R. auseinanderfallen. Deshalb muss gestundet werden (Kredit) bis zur späteren Leistung und das Versprechen wird mit Pfand besichert. Wenn ich mit Gold bezahle, fällt Leistung und Gegenleistung räumlich und zeitlich zusammen - Kredit entfällt.
>Gruß
>R.Deutsch
Hallo Reinhard
Diese geniale Erklärung gefällt mir. Meine Frage:
Kann ich davon ausgehen, dass Du, an und für sich, nichts gegen Zeit und Raum hast und somit mit Kreditgeld ( ohne Golddeckung ) leben könntest, sofern kein Schweinebacke ( z.B. Staat ) leistungsloses Kreditgeld schöpft?
Gruss Wasil
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R.Deutsch
02.09.2003, 10:26
@ wasil
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Vertrauen ist gut - Kontrolle mit Gold ist besser |
-->Hallo Wasil,
natürlich braucht Kredit keine Deckung - Du kannst auch so vertrauen. Aber in der Regel wird eben doch ein Pfand verlangt und Edelmetalle haben sich einfach als praktischstes Pfand erwiesen.
Gruß
R
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Euklid
02.09.2003, 10:44
@ R.Deutsch
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Re: Vertrauen ist gut - Kontrolle mit Gold ist besser |
-->Sogar ein sehr praktisches Pfand;-))
Der Gegenwert eines Einfamilienhauses paßt in jeden Koffer;-))
Gruß EUKLID
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dottore
02.09.2003, 11:10
@ Bob
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Re: Die Erzwingung von Surplus-Produktion |
-->
Hi Bob,
davon, dass erst ein Überschuss vorhanden gewesen sein muss (der zu"Tauschzwecken" zur Verfügung stand) bin ich selbst auch lange Zeit ausgegangen. Es ist das Modell, das bis heute die Ã-konomie beherrscht: Die Leute arbeiten und von dem Überschuss bedient sich dann der Staat.
Tatsächlich ist es ganz anders gewesen, wie Reinhard Bernbeck in seiner großen Arbeit"Die Auflösung der häuslichen Produktionsweise" (1994, ISBN 3-496-02525-5) nachgewiesen hat. Danach startet die Wirtschaft, wie auch nicht anders vorstellbar, mit der häuslichen Produktionsweise, wobei diese den einzigen Zweck hat, für Reproduktion der Teilnehmer zu sorgen. Dies hat Bernbeck anhand von Dörfern in verschiedenen Gegenden untersucht (Türkei, Mexiko, Sri Lanka, Negev), wobei er sich auf andere Forschungen stützt und selbst ausführlich über Mesopotamien referiert.
Die maximale Größe eines Dorfes liegt bei 0,8 bis 1 ha:"Aus vielen Untersuchungen ist bekannt, dass die Intensität von Interaktion mit steigender Entfernung exponentiell abnimmt" (mit Hinweis auf Morris/Pitt, Taylor). Die erste Form der Interaktion ist das Heiraten ("Brauttausch", daher auch die Erklärung von"Geld" als"Brautgeld" bei vielen Völkerkundlern, die allerdings nicht mitteilen, über welche Distanz das Brautgeld gezahlt wurde, also Interaktion, demnach"Tausch" statt fand). Um die einzelnen Dörfer werden Entfernungsringe gelegt. Dabei ist davon auszugehen, dass der Ring um ein Dorf etwa 1,5 km beträgt, da sonst der Weg zu den Feldern, der zu Fuß zurück gelegt werden muss, zu groß würde. Ab dieser Entfernung ist es sinnvoll, ein weiteres Dorf zu gründen, das mit entsprechendem Ring arbeitet, um dem ersten nicht ins Gehege zu kommen.
Schon bei 2 Distanzeinheiten (Dorf 1 - 2 - 3) liegt die Kontaktwahrscheinlichkeit kaum über null und bei 3 Einheiten ist sie null. Der Beweis wurde stratigraphisch erbracht: Keramiken von Dorf 1 (jedes Dorf hat für es typische Keramiken) finden sich in Dörfern der Distanzeinheit 3 nicht mehr und umgekehrt. Es findet also keine Interaktion statt (= kein Tausch, weder von Menschen noch Sachen).
Diese auf Selbsterhalt basierende Produktionsweise wird aus verschiedenen Gründen und in verschiedenen Abfolgen durchbrochen:
1. Wenn in einem Dorf durch Bevölkerungsentwicklung (z.B. wg. Überschuss an"jungen Kräften", die nicht mehr aus der Dorffläche ernährt werden können) ein"Druck" entsteht, wird das Dorf versuchen, ein zweites zur tributären Produktionsweise zu zwingen, d.h. das zweite Dorf muss mehr produzieren als es selbst zum Erhalt benötigt.
"Merkmal der tributären Produktionsweise ist also, dass die Produktionseinheit(en) größer sind als die Konsumtionseinheiten." Denn:"Übersteigt die notwendige Anbaufläche eines Ortes die maximal vorhandene Ackerfläche, so ist eine solche Siedlung auf Surplus aus der Umgebung angewiesen." Und auch:"Neben der Steigerung der Produktivität kann die Erhebung von Tribut in den umliegenden Dörfern diesen Zweck erfüllen. Die erste Möglichkeit ist in begrenztem Rahmen gegeben, während die zweite innerhalb der tributären Produktionsweise in großem Ausmaß gesteigert werden kann." (59).
Klartext: Da wird also überhaupt nichts"gehandelt", sondern es wird zusätzliche Produktion erzwungen. Dass dabei Zwangsmittel eine Rolle spielen, versteht sich von selbst (Krieger, Waffen). Solche"zentralen Orte" sind zuhauf nachgewiesen, die sich ihrerseits gegen Versuche, die Tributforderer mit Gewalt abzuschütteln verteidigen, was u.a. die Entstehung von"Stadtmauern" in diesen Systemen erklärt.
2. Diese Enwicklung der tributären Systeme läuft in eine Menge von"internen" Problemen der Verteilung der Tribute, da diese Tribute innerhalb der Tribute abfordernden Gemeinschaft nicht nicht vollständig und schon gar nicht gleichmäßig redistributiert werden. Waren die Dörfer ursprünglich"klassenlose Gesellschaften", bilden sich jetzt Zwei-Klassen-Gesellschaften heraus:"The king (also der Chef der Tributeintreiber) distrubuted (what hat been collected) among the chiefs and the company of soldiers throughout the land... No share of this property, however, was given to the people" (Malo 1903, 1888 f., zit. bei Bernbeck). Selbstverständlich tauschte der Big Chief, das was an ihn zur Vertelung übergeben wurde mit nichts anderem als fortgesetzter Machtausübung.
