Cujo
09.09.2003, 23:38 |
Leni Riefenstahl ist tot Thread gesperrt |
-->http://www.leni-riefenstahl.de/deu/indexd.html
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Nachfrager
10.09.2003, 10:22
@ Cujo
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Auch ein besonderes Kapitel deutscher Heuchelei |
-->Von Hans Albers bis Heinz Rühmann waren viele Schauspieler den Nazis freudig zu Diensten. Aber Leni Riefenstahl wurde nach dem verlorenen Krieg zur quasi alleinschuldigen Künstlerin gestempelt, ohne die der zweite Weltkrieg nicht stattgefunden hätte.
Dass sie bis zu ihrem Lebensende verbohrt auf ihrer Unschuld bestanden und nichts aus der Geschichte gelernt hat, steht auf einem anderen Blatt.
Aber ich bin mir sicher: wäre sie ein Mann gewesen, hätte sie nach einer Schampause im Nachkriegsdeutschland problemlos Karriere gemacht - wie Heinz Rühmann und Co.
Gruß
Nachfrager
>http://www.leni-riefenstahl.de/deu/indexd.html
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Tempranillo
10.09.2003, 10:59
@ Nachfrager
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Re: Und was war mit Veit Harlan? |
-->Hallo Nachfrager
>Von Hans Albers bis Heinz Rühmann waren viele Schauspieler den Nazis freudig zu Diensten. Aber Leni Riefenstahl wurde nach dem verlorenen Krieg zur quasi alleinschuldigen Künstlerin gestempelt, ohne die der zweite Weltkrieg nicht stattgefunden hätte.
Na ja, ein Regisseur ist doch etwas anderes als ein Schauspieler. Müßte man nicht andere Vergleiche anstellen?
Etwa den mit Veit Harlan, der nach 1945 kein Bein mehr auf den Boden gebracht hat. Oder welchen Kampagnen noch in den 50er Jahren Gustav Gründgens und Wilhelm Furtwängler ausgesetzt waren?
Riefenstahls Film über den Reichsparteitag halte ich für einen der übelsten Streifen, die je gedreht wurden.
Die Inszenierung des Füherkultes, die filmische Variation des immer gleichen Schemas, hier die gesichtlose, militärischen Ritualen und Abläufen gehorchende Masse, der gegeüber als einzig identifizierbares Individuum A.H. steht, der - diesen Punkt halte ich für immens bedeutsam - als einziger zu Wort kommt, da hätte ich schon immer einen riesigen Kotz-Smiley gebraucht.
Mir ist die Ästhetik des Faschismus, und sei sie noch so effektvoll ins Bild gesetzt, von Grund auf zuwider.
Mein Bedauern über das Schicksal von Frau Riefenstahl hält sich sehr in Grenzen.
Es gab auch SchauspielerInnen, die nach 45 gewaltig in die Mangel genommen wurden. Mir fällt Zarah Leander ein und das Verhältnis von J. Goebbels - habe leider den Namen vergessen.
>Dass sie bis zu ihrem Lebensende verbohrt auf ihrer Unschuld bestanden und nichts aus der Geschichte gelernt hat, steht auf einem anderen Blatt.
Der Reichs-Gletscherspalte ist irgendwann der Charakter eingefroren.
>Aber ich bin mir sicher: wäre sie ein Mann gewesen, hätte sie nach einer Schampause im Nachkriegsdeutschland problemlos Karriere gemacht - wie Heinz Rühmann und Co.
Halte die Mann-Frau-Perspektive selten für geeignet zur Beurteilung der Wirklichkeit. In Wahrheit werden Frauen sehr viel weniger hart angefaßt als Männer. Womit hätten A. Merkel, R. Süßmuth, R. Schmidt, U. Schmidt, Heidemarie Wieczorek-Zeul u.v.a.m den Weg nach oben angetreten?
Der Verstand kann es nicht sein, der Charakter noch weniger, was bleibt dann wohl? Und wer würde es wagen, in aller Ã-ffentlichkeit darauf hinzuweisen.
