zani
16.09.2003, 13:46 |
Frage an Prof.Malik (Malik-Fragesammlung) Thread gesperrt |
-->Guten Tag
Noch eine Frage zum Debitismus: Staat - Gewalt - Wirtschaft
These: der D. erklärt nicht die Wirtschaft im Ganzen genommen; erklärt nur -das ‚nur’ ist natürlich auch schon viel- das Vorantreiben der W.
Gilt der Satz: kein 'Geld' ohne Staat
dann gilt: kein Vertrag ohne Staat
dann gilt: die Grundfigur ist nicht das Geld, sondern der Vertrag
Nun gilt aber:
"Eitel sind alle unsere Konstruktionen von Anfang und Ursprung des Staates,....
Absurd ist die KONTRAKTHYPOTHESE....
Die Ăśberlieferung, welche Volk und Staat nicht unterscheidet, bleibt gerne bei der Idee von der ABSTAMMUMG;.......Aber alle diese Kunde ist kurz und mythisch.
Was für Kunde geht etwa aus dem NATIONALCHARAKTER in betreff der Anfänge des Staates hervor? Jedenfalls nur eine sehr bedingte,.... Oft widerspricht sich die Physiognomie und das pol. Schicksal eines Volkes total durch späte Veschiebung und Vergewaltigung.
Oder hätte das RECHTSBEDÜRFNIS schon einen Staat geschaffen? Ach, das hätte noch lange warten müssen! Etwa bis die Gewalt sich selber solange gereinigt hätte, dass sie zu ihrem eigenen Vorteil und um das ihrige zu geniessen, auch Andere aus der Verzweiflung zur Ruhe zu bringen für gut fände. Auch dieser einladenden optimistischen Ansicht, wonach die Gesellschaft das Prius und der Staat zu ihrem Schutz entstanden wäre, als ihre negative, abwehrende verteidigende Seite, so dass er und das Strafrecht identischen Ursprung hätten, können wir also nicht beitreten. Die Menschen sind anders.
So ist denn nur zweierlei wahrscheinlich: a) Die Gewalt ist wohl immer das Prius. Um ihren Ursprung sind wir nie verlegen, weil sie durch die Ungleichheit der menschlichen Anlagen von selbst ensteht. Oft mag der Staat nichts weiter gewesen sein als ihre Systematisierung. Oder b) wir ahnen sonst einen höchst gewaltsamen Prozess, zumal der Mischung.“
(alles in AnfĂĽhrungszeichen von J. Burckhardt, Weltg. Betracht., A. Von den drei Potenzen, a. der Staat)
Also: Gewalt ist der Boden. Verträge (abgeleitet dann auch Geld) sind sekundär, Phase der Gewaltsublimation.
dottore fragt: was treibt die Wirtschaft voran?
dottore schreibt (1x1 der Wirtschaft): „Nicht Geiz und Gier, nicht Profitsucht oder ähnliches treibt die Wirtschaft voran, sondern der auf ihr permanent lastende Schuldendruck.“
These: Der Schuldendruck ist eine Erscheinung der rohen Gewalt; und diese ist eine Erscheinung der condition humaine: Angst (die Mutter aller menschlicher Dinge); Ruhmsucht, Gier, Herrschsucht.
These: was die ‚Wirtschaft’ vorantreibt ist das eine; was sie ist, ist aber etwas anderes.
Die W. abstrakt genommen: im Grund auch aller ‚Wirtschaft’ liegt Angst;
Erste Stufe der Konkretion - die Ursache der Wirtschaft als sich bewegende zu erklären versucht der Debitismus
Also: Debitismus erklärt nicht das umfassende Phänomen der Wirtschaft, sondern nur einen Teil derselben.
Frage aus obigem an Prof.Malik: Weil der Debitismus nur die Ursachen des Vorantreibens der ‚Wirtschaft’ erklärt, fehlt uns immer noch die Antwort auf die Frage: was ist (die) Wirtschaft überhaupt?