3. Dieses System wird dann vollends zur Abgabenwirtschaft, wenn sich Völker (Kriegerscharen) von außerhalb darüber hermachen (Eroberer). Dies tun sie, sobald sie über überlegene Metallwaffensysteme verfügen, was die großen Wanderungsbewegungen ("Barbareneinfall") erklärt, die wir mit Beginn der Bronze-Zeit bestaunen können, ausgehend von Bereichen im Inneren Asiens (aufgrund neuester archaeometallurgischer Forschungen der TU Freiberg, Lehrstuhl Prof. Pernicka, u.a. eindeutig nachgewiesen). Die"Kriegervölker" verfügen über das große waffentechnische Geheimnis, nämlich die Fabrikation von Bronze und setzen sich über die eben beschriebenen Strukturen. Sie fordern ausschließlich Tribute ab und setzen sich mitten in die bereits als Tributzentren entwickelten Dörfer, wbei sie zur Ausübung ihrer Zwingherrschaft ud zum Schutz ihrer Chiefs und der obersten Kriegerkaste die bekannten Stadtburgen ("Paläste") errichten lassen. Das bekannte"Oberstadt/Unterstadt"-Phänomen also, das wir aus zahlreichen Ausgrabungen kennen, von Troja bis zu den Akropoleis in Griechenland, das Kapitol in Rom usw. usw., zuletzt die frei gelegte Siedlung am Van-See (Ost-Türkei).
4. Die Gebiete, die sie kontrollieren erweitern sich immens ("Großreiche") und ihr Redistributionssystem wird mit Hilfe der Bildung von Großvorräten (Silos, versiegelte Großkeramik, die Getreide über viele Jahre ohne Schwund oder Verfall lagern lässt). Die Abforderung von Tributen geht nunmehr über jene Güter hinaus, die zur Subsistenz benötigt werden es wird auch das abgefordert, was die Macht selbst erhält - Waffenmetall, dies allerdings nach Kupfer und Zinn getrennt (siehe Hethiter, wie gepostet), um das Waffenmonopol nicht zu gefährden und um so eventuellen Gefahren eines"bewaffneten" Aufstands zu begegnen.
5. Da die Waffenmetalle Kupfer, Zinn, später Eisen (und andere Güter, die zur Darstellung der ausgeübten Herrschaft dienen, wie Schmucksteine, Schmuckmetall o.ä.) nicht so in der unmittelbaren Nachbarschaft vorhanden bzw. produzierbar sind wie Subsistenzmittel (Getreide), müssen diese aus immer größerer Entfernung beschafft werden. Es entsteht der"Fernhandel" (rätselhafterweise vor dem lokalen Handel) der nicht Alltagsgüter beschafft, sondern just diese Macht- bzw. Machtdarstellungs- oder -dokumentationsmittel).
Der mit Hilfe von bewaffnetem Zwang eingeforderte Tribut startet also die Überschussproduktion ("Mehrwert") in naher Distanz und die Beschaffung machspezifischer Güter aus erweiterter Distanz ("Fernhandel"). Die Produktivität der Macht, d.h. also die Erzwingung der Beschaffung und Ablieferung von Gütern zum indirekten oder direkten Machterhalt mit Hilfe von mit relativ geringem Aufwand (Metall plus Schmiede) erstellbaren und monopolisierbaren Machtmitteln startet das, was wir"Wirtschaften" nennen und erhält es bis heute. Ohne mit Staatswaffen erzwungenes Abgabenmonopol entfällt nicht nur das Abgabengut ("Geld"), sondern auch der Abgabentermin und damit der"Zins".
Geld und Zins sind Machtderivate. Entfällt die Macht, entfallen diese und wir kehren wieder zur ursprünglichen Subsistenzwirtschaft zurück. Was natürlich nicht geschehen wird, weshalb das alte immer gleiche Elend nicht enden dürfte.
Gruß!
Noch dazu:
>Dottore,
>In Deinen Ãœberlegungen stimmt doch etwas nicht.
>Wenn die Leute Subsistenzwirtschaft betreiben, dann lohnt es sich für unseren Zwingherren gar nicht, sich irgendwo niederzulassen oder gar eine Burg zu bauen.
Du unterschätzt die Produktivitätsreserven, die sowohl im Land selbst (nur die Hälfte der Felder wurde zunächst bestellt) als auch die in der das Land bearbeitenden Bevölkerung stecken. Ansonsten siehe oben.
>Nur wenn die Leute von sich aus schon zum Tausch produzieren, werden ja überhaupt erst die nötigen Mittel frei, um die Burg zu bauen und die Waffen zu schmieden.
Gerade die Tauschtheorie beweist, dass es Produktivitätsreserven gegeben haben muss. Sie wurden jedoch nicht zur Erstellung von privaten Tauschgütern verwendet, sondern zur Erstellung von an den Zwingherrn abzuführenden Abgabengütern. Hätte sich der Zwingherrr mit der Abforderung der Tauschgüter beschieden, wäre deren Produktion einfach eingestellt worden - und dann? Es kann jeder zur Abgabe der Tauschgüter gezwungen werden, aber nicht zu deren Herstellung als Tauschgüter. Oft genug wurde der Handel in der Geschichte nach Einführung prohibitiver Zölle eingestellt und mit dem Handel selbstverständlich auch die Produktion. Außerdem wurden gerade Subsistenzgüter nicht getauscht (keinerlei frühe historische Evidenz, Fehlen von innerstdtischen"Märkten"). Die stellte jede Wirtschaftseinheit selber her oder sie forderte sie ab, so dass Subsitsenzgüter zusätzlich erstellt, abgegeben und redistributiert wurden.
>Schließlich muß auch unser Zwingherr selbst erstmal von den Zwängen des Alltags befreit sein, sonst hätte er ja gar keine Gelegenheit zu räubern, würde vielmehr binnen kurzem Hungers sterben.
Gerade der Alltag zwang ihn dazu, andere zur tributären Produktion zu zwingen, siehe oben. Die Eroberer bedienten sich jeweils unterwegs, bis sie in den Produktionszentren angekommen waren, die sie dann zur Surplus-Produktion zwingen konnten.
>Du siehst also: Das Wirtschaften wird zwar durch den Staat entscheidend befördert, es existiert aber auch schon ohne und vor allem vor ihm - das geht gar nicht anders, weil zumindest diejenigen die den Staat machen, zeitweise von der Arbeit freigestellt sein müssen um Kräfte zu sammeln und Waffen zu bauen.
Zur Entstehung der tributären Produktionsweise, siehe oben. Die kritische Grenze für den Übergang lag bei 5 ha Siedlungsfläche und 800 Einwohnern, wobei für die Ernährung einer Person zwiwchen 0,3 und 0,5 ha bebaute Fläche angenommen wird. Das auf Waffenzwang basierende Tributsystem rentiert sich sehr schnell. 5 Leute unterjochen 100. 5 davon müssen äußerstenfalls beseitigt werden, es sei denn die 100 verzichten auf 5 % ihres Inputs. Danach müssen 100 für 105 arbeiten oder 95 für 100. Die Waffenproduktion war kein Problem. Ein Schmied kann am Tag unschwer 3 bis 5 Stück Gewaltwaffen produzieren. Der Schmied war die zentrale Figur. Deshalb wurde er gefangen gehalten und sein Wissen war geheim.
>Der Staat ist letztlich nur eine besondere Form des Tausches Ware gegen Ware -ein Derivat des Marktes nichts sonst.
