-->vielleicht mal unseren pop-beauftragten entsenden.... *g*
SPIEGEL ONLINE - 17. September 2003, 11:44
URL: http://www.spiegel.de/kultur/musik/0,1518,265883,00.html
HipHop-Star 50 Cent
Triumph der Gewalt
Von Daniel Haas
Seit dem vergangenen Wochenende tourt HipHop-Superstar 50 Cent durch Deutschland. Mit dabei: Bodyguards und kugelsichere Westen. Selten lagen reale Gewalt und mediale Inszenierung näher beieinander als bei Amerikas erfolgreichstem Rapper.
AP
Rapper 50 Cent: Düsteres Bild Amerikas
Millionen verkaufter Alben, unzählige Fans weltweit: 50 Cent ist die Nummer eins im aktuellen Rap-Business. Seit Sonntag tourt der gebürtige New Yorker durch Deutschland, inklusive Bodyguards und gepanzerter Limousine."Sie sagen, ich würde ein Superman-S auf meiner Brust tragen, aber das ist nur eine Halbautomatik und eine kugelsichere Weste", rappt 50 Cent auf seiner Hitsingle"What Up Gangsta", und es ist mehr als die marktgängige Pose des Outlaws, die hier zum Ausdruck kommt. Curtis Jackson, so 50 Cents bürgerlicher Name, hat Kindheit und Jugend im Ghetto, das Leben als Crack-Dealer und zwei Mordanschläge überlebt. Neun Mal wurde auf ihn geschossen; den Einschusslöchern im Unterkiefer verdankt der Rapper angeblich sein charakteristisches Nuscheln.
Viel Feind, viel Ehr: Im HipHop gehören Beleidigungen und Drohungen zum guten Ton. Ob Nas gegen Jay Z, Ja Rule gegen DMX, Benzino gegen Eminem, Jermaine Dupri gegen Dr. Dre: Dissing, das wortreiche Schmähen des Gegners, hat Tradition im Geschäft mit Beats und Rhymes. Doch beim Wortgefecht per Mikrofon bleibt es schon lange nicht mehr, die in Songs geschilderten Gewaltszenarien sind grausige Realität geworden."Es gibt zwei Aspekte in der Rap-Industrie: die Plattenverkäufe und die faktische Gewalt, und die Rapper können ohne die Gewalt nicht existieren", erklärte ein in HipHop-Kreisen tätiger Ermittler unlängst der"New York Times".
AP
HipHop-Star Ja Rule: Schüsse auf das Management-Büro
50 Cent ist nur einer von vielen Rapstars, dem andere nach dem Leben trachten. 1996 wurde Tupac Shakur erschossen, ein Jahr später starb Christopher Wallace, bekannt als Notorious B.I.G., im Kugelhagel. Die beiden verband eine lange Fehde, es ging um so genannte Rhyme Skills, die Fertigkeiten am Mikrofon, und darum, welche Seite Amerikas den besten HipHop produziert: Ost- oder Westküste. Letztes Jahr dann ein weiteres prominentes Opfer: Jason Mizell, bekannt als Jam Master Jay und DJ der HipHop-Legende Run DMC, hingerichtet mit einem Kopfschuss in seinem New Yorker Studio.
Mizell hatte mit Gangster-Allüren nichts am charakteristischen Al-Capone-Hütchen, das er als ironische Reminiszenz an die Mobster-Kultur der dreißiger Jahre trug. Aber er galt als Entdecker und Mentor von 50 Cent, seine Ermordung als Warnung an den einstigen Schützling. Angeblicher Drahtzieher des Attentats: Irv Gotti, Chef des Plattenlabels Murder Inc. Records. Bei Gotti ist gleich eine ganze Riege von R&B- und HipHop-Stars unter Vertrag, unter anderem der Rapper Ja Rule. Dessen Gang hatte 50 Cent vor drei Jahren mit einem Messer attackiert, Anfang des Jahres feuerten Unbekannte sechs Schüsse auf das Büro seiner Management-Agentur.
Bei Mizells Beerdigung wurden die Trauergäste deshalb von Scharfschützen der Polizei bewacht. Im Visier der amerikanischen Fahnder ist die HipHop-Szene jedoch schon länger, seit Ende der neunziger Jahre gibt es eine Sondereinheit, exklusiv betraut mit Ermittlungen im Musikmilieu. Gotti steht ganz oben auf der Liste der Behörden, nicht nur wegen der möglichen Verstrickungen in den Mord an Mizell, sondern auch wegen Verbindungen zum organisierten Verbrechen. Dass einige Labels aus den Anfängen des HipHop als Waschanlagen für Gelder aus dem Crack-Geschäft fungierten, ist bekannt. Doch mittlerweile hat sich HipHop zur Milliarden Dollar schweren Industrie gemausert und Murder Inc. sind eines ihrer erfolgreichsten Aushängeschilder.
AP
Ermordeter Produzent Mizell alias Jam Master Jay: Warnung an 50 Cent
Es geht also um mehr als eine Handvoll Dollar und eloquentes Zähnefletschen einiger Rap-Größen. Allein die Liste der Ermittler, die in der für HipHop zuständigen Task Force versammelt sind, belegt dies eindrucksvoll: Drogendezernat, FBI, Post- und Steuerbehörde machen gemeinsam Jagd auf kriminelle Großverdiener im Musikgeschäft. Die Hintergründe sind dabei ähnlich filmreif wie die Stars im Rampenlicht. So soll Murder Inc. mit Geldern aus dem Drogengeschäft gegründet worden sein und Verbindungen mit dem Supreme Team unterhalten, einer der mächtigsten Gangs von Queens. Deren ehemaliger Chef, Kenneth Mc Griff, hat wegen Crack-Handels zehn Jahre hinter Gittern verbracht und arbeitet heute als Drehbuchautor und Produzent in der Filmabteilung von Murder Inc. Für Gotti und seine Geschäftspartner sind die Vorwürfe schlicht Nonsens; man sei mit Hilfe des Traditionslabels DefJam gestartet, nicht mit Drogengeldern.
