dottore
20.09.2003, 21:17 |
Gewalttheorie der Wirtschaft - nochmals die Bestätigung (mit O-Ton ex Michigan) Thread gesperrt |
-->Hi,
die von mir eingeführte Gewaltttheorie als Ursprung des mit Hilfe von bewaffneten Zwangs betriebenen Produzierens, aus dem sich das heutige"Wirtschaften" in der Heinsohn-Steiger'schen Definiton mit meiner"Vorschaltung" des bewaffneten Zwangs ergibt (Abgaben, Handel, Arbeitsteilung, Kontrakte, Zins, Geld usw.) darf ich in aller Bescheidenheit als hier bekannt voraussetzen.
Nun ergibt sich aus der hier ausführlich bereits vorab diskutierten Oaxaca-Studie dieser Text [Anmerkungen in Klammern]:
"While such [frühere] societies may have individual homicide (and capital punishment for it), group violence is rare.
[Klar, man hatte weder permanente Territorium noch einen sich daraus bei überschüssiger Menschenproduktion, die nicht auf andere Territorien (außer auf die bekannten"Dorfringe", siehe Bernbeck) ausweichen konnten, ergebenden permanenten Druck; der hier vermeldete homicide ist eine innersozialstrukturelle Angelegenheit, wie sie bei allen sog. Stammesgesellschaften vorkommt, siehe die frühen Strafrechtskataloge dazu].
The case was different among societies divided into equivalent segments, such as patrilineal, matrilineal, or ancestor-based cognatic descent groups, which combine into progressively more inclusive units.
Such segmentary societies (which are usually agricultural, but can include foragers) display a principle Kelly*) calls social substitutability. The killing of any member of another segment is considered a group offense, and can be avenged by killing any member of the offender’s segment.
Raiding thus begins as group vs. group social action, and can escalate into war as societies grow in scale and complexity.
[Immer noch Gruppe (Stamm) gegen Gruppe; diese Kriege sind zeitlich begrenzte Kloppereien ohne ökonomische Dauerfolgen}
A significant observation by Kelly is that raiding often begins in the richest environments,
[Das ist der Knackpunkt, auf den ich noch und noch abgehoben hatte: In den reichsten (!) Gegenden geht - nach Territorienbildung, das Wort"environment" ist hier nicht sauber definiert - die Menschenproduktion am schnellsten voran und damit als automatische Folge der Subsistenzdruck]
where societies ‘‘can afford to have enemies for neighbors’’; conditions of scarcity encourage mutually beneficial cooperation.
[Kooperationen innerhalb der betreffenden"Gemeinschaften" und nicht etwas"überlokal", siehe dazu auch die Bernbeck-Debatte]
The higher the population, the greater the storage facilities, and the more reliable the surplus, the greater the likelihood for segmentary organization and war.
[Die Segmente bedeuten: Es können nach higher population die human ressources for attack und ergo war entstehen; die storage facilities waren die schon z.B. die bei Bernbeck erscheinden Wechsel zur Großkeramik]
[/i]The Evidence from Oaxaca[/i]
Kelly’s model can be tested in the Valley of Oaxaca, 400 km south of Mexico City, owing to collaborative research by the Universities of Michigan (6), Purdue (7), Georgia, and Wisconsin (8), and the American Museum of Natural History (9).
Armed conflict in Oaxaca seems to have begun as raiding, involving killing, burning, and captive taking but no permanent acquisition of territory.
[Die - siehe Oppenheimer - klassische erste Phase des hit & run - das bekannte"Beutemachen"]
By the time sixteenth-century Spanish eyewitnesses arrived, the Zapotec-speaking inhabitants of the valley had armies with noble officers and commoner footsoldiers, waging wars that produced tribute from conquered territories."
[Nachdem das Tributsystem etabliert ist, was immer Territorienbildung (ex"Dörfern") voraussetzt, wobei sowohl der Tributfordernde als auch der Tributpflichtige lokalisiert sein müssen, ergeben sich Hierarchiebildungen, Kriegerkasten usw., da der Tribut, im Gegensatz zur Beute, eine permanente Einrichtung ist, müssen dann auch armies, konkret"standing armies" - etabliert werden]
*) Kelly, R.C.:"Warless Societies and the Origin of War", 2000.
Schönen Dank fürs Interesse und sonnigen Sonntag!