Gruss
zani
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Theo Stuss
16.09.2003, 15:24
@ zani
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Re: Ein Volk unterwirft das andere, schon gibt's Termin |
-->Hallo,
vielleicht wurden auf der Thing der alten Germanen tatsächlich keine Kontrakte mit zeitlicher Fälligkeit geschlossen, weil es Versammlungen freier Männer waren. Sondern, ich habe das, du hast jenes. Wir sind uns einig, wir tauschen, Handschlag vor Zeugen!
Der schweizer Staat hat ĂĽbrigens viele Aspekte des germanischen Allmende bewahrt.
Jetzt nimm nur einmal an, die Franken unterwerfen bei Zülpich die Allemannen, Oberschicht wird fränkisch. Allemanische Bauern müssen für fränkischen Grundherrn den Rücken krumm machen und Abgaben leisten.
Zwar gab es bei den Germanen immer Unfreie, aber diese waren so unfrei, dass sie keine abgabepflichtigen Bauern waren, sondern gehörten als Knechte zum Hausgesinde. Sicher konnte der Hausherr sagen:"Wüttrich, beschlage mir das Ross!"
Aber WĂĽttrich hatte keine terminlichen Abgabeverpflichtungen, sondern hatte seine Freiheit beim Spiel verloren. NatĂĽrlich bekam er keine GrĂĽtze, wenn er das Pferd nicht beschlug.
Überhaupt kann man sich fragen, ob so etwas wie Staat und Obrigkeit bei enger Blutsverwandtschaft tribaler Volkschaften entstehen konnte. Unterwerfung eines anderen Volkes und seine Abhängigkeit sind da eine Erklärung.
Siehe auch die Unterwerfung Englands und seiner Kelten durch Angelsachsen, die wiederum irgendwann das Danegeld zahlten. Dann kamen die Normannen 1066 und machten sich die Angelsachsen tributpflichtig. Man nennt es zwar nicht Tribut, aber die angelsächsischen Bauer und das was von den Kelten übrig war, leisteten nun für die Normannen.
Zwar wurde man irgendwann"ein Volk", aber der Apparat blieb.
Theo
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dottore
16.09.2003, 16:20
@ Theo Stuss
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Re: Ein Volk unterwirft das andere, schon gibt's Termin |
-->>Hallo,
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>vielleicht wurden auf der Thing der alten Germanen tatsächlich keine Kontrakte mit zeitlicher Fälligkeit geschlossen, weil es Versammlungen freier Männer waren. Sondern, ich habe das, du hast jenes. Wir sind uns einig, wir tauschen, Handschlag vor Zeugen!
Doch es gab Kontrakte mit Termin - bei EigentumsĂĽbertragungen, siehe lex salica, Art. 80. Max 12 Monate. AusfĂĽhrlichst dazu schon gepostet.
Rest d'accord.
GruĂź!
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zani
16.09.2003, 16:33
@ Theo Stuss
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Re: Temin gibt es auch ohne Kontrakt: der Raub |
-->Guten Nachmittag Theo
Der Mensch muss tauschen. Mit der Natur oder mit Anderen.
Ein Tausch ist ein Verhältnis. (Zwei um ein Drittes, in der Zeit)
Der Raub -an der Natur oder dem Anderen- ist das einfachste Verhältnis: das Selbstsein des Anderen wird vernichtet.
Der Kontrakt anerkennt den Andren, anerkennt Pflicht, etc., ist also komplexer, also log. später und auch historisch (so bekannt). (Kontrakt ohne Termin gibt es nicht)
Gruss
zani
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Theo Stuss
16.09.2003, 16:54
@ dottore
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Re: Lex Salica |
-->Jo Dottore,
man müsste nachweisen, dass die Lex Salica Rechtsbräuche aus der Zeit vor der Völkerwanderung enthält, was zum Teil angehen mag.
Aber wie ist jetzt speziell mit EigentumsĂĽbertragung? Was, wenn das aus der Zeit der Landnahme in Gallien stammt?
Gibt es da römische Quellen?