Dennoch gehört eine kriminelle Vergangenheit für viele Rapper und ihre Fans zum unverzichtbaren Legitimitätsausweis. Gotti selber will in seiner Jugend Mixtapes für Drogendealer aufgenommen haben; sein Aufnahmestudio in Soho firmiert stolz als"Crack House". 50 Cents Vita hat das Zeug zum Polizeibericht, bereits mit zwölf übernahm er das Crack-Geschäft seiner Mutter, die bei einer Schießerei ums Leben gekommen war. Das Spiel mit Gewalt und ihren Insignien ist von der gesellschaftlichen Realität nicht mehr abzukoppeln; Kunst und Leben, Wort und Tat sind im HipHop untrennbar verbunden.
Mit 50 Cents Erfolg kehrt der auch in Musiker-Kreisen stark kritisierte Gangster-Rap zurück - und das wortmächtiger denn je. Zwar forderte DefJam-Gründer Russel Simmons eine Selbstzensur für HipHop, und Eminem sprach sogar vom Tod des Genres. 50 Cents Album"Get Rich Or Die Tryin'" jedoch ist eine Apologie auf den Künstler als Gangster. Mizells Tod löste eine Schockwelle der Bestürzung in der Rap-Szene aus und führte letztes Jahr zu einer Art Friedensgipfel in New York. Für den dort erarbeiteten Prinzipien-Code, der Rivalitäten zwischen Banden und HipHop-Gangs zukünftig schlichten soll, scheint in 50 Cents Musik jedoch kein Platz. Seine Texte malen ein düsteres Bild Amerikas, das nur das Gesetz des Stärkeren kennt. Dies verbindet ihn mit Notorious B.I.G. und Tupac, als deren Nachfolger er sich begreift: Wie sie spricht er meist von Tod, Gewalt und Trauer, wie sie hat er mehrere Anschläge überlebt. Nur konsequent also, dass er mit beiden posthume Duette aufgenommen hat.
AP
HipHop-Opfer Tupac Shakur: Gewalt, Pathos, Selbstinszenierung
50 Cents Gewaltästhetik und den damit verbunden Erfolg gegen das politische Bewusstsein älterer Reimartisten auszuspielen, greift jedoch zu kurz. Gern betrauern Kritiker nostalgisch jene Zeiten, in denen Rap-Aktivist Chuck D von HipHop als"CNN der Schwarzen" sprach. Eine Bildungs- und Kommunikations-Plattform vor allem für afroamerikanische Jugendliche ist HipHop aber noch heute, daran kann seine weltweite Vermarktung nichts ändern. Und 50 Cents Erfolg gründet nicht ausschließlich im Marketing-Talent des Produzenten Dr. Dre, sondern in den zahlreichen exzellenten Mixtapes und Bootlegs, die der Rapper Jahre vor seinem Durchbruch, weitab vom Mainstream, in Umlauf brachte.
Bei den diesjährigen MTV Music Awards erschien 50 Cent im nadelgestreiften Mafioso-Outfit, eine Erscheinung, in der die zentralen Konstanten amerikanischer Kultur - Gewalt, Pathos und Selbstinszenierung - zur Kunstfigur verschmolzen. Ihre Herkunft kann und will sie - trotz allen Glamours - aber nicht verleugnen: Es sind die Kriegsgebiete jener Großstadt-Ghettos, die Crack-Handel und Waffengewalt geschaffen haben.
--------------------------------------------------------------------------------
50 Cent auf Tournee in Deutschland: 21.09.03 Berlin, Arena; 22.09. München, Zenith
--------------------------------------------------------------------------------
|
-->Wenn 50 Cent gefragt wird, warum er zum Crack Dealer geworden ist, spricht er gerne von der speziellen"environment" der Ghettos, die ihn dazu gezwungen hat.
In den Ghettos der Schwarzen, wie auch in der Reservate der Indianer, sind die
die Möglichkeiten, Karriere auf den"gesellschaftlich üblichen Arbeitswegen" zu machen, durchaus beschränkt. Ich denke dahinter steckt System.
Den Schwarzen und den Indianern werden systematisch Steine in den Weg gelegt, damit sie nicht auf direktem Wege zu Erfolg und Macht gelangen. Wenn sie darauf hin auf Umwegen, wie Musik und Casinos, plötlich sehr viel Geld machen, ist die Überraschung groß. Nun beschweren sich alle, daß sie ja nicht alle üblichen Stationen der Verantwortung durchlaufen haben.
Ich bin zwar entschieden gegen die Verherrlichung von Gewalt und Drogen, aber auch hier denke ich, ist das besonders in Amerika nicht allein ein Problem des Hip Hops.
>Lächerlich sind auch die andauernden Bezeichnungen von wegen"erfolgreichster Rapper aller Zeiten". Jede Plattenfirma hat ca. 5-10 davon. Das ist doch alles nur hohle Marketingstrategie.
Wenn du den Verkaufcharts glauben willst, hat er tatsächlich in Amerika die meisten Platten verkauft.
|