Im Falle des Regierenden BM Beule von Ost lugt das Thema wenigstens mal gelegentlich unter der medialen Schlammschicht hervor.
Tempranillo
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Euklid
10.09.2003, 11:03
@ Nachfrager
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Re: Auch ein besonderes Kapitel deutscher Heuchelei |
-->Wer jemand immer wieder mit Prozessen eindeckt obwohl es vorher schon Dutzende davon gegeben hat ist schlicht und einfach ein Hexenjäger.
Ich habe mir diesen Schwarz-Weiß-Film der Olympiade 36 in Berlin irgendwann in den 80ern mal aus Interesse aus einer Videothek ausgeliehen.
Zu sehen war in der Hauptsache eine Körperbetonung a la Schwarzenegger.
In Erinnerung ist mir noch dieser athletische Diskuswerfer.
Mir ist unerklärlich wieso ein Film internationale Auszeichnung hat und plötzlich ein Nazi-Verherrlichungs-Film sein soll.
Dazu reicht meine Geschmeidigkeit für die Hirnwäsche nicht aus.
Es gibt da Parallelen in der heutigen Politik:Arafat soll den bösen Mann abgeben und Scharon ist plötzlich der Friedensengel.
Ich behaupte daß es genau umgekehrt ist.
Beweis:Solange Scharon nicht an der Macht war sind Anschläge in Israel auf ein Minimum zurückgegangen.
Erst mit der Wiederkehr dieses Friedensengels wurde der Friedensprozeß zerstört.
Und zwar mutwillig und berechnend.
Die Propaganda hat gerichtet und sonst gar nichts.
Und heute richtet sie im Palästina-Israel -Konflikt auch.
Gruß EUKLID
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Tempranillo
10.09.2003, 11:41
@ Nachfrager
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Re: Riefenstahl und Faschismus aktueller denn je |
-->Hallo,
Dem Reichsparteitagsfilm kann ich überhaupt nichts abgewinnen. Für mich ist das eine Art Hakenkreuz-Revue, wie sie mit geringen Änderungen auch aus Hollywood hätte kommen können.
Die filmische Orchestrierung des Gegenübers von Führer und Masse kann ich nur schwer ertragen; erst Recht, wenn nur der Führer zu Wort kommt, und sich das Kollektiv verhält wie eine dressierte, auf Pfiff und Zuruf gehorchende Horde.
In dieser Beobachtung liegt etwas, das unangenehm aktuell ist.
Welche Tendenzen bestimmen denn das politische Leben, vor allem im Hinblick auf die EU?
Hie eine amorphe Masse, dort der Führer, oh nein, was habe ich denn da wieder geschrieben, die Führung, muß es natürlich heißen.
Ersetzten wir doch mal Adolf Hitler durch die"politische Klasse", die"Elite" und prüfen, ob wir mit unserem Vergleich nicht hinkommen?
Und wie, würde ich meinen! Wie eine Herde Schlachtschafe lassen sich die Wähler abrichten wie weiland auf dem Nürnberger Reichsparteitag das NSDAP-Fußvolk.
Die Marschrichtung wird heutzutage von der Political Correctness vorgegeben; war gestern bei Maischberger wieder zu besichtigen.
Man kann den Vergleich Reichsparteitag-Gegenwart noch weitertreiben. Wo bei Riefenstahl nur Adolf Hitler zu Wort kommt, nimmt heute die politische Klasse (fast) den ganzen medial vermittelten Diskurs in Beschlag. (Über eine kalte Gleichschaltung, Systemprese, habe ich mich schon lang und breit ausgelassen.)
Was ist denn die Entmachtung und Entmündigung des Wählers anders als die Neuauflage des Führerprinzips?
Man muß nur den einen Führer durch viele Führer ersetzen, dann paßt´s.
Faschismus und unsere Form der heruntergekommenen Demokratie verbindet der Elitismus!
Um davon abzulenken wird ein propagandistisches Trommelfeuer losgelassen, damit wir nicht merken, daß die Neuaflage des Faschismus durch die euroäische Hintertür schon längst wieder hereingekommen ist.