Der Staat tauscht nichts. Er zwingt zur Abgabe von Gütern, später"Geld". Beides muss zusätzlich produziert werden. Auch die Herstellung von"Geld" war geheim und beim Herrscher monopolisiert (gilt bekanntlich bis heute). Selbst die älteste Abbildung der Münzherstellung (Sächsische Flugschriften 1530, siehe Textedition von Prof. Stadermann dazu, hier schon mal ausführlich diskutiert) ist gefälscht, siehe"Geldgeschichtliche Nachrichten", Nov. 1998, S. 309, auch Caspar 1974:"Indiz dafür, wie wenig Außenstehende über die wirklichen Vorgänge in Münzstätten informiert waren"). Die älteste Gold/Silber-Raffinerie war der geheime Staatsbetrieb des Kroisos (ausführlich Ramage/Craddock, King Croesus' Gold, BM 2000, u.a. 78 zum Rätsel um sein Verschwinden).
Markt und Tausch sind Derivate des Tributsystems (Staat) - sonst nichts.
Die Vorstellung einer a priori privaten Wirtschaft mit weit spannendem Handel & Wandel, zu dem sich (wann überhaupt?) segensreich ein"Ordnungsfaktor" und"Tauscherleichterungshelfer", genannt Staat gesellte (obendrein per allgemeinem Konsensus, siehe"Gesellschaftsvertrag") ist leider komplett falsch.
Wie gesagt: Ich hatte dieser"freiheitlichen" Vorstellung auch jahrzehntelang angehangen und habe mich nur schweren Herzens davon verabschiedet. Aber die in den letzten Jahren hereinbrandende Evidenz aus vielen nicht-ökonomischen Wissensbereichen war überwältigend. Die Redlichkeit gebietet es zuzugeben: Ich habe mich geirrt!
Aber selbstverständlich kann es jeder andere mit seinem Weltbild halten wie er möchte.
Nochmals Gruß!
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dottore
02.09.2003, 12:56
@ R.Deutsch
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Re: Die Abgabentheorie.... (plus ein Schmankerl zum"Zinssystem") |
-->>endet an der Grenze.
Na klar. Da die ZBs ihr nationales Geld gegen nationale Staatsschulden ausgeben, für die nur nationale (Wohnsitzprinzip) Steuerzahler aufkommen müssen, gilt es jeweils bis zur Grenze. Da wir inzwischen den Euro haben, ist das Ganze natürlich zu"europäisieren", Klartext: Irgendwann wird es die Europa-Steuern geben.
>Der Abgabenzwang kann logischer Weise ja nur fürs eigene (beherrschte) Land gelten und Geld nur dort „Quittung für noch nicht bezahlte Steuern“ sein.
Wurde auch nie anders dargestellt oder behaupet.
>Damit lässt sich der internationale Warenaustausch und Weltgeld nicht erklären.
Welches Weltgeld? Davon sehe ich noch nichts.
>Die Schiffe der ostindischen Compagnie haben Silber und Geräte mitgenommen und dies gegen Gewürze, Seide etc. getauscht.
Hatte nicht R.Deutsch höchstselbst von der Gold-Silber-Arbitrage gesprochen? Es war also kein Gold (Abgabengut-Arbitrage) in der Rückfracht?
Zum Untergang der"Geldermalsen" (Rückkehr von Canton) lesen wir:"Why has the captain at the last moment passed along papers and two writing-drawers full of rixdollars, but not the chest of gold?" Das Gold hat der Kapitän, der für Notfälle Reichstaler dabei hatte, doch wohl nicht hin- und her geschippert - oder?
Von den spanischen Silberflotten ex Havanna wollen wir lieber schweigen. Oder sind die Spanier mit Gewürzen nach Südamerika gesegelt? Wer hat denn das Silber kassiert? Etwa private Unternehmer? Das Archiv in Sevilla gibt beredte Auskunft. Jene, die der Krone ihren Unfug vorfinanziert hatten, warteten voll Bange auf die Ankunft neuer Silberflotten.
In der Fuggerschen Bilanz von 1577 sind von 6,55 Mio fl. auf der Aktivseite rund 6,2 Mio fl. [!] Forderungen an Staaten und/oder Herrscher (plus Kasse in Höhe von 0,24 Mio., dazu Kleinkram). Verzinsliche Forderungen gegen die Herrschaften, klaro. Damit ist - nebenbei - das ganze Gerede vom"Zinssystem", das seit jeher die"Privatwirtschaft" ruiniert, per se Mumpitz. Der Staat und sein Ziehen auf künftige Einnahmen (und seien es Silberflotten) und das sich ausschließlich daraus ergebende Zins- und Zinseszinssystem ruiniert uns immer wieder und sonst niemand.
Die Gewürze ex Ostindien wurden übrigens gegen Seide in London getauscht? Oder gegen Edelmetall? Aber wozu brauchten die tüchtigen Reeder Edelmetall - um es sich um den Hals zu hängen? Wie sehr die britische Krone nach Edelmetall gierte, ist doch sicher bekannt. Sie privilegierte sogar die BoE, um an selbiges zu kommen. Oder hat das BoE-Konsortium in BoE-Banknoten das Kapital eingezahlt (die es zur Gründung noch gar nicht gegeben hatte)? Siehe mein BoE-Posting dazu:
Bank of England
>Wo ist da das Abgabengut, oder haben die Inder Quittungen für noch nicht bezahlte Steuern entgegen genommen?
Nein, ihr Abgabengut - oder herrschten die Großmogule mit einem Null-Steuer-System?
Die Quittungen beziehen sich, wie unschwer zu verstehen, übrigens auf die heutigen"Banknoten" ("gedeckt" durch Staatspapiere).
>Den Leuten einzureden, es gebe keinen arbeitsteiligen Tausch, nur um eine „Neue Theorie“ zu etablieren, halte ich für albern.
Natürlich"gibt" es arbeitsteiligen Tausch, aber er ist nicht"als Tausch" entstanden, sondern aus der Verpflichtung heraus, Abgabenschulden zu begleichen: Dazu wurde mit anderen Gütern (wie auch sonst, da nicht jeder zu Hause ein kleines Bergwerk hat?) das <b<Abgabengut Edelmetall[/b] beschafft.
>Es hat immer Tausch, Kredit, Warengeld und Kreditgeld, Abgabengeld und Privatgeld nebeneinander gegeben.
Du vergisst erstens die zeitliche Reihenfolge: Abgabenschuld ---> Tausch. Herrschaftliche Geldnot ---> Kredit, Abgabe, die sich zur Wiederverwendung, also als Ausgabe der Herrschaft eignet, z.B. zur Söldnerbelohnung (Metall) ---> Warengeld, Warengeld ---> Kreditgeld (beliehener Depotschein o.ä.) usw. Und zweitens möchte ich endlich mal"Privatgeld" sehen, das es vor Abgabengeld gegeben haben soll.
Die Vorstellung von"immer (!) nebeneinander" ist ganz und gar verkehrt.
>Es gibt gar keinen Grund, einen Teil der Wirklichkeit (Tausch, Warengeld) auszublenden und zu behaupten, es gebe nur Abgabengeld und keinen Tausch.
