Sascha
05.09.2003, 19:34 |
Arbeitslose: Raus aus der Statistik Thread gesperrt |
-->Arbeitslose
<font size=5>Raus aus der Statistik</font>
<font color="#FF0000">Die Arbeitsämter haben die Zügel kräftig angezogen: Wer nicht wirklich einen Job sucht, soll auch nicht länger in der Statistik auftauchen. Allein im August haben sich 336.000 Arbeitslose abgemeldet</font>.
<font color="#FF0000">Die Begeisterung über die neuesten Arbeitsmarktzahlen hielt sich selbst in Kreisen der rot-grünen Bundesregierung in Grenzen</font>: Trotz eines deutlichen Rückgangs der Erwerbslosigkeit im August lässt das lang erhofft Job-Wunder in Deutschland weiterhin auf sich warten. <font color="#FF0000">Denn nicht etwa dem wachsenden Konjunktur-Optimismus der Unternehmer als vielmehr der zunehmenden Akribie der Arbeitsamts-Statistiker ist der Rückgang der Arbeitslosenzahl um 37.800 auf 4,314 Millionen im August zu verdanken</font>.
Daran lässt inzwischen auch der Chef der Bundesanstalt für Arbeit, Florian Gerster, keine Zweifel. Der freilich hält ebenso wie viele Arbeitsmarkt-Experten die „Bereinigung von Arbeitsmarktstatistiken“ keineswegs für anstößig. Als Verwalter der Beitrags-Milliarden der Arbeitslosenversicherer sei es schließlich die Pflicht des BA-Vorstandes genauer hinzuschauen, wer von den Arbeitslosen denn nun wirklich an einer Arbeit interessiert sei und wer nicht.
Auf in die"Nichterwerbslosigkeit"
So wurden in vielen Arbeitsämtern <font color="#FF0000">seit dem Wechsel an der BA-Spitze und der Verabschiedung der Arbeitsmarkt-Reformen die Zügel kräftig angezogen - sehr zum Verdruss vieler Arbeitsloser</font>, die Schikane der Vermittler wittern.
Wer sich nicht zum x-ten Mal von seinem Vermittler vorwerfen lassen wollte, er bemühe sich selbst nicht ausreichend um einen Job, der schmeißt schon mal das Handtuch - und lässt sich aus der Arbeitsmarktstatistik streichen. <font color="#FF0000">Vor allem jene, die längst kein Arbeitslosengeld mehr beziehen, tun sich bei dieser Entscheidung vergleichsweise leicht. Ihnen brachte der Arbeitslosen-Status ohnehin keine größeren Vorteile mehr ein</font>. <font color="#FF0000">Allein im August gingen nach der offiziellen BA-Statistik 336.000 diesen Weg in die Perspektivlosigkeit - 58.800 mehr als noch vor einem Jahr</font>.
Aufs Ganze Jahr gesehen sind es nach Angaben von führenden BA- Mitarbeitern bereits 2,441 Millionen - fast 460.000 mehr als noch im entsprechenden Vorjahreszeitraum, die sich - wie es im Amtsdeutsch heißt - „in Nichterwerbslosigkeit abmeldeten“. Solche Zahlen machen nach Einschätzung von Arbeitsmarkt-Experten deutlich: <font color="#FF0000">Ohne solche statistischen Bereinigungen wäre die Arbeitslosigkeit um einige hunderttausend höher</font>.
Als Ich-AG auf dem Pilgerweg
Unterdessen wachsen auch Zweifel an der Durchschlagskraft der Hartz-Reformen. Von Monat zu Monat zeichnet sich immer deutlicher ab, dass die hochgesteckten Erwartungen vorerst kaum erfüllbar sind. Inzwischen dämpft selbst BA-Chef Gerster die anfängliche Euphorie der rot-grünen Bundesregierung etwa bei den Personal- Service-Agenturen.