Tempranillo
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Nachfrager
10.09.2003, 12:01
@ Tempranillo
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Eine kurze Frage, da nur wenig Zeit vorhanden |
-->"Die filmische Orchestrierung des Gegenübers von Führer und Masse kann ich nur schwer ertragen; erst Recht, wenn nur der Führer zu Wort kommt, und sich das Kollektiv verhält wie eine dressierte, auf Pfiff und Zuruf gehorchende Horde."
Liegt das schwer erträgliche nicht vielleicht in der Feststellung, dass Riefenstahl schlicht nur das inszeniert hat, was Realität war?
Gruß
Nachfrager
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Hirscherl
10.09.2003, 13:40
@ Euklid
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Re: zu Sharon und Terror |
-->>Solange Scharon nicht an der Macht war sind Anschläge in Israel auf ein Minimum zurückgegangen.
>Erst mit der Wiederkehr dieses Friedensengels wurde der Friedensprozeß zerstört.
>Und zwar mutwillig und berechnend.
Ich habe zu dem Thema mal einen Chart produziert, ist immer wieder aufschlußreich:
[img][/img]
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Tassie Devil
10.09.2003, 13:56
@ Tempranillo
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Re: Entmachtung und Entmuendigung |
-->>Hallo,
Rehi tempranillo,
>Man muß nur den einen Führer durch viele Führer ersetzen, dann paßt´s.
So viele (Ver-)Fuehrer sind es aber nicht gewesen, die bei der Wiedereinfuehrung des Faschismus vor allem in der BRDDR kraeftigst in dieser Richtung haben ziehen lassen.
Es gibt nur wenige Ikonen.
Als Beispiel will ich jetzt mal Fontaenen-Oskar mit seiner von der Masse stark beklatschten Lebensqualitaetsthese vom"Fressen, Saufen, Voe...." anfuehren.
Damit hat dieser Mann Millionen gemacht.
Die Masse ist halt eben zu stark geBILDet worden, um ueber die Kurzfristigkeit dieser Lebensqualitaetsthese, besser noch (Be-)Wirtschaft(ung)sthese ein wenig hinaussehen zu koennen.
>Faschismus und unsere Form der heruntergekommenen Demokratie verbindet der Elitismus!
So isses, dabei sind auch die Wirtschaftsfuehrer der BRDDR nicht auszunehmen, deren auesserst kurzfristiges Shareholdervaluepapiertigerwirtschaftsdenken keinen Platz mehr fuer eine andere, etwas wert- und zeitbestaendigere, Denkweise zulaesst.
Die Quick-and-Dirty-Elite mit ihrem Ex-and-Hop-Faschismus.
>Um davon abzulenken wird ein propagandistisches Trommelfeuer losgelassen, damit wir nicht merken, daß die Neuaflage des Faschismus durch die euroäische Hintertür schon längst wieder hereingekommen ist.
Ich habe das 1991 gerochen, was da entgueltig und wieder einmal unabwendbar kommt und kommen wird, deshalb habe ich mich ja auch anschliessend voellig umorientiert und habe mein Hauptquartier BRDDR- und europafern verlagert, denn ich weiss von mir selbst, dass ich weder einer solchen"Elite" noch ihrer faschistischen Wirtschaftsweise zu folgen vermag.
Eines ist auch klar: ich werde nie nie nie wieder in dieser faschistischen und dekadierenden BRDDR irgendeinen Karren aus dem Dreck ziehen oder was auch immer diesbezueglich, den unfaehige aber gutbezahlte Titelhalter der Faschisten-Elite unbesehen ihrer Spielliga dort hinein manoevriert haben.
Die sind dran, diese BRDDR-"Elite" ist am Zug.
Die sollen was machen und nicht denken und journaillen-/systemmediengestaerkt herumquatschen nach dem Motto: man muesste, man sollte, man haette muessen, man haette koennen, man haette sollen....
>Tempranillo
Gruss
TD
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Euklid
10.09.2003, 13:59
@ Hirscherl
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Re: zu Sharon und Terror |
-->Ja dagegen ist wohl kein Kraut gewachsen.
