Galiani
07.09.2003, 15:55 |
@Prof. Malik Thread gesperrt |
-->Ich erlaube mir das Nachfolgende als neuen Thread zu posten, obwohl es sich aud die von R.Deutsch unten eröffnete Diskussion bezieht: "Ein paar kritische Anmerkungen zu Malik on Management".
Es hieß dort:
>>Der Debitismus ist sicher ein richtiger und wichtiger Gedanke, der eine starke Beachtung verdient, aber er beschreibt eben nur einen Teil der realen Welt. Es besteht kein Grund, andere Teile, wie z.B. den freiwilligen Leistungstausch auszublenden. (es gibt keinen Tausch, sondern nur Schulderfüllung).
Und Ihre Antwort darauf:
>+++ Sie haben Recht. Der Debitismus beschreibt/erklärt das Wirtschaften - nicht das Leben schlechthin. Beides hängt aber so eng miteinander zusammen, dass es kaum zu trennen ist. Es bleibt aber - darum auch Liberalismus - jedem unbenommen, zu tauschen; oder freiwillig und unentgeltlich zu leisten. Damit allein wird es aber nicht gehen, und vor allem gibt es dadurch kein Wirtschaften. +++
Hallo
So sehr ich Sie, sehr geehrter Herr Professor, persönlich und fachlich schätze, kann ich der Tendenz in einzelnen Aussagen Ihrer obigen Antwort doch nicht voll zustimmen, insbesondere Ihre Meinung gibt mir zu denken: "Der Debitismus beschreibt/erklärt das Wirtschaften... [Mit Tauschen allein] wird es aber nicht gehen, und vor allem gibt es dadurch kein Wirtschaften."
Wie ich in meiner obigen Wortmeldung zu dieser Frage schon angedeutet habe ("Tauschwirtschaft und Geld als Tauschmittel"), läge einer in so apodiktischer Form geäußerten Ansicht meiner Meinung nach ein unhaltbares Menschenbild zu Grunde, nämlich der nur von äußerem Druck zur Leistung getriebene Sklave, der"das Wirtschaften" bewirkte. Dagegen gehört es doch zu den unvergänglichen Leistungen der Psychiatrie etwa eines Viktor Frankl, die noëtische Dimension des Menschen entdeckt und formuliert zu haben: Der Mensch, der etwas leisten will, etwas schaffen will, auf etwas stolz sein will.
Waren es nicht gerade die schlechten Erfahrungen, die man mit der geringen Leistungsfreude und Produktivität von Sklaven gemacht hatte, die dem Sklaven-Unwesen schließlich ein Ende bereiteten? Und trotzdem soll nun - wenn ich Ihre vielleicht gar nicht so entschieden gemeinten Worte zum Nennwert nehme - diese Konzeption (oder zumindest eine in ihrer Art sehr ähnliche) "die Wirtschaft erklären"?!
Glaube ich nicht!
Äußerer Druck allein - das ist meine tiefste Überzeugung - führt nicht zu der in der Wirtschaft unerläßlichen Kreativität und Tatenfreude, sondern letzten Endes zu Apathie und Verzweiflung. So entsteht meiner Meinung nach kein "Wirtschaften"! Das"Wirtschaften" ist vielmehr ein Ergebnis der selbstbestimmten Leistungsbereitschaft freier Menschen. Ich verweise auf die alljährlich neu erhobenen Daten des renommierten Fraser-Institutes in Vancouver, die beweisen, daß Freiheit und (der von Unternehmern geschaffene) Wohlstand miteinander hoch positiv, Unfreiheit und Wirtschaftsleistung dagegen negativ korreliert sind: Eine 1995 unter der Federführung des Fraser Institutes von insgesamt 11 akademischen Instituten gemeinsam veröffentlichte Studie die über 20 Jahre hinweg 102 Länder umfaßt, kam etwa zum Ergebnis, daß das Wirtschaftswachstum eines Landes cum grano salis sozusagen mit dem Quadrat des Grades der Freiheit zunimmt:"Weitgehende Unfreiheit" führt demnach sogar zu einem Rückgang des Sozialproduktes, schrittweise zunehnehmende Freiheit zu schrittweise zunehmendem Wachstum und"vollständige" zu viermal höherem Wachstum als nur"geringe" Freiheit. (J. Gwartney et al. Fraser Institute et al., Vancouver 1995).
Deshalb fällt es mir so schwer, an die Idee des Debitismus, wie sie hier vertreten wird, mit"äußerem Druck" als Leistungsmotor und letztlich unfreien Wirtschaftssubjekten als handelnden Personen, die eine im Grunde doch großartige Wirtschaftsleistung erbringen, zu glauben.
Gruß
G.
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-- Elli --
07.09.2003, 16:00
@ Galiani
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Re: @Galiani |
-->>Ich erlaube mir das Nachfolgende als neuen Thread zu posten, obwohl es sich auf die von R.Deutsch unten eröffnete Diskussion bezieht:
So sehr ein neuer Thread verständlich erscheint ("damit nichts übersehen wird"), ist es nicht sinnvoll, weil gerade dann (z. B. bei den Sammlungen der wichtigen Postings) die oft genau so wichtigen Antworten verloren gehen können.
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Todd
07.09.2003, 19:42
@ Galiani
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@Prof. Malik |
-->Hallo,
der Schuldendruck sollte hier immer im Bereich eines funktionierenden demokr. Gesellschaftssystems gesehen werden. Jeder untersteht dem Druck, hat aber eine freie Wahl von Möglichkeiten, wie er den Druck begleichen kann. Er kann je nach seinen Neigungen Arzt, Unternehmer oder was auch immer werden, um dem Debitismus nachzukommen. Es ist eigentlich ganz einfach. Sie spüren den Druck und enscheiden sich, wie sie mit möglichst geringem Widerstand( Prinzip von Le Chatelier) durchkommen. Alles andere ist akademisches Geschwafel.
Gruß
Todd
>Ich erlaube mir das Nachfolgende als neuen Thread zu posten, obwohl es sich aud die von R.Deutsch unten eröffnete Diskussion bezieht: "Ein paar kritische Anmerkungen zu Malik on Management".
>Es hieß dort:
>>>Der Debitismus ist sicher ein richtiger und wichtiger Gedanke, der eine starke Beachtung verdient, aber er beschreibt eben nur einen Teil der realen Welt. Es besteht kein Grund, andere Teile, wie z.B. den freiwilligen Leistungstausch auszublenden. (es gibt keinen Tausch, sondern nur Schulderfüllung).
>Und Ihre Antwort darauf:
>>+++ Sie haben Recht. Der Debitismus beschreibt/erklärt das Wirtschaften - nicht das Leben schlechthin. Beides hängt aber so eng miteinander zusammen, dass es kaum zu trennen ist. Es bleibt aber - darum auch Liberalismus - jedem unbenommen, zu tauschen; oder freiwillig und unentgeltlich zu leisten. Damit allein wird es aber nicht gehen, und vor allem gibt es dadurch kein Wirtschaften. +++
>Hallo
>So sehr ich Sie, sehr geehrter Herr Professor, persönlich und fachlich schätze, kann ich der Tendenz in einzelnen Aussagen Ihrer obigen Antwort doch nicht voll zustimmen, insbesondere Ihre Meinung gibt mir zu denken: "Der Debitismus beschreibt/erklärt das Wirtschaften... [Mit Tauschen allein] wird es aber nicht gehen, und vor allem gibt es dadurch kein Wirtschaften."
>Wie ich in meiner obigen Wortmeldung zu dieser Frage schon angedeutet habe ("Tauschwirtschaft und Geld als Tauschmittel"), läge einer in so apodiktischer Form geäußerten Ansicht meiner Meinung nach ein unhaltbares Menschenbild zu Grunde, nämlich der nur von äußerem Druck zur Leistung getriebene Sklave, der"das Wirtschaften" bewirkte. Dagegen gehört es doch zu den unvergänglichen Leistungen der Psychiatrie etwa eines Viktor Frankl, die noëtische Dimension des Menschen entdeckt und formuliert zu haben: Der Mensch, der etwas leisten will, etwas schaffen will, auf etwas stolz sein will.
>Waren es nicht gerade die schlechten Erfahrungen, die man mit der geringen Leistungsfreude und Produktivität von Sklaven gemacht hatte, die dem Sklaven-Unwesen schließlich ein Ende bereiteten? Und trotzdem soll nun - wenn ich Ihre vielleicht gar nicht so entschieden gemeinten Worte zum Nennwert nehme - diese Konzeption (oder zumindest eine in ihrer Art sehr ähnliche) "die Wirtschaft erklären"?!
>Glaube ich nicht!
>Äußerer Druck allein - das ist meine tiefste Überzeugung - führt nicht zu der in der Wirtschaft unerläßlichen Kreativität und Tatenfreude, sondern letzten Endes zu Apathie und Verzweiflung. So entsteht meiner Meinung nach kein "Wirtschaften"! Das"Wirtschaften" ist vielmehr ein Ergebnis der selbstbestimmten Leistungsbereitschaft freier Menschen. Ich verweise auf die alljährlich neu erhobenen Daten des renommierten Fraser-Institutes in Vancouver, die beweisen, daß Freiheit und (der von Unternehmern geschaffene) Wohlstand miteinander hoch positiv, Unfreiheit und Wirtschaftsleistung dagegen negativ korreliert sind: Eine 1995 unter der Federführung des Fraser Institutes von insgesamt 11 akademischen Instituten gemeinsam veröffentlichte Studie die über 20 Jahre hinweg 102 Länder umfaßt, kam etwa zum Ergebnis, daß das Wirtschaftswachstum eines Landes cum grano salis sozusagen mit dem Quadrat des Grades der Freiheit zunimmt:"Weitgehende Unfreiheit" führt demnach sogar zu einem Rückgang des Sozialproduktes, schrittweise zunehnehmende Freiheit zu schrittweise zunehmendem Wachstum und"vollständige" zu viermal höherem Wachstum als nur"geringe" Freiheit. (J. Gwartney et al. Fraser Institute et al., Vancouver 1995).
>Deshalb fällt es mir so schwer, an die Idee des Debitismus, wie sie hier vertreten wird, mit"äußerem Druck" als Leistungsmotor und letztlich unfreien Wirtschaftssubjekten als handelnden Personen, die eine im Grunde doch großartige Wirtschaftsleistung erbringen, zu glauben.
>Gruß
>G.
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Euklid
07.09.2003, 20:14
@ Todd
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Re: @Prof. Malik |
-->Diese Sicht der Dinge gefällt mir [img][/img]
Knallhart und pragmatisch.
Ich möchte sie noch etwas würzen.Stellt man fest daß sich die Plackerei nicht mehr rechnet kann man das nur ändern wenn man vorher vorgesorgt hat.
Man steigt einfach als Unternehmer aus und überläßt der Politik die Phrasendrescherei und Besserwisserei wie man Arbeitsplätze schafft.