Ich hatte irgendwo mal gelesen, dass die Römer am Anfang ziemlich ungehindert bis zur Elbe vorgerückt waren. Die Germanen hatten noch nicht einmal den Bau einer Strasse behindert.
Dann forderten die Römer Steuern mit dem entsprechenden Erfolg:"Quintili Vare, legiones redde!"
Soweit ich mich erinnere, steht das in der Internetseite zur Schlacht im Teutoburger Wald, die aber ganz woanders stattgefunden hatte, nämlich unweit von Osnabrück.
Dort existiert heute ein umfangreicher archäologischer Park. Dort hat man auch die Goldmaske des Reiters, gefunden, die Sie auch in Ihr Skript"Gewaltmetall" aufgenommen haben.
Salut,
Theo
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Popeye
16.09.2003, 18:23
@ Theo Stuss
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Re: Lex Salica |
-->Hallo, @Theo Stuss, bin zwar nicht @ dottore, aber, da mich diese Frage auch mal umgetrieben hat…
In Ermanglung der Schrift waren frühe Rechtsakte häufig mit merkfähigen Zeremonien bzw. mit Symbolen behaftet. Hier z.B. der Eigentumsübergang nach germanischem Recht (salisches Gesetz) - leider nur auf E. s. u.
Es ist für mich sehr unwahrscheinlich, dass diese Symbolik erst durch die Römer nach Germanien importiert wurde, denn eine vergleichbare Symbolik (mit Stab) beim Eigentumsübergang findet sich bereits in Mesopotamien einige tausend Jahre früher - nachzulesen bei Meir Malul, The bukannum-Clause - Relinquishment of Rights by Previous Right Holder, Zeitschrift fur Assyriologie und Vorderasiastische Archäologie, 75 (1985), (1. Halbband), S. 66 - 77
Title XLVI. Concerning Transfers of Property.
1. The observance shall be that the Thunginus or Centenarius shall call together a" Thing," and shall have his shield in the" Thing," and shall demand three men as witnesses for each of the three transactions. He (the owner of the land to be transferred) shall seek a man who has no connection with himself, and shall throw a stalk into his lap. And to him into whose lap he has thrown the stalk he shall tell, concerning his property, how much of it—or whether the whole or a half—he wishes to give. He in whose lap he threw the stalk shall remain in his (the owner's) house, and shall collect three or more guests, and shall have the property—as much as is given him—in his power. And, afterwards, he to whom that property is entrusted shall discuss all these things with the witnesses collected afterwards, either before the king or in the regular" Thing," he shall give the property up to him for whom it was intended. He shall take the stalk in the" Thing," and, before 12 months are over, shall throw it into the lap of him whom the owner has named heir ; and he shall restore not more nor less, but exactly as much as was entrusted to him.
2. And if any one shall wish to say anything against this, three sworn witnesses shall say that they were in the"Thing" which the" Thunginus" or" Centenarius" called together, and that they saw that man who wished to give his property throw a stalk into the lap of him whom he had selected. They shall name by name him who threw his property into the lap of the other, and, likewise, shall name him whom he named his heir. And three other sworn witnesses shall say that he in whose lap the stalk was thrown had remained in the house of him who gave his property, and had there collected three or more guests, and that they had eaten porridge at table, and that he had collected those who were bearing witness, and that those guests had thanked him for their entertainment. All this those other sworn witnesses shall say, and that he who received that property in his lap in the" Thing" held before the king, or in the regular public" Thing," did publicly, before the people, either in the presence of the king or in public" Thing"—namely on the Mallberg, before the" Thunginus"—throw the stalk into the lap of him whom the owner had named as heir. And thus 9 witnesses shall confirm all this.
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dottore
17.09.2003, 14:12
@ Theo Stuss
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Re: Lex Salica |
-->>Jo Dottore,
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>man müsste nachweisen, dass die Lex Salica Rechtsbräuche aus der Zeit vor der Völkerwanderung enthält, was zum Teil angehen mag.