Amerika hat sich von Terroristen in den Kampf gegen Terroristen hineinziehen lassen.
Nur allzu komisch daß man über die Vergangenheit eines Scharon so gut wie nichts erfährt.
Oder will man hier die Bevölkerung nur schonen vor der Aufdeckung dieses skrupellosen Menschen.
Der steht per se unter Naturschutz.
Schade um den roten Teppich dem man diesem Menschen unter die Füße auslegt.
Er ist mit Blut getränkt.
Aber er wird zu den Guten gerechnet.
Amerika wird die Pest bekommen wenn man sich diesen Mann nicht endlich vom Hals schafft.
Man kann sich des Eindrucks nicht mehr erwehren daß man auf der palästinensichen Seite solange Verhandlungspartner sucht bis der richtige Dödel zu allem ja und Amen sagt.
Nur daß kann schweinbar der richtige Mann sein.
Gruß EUKLID
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Tempranillo
10.09.2003, 14:28
@ Nachfrager
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Re: Eine Frage, so kurz und ausgezeichnet wie möglich! |
-->>"Die filmische Orchestrierung des Gegenübers von Führer und Masse kann ich nur schwer ertragen; erst Recht, wenn nur der Führer zu Wort kommt, und sich das Kollektiv verhält wie eine dressierte, auf Pfiff und Zuruf gehorchende Horde."
>Liegt das schwer erträgliche nicht vielleicht in der Feststellung, dass Riefenstahl schlicht nur das inszeniert hat, was Realität war?
Hallo Nachfrager,
eine excellente Frage, das war Spitze!!!!!!!!!!!!!
Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht wirklich, wo die Grenze zwischen Realität und Fiktion verläuft.
Wenn der Film Riefenstahls nicht in irgendeiner Form die Realität, und sei es auch nur die VORSTELLUNG von Realität abgebildet hätte, er wäre nicht so erfolgreich gewesen.
Aber ist das wirklich so wichtig? Was widerwärtig ist, ist widerwärtig, unabhängig davon, ob wir es in der Außenwelt widerfinden oder nicht.
Die Schriften des Marquis de Sade finde ich abstoßend, unabhängig davon, ob er das selbst praktiziert hat oder nur erfunden.
Etwas ähnliches würde ich auch von Texten und Kunstwerken aus dem 19. Jahrhundert sagen, die auf eine unangenehme Weise, wenn schon nicht den Faschismus selbst, so doch die faschistische Ästhetik vorweg zu nehmen scheinen.
Die Frage, ob damit Realität abgebildet wurde, ließe sich vielleicht so
beantworten, daß damit eine zukünftige Realität gestaltet wurde.
Problematisch, um es mal höflich zu formulieren bleibt es trotzdem, wenn Hans Sachs in R. Wagners Meistersingern seinen Bierbaß dröhnen läßt und singt:
"Habt acht! Uns dräuen üble Streich': -
zerfällt erst deutsches Volk und Reich,
in falscher welscher Majestät
kein Fürst bald mehr sein Volk versteht;
und welschen Dunst mit welschen Tand
sie pflanzen uns in deutsches Land.
Was deutsch und echt, wüßt' keiner mehr,
lebt's nicht in deutscher Meister Éhr'."
Unabhängig von dem, was etwas mehr als 70 Jahre später kam, dreht es mir dabei die Zehennägel auf. Die Verachtung dessen, was"welsch", italienisch und französisch ist, markiert den Übergang vom Nationalismus zum Chauvinismus, zur Verachtung anderer Länder und Völker - unabhängig davon, ob die Zeilen die Wirklichkeit von 1869 abbilden.
Peter Konwitschny hat sich in seiner Hamburger Inszenierung so aus der Affäre zu ziehen versucht, daß er"welschen Dunst und welchen Tand" mit dem alles überschwemmenden Amerikanismus gleichgesetzt hat.
Das entspricht nun nachprüfbar der Wirklichkeit, problematisch bleibt es, wegen der Verachtung des Ausländischen, trotzdem.
Tempranillo
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