So wie das momentan läuft ist der Mittelstand verurteilt den Tod auf Raten hinzunehmen.
Deswegen muß man aus dem Schußfeld zwischen oben und unten und sich aus dem Staub machen.
Denn lutschen wollen der Staat der es dann wieder umverteilt zu den Rolfs aus Florida und die Global PLayers werden auch immer gieriger.
Ich fürchte daß die Struktur in spätestens 2 Jahren völlig zerstört ist.
Ein Umsteuern der Wirtschaft sehe ich gar nicht mehr als so einfach an denn viele die weg sind wollen nicht mehr nach hier zurück.
Gruß EUKLID
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LeCoquinus
07.09.2003, 20:20
@ Todd
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Ach ja?? |
-->>Hallo,
>der Schuldendruck sollte hier immer im Bereich eines funktionierenden demokr. Gesellschaftssystems gesehen werden. Jeder untersteht dem Druck, hat aber eine freie Wahl von Möglichkeiten, wie er den Druck begleichen kann. Er kann je nach seinen Neigungen Arzt, Unternehmer oder was auch immer werden, um dem Debitismus nachzukommen. Es ist eigentlich ganz einfach. Sie spüren den Druck und enscheiden sich, wie sie mit möglichst geringem Widerstand( Prinzip von Le Chatelier) durchkommen. Alles andere ist akademisches Geschwafel.
>Gruß
>Todd
Der Druck als Motor des Wirtschaftens und die Freiheit als die Wahl der Möglichkeiten??
Halte ich für verhängnisvoll und abgrundtief falsch!
Druck ist der Motor für Angst, Depression (im doppelten Sinn des Wortes!) und Phlegmatie.
Gegenbeispiel: Wirtschaftsboom nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland.
Wirtschaft und Infrastruktur auf einen kümmerlichen Rest zusammengebombt.Die meisten standen vor dem sprichwörtlichen Nichts und hatten auch nichts zu verlieren!
Folge: Das vielgefeierte Wirtschaftwunder.
Und jetzt: Eine ehemals florierende und auf althergebrachten Werten aufgebaute Wirtschaft verheddert sich immer mehr in den Fängen des eigenen Erfolges.
Die Depression zieht immer gewaltigere Kreise.
Folge: Zivilcourage, Kreativität, Innovation und Optimismus geraten unter die Walze einer"gewinnorientierten" kuzsichtigen Firmen- und Gesellschaftspolitik. Die Meinung des Chefs zählt und bloß nicht aus der Reihe tanzen sonst ist man seinen Job los und der Schuldenfalle gnadenlos ausgeliefert. Wieviele Firmenbesitzer (gerade bei den AG's) planen denn noch langfristig und sozial verantwortlich? Hauptsache kurzfristig mit Zahlen glänzen und über die Hintertür seine Pfründe sichern. Das läuft momentan auf allen Ebenen und der im Hintergrund lauernde Schuldendruck blockiert geradezu alle für eine belastbare und gesunde Wirtschaft so wichtigen Bausteine wie Individualität, Zivilcourage, Kreativität, Innovation und Optimismus usw...
Gruß!
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Galiani
07.09.2003, 22:20
@ LeCoquinus
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Vollkommen richtig! Ganz meine Meinung! Gruß (owT) |
-->
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Prof. Malik
07.09.2003, 22:49
@ Galiani
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Wichtige Unterscheidungen zum besseren Verständnis |
-->Guten Abend,
In einigen Punkten kann vielleicht durch ein ein paar Unterscheidungen Klarheit geschaffen werden, auch zu etlichen anderen Beiträgen, die in anderen Postings stehen.
Ich danke Ihnen und antworte unten in den Text.
F. Malik
>Ich erlaube mir das Nachfolgende als neuen Thread zu posten, obwohl es sich aud die von R.Deutsch unten eröffnete Diskussion bezieht: "Ein paar kritische Anmerkungen zu Malik on Management".
>Es hieß dort:
>>>Der Debitismus ist sicher ein richtiger und wichtiger Gedanke, der eine starke Beachtung verdient, aber er beschreibt eben nur einen Teil der realen Welt. Es besteht kein Grund, andere Teile, wie z.B. den freiwilligen Leistungstausch auszublenden. (es gibt keinen Tausch, sondern nur Schulderfüllung).
>Und Ihre Antwort darauf:
>>+++ Sie haben Recht. Der Debitismus beschreibt/erklärt das Wirtschaften - nicht das Leben schlechthin. Beides hängt aber so eng miteinander zusammen, dass es kaum zu trennen ist. Es bleibt aber - darum auch Liberalismus - jedem unbenommen, zu tauschen; oder freiwillig und unentgeltlich zu leisten. Damit allein wird es aber nicht gehen, und vor allem gibt es dadurch kein Wirtschaften. +++
>Hallo
>So sehr ich Sie, sehr geehrter Herr Professor, persönlich und fachlich schätze, kann ich der Tendenz in einzelnen Aussagen Ihrer obigen Antwort doch nicht voll zustimmen, insbesondere Ihre Meinung gibt mir zu denken: "Der Debitismus beschreibt/erklärt das Wirtschaften... [Mit Tauschen allein] wird es aber nicht gehen, und vor allem gibt es dadurch kein Wirtschaften."
>Wie ich in meiner obigen Wortmeldung zu dieser Frage schon angedeutet habe ("Tauschwirtschaft und Geld als Tauschmittel"), läge einer in so apodiktischer Form geäußerten Ansicht meiner Meinung nach ein unhaltbares Menschenbild zu Grunde, nämlich der nur von äußerem Druck zur Leistung getriebene Sklave, der"das Wirtschaften" bewirkte. Dagegen gehört es doch zu den unvergänglichen Leistungen der Psychiatrie etwa eines Viktor Frankl, die noëtische Dimension des Menschen entdeckt und formuliert zu haben: Der Mensch, der etwas leisten will, etwas schaffen will, auf etwas stolz sein will.
+++ Als erstes finde ich es wunderbar und sehr wichtig, dass Sie Viktor Frankl hier erwähnen. Ich halte ihn für einen ganz grossen Denker und Beobachter. Leider kennen nur wenige Führungskräfte seine Lehre. Ich habe ihn seit Anfang der 80er Jahre in meine Seminare eingebaut, weil er m. E. die mit Abstand beste Motivationslehre entwickelt hat, die fast durchgängig in der Wirtschaft ignoriert wird. (Ich habe in der Nummer 03/97 über seine Lehre und ihre Bedeutung im Management geschrieben.)
Frankl hat, wie ich glaube, Recht, aber gleichzeitig auch der Debitismus. Es sind zwei verschiedene Dimensionen und zwei verschiedene Fragestellungen, in gewisser Weise Zug und Druck. Beides kann es gleichzeitig geben. Frankl spricht über das Leben, aber nicht über das Wirtschaften; er spricht über die psychologische Dimension, nicht über die ökonomische. Das lässt sich gut vereinbaren und steht nicht im Widerspruch. Frankl zeigt, warum sich ein Mensch in eine bestimmte Richtung engagiert und nicht in eine andere (das ist die Psychologie); aber unabhängig davon, welchen Sinn er sieht und ob er einen solchen findet oder nicht, jeder muss seine Verträge halten und seine Verpflichtungen erfüllen (das ist die Oekonomie). +++
>Waren es nicht gerade die schlechten Erfahrungen, die man mit der geringen Leistungsfreude und Produktivität von Sklaven gemacht hatte, die dem Sklaven-Unwesen schließlich ein Ende bereiteten? Und trotzdem soll nun - wenn ich Ihre vielleicht gar nicht so entschieden gemeinten Worte zum Nennwert nehme - diese Konzeption (oder zumindest eine in ihrer Art sehr ähnliche) "die Wirtschaft erklären"?!
+++ Sie haben Recht, aber im Debitismus geht es nicht um die Sklaverei im Dienste anderer Menschen und unter deren persönlicher Gewaltherrschaft, sondern es geht um die Einhaltung von eingegangenen Verpflichtungen. Professor Gunnar Heinsohn zeigt in seinem Buch"Privateigentum, Patriarchat und Geldwirtschaft" m. E. überzeugend, wie die Leibeigenen jener früheren Feudalsysteme,die die Leibeigenschaft überwunden haben (v. a. Griechenland und England) und eine neue Gesellschaftsform der freien Grundeigentümer schufen(siehe auch die Gründungssage Roms und in diesem Zusammenhang Dr. Paul C. Martin)zwar die persönliche Knechtschaft abschüttelten, aber als Preis für die Freiheit nun mit dem Erfüllungszwang von eingegangenen (freiwillig oder nicht) Verpflichtungen konfrontiert waren. Dies ist ein Zwang, aber keine Sklaverei. Es ist ein bitterer Zwang, der zu einem enormen Leistungswillen und zu hoher Kreativität und Innovationskraftführte, oft viel unbequemer als das Sklavendasein, denn wenigstens wurde der Sklave von seinem Herrn ernährt, wenn auch schlecht. Für den freien Grundeigentümer gab es keinen Herrn, aber auch keine Versorgung. Er war - und ist - völlig auf sich und seine eigene Leistungskraft gestellt. Es ist das, was jeder Eigentümerunternehmer und Freiberufler auch heute jeden Tag erlebt. Diese Freiheit (selbst wenn sie härter ist) wurde und wird der Sklaverei vorgezogen. Der aus ihr resultierende Leistungsdruck brachte und bringt die Wachstumsdynamik in die Wirtschaft, die vorher, wie Sie zurecht sagen, stagnierte. +++
>Glaube ich nicht!
>Äußerer Druck allein - das ist meine tiefste Überzeugung - führt nicht zu der in der Wirtschaft unerläßlichen Kreativität und Tatenfreude, sondern letzten Endes zu Apathie und Verzweiflung. So entsteht meiner Meinung nach kein "Wirtschaften"! Das"Wirtschaften" ist vielmehr ein Ergebnis der selbstbestimmten Leistungsbereitschaft freier Menschen. Ich verweise auf die alljährlich neu erhobenen Daten des renommierten Fraser-Institutes in Vancouver, die beweisen, daß Freiheit und (der von Unternehmern geschaffene) Wohlstand miteinander hoch positiv, Unfreiheit und Wirtschaftsleistung dagegen negativ korreliert sind: Eine 1995 unter der Federführung des Fraser Institutes von insgesamt 11 akademischen Instituten gemeinsam veröffentlichte Studie die über 20 Jahre hinweg 102 Länder umfaßt, kam etwa zum Ergebnis, daß das Wirtschaftswachstum eines Landes cum grano salis sozusagen mit dem Quadrat des Grades der Freiheit zunimmt:"Weitgehende Unfreiheit" führt demnach sogar zu einem Rückgang des Sozialproduktes, schrittweise zunehnehmende Freiheit zu schrittweise zunehmendem Wachstum und"vollständige" zu viermal höherem Wachstum als nur"geringe" Freiheit. (J. Gwartney et al. Fraser Institute et al., Vancouver 1995).