Das Abgabengeld erzwingt den Tausch, bzw. die Erbringung einer Gegenleistung, um an das Abgabengeld überhaupt erst mal zu kommen. Als die Engländer in Afrika eine Hüttensteuer einführten, mussten die bis dahin friedlich in den Tag hinein lebenden Schwarzen auf Arbeitssuche gehen (bei weißen Farmern, logo), um die staatliche Zwangsabgabe überhaupt beschaffen zu können.
>Und ja, es hat immer auch Raub gegeben und der Staat ist zweifellos jetzt der größte und raffinierteste Räuber, aber der Normalfall ist es glücklicherweise noch nicht. Noch tauscht der überwiegende Teil der Menschheit freiwillig Leistung und Gegenleistung und der Staat raubt seinen Teil.
Es war immer der Normalfall. Die Umsätze (Erträge) des Staates waren in jeder Phase der Geschichte größer als die eines noch so großen Konzerns im staatlichen Beritt. Der Konzern muss seinen Umsatz hart erarbeiten, der Staat legt seinen Umsatz einfach fest.
Gruß!
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dottore
02.09.2003, 13:04
@ R.Deutsch
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Re: Wozu Metall verpfänden? Zahl doch gleich damit (spart Zinsen) (owT) |
-->
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Euklid
02.09.2003, 14:16
@ dottore
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Re: Wozu Metall verpfänden? Zahl doch gleich damit (spart Zinsen) (owT) |
-->Die Zinsen zahlst Du doch aber sehr gerne wenn sie in der Nähe der Inflationsrate des Lumpengeldes liegen.
Vergiß bitte nicht dabei die Zinsertragssteuer fürs Geldguthaben zu kalkulieren.
Und vergiß die Wertsteigerung des Pfandes nicht in das Kalkl zu ziehen.
Dann sieht die Rechnung anders aus.
Gruß EUKLID
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Bob
02.09.2003, 14:22
@ dottore
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Re: Die Erzwingung von Surplus-Produktion |
-->>
>Hi Bob,
Hi Dottore,
Danke für diesen höchst kenntnisreichen Text! Aber erklär mir mal, warum ich nach der Lektüre Deiner Ausführungen immer so erschöpft bin. [img][/img]
Der Text würde eine ausführliche Antwort verlangen, jedoch fehlen mir einfach die archäologischen Kenntnisse.
Ich kann aber die Grundstruktur Deines Argumentes benennen. Und da weißt Du offenbar auch nicht weiter: Der Zwingherr in Deinem Modell kommt immer von außen (Nachbardorf).
Mich interessierte aber primär die Frage, wie kann eine Gesellschaft aus sich heraus eine Figur erzeugen und sie mit den nötigen Kräften ausstatten, einen Raubzug zu machen. Irgendwie muß dieser erste Herrscher ja entstanden sein.
Die ursprüngliche Ausstattung dieses Herrschers mit Käften und Waffen ist eine Investition auf freiwilliger Basis zumindest eines Teiles der Bevölkerung! Freiwillig deshalb, weil daraufhin ja erst das entstanden ist, was hier als Herrschaft bezeichnet wird. Der Begriff der Herrschaft kommt gewissermaßen erst in diesem Augenblick zur Welt, kann also für die Zeit davor streng genommen gar nicht gedacht werden.
Woraus sonst könnte diese ursprüngliche Herrschermacht geboren werden, wenn nicht aus Überschüssen, die logischerweise schon vor dem Anfang der Herrschaft da gewesen sein müssen?
Das ist ein denkerisch-logisches Problem, kein archäologisches!
Trotzdem finde Ich Deine Ideen faszinierend, wenn auch etwas trostlos und unmenschlich, schließlich sind die Leute, die den Staat heute machen, ja irgendwie auch Nachbarn.
Weiter unten schreibst Du"freiheitliche" Auffassung. Ich kann mir keinen schlimmeren Zwang vorstellen als den, sich am Markt behaupten zu müssen. Und keine größere Freiheit als die, dasselbe in einem geordneten Staatswesen zu tun.
Noch etwas: Dein Modell kann - unbestritten - als wesensmäßiger Kern einer Wirtschaftstheorie herhalten. Jedoch müßte man dann fragen, wieso die Menschheit doch erst recht spät darauf gekommen ist, daß Geld auch etwas wert ist, ohne daß dafür irgendwo ein Klumpen Gold oder ähnliches rumliegt. Sicher, es hat immer wieder Ausflüge zum stoffwertlosen Geld gegeben. Aber die Vostellung der Menschen, daß das Geld durch irgendeinen Stoff besichert sein muß, die hat ja z.B. noch 1923 bei der Währungsreform eine ganz herausragende Bedeutung gehabt. Wenn es wirklich stimmt, daß der wesensmäßige Kern des Wirtschaftens Deine Machttheorie ist, wieso hängt dann die Menschheit im 20ten Jahrhundert immer noch Ideen an, die eigentlich nach Jahrtausenden der Übung längst obsolet sein müßten? das kann nur dadurch erklärt werden, daß zu der Komponente Macht noch die Komponente Marktgängigkeit hinzutreten muß, damit das Geld funktioniert. Der Umstand daß man z.T. heute noch an der Idee metallbesicherter Währung hängt hat den grund darin, daß man eben diese Marktgängigkeit irgendwie sichergestellt wissen möchte, weil man dem bloßen Papier instinktiv mißtraut.
Grüße!
bob
>davon, dass erst ein Überschuss vorhanden gewesen sein muss (der zu"Tauschzwecken" zur Verfügung stand) bin ich selbst auch lange Zeit ausgegangen. Es ist das Modell, das bis heute die Ã-konomie beherrscht: Die Leute arbeiten und von dem Überschuss bedient sich dann der Staat.
>Tatsächlich ist es ganz anders gewesen, wie Reinhard Bernbeck in seiner großen Arbeit"Die Auflösung der häuslichen Produktionsweise" (1994, ISBN 3-496-02525-5) nachgewiesen hat. Danach startet die Wirtschaft, wie auch nicht anders vorstellbar, mit der häuslichen Produktionsweise, wobei diese den einzigen Zweck hat, für Reproduktion der Teilnehmer zu sorgen. Dies hat Bernbeck anhand von Dörfern in verschiedenen Gegenden untersucht (Türkei, Mexiko, Sri Lanka, Negev), wobei er sich auf andere Forschungen stützt und selbst ausführlich über Mesopotamien referiert.
>Die maximale Größe eines Dorfes liegt bei 0,8 bis 1 ha:"Aus vielen Untersuchungen ist bekannt, dass die Intensität von Interaktion mit steigender Entfernung exponentiell abnimmt" (mit Hinweis auf Morris/Pitt, Taylor). Die erste Form der Interaktion ist das Heiraten ("Brauttausch", daher auch die Erklärung von"Geld" als"Brautgeld" bei vielen Völkerkundlern, die allerdings nicht mitteilen, über welche Distanz das Brautgeld gezahlt wurde, also Interaktion, demnach"Tausch" statt fand). Um die einzelnen Dörfer werden Entfernungsringe gelegt. Dabei ist davon auszugehen, dass der Ring um ein Dorf etwa 1,5 km beträgt, da sonst der Weg zu den Feldern, der zu Fuß zurück gelegt werden muss, zu groß würde. Ab dieser Entfernung ist es sinnvoll, ein weiteres Dorf zu gründen, das mit entsprechendem Ring arbeitet, um dem ersten nicht ins Gehege zu kommen.