Die Lex Salica ist im wesentlichen ein Straf-Katalog ("wer einen Knecht tötet... zahlt xxx Solidi" usw.). Diese Strafen wurden vermutlich im Thing verhängt bzw. dort vollstreckt, Termine dazu weiß ich nicht, da ich den Text jetzt nicht zur Hand habe.
>Aber wie ist jetzt speziell mit EigentumsĂĽbertragung? Was, wenn das aus der Zeit der Landnahme in Gallien stammt?
Gut möglich. Immerhin ähnelt die Übertragungszeremonie in etwa der römischen.
>Gibt es da römische Quellen?
Ja, die römische mancipatio ist eine höchst umständliche Prozedur. Die Zeugen sind in beiden Abläufen von allergrößter Wichtigkeit. Da jeder Kauf mindestens eine Eigentumsübertragung nach sich zieht, muss der Käufer seines Eigentums absolut sicher sein, um nicht in Probleme zu kommen.
Die sog."episkopoi" (römisch"pontifices") sind jene Figuren, welche die Eigentumsübertragung beaufsichtigten (episkopein) bzw als"Brückenschläger" (pons, facere) dienten und nicht etwa christliche"Bischöfe", zu denen sich später mutierten. Die rechtsfesten Übertragungen fanden in den"Basiliken" Statt, die höchst diesseitige Geschäftsabwicklungsorte waren und nicht etwa"Kirchen".
Zu Varus etc. kenne ich mich zu wenig aus. Sicher ist für mich aber: Corvey war ein vorgeschobener römischer Legionärsort, man schaue sich nur die entdeckten Malereien im 1. Stockwerk an: Junge, der auf Delphin reitet, usw. - das soll christlich sein?
Die Goldmaske stammt übrigens aus Carnutum, dem Legionslager an der Donau. Insgesamt war das römische Imperium ein subtiles Inkasso-System und, wie schon vor über 100 Jahren entdeckt wurde, der Limes nicht etwas eine Grenzbefestigung gegen feindliche Truppen, worüber diese nur gelacht hätten, sondern eine Zollgrenze.
GruĂź!
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dottore
17.09.2003, 14:22
@ Popeye
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Re: Lex Salica |
-->>Hallo, @Theo Stuss, bin zwar nicht @ dottore, aber, da mich diese Frage auch mal umgetrieben hat…
Hi Popeye,
der frisch promovierte Harald Haas würde gern in die sensationelle Literaturzusammenstellung von Dir zum Stab- / Festuca- / Tally- - usw.-Phänomen reinschauen. Wäre toll, wenn sich das machen ließe, ich find sie grade nicht und den Ausdruck abzutippen wäre mühsam. Haas hatte in Money Upside Down auch weite Passagen über tallies und einen der BoE abgebildet.
Ansonsten fiel mir noch einen (gefälschte) Urkunde Karls im Codex Eberhardi auf, wo ausdrücklich von"proiecta festuca" (also geschmissenem Stab) die Rede ist. Der CE ist aus dem 14. Jh., also muss es dieses Phänomen dazumal noch gegeben haben.
Dank und GruĂź!
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Popeye
17.09.2003, 14:55
@ dottore
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Re: Lex Salica - per Email an Dich - done (owT) |
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Uwe
17.09.2003, 15:30
@ dottore
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Re: @dottore: tally_bibliography |
--><dottore>:[i] der frisch promovierte Harald Haas würde gern in die sensationelle Literaturzusammenstellung von Dir zum Stab- / Festuca- / Tally- - usw.-Phänomen reinschauen. Wäre toll, wenn sich das machen ließe, ich find sie grade nicht und den Ausdruck abzutippen wäre mühsam.[/i]
Ist dies der gesuchte Link?
http://www.elliott-waves.de/forum/tally_bibliography.htm
P.S.
@Popeye
Hast du noch ein Exemplar der"Lex Salica" zur email-Verteilung an mich vorrätig?
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dottore
17.09.2003, 17:03
@ Uwe
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Re: Suupi, gerade auch von Popeye gekriegt - Dank auch dorthin! (owT) |
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