+++ Hier geht es um ganz andere Freiheiten und Unfreiheiten, als sie vom Debitismus gemeint sind. Auch - und gerade - in den freiesten Ländern müssen Verträge gehalten und Verpflichtungen erfüllt werden. Es besteht absoluter und im Endeffekt radikaler Erfüllungszwang, letztlich Schuldbetreibung und Zwangsverwertung. Gleichzeitig haben wir hier aber enorme Freiheiten, denn wir haben den Debitismus ja in den liberalen und kapitalistischen Systemen und nicht in den anderen. Die Freiheiten, seine eigenen Ziele zu wählen, seinen Beruf, seine Stärken selbst zu nutzen, seinen Neigungen nachzugehen, seine eigenen Kenntnisse, sein Wissen, seine lokalen Informationen nach seinen eigenen Vorstellungen einzusetzen. Dennoch sind Verpflichtungen jedweder Art strikte zu erfüllen. In den unfreien Ländern der Fraser Studie sind eben all diese Freiheiten nicht oder viel geringer gegeben. Damit klärt sich der scheinbare Widerspruch. Anstelle vieler Zwänge, die in den unfreien Gesellschaften bestehen, gibt es in den freien Systemen einen Zwang, den Erfüllungszwang, in allen anderen Punkten sind wir frei. In welche konkrete Richtung wir also unsere Fähigkeiten einsetzen, das erklärt der Debitismus nicht; dass wir sie aber einsetzen und nicht einfach brach liegen lassen, und dass wir sie immer besser (effizienter, innovativer, kreativer) einsetzen, um die Verpflichtungen leichter erfüllen zu können, das ist es, was der D. erklärt.
Noch ein Letztes: Es bleibt jedem freigestellt, aus welchen Motiven er arbeitet und leistet. Und glücklicherweise gibt es jene Menschen, von denen Sie sprechen, die grossartige Leistungen ganz aus freien Stücken erbringen, die den Druck des Debitismus gar nicht bräuchten. Es gibt auch solche, die keine Kredite aufnehmen. Aber was ist mit den vielen anderen, für die das nicht gilt? Warum stehen morgen Montag alle(!), und nicht nur die freiwilligen Leister, auf, um zur Arbeit zu gehen? Wieviele würden schlicht im Bett bleiben, wenn sie keine Verpflichtungen hätten, Miete, Zinsen, Raten, usw. Allein wegen der Motivationskünste des Chefs würden nicht allzuviele aufstehen. Es müssen schon andere Gründe wirken. Diese sind die ökonomischen Mechanismen des Debitismus.
Ich hoffe, dass ich ein bisschen zur Klärung beitragen konnte. In Summe gibt es, wie mir scheint, aus den scheinbar gegensätzlichen Auffassungen ein rundes Ganzes. Beste Grüsse, F. Malik +++
>Deshalb fällt es mir so schwer, an die Idee des Debitismus, wie sie hier vertreten wird, mit"äußerem Druck" als Leistungsmotor und letztlich unfreien Wirtschaftssubjekten als handelnden Personen, die eine im Grunde doch großartige Wirtschaftsleistung erbringen, zu glauben.
>Gruß
>G.
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-- Elli --
07.09.2003, 23:00
@ Prof. Malik
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Re: Wichtige Unterscheidungen zum besseren Verständnis / Meilenstein! Danke. (owT) |
-->
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chiron
07.09.2003, 23:23
@ LeCoquinus
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Re: Ach ja?? |
-->Hallo Coquinus
Etwas Entscheidendes hast Du bei Deiner Analyse ausgelassen. Das Wirtschaftswunder kam auch dank tiefen Steuersätzen und wenig staatlicher Regulierung zustande. Die Selbständigen konnten damals mit einer vernünftigen Geschäftsidee ihr Auskommen bestreiten, etwas, das heute je länger je schwieriger wird.
Dafür begleitet uns der Staat heute von der Wiege bis zur Bahre. Bei Christiansen wurde sogar noch ein Führerschein für Kindererziehung vorgeschlagen. Kommunismus durch die Hintertür.
Gruss Chiron
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Dieter
07.09.2003, 23:30
@ Prof. Malik
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Re: Wichtige Unterscheidungen zum besseren Verständnis |
-->Besten Dank für die Diskussion,
da wird einem erklärt wie die Welt ist, nämlich der Wunsch zu leben gleichzusetzen ist mit dem Zwang auch dafür etwas zu machen.
Natürlich kann man nicht auf der faulen Haut liegen und warten bis einem die Früchte in den Magen wachsen. Spätestens wenn der Magen"Hunger und Durst" sagt entsteht Erfüllungszwang.
Und jetzt kommt die Kreativität des Menschen ins Spiel. Der einge jagt, der andere sammelt, der andere macht beides gleichzeitig bekommt Bestätigung und hat noch Lust für andere mitzujagen - ganz freiwillig. Irgendeiner ist dabei, der kennt einen der gerne für ihn jagt, läßt ihn machen und legt sich selbst auf die faule Haut.
Spürt der Faule eine Schuld, wo er doch dem anderen einen Gefallen getan hat? Erwartet der leistende eine Gegenleistung oder besteht die in der Freude des anderen.
Ist das Debitismus?
Oder ist Debitismus ein Erklärungsversuch einer fehlgeleiteten Menschengesellschaft, deren wahre Ursachen doch in der Psyche liegen, nämlich darin mit den natürlichen Resourcen nicht zufrieden zu sein.
Bedeutet nach der Definition Wirtschaft: Raubrittertum durch ein debitistisches Schneeballsystem.
Natürliche Organismen kennen keinen absoluten terminlichen Erfüllungszwang. Natürliche Organismen kennen Toleranzen, kennen zusätzliche Reserven. Demnach wäre Debitismus außerhalb jeglicher Natürlichkeit und sollte aufs schärfste bekämpft werden.
Gruß Dieter
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Euklid
07.09.2003, 23:31
@ chiron
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Re: Ach ja?? |
-->Vor allen Dingen sind immer diejenigen am eifrigsten in der Diskussion die gar keine Kinder haben
Es fehlt jetzt nur noch die Süßmutz als Bundespräsidentin.
War schon als Familienministerin unter Kohl die größte Niete aller Zeiten und paßt als die größte Schönschwätzerin eher in ein Wachsfigurenkabinett.
Oh Herr verschone uns in dieser schweren Stunde von den Schönschwätzern und Salbenverteilern.
Gruß EUKLID
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chiron
07.09.2003, 23:41
@ Dieter
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Re: Wichtige Unterscheidungen zum besseren Verständnis |
-->
>Natürliche Organismen kennen keinen absoluten terminlichen Erfüllungszwang.
Der Erfüllungszwang wird doch in der Natur durch die Natur vorgegeben. Wenn das Murmeltier nicht vorsorgt, ist nichts mit Winterschlaf. Oder hab ich da was falsch verstanden...
Fragend Chiron
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- Elli -
07.09.2003, 23:47
@ chiron
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Re: Ach ja?? |
-->>Hallo Coquinus
>Etwas Entscheidendes hast Du bei Deiner Analyse ausgelassen. Das Wirtschaftswunder kam auch dank tiefen Steuersätzen und wenig staatlicher Regulierung zustande. Die Selbständigen konnten damals mit einer vernünftigen Geschäftsidee ihr Auskommen bestreiten, etwas, das heute je länger je schwieriger wird.
>Dafür begleitet uns der Staat heute von der Wiege bis zur Bahre. Bei Christiansen wurde sogar noch ein Führerschein für Kindererziehung vorgeschlagen. Kommunismus durch die Hintertür.
>Gruss Chiron
Genau, und nicht zu vergessen, dass alte Schulden weitgehend weg waren und man deshalb"auf neuer Basis" anfangen konnte, vor allem mit dem Schuldmachen. Genau das fehlt Japan, deshalb endet die Defla nicht. Die alten (faulen) Schulden müssen weg, eher läuft nix.
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Ecki1
08.09.2003, 00:04
@ - Elli -
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Re: Japan |
-->Genau, und nicht zu vergessen, dass alte Schulden weitgehend weg waren und man deshalb"auf neuer Basis" anfangen konnte, vor allem mit dem Schuldmachen. Genau das fehlt Japan, deshalb endet die Defla nicht. Die alten (faulen) Schulden müssen weg, eher läuft nix.
Hallo Elli
Durchschnittlich halten jap. Banken ca. 80% Bonds und 20% Aktien. Wenn die Aktien mindestens so stark aufwerten wie die Bonds wg. Zinsanstieg abwerten, ist doch alles ok.,
findet Ecki1
[img][/img]
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Dieter
08.09.2003, 00:06
@ chiron
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der Nachsatz |
-->war das wichtige Element, nicht der Teil, den Du wiederholt hast.
Es ging um die Terminierung. Schulden sind strikt termingebunden sonst wären es keine. Natürliche Organismen haben ausreichend Variable, sodaß gerade nur die Teilerfüllung keine zwingende Konsequenzen bringen muss.
Leidensdruck hast Du schon wenn Du Durst hast (Du schuldest Dir Wasser), verdursten aber erst nach 3 Tagen und bei besonderer Übung auch gar nicht. (Das nenne ich Variable). Diese natürliche Schuldigkeit hat nichts mit Schulden zu tun, die an fixe Termine gebunden sind.
Gruß Dieter
>
>>Natürliche Organismen kennen keinen absoluten terminlichen Erfüllungszwang.
>Der Erfüllungszwang wird doch in der Natur durch die Natur vorgegeben. Wenn das Murmeltier nicht vorsorgt, ist nichts mit Winterschlaf. Oder hab ich da was falsch verstanden...
>Fragend Chiron
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Bob
08.09.2003, 09:09
@ Prof. Malik
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Re:... strikte zu erfüllen. Wirklich? |
-->Lieber Fredmund,
vielen Dank, daß Du uns etwas Zeit gönnst!
Du schreibst:
"Dennoch sind Verpflichtungen jedweder Art strikte zu erfüllen."
Ist das normativ oder positiv?
Darf ich Dich auf den unten schon einmal geposteten Fund hinweisen. Werde ihn hier nochmal wiederholen. Dottore hat eine Revision seiner Theorie strikt abgelehnt.
mfg
bob
>> Die Rechtsgrundsätze, die zur Begründung einer Annullierung oder Änderung von Veträgen, bei denen die Leistung der einen Seite in Geld besteht, herangezogen werden, sind verschiedener Art. Zunächst wurde vorwiegend eine durch die Geldentwertung herbeigeführte Unmöglichkeit der Leistung auf der Seite des Lieferanten, welche die Befreiung von der Leistung zur Folge hat, angezogen. Dies geschah insbesondere in Fällen, in denen der Nachweis erbracht wurde, daß die infolge der Geldentwertung eingetretene Diskrepanz von Leistung und Gegenleistung im Falle der Erzwingung der Vertragserfüllung die wirtschaftliche Existenz des Lieferanten zerstören werde. Auch die"clausula rebus sic stantibus" wurde vielfach in den Begründungen angeführt, obwohl diese Klausel im BGB nicht geregelt ist. Außerdem kehrt häufig der Gedankengang wieder, daß ein Festhalten an dem Vertrage und das Verlangen der Erfüllung trotz der eingetretenen Geldentwertung gegen Treu und Glauben verstoße.