>Schon bei 2 Distanzeinheiten (Dorf 1 - 2 - 3) liegt die Kontaktwahrscheinlichkeit kaum über null und bei 3 Einheiten ist sie null. Der Beweis wurde stratigraphisch erbracht: Keramiken von Dorf 1 (jedes Dorf hat für es typische Keramiken) finden sich in Dörfern der Distanzeinheit 3 nicht mehr und umgekehrt. Es findet also keine Interaktion statt (= kein Tausch, weder von Menschen noch Sachen).
>Diese auf Selbsterhalt basierende Produktionsweise wird aus verschiedenen Gründen und in verschiedenen Abfolgen durchbrochen:
>1. Wenn in einem Dorf durch Bevölkerungsentwicklung (z.B. wg. Überschuss an"jungen Kräften", die nicht mehr aus der Dorffläche ernährt werden können) ein"Druck" entsteht, wird das Dorf versuchen, ein zweites zur tributären Produktionsweise zu zwingen, d.h. das zweite Dorf muss mehr produzieren als es selbst zum Erhalt benötigt.
>"Merkmal der tributären Produktionsweise ist also, dass die Produktionseinheit(en) größer sind als die Konsumtionseinheiten." Denn:"Übersteigt die notwendige Anbaufläche eines Ortes die maximal vorhandene Ackerfläche, so ist eine solche Siedlung auf Surplus aus der Umgebung angewiesen." Und auch:"Neben der Steigerung der Produktivität kann die Erhebung von Tribut in den umliegenden Dörfern diesen Zweck erfüllen. Die erste Möglichkeit ist in begrenztem Rahmen gegeben, während die zweite innerhalb der tributären Produktionsweise in großem Ausmaß gesteigert werden kann." (59).
>Klartext: Da wird also überhaupt nichts"gehandelt", sondern es wird zusätzliche Produktion erzwungen. Dass dabei Zwangsmittel eine Rolle spielen, versteht sich von selbst (Krieger, Waffen). Solche"zentralen Orte" sind zuhauf nachgewiesen, die sich ihrerseits gegen Versuche, die Tributforderer mit Gewalt abzuschütteln verteidigen, was u.a. die Entstehung von"Stadtmauern" in diesen Systemen erklärt.
>2. Diese Enwicklung der tributären Systeme läuft in eine Menge von"internen" Problemen der Verteilung der Tribute, da diese Tribute innerhalb der Tribute abfordernden Gemeinschaft nicht nicht vollständig und schon gar nicht gleichmäßig redistributiert werden. Waren die Dörfer ursprünglich"klassenlose Gesellschaften", bilden sich jetzt Zwei-Klassen-Gesellschaften heraus:"The king (also der Chef der Tributeintreiber) distrubuted (what hat been collected) among the chiefs and the company of soldiers throughout the land... No share of this property, however, was given to the people" (Malo 1903, 1888 f., zit. bei Bernbeck). Selbstverständlich tauschte der Big Chief, das was an ihn zur Vertelung übergeben wurde mit nichts anderem als fortgesetzter Machtausübung.
>3. Dieses System wird dann vollends zur Abgabenwirtschaft, wenn sich Völker (Kriegerscharen) von außerhalb darüber hermachen (Eroberer). Dies tun sie, sobald sie über überlegene Metallwaffensysteme verfügen, was die großen Wanderungsbewegungen ("Barbareneinfall") erklärt, die wir mit Beginn der Bronze-Zeit bestaunen können, ausgehend von Bereichen im Inneren Asiens (aufgrund neuester archaeometallurgischer Forschungen der TU Freiberg, Lehrstuhl Prof. Pernicka, u.a. eindeutig nachgewiesen). Die"Kriegervölker" verfügen über das große waffentechnische Geheimnis, nämlich die Fabrikation von Bronze und setzen sich über die eben beschriebenen Strukturen. Sie fordern ausschließlich Tribute ab und setzen sich mitten in die bereits als Tributzentren entwickelten Dörfer, wbei sie zur Ausübung ihrer Zwingherrschaft ud zum Schutz ihrer Chiefs und der obersten Kriegerkaste die bekannten Stadtburgen ("Paläste") errichten lassen. Das bekannte"Oberstadt/Unterstadt"-Phänomen also, das wir aus zahlreichen Ausgrabungen kennen, von Troja bis zu den Akropoleis in Griechenland, das Kapitol in Rom usw. usw., zuletzt die frei gelegte Siedlung am Van-See (Ost-Türkei).
>4. Die Gebiete, die sie kontrollieren erweitern sich immens ("Großreiche") und ihr Redistributionssystem wird mit Hilfe der Bildung von Großvorräten (Silos, versiegelte Großkeramik, die Getreide über viele Jahre ohne Schwund oder Verfall lagern lässt). Die Abforderung von Tributen geht nunmehr über jene Güter hinaus, die zur Subsistenz benötigt werden es wird auch das abgefordert, was die Macht selbst erhält - Waffenmetall, dies allerdings nach Kupfer und Zinn getrennt (siehe Hethiter, wie gepostet), um das Waffenmonopol nicht zu gefährden und um so eventuellen Gefahren eines"bewaffneten" Aufstands zu begegnen.
>5. Da die Waffenmetalle Kupfer, Zinn, später Eisen (und andere Güter, die zur Darstellung der ausgeübten Herrschaft dienen, wie Schmucksteine, Schmuckmetall o.ä.) nicht so in der unmittelbaren Nachbarschaft vorhanden bzw. produzierbar sind wie Subsistenzmittel (Getreide), müssen diese aus immer größerer Entfernung beschafft werden. Es entsteht der"Fernhandel" (rätselhafterweise vor dem lokalen Handel) der nicht Alltagsgüter beschafft, sondern just diese Macht- bzw. Machtdarstellungs- oder -dokumentationsmittel).
>Der mit Hilfe von bewaffnetem Zwang eingeforderte Tribut startet also die Überschussproduktion ("Mehrwert") in naher Distanz und die Beschaffung machspezifischer Güter aus erweiterter Distanz ("Fernhandel"). Die Produktivität der Macht, d.h. also die Erzwingung der Beschaffung und Ablieferung von Gütern zum indirekten oder direkten Machterhalt mit Hilfe von mit relativ geringem Aufwand (Metall plus Schmiede) erstellbaren und monopolisierbaren Machtmitteln startet das, was wir"Wirtschaften" nennen und erhält es bis heute. Ohne mit Staatswaffen erzwungenes Abgabenmonopol entfällt nicht nur das Abgabengut ("Geld"), sondern auch der Abgabentermin und damit der"Zins".