Ein Erfolg zeichnet sich derzeit allenfalls bei den Ich-AGs ab, mit denen Bundesanstalt seit einigen Monaten Arbeitslosen den Weg in die Selbstständigkeit zu ebnen versucht. Allerdings steht auch dieser Erfolg nach Einschätzung von Fachleuten auf tönernen Füßen. <font color="#FF0000">Denn auf der derzeitigen Ich-AG-Welle werden Arbeitslose zur Selbstständigkeit geradezu gedrängt, auch wenn die Geschäftsideen kaum ausgereift und die Motivation der Existenzgründer eher gering ist, wie Arbeitslosen-Initiativen berichten</font>.
Die Serie der Ich-AG-Kuriosa ist inzwischen lang. Zu ihnen gehört beispielsweise jener junger Arbeitsloser, der sich auf Ich-AG-Basis als Wanderführer auf dem Jakobs-Pilgerweg zwischen Nürnberg und Rothenburg verdingt.
(sueddeutsche.de/dpa, von Klaus Tscharnke)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/jobkarriere/erfolggeld/artikel/483/17466/, Süddeutsche Zeitung, 03.09.2003
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Lichtenberg
05.09.2003, 22:17
@ Sascha
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Wo sind die restlichen 300 000 Arbeitslosen? |
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Hallo Sascha
Im August"nur" knapp 300 00 Arbeitslose mehr als voriges jahr, da sind sie dann auch noch stoltz drauf, diese Statistikfälscher.
Aber aufgepaßt, es sind 600 000 Beschäftigungsverhältnisse weniger wie voriges Jahr im August. Die Dif. von 300 000 hat sich wohl in Luft aufgelöst, ist in Rente oder über 58 und wird rausgerechnet, da ja nicht mehr arbeitssuchend. Daher hat dieser unnötige Gerster ja auch von Arbeitssuchenden gesprochen und nicht von Arbeitslosen. (Nehmt Ihm den Porsche ab und schickt Ihn in die Wüste).
Da ja die Kleinarbeitsverhältnisse ( auf deren Vermehrung die Auspresser sich sogar noch was einbilden) auch als Beschäftigungsverhältnisse gezählt werden, dürfte die richtige Bilanz noch weitaus verheerender sein.
Besserung nicht in Sicht, höchstens weitere Verschlechterung.
Die EU Osterweiterung wird ab Mai 2004 für weitere Abwanderung/Verlagerung von
Arbeitsplätzen sorgen.
Gruss
Lichtenberg (dem nichts gutes schwant)
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Sascha
06.09.2003, 14:25
@ Lichtenberg
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Arbeitslosigkeit ist ein gewaltiges Problem das sich zunehmend verschärft [mT] |
--> Hallo Lichtenberg!
> Im August"nur" knapp 300 00 Arbeitslose mehr als voriges jahr, da sind > sie dann auch noch stoltz drauf, diese Statistikfälscher.
Du sagst es. Die bilden sich noch was drauf an und versuchen es noch möglichst positiv hinzustellen.
> Aber aufgepaßt, es sind 600 000 Beschäftigungsverhältnisse weniger wie > voriges Jahr im August. Die Dif. von 300 000 hat sich wohl in Luft aufgelöst, > ist in Rente oder über 58 und wird rausgerechnet, da ja nicht mehr > arbeitssuchend.
Korrekt. Das besorgniserregende für mich ist nicht mal die Arbeitslosenzahl an sich. Die Zahl der Erwerbslosen die - wie das Statistische Bundesamt vor einigen Tagen ja mitgeteilt hatte - um rund 600.000 gefallen ist muß man auch bei der Beurteilung heranziehen. Und da sieht die Sache dann nicht mehr nur schlecht sondern einfach nur noch katastrophal aus.
Das Übel ist ja, daß die Arbeitslosigkeit trotz...