Besonders charakteristisch ist das Urteil des Reichsgerichtes vom 13. Februar 1920, in dem zum ersten Mal der Grundsatz aufgestellt wird, daß"der Wille der Parteien bei ihren Abschlüssen auf ein regelrecht entgeltliches Geschäft gerichtet sei". Von der vereinbarten Bausumme - es handelte sich um den Bau eines Bootes - sei beiderseits angenommen worden, daß sie ein angemessenes Entgelt der Werkleistung darstelle; das sei nach dem tatsächlich und unvorhersehbar eingetretenen Entwicklungsgang der wirtschaftlichen Verhältnisse unausführbar geworden. Müßte der Beklagte den Bootsrumpf zum vereinbarten Preis liefern, so würde er nicht nur jeden Verdienst einbüßen, sondern noch sehr bedeutende Geldaufwendungen zusetzen müssen, während der Kläger ein Werk erhielte, dessen Wert sich dem Doppelten des Preises nähern würde. Ein solches Ergebnis könne nicht billig und gerecht erscheinen.
Noch bezeichnender ist ein Reichsgerichtsurteil vom 3. Febuar 1922, in dessen Begründung ausgesprochen wird, daß die Grundlage eines Geschäftes im Sinne einer bei Geschäftsabschlüssen zutage getretenen Vorstellung der Beteiligten über den Bestand gewisser maßgebender Verhältnisse hinfällig werden könne durch eine bloße Valutaverschiebung, nämlich dann, wenn die Fortdauer der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung bei dem Vertragsabschluß vorausgesetzt wurde. Sollte es zu einer Änderung des Vertrages kommen, so müßte behufs der Vermeidung der Lossagung des Beklagten von dem Vertrage der Preis entsprechend der jetzigen Geldentwertung erhöht werden. Ein etwa auf andere Gründe zurückzuführender Wertzuwachs würde den Vorteil des Klägers bilden und brauche von ihm nicht ausgeglichen zu werden.
Die Geldentwertung wird also in diesen Entscheidungen in der Weise berücksichtigt, daß bei zweiseitigen Verträgen, bei denen Leistung und Gegenleistung noch aussteht, eine der Geldentwertung entsprechende Erhöhung der in Geld bestehenden Gegenleistung zugebilligt wird; weigert sich die zur Gegenleistung verpflichtete Partei, diese Erhöhung des Geldpreises zu gewähren, so kann die Gegenpartei vom Vertrage zurücktreten.
Die Fiktion der Wertbeständigkeit des Geldes ist in diesen Entscheidungen nicht nur aufgegeben, sondern der anerkannten Tatsache der Geldentwertung wird ein Einfluß auf die Summe eingeräumt, in der Geldverpflichtungen zu erfüllen sind. Gleichzeitig wird in dem zuletzt angeführten Gerichtsurteil ausdrücklich anerkannt, daß Wertverschiebungen auf der Seite der nicht in Geld bestehenden Leistung keinen Einfluß auf die Ausführung der Verträge haben, daß vielmehr eine auf dieser Seite seit dem Vertragsabschluß eingetretene Wertsteigerung demjenigen zugute kommt, der Anspruch auf die Lieferung des Objektes hat.
Wir stehen also vor der merkwürdigen Tatsache, daß, während früher Geldwertveränderungen als nicht vorhanden und jedenfalls als gänzlich unerheblich für die Erfüllung von Verträgen angesehen wurden, heute den Geldwertveränderungen, nicht dagegen auch den Wertveränderungen der Sachgüter, ein Einfluß auf die Erfüllung der Verträge eingeräumt wird. Ware bleibt also gleich Ware, aber Geld bleibt nicht mehr gleich Geld.
Indem auf diese Weise unter den in Verfall geratenen Geldverhältnissen der Gegenwart von der Rechtsprechung und teilweise auch von der Gesetzgebung der fundamentale Grundsatz der Nennwerttheorie, daß gleiche Geldsummen im Zeitablaufe vor dem Recht gleich bleiben, geopfert wird, kommt die Anerkennung zum Ausdruck, daß auch die rechtliche Behandlung des Geldes auf wirtschaftlichen Grundtatsachen beruht und daß eine dieser Grundtatsachen die annähernde Stabilität des Geldwertes ist. Wo diese Stabilität offensichtlich in Trümmer geht, wird Gesetzgebung und Rechtsprechung, ebenso wie die Praxis des Geldverkehrs, in Wege gezwungen, die abseits der auf dem Grunde der wohlgeordneten Geldverfassung vom Typ der modernen Geldwährung aufgebauten Theorie liegen. Auch die Nennwerttheorie ist historisch bedingt; eine Zerstörung ihrer wirtschaftlichen Gundlagen hat Rückfälle in eine Praxis zur notwendigen Folge, die eher Metallwert- und Kurswerttheorie entspricht. << Helfferich"Das Geld" 6. Auflage, 1923, S. 370-71
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R.Deutsch
08.09.2003, 09:23
@ Prof. Malik
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Oha - Richtungswechsel beim Debitismus? |
-->Lieber Prof. Malik,
das ist aber nun plötzlich eine völlig andere Richtung die Sie da mit dem Debitismus einschlagen.
Da sind wir ganz schnell bei Hobbes und Kant, wenn Sie jetzt von der freiwilligen Übernahme von Pflichten und Verantwortung aus Einsicht reden.
Der Zwang, freiwillig eingegangene Verträge einzuhalten, ist etwas Anderes als gegen meinen Willen Abgabezwänge zu erfüllen.
Gruß
R.Deutsch
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R.Deutsch
08.09.2003, 10:00
@ Bob
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Sehr schön Bob - arbeitsteiliges Wirtschaften ist immer Tausch |
-->Diese Urteile sind ein sehr schönes praktisches Beispiel dafür, dass es letztlich nicht auf Bezahlung in Geld ankommt, sondern auf den fairen Austausch von Leistung und Gegenleistung.
Arbeitsteiliges Wirtschaften ist letztlich immer Tausch von Leistung und Gegenleistung (was denn sonst?). Geld dient nur dazu zeitlich und räumlich den Austausch zu erleichtern. Niemand will letztlich Geld (kein Mensch frisst Geld) sondern immer Güter.
Gruß
R.Deutsch
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Theo Stuss
08.09.2003, 10:41
@ R.Deutsch
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Re: Sehr schön Bob - arbeitsteiliges Wirtschaften ist immer Tausch |
-->Hallo Reinhard,
haben Leistung und Gegenleistung nicht vielleicht etwas mit Erfüllungszwang zu tun? Das niemand Geld fressen will, könnte man doch nicht zuletzt gegen die Tauschtheorie einwenden, weil man ja demgemäss die Materie des Tauschgegenstandes anstreben würde.
Das Geld im Debitismus wird aber nicht um seiner selbst willen gewollt, sondern wegen seiner vollstreckbaren Grundlage zur Ablösung von Forderungen.
Theo
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dottore
08.09.2003, 11:11
@ Bob
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Re: Bob, es wäre fair.... |
-->... wenn Du auch meine Antwort auf den Helfferich-Fall dazu fügen könntes:
Hier
Außerdem ist Helfferich in EA von 1903 zu beachten (304 ff.):
"Eine Geldschuld liegt nur dann vor, wenn die Leistung von Geld als solchem den Inhalt der Obligation bildet. (...) Gegenüber der gegenteiligen Aufasssung hat das Kammergericht in wiederholten Entscheidungen... die Zulässigkeit der Eintragung der Goldklausel anerkannt. (...) Alle Geldschulden lauten auf bestimmte Geldeinheiten mit oder ohne Bezeichnung einer speciellen Geldsorte; das Gesetz nun, welches einem Münzstück oder einem Papierschein Zahlungskraft beliegt, wird regelmäßig auch eine Bestimmung darüber treffen, für welche Anzahl von Geldeinheiten das Münzstück oder der Papierschein in Zahlung genommen werden muss.
Diese Bestimmung erfolgt in der Regel dadurch, dass der Staat den Geldstücken einen bestimmten in der bekannten und anerkannten Geldeinheit, auf welche die Geldschulden lauten, ausgedrückten Nennwert beilegt..."
Helfferich nimmt dann ausdrücklich Bezug auf die preußischen Tresorscheine von 1806. Diese konnten nicht zur Zahlung im Nennwert genommen werden, sondern zum Kurswert. Da bei ihrem Ende 1807 ihr Kurs 50 stand (gegenüber dem damaligen Silbergeld) konnte eine auf 1000 Taler lautende Schuld nur mit Tresorscheinen im Nominal von 2000 getilgt werden.
Genau darum geht es bei jedem staatlich inflationierten Papiergeld und genau darum auch in dem späteren Helfferich-Fall. Die Geldschuld hätte zur Parität in Gold umgerechnet werden müssen. Der Goldkurs (umgerechnet über die Dollar-Parität) lag im Juni 1922 bei 75,6.
Der Schuldner hätte also das entsprechend Vielfache bezahlen müssen.
Und anschließend hätte der Gläubiger wie alle die mit entwerteten Zahlungs- bzw. Einlösungsversprechen des Staates da standen, die Differenz beim Staat einklagen müssen.
Also entweder mit Goldklausel arbeiten bzw. Verträge, was jedem unbenommen war, auf Dollar lautend abschließen oder anschließend den Verlust nach der clausula rebus sic stantibus bzw. nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (hier nicht der Vertragsparteien untereinander), sondern der Vertragsparteien (oder einer von ihnen) gegenüber dem Staat einklagen.
Wenn jemand einen solchen Prozess nicht führt, ist es ihm anzulasten.
Schließlich wurden Prozesse geführt (vgl. V. Senat RG, RGZ 107, 87), die Forderungen aufwerteten. Die Regierung erkannte die sich daraus ergebende Passivposition des Reiches indirekt an und anerkannte die Gültigkeit von vereinbarten Wertbeständigkeitsklauseln. Dies ergibt sich auch aus der daraus erfolgten vorgeschlagenen Besteuerung von"Inflationsgewinnen".
Das Reich wertete nach langem Hin und Her mit dem RG dann per Aufwertungsgesetz vom 16. Juli 1925"Vermögensanlagen" auf 25 % des Goldmarkbetrages auf und die"Ablösung der öffentlichen Anleihen" mit 10 Prozent. Diese 10 % wären für den Stand von 1922 unschwer ausreichend gewesen. Die Vertragsparteien hätten sich sogar nur auf die Bezahlung in öffentlichen Anleihen verständigen müssen.