>Geld und Zins sind Machtderivate. Entfällt die Macht, entfallen diese und wir kehren wieder zur ursprünglichen Subsistenzwirtschaft zurück. Was natürlich nicht geschehen wird, weshalb das alte immer gleiche Elend nicht enden dürfte.
>Gruß!
>Noch dazu:
>>Dottore,
>>In Deinen Ãœberlegungen stimmt doch etwas nicht.
>>Wenn die Leute Subsistenzwirtschaft betreiben, dann lohnt es sich für unseren Zwingherren gar nicht, sich irgendwo niederzulassen oder gar eine Burg zu bauen.
>Du unterschätzt die Produktivitätsreserven, die sowohl im Land selbst (nur die Hälfte der Felder wurde zunächst bestellt) als auch die in der das Land bearbeitenden Bevölkerung stecken. Ansonsten siehe oben.
>>Nur wenn die Leute von sich aus schon zum Tausch produzieren, werden ja überhaupt erst die nötigen Mittel frei, um die Burg zu bauen und die Waffen zu schmieden.
>Gerade die Tauschtheorie beweist, dass es Produktivitätsreserven gegeben haben muss. Sie wurden jedoch nicht zur Erstellung von privaten Tauschgütern verwendet, sondern zur Erstellung von an den Zwingherrn abzuführenden Abgabengütern. Hätte sich der Zwingherrr mit der Abforderung der Tauschgüter beschieden, wäre deren Produktion einfach eingestellt worden - und dann? Es kann jeder zur Abgabe der Tauschgüter gezwungen werden, aber nicht zu deren Herstellung als Tauschgüter. Oft genug wurde der Handel in der Geschichte nach Einführung prohibitiver Zölle eingestellt und mit dem Handel selbstverständlich auch die Produktion. Außerdem wurden gerade Subsistenzgüter nicht getauscht (keinerlei frühe historische Evidenz, Fehlen von innerstdtischen"Märkten"). Die stellte jede Wirtschaftseinheit selber her oder sie forderte sie ab, so dass Subsitsenzgüter zusätzlich erstellt, abgegeben und redistributiert wurden.
>>Schließlich muß auch unser Zwingherr selbst erstmal von den Zwängen des Alltags befreit sein, sonst hätte er ja gar keine Gelegenheit zu räubern, würde vielmehr binnen kurzem Hungers sterben.
>Gerade der Alltag zwang ihn dazu, andere zur tributären Produktion zu zwingen, siehe oben. Die Eroberer bedienten sich jeweils unterwegs, bis sie in den Produktionszentren angekommen waren, die sie dann zur Surplus-Produktion zwingen konnten.
>>Du siehst also: Das Wirtschaften wird zwar durch den Staat entscheidend befördert, es existiert aber auch schon ohne und vor allem vor ihm - das geht gar nicht anders, weil zumindest diejenigen die den Staat machen, zeitweise von der Arbeit freigestellt sein müssen um Kräfte zu sammeln und Waffen zu bauen.
>Zur Entstehung der tributären Produktionsweise, siehe oben. Die kritische Grenze für den Übergang lag bei 5 ha Siedlungsfläche und 800 Einwohnern, wobei für die Ernährung einer Person zwiwchen 0,3 und 0,5 ha bebaute Fläche angenommen wird. Das auf Waffenzwang basierende Tributsystem rentiert sich sehr schnell. 5 Leute unterjochen 100. 5 davon müssen äußerstenfalls beseitigt werden, es sei denn die 100 verzichten auf 5 % ihres Inputs. Danach müssen 100 für 105 arbeiten oder 95 für 100. Die Waffenproduktion war kein Problem. Ein Schmied kann am Tag unschwer 3 bis 5 Stück Gewaltwaffen produzieren. Der Schmied war die zentrale Figur. Deshalb wurde er gefangen gehalten und sein Wissen war geheim.
>>Der Staat ist letztlich nur eine besondere Form des Tausches Ware gegen Ware -ein Derivat des Marktes nichts sonst.
>Der Staat tauscht nichts. Er zwingt zur Abgabe von Gütern, später"Geld". Beides muss zusätzlich produziert werden. Auch die Herstellung von"Geld" war geheim und beim Herrscher monopolisiert (gilt bekanntlich bis heute). Selbst die älteste Abbildung der Münzherstellung (Sächsische Flugschriften 1530, siehe Textedition von Prof. Stadermann dazu, hier schon mal ausführlich diskutiert) ist gefälscht, siehe"Geldgeschichtliche Nachrichten", Nov. 1998, S. 309, auch Caspar 1974:"Indiz dafür, wie wenig Außenstehende über die wirklichen Vorgänge in Münzstätten informiert waren"). Die älteste Gold/Silber-Raffinerie war der geheime Staatsbetrieb des Kroisos (ausführlich Ramage/Craddock, King Croesus' Gold, BM 2000, u.a. 78 zum Rätsel um sein Verschwinden).
>Markt und Tausch sind Derivate des Tributsystems (Staat) - sonst nichts.
>Die Vorstellung einer a priori privaten Wirtschaft mit weit spannendem Handel & Wandel, zu dem sich (wann überhaupt?) segensreich ein"Ordnungsfaktor" und"Tauscherleichterungshelfer", genannt Staat gesellte (obendrein per allgemeinem Konsensus, siehe"Gesellschaftsvertrag") ist leider komplett falsch.
>Wie gesagt: Ich hatte dieser"freiheitlichen" Vorstellung auch jahrzehntelang angehangen und habe mich nur schweren Herzens davon verabschiedet. Aber die in den letzten Jahren hereinbrandende Evidenz aus vielen nicht-ökonomischen Wissensbereichen war überwältigend. Die Redlichkeit gebietet es zuzugeben: Ich habe mich geirrt!
>Aber selbstverständlich kann es jeder andere mit seinem Weltbild halten wie er möchte.
>Nochmals Gruß!
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R.Deutsch
02.09.2003, 14:37
@ dottore
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Will ich Dir gern erklären |
-->
Also Du lieferst mir Weizen. Ich sage ich zahle (erbringe Gegenleistung) in 6 Monaten und Du sagst O.K. als Sicherheit stellst Du Deine Ziege in meinen Stall.
Ich will also nicht die Ziege gegen Weizen tauschen, sondern in 6 Monaten Weizen zurückgeben und die Ziege behalten. Das Leben hat viele Facetten - und kennt nicht nur den Abgabezwang:-)
Gruß
R
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dottore
02.09.2003, 17:00
@ R.Deutsch
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Re: Ach so, die Ziege war aus Gold! |
-->R.Deutsch höchstselbst:
"Aber in der Regel wird [für einen Kredit] eben doch ein Pfand verlangt und Edelmetalle haben sich einfach als praktischstes Pfand erwiesen."
Wie einleuchtend!
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dottore
02.09.2003, 17:10
@ Euklid
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Re: Wozu Metall verpfänden? Zahl doch gleich damit (spart Zinsen) (owT) |
-->>Die Zinsen zahlst Du doch aber sehr gerne wenn sie in der Nähe der Inflationsrate des Lumpengeldes liegen.
>Vergiß bitte nicht dabei die Zinsertragssteuer fürs Geldguthaben zu kalkulieren.