-...vieler die sich unfreiwillig selbständig machen
-...vieler die auch schon auswandern
-...vieler die vorzeitig in Rente gehen
-...vieler die in Minijobs mit schlechterer Bezahlung und schlechteren Arbeitsbedingungen/Betriebsrat usw. untergebracht werden
-...vieler die durch statistische Methoden (Trainingsmaßnahmen, Fortbildung, ABM, Jump Plus (Jugendprogramm), usw.) den Arbeitslosen-Status verlieren
-...immer mehr neuer Produkte und Dienstleistungen die wir kaufen oder erhalten können
...immer noch angestiegen ist. Das zeigt meiner Meinung nach wie extrem schlecht die Lage eigentlich schon ist. Was wäre wenn keiner auswandern würde, der Staat nicht zig Milliarden Euro in Arbeitsförderung (Zuzahlung bei Einstellung von Langzeitarbeitslosen, Zuzahlung bei Abschluß von Ausbildungsverträgen, u.v.m.) pumpen würde, der Staat nicht bei der Statistik"fälschen" würde, nicht soviele ältere Arbeitnehmer sich durch hoffnungslose Arbeitssuche gezwungen fühlen vorzeitig in Rente zu gehen und dadurch lieber auf einen Teil ihrer Rente zu verzichten und wenn sich nicht soviele Menschen wie derzeit nur aus purer Perspektivlosigkeit selbständig machen mit teilweise verrückten Geschäftsmodellen nur um irgendwie ihre Existenz zu sichern? Dann wäre die Zahl der Arbeitslosen wahrscheinlich noch weitaus größer. Glücklich kann sich derjenige schätzen der heute noch einen halbwegs sicheren Arbeitsplatz im Mittelstand hat. Wer einen Arbeitsplatz in einem Großunternehmen hat der einigermaßen sicher ist kann sich besonders glücklich schätzen. Wer Beamter ist kann sich in solch unsicheren Zeiten als extrem glücklich bezeichnen.
> Da ja die Kleinarbeitsverhältnisse ( auf deren Vermehrung die Auspresser > sich sogar noch was einbilden) auch als Beschäftigungsverhältnisse gezählt > werden, dürfte die richtige Bilanz noch weitaus verheerender sein.
Ja sie bilden sich darauf noch was ein. Sie rühmen sich noch mit der Schaffung eines Billiglohnsektors und versprechen jedem Arbeit. Das aber am Ende jeder mehr oder weniger dazu gezwungen wird irgendeinen Saujob zu machen und auch nicht mehr zu haben wie vorher mit der Sozialhilfe sagen sie nicht. Die sollen doch den Leuten endlich mal die Wahrheit sagen und nicht immer solche Märchen erzählen und den Leuten was vormachen. Das ist doch eine Schweinerei wenn man sich noch mit der Schaffung eines Billiglohnsektors feiern läßt. Was sind das denn alles für Jobs? Wie sind die denn bezahlt? Wo ist der Schutz für die Arbeitnehmer in solchen Jobs bei denen alles in Richtung"totale Flexibilität" und schon ein wenig in Richtung Hire & Fire und kein Urlaubsgeld, kein Weihnachtsgeld, keine Arbeitnehmervertretungen (Gewerkschaften) usw. geht?
> Die EU Osterweiterung wird ab Mai 2004 für weitere > Abwanderung/Verlagerung von Arbeitsplätzen sorgen.
Ich bin mal gespannt wann der Kessel platzt. Denn wir sind ja eigentlich schon längst über die 5 Millionen-Grenze drüber was die Arbeitslosen angeht wenn man die oben erwähnten Frührenter, Auswanderer (meist auch noch relativ hochqualifizierte), unfreiwillig Selbständigen (die z.T. auch nicht selten ihr Geschäft schon relativ schnell wieder aufgeben dürften), Geförderte, in Minijobs und Billigjobs gesteckte und diejenigen die die Suche nach Arbeit schon aufgegeben haben alle hinzuzählt die aber alle gerne RICHTIG arbeiten wollen und nicht dürfen/können. Dann sind wir wohl schon in der Gegend von locker sieben bis acht Millionen. Vielleicht sogar nahe zehn Millionen wenn man bedenkt, daß alleine die Zahl der unfreiwillig Selbständigen in den letzten fünf Jahren um rund 600.000 zugenommen haben soll. Wieviele damit glücklich geworden sind will ich lieber erst gar nicht wissen.
Viele Grüße
Sascha
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