Der Unterschied zwischen 1922 und 1920 beispielsweise lag etwa in dieser Größenordnung (wie lange der Fall gelaufen ist, weiß ich nicht): 75,6 zu 9,3.
Gruß!
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R.Deutsch
08.09.2003, 11:43
@ Theo Stuss
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@Theo - Geist und Körper |
-->Hallo Theo,
es ist der alte Gegensatz zwischen Körper und Geist. Leben ist immer Beides, Körper und Geist. Wenn man einen Teil ausklammert (Debitismus) hat man eben nur das halbe Leben. Wenn man den Warentausch ausklammert, hat man nur das halbe Leben erklärt.
Verträge müssen erfüllt werden ( Schuld, Geist, Zwang) und die Erfüllung besteht in der Lieferung eines realen Gegenstandes (Brot, Körper). Den Geist ohne Körper gibt es nur im Märchen.
Gruß
R.
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dottore
08.09.2003, 11:58
@ Theo Stuss
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Re: Sehr schön Theo, arbeitsteiliges Wirtschaften = immer Schulderfüllung |
-->>Hallo Reinhard,
>
>haben Leistung und Gegenleistung nicht vielleicht etwas mit Erfüllungszwang zu tun? Das niemand Geld fressen will, könnte man doch nicht zuletzt gegen die Tauschtheorie einwenden, weil man ja demgemäss die Materie des Tauschgegenstandes anstreben würde.
>Das Geld im Debitismus wird aber nicht um seiner selbst willen gewollt, sondern wegen seiner vollstreckbaren Grundlage zur Ablösung von Forderungen.
>Theo
Richtig, Theo,
Reinhard kann nicht erklären, warum es einen Geldhalter überhaupt gibt.
A hält Tauschgegenstand X, B hält Tauschgegenstand Y. Und nun: Wer hat das Geld?
A hält X plus Geld Z und B hält Y plus Geld Z. Dabei ist A = B (sonst würde beides nicht getauscht, Leistung = Gegenleistung).
Und Z = Z.
A gibt sein Z an B und erhält Y. B gibt sein Y an A und erhält Z. Getauscht wird bekanntlich immer nur zwischen 2 Parteien.
Kommt der C dazu, der nur Z hat, was dann? Dann gibt A sein X an C und hat jetzt das Z. Wozu braucht er das Z? Er geht zu B und gibt B das Z und erhält von B dessen Y. Warum ist er nicht direkt zu B gegangen und hat sein X gegen dessen Y getauscht?
Der Tausch erklärt nichts anderes als den Tausch. Wozu Geld als Tauschmittel?
Will A von B dessen Y, dafür aber nur 1/2 von seinem X geben, das sich aber nicht teilen lässt, dann findet der Tausch nicht Statt. Oder B akzeptiert 1/1 X, dann kriegt A von B 1 Y und eine zweites Y. Diese zweite jedoch nicht jetzt, sondern später. Damit hält A gegen B eine Forderung auf 1 Y und B ist A 1 Y schuldig. (Oder andere Varianten).
Jedenfalls sind wir dann mitten drin in der Schuldwirtschaft. Denn B muss sein geschuldetes Y zu einem Termin liefern und kann A nicht ewig auf"Morgen" vertrösten. Schulden ohne Termin sind Geschenke.
Aus diesem kühlen Grunde wird der Tausch immer schuldrechtlich abgewickelt (Vollstreckung, Wandelung, Minderung, Haftung usw.), siehe das bereits diskutiert BGB.
Gäbe es nur den Deutsch'schen Tausch, gäbe es nur ein Sachenrecht (Gewährleistung, gatuscht wie besehen, usw.).
Tatsächlich ist es so, wie Du schreibst: Das"Geld" dient nicht dazu, etwas zu tauschen, damit man subito etwas anderes damit tauschen kann. Geld dient dazu, etwas zu erfüllen, was bereits früher gelaufen bzw. als Geldschuld bestimmt war und ergo existent ist. Geld deckt immer etwas Früheres ab (Schuld) und ist demnach just, was es ist: ein Schuldendeckungsmittel.
Der Zwang es zu erhalten (Alternative: Verstreichen des bereits bestehenden Zahlungstermins mit den bekannten Folgen) ist just der Motor des kapitalistischen Systems.
Und da bestehende Verpflichtungen, wie allgemein bekannt, Passiva sind ("debita"), egal in welcher Form (man schaue sich einfach mal eine x-beliebige Passivseite an) haben wir es mit dem"Debitismus" als Wirtschaftsmotor zu tun.
Gruß!
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dottore
08.09.2003, 12:00
@ Dieter
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Re: Du zahlst doch Löhne pünktlich - oder haben die keinen Termin? (owT) |
-->
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dottore
08.09.2003, 12:28
@ Dieter
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Re: Der Debitismus startet mit dem Abgabenzwang |
-->Hi Dieter,
>Natürliche Organismen kennen keinen absoluten terminlichen Erfüllungszwang. Natürliche Organismen kennen Toleranzen, kennen zusätzliche Reserven. Demnach wäre Debitismus außerhalb jeglicher Natürlichkeit und sollte aufs schärfste bekämpft werden.
Die erste Schuld ist die Abgabenschuld, wie oft genug und ausführlichst dargestellt, einschließlich des Debitismus-Starts in Stammesgesellschaften (Afrika) durch Einführung einer Hüttensteuer durch die Kolonialmacht.
Ob dies"natürlich" ist oder nicht, darfst Du für Dich selbst entscheiden. Zur Entstehung der Abgaben(= tributären)-Wirtschaft in extensis Bernbeck, Auflösung der häuslichen Produktionsweise, mit historischen (Mesopomtamien) und aktuellen Beispielen aus Dörfern in Mexiko, Türkei, Sri Lanka und dem Negev. Es wird detailliert beschrieben, wie aus Dörfern Tributzentren werden.
Zum Jäger übrigens ein Hinweis (von Popeye):
Man the Hunter, Richard B. Lee and Irven DeVore, eds.
Aldine de Gruyter, New York, 1999 [1968], Seite 85-89
Daraus geht hervor, dass es Jägergesellschaften just so lebten wie von Dir beschrieben: als"affluent" society. Dass der Jäger vom animal hunting zum animal farming und mit Hilfe seiner Waffen vom man hunting (siehe auch schon perfekt dazu Oppenheimer, die Abschnitte über Staatsentstehung mit dem"Beutemachen" angefangen, früheres Posting, und siehe dazu den oft zitierten Tilly aktuell) zum"man farming" (Surplus-Erzwingung) überging, beweist die Weltgeschichte in ungezählten Beispielen.
Gruß!
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Prof. Malik
08.09.2003, 12:28
@ R.Deutsch
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Kein Richtungswechsel |
-->Herr Deutsch
ich sehe keinen Richtungswechsel. Dass es auch freiwillig eingegangene Verpflichtungen gibt, wurde m. W. von keinem der Debitisten bestritten, und in meinem August-Letter erwähne ich das explizit. Zwei Dinge scheinen mit aber viel wichtiger zu sein: Erstens, es ist gleichgültig, wie die Verpflichtungen und warum (aus welchen Motiven) sie zustande gekommen sind. Wichtig ist, dass, wenn sie einmal bestehen, Erfüllungszwang gegeben ist und zwar im Falle von Kreditverpflichtungen mit Mehrleistung. Zweitens, dass der weitaus grösste Teil der Verpflichtungen unfreiwillig entsteht, nicht nur durch den staatlichen Zwang, sondern durch die Vorfinanzierungsnotwendigkeit. Jetzt kann man viele Spielarten konstruieren, darunter auch Fälle, wo einer freiwillig aus dem Leben scheidet, weil er keine Verpflichtungen eingehen will (tut er das dann so freiwillig?), aber das ändert an den grundlegenden Dingen nicht.
Ich stimme zu, freiwillige Verpflichtungen zu erfüllen ist etwas anderes als die Erfüllung von Zwangsverpflichtungen. Die Debitisten haben - glaube ich - nie gesagt, dass das dasselbe sei. Die Wirkungen sind aber dieselben.
Beste Grüsse, F. Malik
>Lieber Prof. Malik,
>das ist aber nun plötzlich eine völlig andere Richtung die Sie da mit dem Debitismus einschlagen.
>Da sind wir ganz schnell bei Hobbes und Kant, wenn Sie jetzt von der freiwilligen Übernahme von Pflichten und Verantwortung aus Einsicht reden.
>Der Zwang, freiwillig eingegangene Verträge einzuhalten, ist etwas Anderes als gegen meinen Willen Abgabezwänge zu erfüllen.
>Gruß
>R.Deutsch
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dottore
08.09.2003, 12:31
@ Ecki1
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Re: Die jap. Banken haben 34 (unsere) Billionen Yen non performing assets! (owT) |
-->
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Prof. Malik
08.09.2003, 12:41
@ Bob
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Ja, wirklich, normativ und positiv |
-->Hallo und guten Tag,
ich bin nicht sicher, ob wir dieselbe Interpretation von"normativ" und"positiv" haben.
1. Strikte: Es ist strikte zu erfüllen; das ist der Rechtsgrundsatz; es mag da und dort Ausnahmefälle geben (ich kann den genannten Fall aus Zeitgründen im Moment nicht studieren), aber sie setzen nicht den Grundsatz ausser Kraft.
2. Normativ: In diesem Sinne ist es normativ so.
3. Positiv: Es ist aber auch positiv, nämlich tatsächlich(!), so. Auch wenn unsere Justiz oft nervend langsam arbeitet - was ich als Unternehmer, der ich ausser Prof. usw. auch bin, seit 20 Jahren mit eigenem Geld und ohne Schulden - und die Prozessordnungen viele Finten, Schliche und vor allem Verzögerungen erlauben, auch wenn es bei den Justizorganen gelegentlich oder systematisch ideologische Tendenzen gibt, so werden letztlich doch die meisten Fälle positiv, also den Rechtsnormen und Vertragsbedingungen entsprechend erfüllt. Das gilt selbst dann, wenn es statt zu einem Urteil zu einem Vergleich kommt.
Nicht zu vergessen ist, dass der Debitismus nicht sagt, dass die Erfüllung immer durch den Schuldner geschieht; nicht selten und immer häufiger erfüllt der Gläubiger, durch Vergleich, durch Wertberichtigung und Ausbuchung. Wer auch immer erfüllt, es ist zu erfüllen - normativ und positiv. Vielleicht verstehen wir aber die beiden Begriffe verschieden.
Schönen Tag, F. Malik
>Lieber Fredmund,
>vielen Dank, daß Du uns etwas Zeit gönnst!
>Du schreibst:
>"Dennoch sind Verpflichtungen jedweder Art strikte zu erfüllen."
>Ist das normativ oder positiv?
>Darf ich Dich auf den unten schon einmal geposteten Fund hinweisen. Werde ihn hier nochmal wiederholen. Dottore hat eine Revision seiner Theorie strikt abgelehnt.