>Und vergiß die Wertsteigerung des Pfandes nicht in das Kalkl zu ziehen.
>Dann sieht die Rechnung anders aus.
>Gruß EUKLID
Aha,
Kredit = 1000, Pfand = 1000.
Zinsen = Inflation, beides 5 % in einem Jahr.
Der Gläubiger zahlt 30 % Zinsabschlagsteuern, kassiert also 1035. Warum kauft er dem Schuldner nicht gleich das Pfand ab, dann könnte er beim Verkauf des Pfandes in einem Jahr netto 1050 kassieren.
Oder wie war es gemeint?
Gruß!
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R.Deutsch
02.09.2003, 17:18
@ dottore
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Gratuliere - Du hast es erfasst! |
-->Weil jede Ziege unterschiedlich ist und manche keine Ziege wollen, hat man i.d.R. lieber Gold als Recheneinheit, Pfand und Schuldinhalt genommen. Aber es geht eben auch mit Ziegen - so vielfältig ist die Welt. Und weil sie so vielfältig und verwirrend bunt ist, kann sie auch ein paar Räuber verkraften, solange die nicht unverschämt werden und alles haben wollen, wie jetzt mal wieder.
Alle gemeinsam schaffen wir das schon mit der Aufklärung:-)
Gruß
R
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Euklid
02.09.2003, 18:38
@ dottore
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Re: Wozu Metall verpfänden? Zahl doch gleich damit (spart Zinsen) (owT) |
-->Ja nur daß das Pfand im Wert wächst und der Kredit in seinem Wert fällt.
Die Gleichung Pfand = Kredit gilt nur für time = 0 im Urzustand.
Normalerweise bekommt man aber nicht Pfandwert = Kreditwert sondern das Pfand muß von Anfang an höher sein.
Der Kredit muß natürlich in Sachwert umgemünzt werden.
Voraussetzung war aber daß Inflation läuft.
Und ich sehe langsam daß man mit allen Tricks der Infla Beine machen will.
Sogar die Kometen werden zur Unterstüzung hergenommen [img][/img]
Gruß EUKLID
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dottore
02.09.2003, 18:48
@ Bob
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Re: Neulich neben Edmund auf dem Sofa... |
-->Hi Bob,
>Danke für diesen höchst kenntnisreichen Text! Aber erklär mir mal, warum ich nach der Lektüre Deiner Ausführungen immer so erschöpft bin.
Geht mir beim Zusammensuchen und Schreiben genau so.
>Der Text würde eine ausführliche Antwort verlangen, jedoch fehlen mir einfach die archäologischen Kenntnisse.
>Ich kann aber die Grundstruktur Deines Argumentes benennen. Und da weißt Du offenbar auch nicht weiter: Der Zwingherr in Deinem Modell kommt immer von außen (Nachbardorf).
Der kommt auch immer von außen. Familien besteuern sich nicht selbst. Auch Dörfer nicht, jedenfalls nicht in dem Sinne, dass jemand auf Kosten des anderen lebt (ehrenamtliche Bürgermeister; bis weit hinauf gibt es nur Aufwandsentschädigungen, die das Erzielen des eigenen Lebensunterhaltes nicht ersetzen). Ganz anders"ganz oben". Dort wird netto kassiert und obendrein wird umverteilt, siehe Sozialstaatsdebatte.
>Mich interessierte aber primär die Frage, wie kann eine Gesellschaft aus sich heraus eine Figur erzeugen und sie mit den nötigen Kräften ausstatten, einen Raubzug zu machen. Irgendwie muß dieser erste Herrscher ja entstanden sein.
"States make war and war makes states" (Tilly, Coercion, Capital, and European States - sehr lesenswert).
>Die ursprüngliche Ausstattung dieses Herrschers mit Käften und Waffen ist eine Investition auf freiwilliger Basis zumindest eines Teiles der Bevölkerung!
Die ersten Herrscher lebten zunächst von den Erträgen ihres eigenen Landes (später"Kronland") und zogen dann auf Eroberungszüge. Zunächst lockt die Beute, dann der laufende Tribut, usw. Siehe dazu schon Franz Oppenheimer, Der Staat (1912) hg. vom nicht ganz dummen Martin Buber:
"Das erste Stadium ist Raub und Mord im Grenzkrieg...
Allmählich entsteht aus diesem ersten Stadium das zweite, namentlich dann, wenn der Bauer, durch tausend Misserfolge gekirrt, sich in sein Schicksal ergeben, auf jeden Widerstand verzichtet hat... ein ungeheurer Schritt vorwärts...
Das dritte Stadium der Staatenbildung besteht darin, dass der 'Überschuss' der Bauernschaften von ihnen regelmäßig als 'Tribut' abgeliefert wird...
[viertes Stadium] Von jetzt an wandeln sich die ursprünglich internationalen Beziehungen beider Grupppen [Kassierer und Abkassierte] immer mehr in intranationale...
[fünftes Stadium,"das nun schon fast der volle Staat ist"]... sie [die Herrengruppe, sic!] wirft sich zum Schiedsrichter auf und erzwingt im Notfall ihren Spruch...
[sechstes Stadium]... führt zur Ausbildung des Staates in jedem Sinne, zur vollen Intranationalität und zur Entwicklung der 'Nationalität'. Immer häufiger wird der Zwang, einzugreifen, zu schlichten, zu strafen, zu erzwingen... Der primitive Staat ist fertig, Form und Inhalt."
Ganz genau so war es und so ist es.
Oppenheimer (1864 - 1943), Lehrer u.a. Ludwig Erhards. Schumpeter bezeichnet ihn als"man of mark". Womit er Recht hat. Dummerweise fingen die europäischen Herrschaften 1914 wieder bei dem ersten Stadium an. Ansonsten sind wir im finalen Erzwingungsstadium.
>Freiwillig deshalb, weil daraufhin ja erst das entstanden ist, was hier als Herrschaft bezeichnet wird.
Von Freiwilligkeit ist/war nirgends eine Spur.
>Der Begriff der Herrschaft kommt gewissermaßen erst in diesem Augenblick zur Welt, kann also für die Zeit davor streng genommen gar nicht gedacht werden.
>Woraus sonst könnte diese ursprüngliche Herrschermacht geboren werden, wenn nicht aus Überschüssen, die logischerweise schon vor dem Anfang der Herrschaft da gewesen sein müssen?
Nein. Der"Überschuss" ist die Waffe, die zwingt. Wer sie als erster bosseln konnte (Metallwaffe, Klartext: Bronze) konnte losziehen und -legen. Ab dann, siehe oben. Obsidian kam übrigens zunächst aus der selben Ecke, siehe die Karten in: Hans-Otto Pollmann: Obsidian-Bibliographie, Bochum 1999 mit 1207 (!) Seiten voller Einzeltitel.