>mfg
>bob
>>> Die Rechtsgrundsätze, die zur Begründung einer Annullierung oder Änderung von Veträgen, bei denen die Leistung der einen Seite in Geld besteht, herangezogen werden, sind verschiedener Art. Zunächst wurde vorwiegend eine durch die Geldentwertung herbeigeführte Unmöglichkeit der Leistung auf der Seite des Lieferanten, welche die Befreiung von der Leistung zur Folge hat, angezogen. Dies geschah insbesondere in Fällen, in denen der Nachweis erbracht wurde, daß die infolge der Geldentwertung eingetretene Diskrepanz von Leistung und Gegenleistung im Falle der Erzwingung der Vertragserfüllung die wirtschaftliche Existenz des Lieferanten zerstören werde. Auch die"clausula rebus sic stantibus" wurde vielfach in den Begründungen angeführt, obwohl diese Klausel im BGB nicht geregelt ist. Außerdem kehrt häufig der Gedankengang wieder, daß ein Festhalten an dem Vertrage und das Verlangen der Erfüllung trotz der eingetretenen Geldentwertung gegen Treu und Glauben verstoße.
>Besonders charakteristisch ist das Urteil des Reichsgerichtes vom 13. Februar 1920, in dem zum ersten Mal der Grundsatz aufgestellt wird, daß"der Wille der Parteien bei ihren Abschlüssen auf ein regelrecht entgeltliches Geschäft gerichtet sei". Von der vereinbarten Bausumme - es handelte sich um den Bau eines Bootes - sei beiderseits angenommen worden, daß sie ein angemessenes Entgelt der Werkleistung darstelle; das sei nach dem tatsächlich und unvorhersehbar eingetretenen Entwicklungsgang der wirtschaftlichen Verhältnisse unausführbar geworden. Müßte der Beklagte den Bootsrumpf zum vereinbarten Preis liefern, so würde er nicht nur jeden Verdienst einbüßen, sondern noch sehr bedeutende Geldaufwendungen zusetzen müssen, während der Kläger ein Werk erhielte, dessen Wert sich dem Doppelten des Preises nähern würde. Ein solches Ergebnis könne nicht billig und gerecht erscheinen.
>Noch bezeichnender ist ein Reichsgerichtsurteil vom 3. Febuar 1922, in dessen Begründung ausgesprochen wird, daß die Grundlage eines Geschäftes im Sinne einer bei Geschäftsabschlüssen zutage getretenen Vorstellung der Beteiligten über den Bestand gewisser maßgebender Verhältnisse hinfällig werden könne durch eine bloße Valutaverschiebung, nämlich dann, wenn die Fortdauer der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung bei dem Vertragsabschluß vorausgesetzt wurde. Sollte es zu einer Änderung des Vertrages kommen, so müßte behufs der Vermeidung der Lossagung des Beklagten von dem Vertrage der Preis entsprechend der jetzigen Geldentwertung erhöht werden. Ein etwa auf andere Gründe zurückzuführender Wertzuwachs würde den Vorteil des Klägers bilden und brauche von ihm nicht ausgeglichen zu werden.
>Die Geldentwertung wird also in diesen Entscheidungen in der Weise berücksichtigt, daß bei zweiseitigen Verträgen, bei denen Leistung und Gegenleistung noch aussteht, eine der Geldentwertung entsprechende Erhöhung der in Geld bestehenden Gegenleistung zugebilligt wird; weigert sich die zur Gegenleistung verpflichtete Partei, diese Erhöhung des Geldpreises zu gewähren, so kann die Gegenpartei vom Vertrage zurücktreten.
>Die Fiktion der Wertbeständigkeit des Geldes ist in diesen Entscheidungen nicht nur aufgegeben, sondern der anerkannten Tatsache der Geldentwertung wird ein Einfluß auf die Summe eingeräumt, in der Geldverpflichtungen zu erfüllen sind. Gleichzeitig wird in dem zuletzt angeführten Gerichtsurteil ausdrücklich anerkannt, daß Wertverschiebungen auf der Seite der nicht in Geld bestehenden Leistung keinen Einfluß auf die Ausführung der Verträge haben, daß vielmehr eine auf dieser Seite seit dem Vertragsabschluß eingetretene Wertsteigerung demjenigen zugute kommt, der Anspruch auf die Lieferung des Objektes hat.
>Wir stehen also vor der merkwürdigen Tatsache, daß, während früher Geldwertveränderungen als nicht vorhanden und jedenfalls als gänzlich unerheblich für die Erfüllung von Verträgen angesehen wurden, heute den Geldwertveränderungen, nicht dagegen auch den Wertveränderungen der Sachgüter, ein Einfluß auf die Erfüllung der Verträge eingeräumt wird. Ware bleibt also gleich Ware, aber Geld bleibt nicht mehr gleich Geld.
>Indem auf diese Weise unter den in Verfall geratenen Geldverhältnissen der Gegenwart von der Rechtsprechung und teilweise auch von der Gesetzgebung der fundamentale Grundsatz der Nennwerttheorie, daß gleiche Geldsummen im Zeitablaufe vor dem Recht gleich bleiben, geopfert wird, kommt die Anerkennung zum Ausdruck, daß auch die rechtliche Behandlung des Geldes auf wirtschaftlichen Grundtatsachen beruht und daß eine dieser Grundtatsachen die annähernde Stabilität des Geldwertes ist. Wo diese Stabilität offensichtlich in Trümmer geht, wird Gesetzgebung und Rechtsprechung, ebenso wie die Praxis des Geldverkehrs, in Wege gezwungen, die abseits der auf dem Grunde der wohlgeordneten Geldverfassung vom Typ der modernen Geldwährung aufgebauten Theorie liegen. Auch die Nennwerttheorie ist historisch bedingt; eine Zerstörung ihrer wirtschaftlichen Gundlagen hat Rückfälle in eine Praxis zur notwendigen Folge, die eher Metallwert- und Kurswerttheorie entspricht. << Helfferich"Das Geld" 6. Auflage, 1923, S. 370-71
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Galiani
08.09.2003, 13:18
@ Prof. Malik
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Re: Wichtige Unterscheidungen.... - Eine Replik |
-->Lieber Professor Malik
Ja; - wenn freilich der debitistische"Leistungsdruck" so interpretiert wird, daß (in einer Marktwirtschaft; selbstverständlich!) für jede Leistung auch eine Gegenleistung zu erbringen ist, und daß mit der persönlichen Entscheidung zur "Wirtschaft-treibenden" Unternehmerschaft (selbstverständlich!) auch die Selbst-Verpflichtung einhergeht, Leistungszusagen pünktlich zu erfüllen (worin ja das Wesen des Unternehmer-Risiko's besteht), dann gehe ich mit Ihnen (und allen Debitisten) zwar d'accord.
Bei einer solchen Sicht der Dinge kann ich mir indes nicht zwei kritische Anmerkungen versagen:
Erstens nämlich, greift diese Sichtweise nur willkürlich und höchst einseitig einen Aspekt der Marktwirtschaft heraus: Indem sie lediglich die versprochene Gegenleistung ins debitistische Blickfeld rückt, und die zuvor empfangene Leistung völlig ausgeblendet wird, gerät der"Debitismus" zur Halbwahrheit; - und damit zur halben Erfindung!
Und zweitens vermag eine solche Betrachtungsweise infolge der schier unendlichen Weite ihrer Perspektive nichts Spezifisches mehr über den"Debitismus" an sich auszusagen: Es ist - zumindest für mich - nicht mehr erkennbar, inwiefern sich ein solcher"Debitismus" von einem notwendigerweise zu allen marktwirtschaftlichen Vorgängen gehörenden Aspekt unterscheiden sollte. Der ganze"Debitismus" wird damit - soweit ich sehe - zur sterilen"art pour l'art". (Diesen Verdacht hege ich ohnehin schon die ganze Zeit!)
Mit besten Grüßen von Ihrem (offenbar unbekehrten, aber für bessere Einsichten jederzeit bereiten)
G.
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Theo Stuss
08.09.2003, 13:33
@ R.Deutsch
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Re: Bitte jetzt nicht anthroposophisch werden |
-->>Hallo Theo,
>es ist der alte Gegensatz zwischen Körper und Geist. Leben ist immer Beides, Körper und Geist. Wenn man einen Teil ausklammert (Debitismus) hat man eben nur das halbe Leben. Wenn man den Warentausch ausklammert, hat man nur das halbe Leben erklärt.
>Verträge müssen erfüllt werden ( Schuld, Geist, Zwang) und die Erfüllung besteht in der Lieferung eines realen Gegenstandes (Brot, Körper). Den Geist ohne Körper gibt es nur im Märchen.
>Gruß
>R.
Lieber Reinhard,
vorhin war ich drauf und dran Dir auf Deine Antwort an Malik (Kant, Hobbes ) ein keines Exposé zu schreiben, habe die Sache aber wieder gelöscht, weil ich dachte, es würde keinen interessieren.
Ich bin aber in der Tat der Auffassung, dass der Debitismus mit dem gemässigten Realismus des Thomas von Aquin und Aristoteles eher vereinbar ist, als mit dem Voluntaristen Kant, der die Erkenntnis durch die rosa Brille seiner"Kategorien" hinwegleugnet, wie es auch der Konzeptualismus eines Abelard tut. Das Ganze nennt sich dann Kriteriologie.
Man kann sich auch fragen, ob die kant'schen Kategorien ein Synonym für ideologische Vorurteile von idealistischen Philosophen sind. Sie postulieren einfach, dass der Wille vom Verstand autonom sei, weil es Verstandeseinsicht nicht gäbe. Die Freiheit des Willens wird so zur blinden Willkür, weil nicht gelenkt durch einen wirklichkeitsbezogenen Verstand.
Hingegen lehrt Thomas, dass sich der Wille immer an einem Objekt orientiert, welches der Verstand ihm darreicht, während der Verstand sich auf die Wirklichkeit bezieht. Der Intellectus agens befreit die Species impressa (das Erkenntnisbild der Sinne) von allen Zufälligkeiten und arbeitet das Allgemeine und Essentielle heraus, was darin enthalten ist.
Es ist dieses abstrakte Vernehmen der Wirklichkeit durch den Verstand, welches wiederum dem Willen unter dem Aspekt des Guten als sein Formalobjekt angeboten wird.
Alle Idealisten drehen das Verhältnis um:
Der Wille determiniert den Verstand. Die Wirklichkeit hat sich sodann unserer autonmenen Vernunft anzupassen. Da wir aber nicht der liebe Gott sind, wird unser Verstand geadelt, indem er sich als Tabula rasa von der Wirklichkeit prägen lässt. Gott hingegen schafft die Dinge aus der Erkenntnis seiner selbst und in der ewigen Schau seiner Wesenheit sieht ER auch, wie Seine Wirklichkeit gebrochen ins Endliche in der Vielheit der Dinge ebenbildlich dargestellt werden kann. Die Dinge sind somit gesiegelt von den Ideen, die ein ewiger Künstler in ihnen verwirklicht hat und tragen somit den Sinn ihres Daseins in sich selbst. Denn so, wie das Kunstwerk auf den Künstler verweist, weist das Geschöpf auf seinen Schöpfer hin. Klar, dass der Mensch heute sein eigener Schöpfer sein will, abgesehen davon, dass nach Kant die Dinge nichts anderes sind, als erratische Klötze leeren Raum, weil sie eben keine Idee durch ihre Existenz verwirklichen.
Ich sehe es eben so:
Nihil est in intellectu, quod non fuerit in sensibus! Und die Dinge, die zu unseren Sinnen sprechen, haben uns Qualität mitzuteilen, die sie in sich tragen.
Und Du als Idealist so:
Sic jubeo, sic volo, stat pro rationem voluntas!
Ich behaupte, die Willensfreiheit beruht auf einer wirklichkeitsnahen Güterabwägung.
Du sagst mit dem Jesuiten und Voluntaristen Suarez:
Liberum arbitrium est potestas, quod potest agere an non agere!
Ich halte es eher mit den Dominikanern.
Gruss,
Theo
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Ecki1
08.09.2003, 14:10
@ dottore
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Re: Das sind 340 Mrd. CHF (mkT) |
-->... und jetzt müssen wir noch ausrechnen, wieviel Kursanstieg der Aktienbestände benötigt wird, um die Nonperformer auf Null abzuschreiben.
Gruss!Ecki
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Bob
08.09.2003, 14:17
@ Theo Stuss
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Re: Aristoteles Ã-konomie ist reinste Tauschwirtschaft - Geld reines Tauschgut (owT) |
-->
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Galiani
08.09.2003, 14:37
@ dottore
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Lieber dottore - Bitte, was genau meinen Sie? |
-->Hallo
Könnten Sie mir bitte erläutern, was die folgenden von Ihnen geschriebenen Ausführungen bedeuten? Ich erkläre mich außerstande, diesen Ihren Gedanken zu folgen.
Sie schreiben:
>A hält Tauschgegenstand X, B hält Tauschgegenstand Y. Und nun: Wer hat das Geld?
>A hält X plus Geld Z und B hält Y plus Geld Z. Dabei ist A = B (sonst würde beides nicht getauscht, Leistung = Gegenleistung).
>Und Z = Z.
<ul>Hier meine (ins Nirgendwo führende) Analyse dessen, was Sie sagen:
Wenn gilt"(Tauschpartner) A = (Tauschpartner) B", dann gibt es offenbar keine 2, sondern nur einen einzigen"Tauschpartner"; - und das ist (mit Verlaub) ein Unsinn! Denn wie sie im nächsten Satz richtig ausführen, wird"bekanntlich immer nur zwischen 2 Parteien" getauscht. Und da überdies"(Geldbetrag) Z = (Geldbetrag) Z", wie Sie sagen, haben die beiden Tauschpartner, die in Wirklichkeit nur eine einzige Person sind, exakt gleich viel Geld - so muß man Ihre Semantik wohl verstehen!!!????? Was soll das heißen? Ich versteh's nicht!</ul>
Bei allem Respekt; -ich finde, sooo sollte eine Diskussion nicht geführt werden.
Anmerkung:<ul><ul><ul><ul><ul><font size ="2">Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört,
es müsse sich dabei doch auch was denken lassen.
<ul><ul><ul><ul>[Goethe, Faust]</ul></ul></ul></ul></ul></ul></ul></ul></font></ul>
Gruß
G.
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Bob
08.09.2003, 14:47
@ Galiani
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Re: Dottore wollte nur gucken, ob jemand mitdenkt. (owT) |
-->
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dottore
08.09.2003, 14:53
@ Galiani
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Re: Lieber dottore - Bitte, was genau meinen Sie? |
-->>Hallo
>Könnten Sie mir bitte erläutern, was die folgenden von Ihnen geschriebenen Ausführungen bedeuten? Ich erkläre mich außerstande, diesen Ihren Gedanken zu folgen.
>Sie schreiben: >
>>A hält Tauschgegenstand X, B hält Tauschgegenstand Y. Und nun: Wer hat das Geld?
>>A hält X plus Geld Z und B hält Y plus Geld Z. Dabei ist A = B (sonst würde beides nicht getauscht, Leistung = Gegenleistung).
>>Und Z = Z.
>Hier meine (ins Nirgendwo führende) Analyse dessen, was Sie sagen:
>Wenn gilt"(Tauschpartner) A = (Tauschpartner) B", dann gibt es offenbar keine 2, sondern nur einen einzigen"Tauschpartner";
Sorry, gemeint war die Äquivalenz X = Y, die sich aus den bei A und B befindlichen Tauschgegenständen ergibt. Wären X und Y nicht äquivalent, fände kein Tausch Statt. Man kann es auch entgegenständlichen: A und B leisten einander äquivalent. Daraus ergibt sich keinerlei Notwendigkeit für einen der beiden, auch noch mit Geld zu erscheinen.
>Anmerkung:<ul><ul><ul><ul><ul><font size ="2">Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört,
>es müsse sich dabei doch auch was denken lassen.
><ul><ul><ul><ul>[Goethe, Faust]</ul></ul></ul></ul></ul></ul></ul></ul></font></ul>
Ganz richtig. Beim Tauschen denkt jeder daran, es würde sich etwas anderes dabei denken lassen als das, was es im eigentlichen Wortsinn bedeutet:
Täuschen. (Siehe Grimm usw.).
Der"Tausch" (Ware gegen Ware, Leistung gegen Leistung) hieß seit jeher nicht Tausch, sondern Stich.
Hören wir heute"Stich" oder"stechen", denken wir an etwas ganz anderes.
Gruß!
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Theo Stuss
08.09.2003, 14:59
@ Bob
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Re: Davon war nicht die Rede |
-->Hallö,
Selbstverständlich haben weder Thomas noch Aristoteles richtig durchdacht, was Geld ist, hat Thomas eigentlich auch nicht viel interessiert.
Ich wende jetzt aber als jemand, den das Thema interessiert, die thomitische Erkenntnistheorie auf den Debtismus an.
Theo
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Uwe
08.09.2003, 15:07
@ Galiani
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Re: Erklärungsmöglichkeit |
-->
Hallo Galiani!
Da in dem"geklammerten" Erläuterungstext von"beides" geschrieben wird, vermute ich, dass es sich um die Gegenstände X und Y handelt und nicht um die Tauschpartner A und B.
So betrachtet, das sdas was A mit X hat,gleich dem ist, was B mit Y hat, stehen sich zwei gleichwertige potentielle Tauschpartner gegenüber. Schneller überblickt hätte ich es allerdings auch, wenn X=Y statt A=B geschrieben worden wäre.
Gruß,
Uwe
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R.Deutsch
08.09.2003, 15:19
@ dottore
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Geld ist Zwischentauschmittel |
-->es dient dazu Zeit und Raum zwischen Leistung und Gegenleistung zu überbrücken. Solange die Gegenleistung nicht erfolgt, läuft Geld als gespeichertes Versprechen auf Gegenleistung um.
Denke ich mal:-)
R.D
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dottore
08.09.2003, 15:35
@ Bob
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Re: Mitnichten |
-->Hi Bob,
warum wendet er sich dann gegen den Zins?
Siehe Politik I,3:"Der Wucherer ist mit vollstem Recht verhasst, weil das Geld hier selbst die Quelle des Erwerbs ist und nicht dazu gebraucht wird, wozu es erfunden ward. Denn für den Warenaustausch entstand es, der Zins aber macht aus Geld mehr Geld. Daher auch sein Name (griech.: tokos). Denn die Geborenen sind den Erzeugern ähnlich. Der Zins aber ist Geld von Geld, so daß er von allen Erwerbszweigen der am meisten wider die Natur ist."
Wie kann etwas, das dem Warenaustausch dient, verzinslich werden?
Nichts ist leichter als ein Tauschmittel durch ein anderes zu ersetzen.
A. hat erstens übersehen, dass sein"Zins" nur dann einen"Wert" erhält, der über den reinen Materialwert eines Tauschmittels (konkret: Tauscherleichterungsmittels - denn was sollte ein Tauschmittel anders bewirken als den Tausch zu erleichtern?) hinausgeht, den man unschwer nahe Null halten kann, zumal es nur während der Tauschvorgänge (also maximal während eines Markttages) benötigt wird (denn dann sind alle Tauschvorgänge abgeschlossen) und danach auf dem Müll landen kann.
A. hat zweitens übersehen, dass der Zins immer als Abgabe startet (und ein Tauscherleichterungsmittel als Abgabe zu fordern, wäre kindisch).
Drittens hat A. übersehen, dass der Zins nicht einen ursprünglichen Betrag (Menge eines Gegenstandes) vermehrt (Wortstamm tekein = gebären), was physikalisch nicht vorstellbar ist. Sondern dass der Zins nichts anderes ist als eine andere Verteilung einer späteren Zahlung (Hergabe) dann, wenn sie früher gezahlt bzw. gegeben wird.
Aristoteles hat von Perikles 1000 Drachmen zu erwarten. Diese in einem Jahr. Mehr als die 1000 Drachmen werden niemals erscheinen.
Nun will A. früher Drachmen haben als erst in einem Jahr. Er geht zum Bankier Diogenes und bietet ihm den Titel über die 1000 Drachmen in einem Jahr an. Diogenes gibt Aristoteles 500 Drachmen sofort und besichert die Forderung über diese 500 Drachmen mit dem Titel über 1000 Drachmen, den er mit in sein Fass nimmt.
Nach einem Jahr geschieht was? Perikles zahlt die 1000 Drachmen, der Titel wird vernichtet, die Schuld ist weg.
Aristoteles hat seine 500 Drachmen schon bekommen, die restlichen 500 behält Diogenes als"Zins".
Nicht eine einzige Drachme ist als"tokos" dazu gekommen. Mehr als 1000 Drachman waren nie im Spiel. Hätte Aristoteles gewartet, hätte er sie von Perikles voll kassiert; weil er Drachmen früher haben wollte, musste er sie mit Diogenes teilen. Aristoteles war nur außerstande frühere von späteren Zahlungen zu unterscheiden.
Und darüber meckert er auch noch?!
Gruß!
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Galiani
08.09.2003, 15:53
@ dottore
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Hatten wir doch schon! Aristoteles konnte (leider) Böhm-Bawerk nicht kennen |
-->Hallo
Sonst hätte er verstanden, daß der Zins das notwendige Zubehör des"Zukunftsgutes" ist; und das hat gar nichts mit der"Fruchtbarkeit" oder"Unfruchtbarkeit" des Geldes zu tun. Wem das noch immer nicht einleuchtet, der möge Böhm-Bawerk lesen (oder meine völlig unzulänglichen Zusammenfassungen von dessen Kapital- und Zinslehre, die zu posten ich mir hier vor ein oder zwei Jahren Mühe gab).