Noch eine Erinnerungsstütze: Der bekannte Melier-Dialog in Thukydides, nach dessen fruchtlosem Ende die Athener die Insel Melos (Kykladen) eroberten und sämtliche Einwohner abschlachteten oder in die Sklaverei verkauften, war der wichtigste Obsidian-Lieferant in der Ägäis. Die Athener rückten mit Metallwaffen an und beendeten die"Steinzeit" ein für alle mal. Melos musste eben"ausradiert" werden, um Athen die Herrschaft über ganz Griechenland zu sichern.
Davon steht natürlich nix im Schulbuch. Mit Athen gings dann schief, weil die Spartaner den noch besseren Trick drauf hatten: Alle Olivenbäume abhacken. Und mit den Spartanern gings schief, weil die Thebaner den noch besseren Trick drauf hatten: Die schiefe Schlachtordnung.
>Das ist ein denkerisch-logisches Problem, kein archäologisches!
Gewiss. Mit einer Atombombe (Metall) kommt man weiter als ohne sie, sogar bei"Unterschüssen", siehe Nordkorea.
>Trotzdem finde Ich Deine Ideen faszinierend, wenn auch etwas trostlos und unmenschlich, schließlich sind die Leute, die den Staat heute machen, ja irgendwie auch Nachbarn.
Wäre mir neu. Erst vor drei Tagen saß ich neben Edmund Stoiber auf dem Sofa, als Nachbarn habe ich ihn"irgendwie" nicht empfunden. Ich halte ihn für höchst kompetent und tüchtig, aber wenn er bei mir betteln käme, würde ich nur mit den Schultern zucken.
>Weiter unten schreibst Du"freiheitliche" Auffassung. Ich kann mir keinen schlimmeren Zwang vorstellen als den, sich am Markt behaupten zu müssen.
Wie Recht Du hast.
>Und keine größere Freiheit als die, dasselbe in einem geordneten Staatswesen zu tun.
Welche Freiheit? Die deutschen Gesetze füllen - nebeneinander gestellt - in der Beck'schen Dünndruckausgabe 12 Regalmeter. Da mag sich"frei" fühlen, wer will.
>Noch etwas: Dein Modell kann - unbestritten - als wesensmäßiger Kern einer Wirtschaftstheorie herhalten. Jedoch müßte man dann fragen, wieso die Menschheit doch erst recht spät darauf gekommen ist, daß Geld auch etwas wert ist, ohne daß dafür irgendwo ein Klumpen Gold oder ähnliches rumliegt.
Geld ist nur etwas wert, wenn es als Zwangsabgabe vorgeschrieben ist. Denn dann muss man es haben.
>Sicher, es hat immer wieder Ausflüge zum stoffwertlosen Geld gegeben. Aber die Vostellung der Menschen, daß das Geld durch irgendeinen Stoff besichert sein muß, die hat ja z.B. noch 1923 bei der Währungsreform eine ganz herausragende Bedeutung gehabt.
Richtig. Doch schon 1948 kamen 6,849 Mrd DM völlig aus dem Nichts daher(sog."gesetzliche Geldschöpfung" [1. bis 3. Verordnung zur Neuordnung des Geldwesens]). Schon damals bediente sich die öffentliche Hand am kräftigsten: mit 3,559 Mrd - das"Kopfgeld" (für Konsumenten 1. u. 2. Rate) war nur 2,818 Mrd. und die Unternehmen (Kapitalistenschweine!) kriegten gar nur 0,472 Mrd. als"Geschäftsbeträge".
>Wenn es wirklich stimmt, daß der wesensmäßige Kern des Wirtschaftens Deine Machttheorie ist, wieso hängt dann die Menschheit im 20ten Jahrhundert immer noch Ideen an, die eigentlich nach Jahrtausenden der Übung längst obsolet sein müßten?
Na wer sollte sich schon groß drum kümmern? Etwa Leute, die auf der Payroll der Macht stehen?
>das kann nur dadurch erklärt werden, daß zu der Komponente Macht noch die Komponente Marktgängigkeit hinzutreten muß, damit das Geld funktioniert.
Das funktioniert, wie geschrieben, sofort, wenn es GZ ist, also auch von jedem, der den Staat beliefert (Beamte inklusive), angenommen werden muss. Dann ist der Kreislauf geschlossen. Marktgängigkeit für Geld als solche gibt es nicht.
>Der Umstand daß man z.T. heute noch an der Idee metallbesicherter Währung hängt hat den grund darin, daß man eben diese Marktgängigkeit irgendwie sichergestellt wissen möchte, weil man dem bloßen Papier instinktiv mißtraut.
Ich weiß. Dass Papier als solches Schwindel ist, steht außer Frage. Aaaaber es ist GZ. Da ich mir nicht vorstellen kann, wie das GZ"Euro" verschwinden soll (nicht Forderungen, Guthaben o.ä. - das kann jeden Tag passieren) hocke ich drauf.
Die Macht kennt längst keine Skrupel mehr, wie allgemein bekannt. Und Skrupellose sind leicht auszurechnen. Denn noch skrupelloser kann sie nicht mehr werden. Sollte sie sich in ihrer übergroßen finanziellen Not noch irgendwelche Mätzchen einfallen lassen (Bernanke-GZ, Hubschrauber-GZ o.ä.) werden wir es früh genug erfahren (Bernanke muss durch den Kongress, Hubschrauber hört man).
Also: Immer schön zynisch bleiben (der Macht gegenüber) + besten Abendgruß!
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dottore
02.09.2003, 18:58
@ R.Deutsch
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Re: Gold als Recheneinheit? |
-->>Weil jede Ziege unterschiedlich ist und manche keine Ziege wollen, hat man i.d.R. lieber Gold als Recheneinheit,
Ach ja? Wann und wo? Und wie hieß die Recheneinheit? In oder aus Gold?
>Pfand
Im Goldstandard?
>und Schuldinhalt genommen.
Schuldinhalt kann alles sein - warum also Gold hervorheben?
Gruß!
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Uwe
02.09.2003, 19:22
@ R.Deutsch
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Re: Ich werd' nie ein Kaufmann, Reinhard! Wo ist das Geschäft... |
-->...für den Weizenlieferanten?
R.Deutsch:[i] Also Du lieferst mir Weizen. Ich sage ich zahle (erbringe Gegenleistung) in 6 Monaten und Du sagst O.K. als Sicherheit stellst Du Deine Ziege in meinen Stall.[/i]
Das verstehe ich so, dass Du für die zeitversetzte Gegenleistung über die Zeitdauer von sechs Monaten die (Unt-)erhaltungskosten für die Ziege übernimmst (wer bekommt die Ziegen Milch? Vergass, war ja aus Gold .
Gruß
Uwe
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R.Deutsch
02.09.2003, 20:40
@ Uwe
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@Uwe - wo ist das Geschäft? |
-->na der Weizenlieferant bekommt nach 6 Monaten seinen Weizen plus 8% in Weizen und gibt die Ziege zurück. Die Milch darf er behalten, dafür hat er die Ziege gefüttert.
Die Menschen (der Markt) finden immer Lösungen - dafür brauchen sie den Staat nicht.
Gruß
R
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Uwe
02.09.2003, 20:49
@ R.Deutsch
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So hab ich es verstanden, Reinhard. Doch ist das das Gleiche wie im Vorschlag? (owT) |
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