Wer jedenfalls eine Zinstheorie neu erfinden will, muß sich warm anziehen, um nicht von den logisch messerscharfen Argumenten eines Böhm-Bawerk hinweggefegt zu werden. Meine Zweifel am"Debitismus" gründen jedenfalls weitgehend in Böhm-Bawerk's Lehre.
Gruß
G.
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Theo Stuss
08.09.2003, 16:17
@ R.Deutsch
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Re: Warum leiste ich denn? |
-->Weil ich muss!
Ich gebe Dir ein Beispiel, wo ich nicht leisten muss und deswegen auch nichts läuft:
Ich habe mit 10 Kisten Wein billig aus einem Ramschladen gekauft, alles Konkursmasse. Jede Holzkiste besteht aus 6 Flaschen Bordeaux ( beste Lage = Grand Vin de Bordeaux ).
Vertikale Jahrgangsverteilung (1993 - 1998) und je nach Jahrgang, von mittelmässig (für die Lage), bis sehr gut.
Skala: passabel, mittelmässig, gut, sehr gut. Mit Zertifikat des Hausönolgen, das ideale Wei(n)nachtsgeschenk!
Ich dachte mir, weil ich die jetzt so günstig bekommen habe, verkaufe ich sie im Internet.
Ich probiere eine Flasche und zwar eine gute, (sehr gut war mir zu schade!) und siehe da, auf einmal überlege ich mir, ob ich den Wein nicht doch lieber behalten sollte. Anders ausgedrückt, ich habe keine Freude daran zu verkaufen, nur um des Verkaufens willen. Ich stehe nicht unter Erfüllungszwang, ich bekomme einen Horror vor der Abwicklung bei Ebay und dem Wust an Emails und stelle mir die Frage:
"Wird der Wein für den Banausen von Käufer nicht Perlen vor die Säue sein?"
Selbst eine saftige Rendite von 50% würde mir vielleicht 100 Euro bares verschaffen, aber der Aufwand an Zeit? Und 100 Euro, das ist ein schönes Geschenk für meine Frau, mehr nicht!
Also, ich verkaufe nicht, bzw. werde meiner Frau ein Geschenk für 30 Euro kaufen. Der Wein wird noch locker 7 Jahre halten. Kann ich selber trinken.
Gut! Ich werde ihn vielleicht im November hier anbieten. Wenn ihn niemand kaufen will, trinke ich ihn selbst.
Mit anderen Worten, ich trage nichts zu diesem Wirtschaftskreislauf bei, weil ich nicht unter Zwang stehe und freiwillig will ich mir keinen Stress machen.
Vor 5 Jahren, Höhenflug des Börsenboom, stand ein wirtschaftstheoretischer Artikel in der WamS. Der amerikanische Verfasser forderte allen Ernstes, alle unverschuldeten Hausbesitzer durch hohe Grundsteuern in den Wirtschaftskreislauf zu zwingen. Jeder, so sagte er, der sich durch unverschuldetes Eigentum dem Kreislauf entziehe, sei ein Egoist. Dieselbe Methode für Erben durch hohe Erbschaftssteuern. Man muss sie zu Schuldnern machen.
Ich bin in FRankreich OPfer, hier sind es 40% Erbschaftssteuer und auf unserem Haus ist jetzt ein Hypothek. Schon stehe ich unter ERfüllungszwang.
Na?
Theo
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Theo Stuss
08.09.2003, 16:25
@ Theo Stuss
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@Reinhard: Ich gebe eine Flasche Wein gegen einen Maple |
-->Mal sehen, ob es jetzt zum Geschäft kommt?
Nein?
Warum denn nicht?
Du stehst nicht unter Erfüllungszwang für Wein.
Stehe ich unter Erfüllungszwang für Maples?
Es käme vielleicht ein GeschÄft zustande aus lauter Liebhaberei für das wechselseitige Angebot und mein Wein ist mindestens einen Maple pro Flasche wert, aber haben wir so das Wirtschaften erklärt?
Es gibt solche Tauschgeschäfte, aber sie sind der Wirtschaft nebengeordnet.
Theo.
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Theo Stuss
08.09.2003, 16:44
@ Theo Stuss
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@Reinhard: Meine Euros wurden beim Tauschversuch im Supermarkt abgelehnt,... |
-->...zu hässlich!
Ich suchte mir einen Braten aus und wollte an der Kasse den Tausch verhandeln.
Da waren meine Euros nicht glattgebügelt, die Münzen waren angelaufen.
"Nä", sachte die Kassierin,"Dat woll'n wa hier nich. Ich nehme nur saubere Euros an!"
Ich suchte in meiner Börse und zeigte ihr ein ganz neues 1-Teuro-Stück von 2003, so richtig zum Liebhaben, der blinkte so schön wie ein frisch gestempelter Maple.
"Der ist so neu, der ist mindesten so viel wert, wie der ungebügelte Schein".
"Na, ja! Sind wir heute mal gnädig." Und der Tausch kam zustande.
Eine wahre Geschichte? Ja, warum denn nicht? Anscheinend fehlt die Komponente des Zwangs, die den Euro attraktiv macht. Und als im Mittelalter die Bauern an die Grundherren in Naturalien Abgaben zahlten, waren Erfüllungspflichten für Milch, Eier und Speck einzeln festgelegt.
Mit unserem Bauern in Quimper haben wir noch einen solchen Vertrag aus den 40'ern, der teilweise noch rechtsgültig ist. Aber meine Schwiegeroma hatte eh auf die Eier und den Schinken verzichtet, weil sie Angst hatte vergiftet zu werden.
Damals nach dem Krieg hätte man tatsächlich noch den Gerichtsvollzieher zum Eiersammeln schicken können, denn Leistungen in Naturalien konnten noch vollstreckt werden.
Denk' mal nach!
Theo.
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dottore
08.09.2003, 17:02
@ R.Deutsch
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Re: Keineswegs (mit Bild) |
-->>es dient dazu Zeit und Raum zwischen Leistung und Gegenleistung zu überbrücken. Solange die Gegenleistung nicht erfolgt, läuft Geld als gespeichertes Versprechen auf Gegenleistung um.
Wieso muss ich das Versprechen speichern? Sozusagen auf einer Note, die ihren Wert gleich mit sich führt?
Raum gleich, Zeit später: Einfach anschreiben oder einen kleinen Titel ausstellen, der flugs zedierbar ist (Stöckchen reicht, siehe später tallies).
Raum entfernt, Zeit später (bedingt sich eh beides): Dann wird die Anweisung auf jemand genommen, der sich entfernt aufhält. Zehntausende solcher Anweisungen schon in mesopotamischen Archiven.
Gerade über Zeit und Raum wurde nicht [!] mit Gold getradet, sondern mit Titeln, Wechseln, Anweisungen usw. so bezahlt, dass der am anderen Ort für den am ersten Ort bezahlte.
Die Annahme, Gold hätte eine"Raumüberbrückungsfunktion" und ergo"Speicherfunktion" gehabt, wie oben behauptet, ist komplett irrig.
Blick in Fugger-Kontor um 1510:
[img][/img]
Auf den Schubladen dahinter stehen Ortsnamen wie Venedig, Rom, Antdorf (Antwerpen), usw. usw. Musste dort oder dorthin was bezahlt werden - schwupps ging das Papier per Eilpost dorthin.
Es glaubt doch wohl niemand im Ernst, dass Gold in specie als"Wertspeicher" über Distanzen gekarrt wurde, um damit dann woanders die berühmte"Gegenleistung" zu erbringen!
Gruß!
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dottore
08.09.2003, 18:04
@ Galiani
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Re: Drum grad nochmal |
-->>Hallo
>Sonst hätte er verstanden, daß der Zins das notwendige Zubehör des"Zukunftsgutes" ist; und das hat gar nichts mit der"Fruchtbarkeit" oder"Unfruchtbarkeit" des Geldes zu tun.
Statt Zins muss es heißen: Umverteilung einer zukünftig von einem an einen anderen erwarteten (mehr oder minder rechtsfest vereinbarten) Zahlung (Leistung) durch Hinzutritt eines an der Vereinbarung der Zahlung / Leistung nicht ursprünglich Beteiligten.
Zukunftsgut ist die künftige Zahlung / Leistung. Das"Gut" ist zu sehr in Tonnenideologie (Geld = Aktivum, weil Gold usw.) verhaftet.
>Wem das noch immer nicht einleuchtet, der möge Böhm-Bawerk lesen (oder meine völlig unzulänglichen Zusammenfassungen von dessen Kapital- und Zinslehre, die zu posten ich mir hier vor ein oder zwei Jahren Mühe gab).
>Wer jedenfalls eine Zinstheorie neu erfinden will, muß sich warm anziehen, um nicht von den logisch messerscharfen Argumenten eines Böhm-Bawerk hinweggefegt zu werden. Meine Zweifel am"Debitismus" gründen jedenfalls weitgehend in Böhm-Bawerk's Lehre.
Wieso denn? Es existiert der Druck, die künftige Leistung ("Zukunftsgut") überhaupt zum Erscheinen zu bringen. Je mehr davon diskontiert wurde, desto stärker der Druck, weil derjenige, der abgetreten hat (und auf einen Teil des Zukunftsgutes verzichtete, um den restlichen Teil früher zu erhalten) seinerseits in der Haftung steht dafür, dass auch der abgetretene Teil des Zukunftsgutes zum Termin bei dem eintrifft, der den restlichen Teil schon vorher verschafft hatte.
Klartext: Den"Zins" muss also derjenige beschaffen, der den vorgezogenen Teil der Zahlung erhalten hat. Da er den vorgezogenen Teil auch noch zurück zu geben oder zu zahlen hat, macht ein solches System richtig Dampf und munter.
Man könnte sich doch auch diese Variante vorstellen:
Jemand hat in 10 Jahren 1 Mio zu erhalten. Den Gesamtbetrag tritt er an die Bank ab, die sich für das Eintreffen der Mio an deren Schuldner halten muss.
Für die abgetretene Mio bekommt der ursprüngliche Gläubiger sofort 0,8 Mio und kann seiner Wege gehen. Er muss nie die 0,8"Kapital""zurückzahlen" (mit Hilfe der 1 Mio, die er zu erwarten hat) noch die 0,2"Zinsen". Um beides hat sich gefälligst die Bank zu kümmern.
Der debitistische Druck wird umso höher,
a) je unsicherer die Zukunftszahlung ist und
b) je stärker der aktuelle"Schuldner" (= Gläubiger der Zukunftszahlung) selbst ins Obligo genommen wurde.
Dieses gilt heute als typisch und wird just so ausgedrückt wie in gebotener Kürze bei Fredmund Malik nachzulesen: In Höhe des Zinses hat mindestens Mehrleistung stattzufinden.
Gruß!
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Galiani
08.09.2003, 18:51
@ dottore
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Ich fürchte, Böhm-Bawerk wäre mit Ihrer Interpretation seiner Lehre nicht zufrie (owT) |
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