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Galiani
20.09.2003, 23:51
@ dottore
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@dottore |
-->Hallo
Ich möchte mich zwar (aus Zeitmangel) nicht weiter (und tiefer) an der Debatte über die Gewalttheorie beteiligen. Ich fürchte aber, daß Sie Forschungsergebnisse, die doch (zumindest prima vista) Ihrer Gewalttheorie schlagend widersprechen, mit der Ihnen eigenen Sprachgewalt einfach weg-erklären und in ihr exaktes Gegenteil umdeuten. Vor allem stoße ich mich an Ihrer Interpretation (bzw. Übersetzung) des terminus"rich environment". Sie machen da doch das exakte Gegenteil aus dem, was gemeint ist; finde ich...
Grüße
G.
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Tassie Devil
21.09.2003, 02:51
@ dottore
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Re: Rich Environment |
-->>A significant observation by Kelly is that raiding often begins in the richest environments,
>[Das ist der Knackpunkt, auf den ich noch und noch abgehoben hatte: In den reichsten (!) Gegenden geht - nach Territorienbildung, das Wort"environment" ist hier nicht sauber definiert - die Menschenproduktion am schnellsten voran und damit als automatische Folge der Subsistenzdruck]
>where societies ‘‘can afford to have enemies for neighbors’’; conditions of scarcity encourage mutually beneficial cooperation.
Hi dottore,
Kelly meint mit dem Begriff"richest environments" die reichsten Gegenden im Sinne des gesamten Umfeldes, dazu koennen auch durchaus naturgegebene Eigenheiten zaehlen, die dort Ansaessige ggf. auf ihrem eigenen Territorium zu ihrem Vorteil nutzen.
Wenn Kelly feststellt, dass sich in einem solchen Umfeld Leute leisten koennen, Nachbarn zu Feinden zu haben, dann muss es offensichtlich Reibungspunkte geben, die aus einseitiger Vorteilnahme/Inbesitznahme naturgegebener Einrichtungen herruehren, was regelmaessig dann zu nachbarlichen Feindschaften fuehrt, wenn die einseitige Vorteilnahme messbare Nachteile bei der Nachbarschaft erzeugt.
"Environment" passt schon, wenn man auch die von der Natur erzeugten"Reichtuemer" miteinbezieht, was aber wiederum nicht heissen soll, dass solche Naturgegebenheiten stets ohne jede menschliche Zuarbeit vorteilhaft vereinnahmt werden koennen.
>*) Kelly, R.C.:"Warless Societies and the Origin of War", 2000.
>Schönen Dank fürs Interesse und sonnigen Sonntag!
Weiter so! [img][/img]
Gruss
TD
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Bob
21.09.2003, 14:07
@ Galiani
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Re: @dottore - ja Galiani, sehe ich ähnlich |
-->>Hallo
>Ich möchte mich zwar (aus Zeitmangel) nicht weiter (und tiefer) an der Debatte über die Gewalttheorie beteiligen. Ich fürchte aber, daß Sie Forschungsergebnisse, die doch (zumindest prima vista) Ihrer Gewalttheorie schlagend widersprechen, mit der Ihnen eigenen Sprachgewalt einfach weg-erklären und in ihr exaktes Gegenteil umdeuten. Vor allem stoße ich mich an Ihrer Interpretation (bzw. Übersetzung) des terminus"rich environment". Sie machen da doch das exakte Gegenteil aus dem, was gemeint ist; finde ich...
>Grüße
>G.
Hi,
Reichtum kommt also vor Gewalt. Das ist ja auch common sense, da man zum Kriegführen erstmal Überschüsse haben muß. Wo soll der Reichtum denn schon herkommen, wenn nicht aus einer Art arbeitsteiliger Tauschwirtschaft, die dann logo schon vor der Gewalt da gewesen sein muß.
bob
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Kris
21.09.2003, 15:41
@ dottore
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Krieg und Leichen - die letzte Hoffnung der Reichen |
-->Der Klassiker ist wieder aktuell:
http://www.preussen-chronik.de/vollbild.jsp?key=Bild_692
Telepolis hat das Thema auch behandelt:
http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/lis/15665/1.html
<ul> ~ Telepolis hat das Thema auch behandelt:</ul>
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Kris
21.09.2003, 15:41
@ dottore
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Krieg und Leichen - die letzte Hoffnung der Reichen |
-->Der Klassiker ist wieder aktuell:
http://www.preussen-chronik.de/vollbild.jsp?key=Bild_692
Telepolis hat das Thema auch behandelt:
http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/lis/15665/1.html
<ul> ~ Telepolis hat das Thema auch behandelt:</ul>
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Liated mi Lefuet
21.09.2003, 16:30
@ Bob
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Re: @dottore - ja Galiani, sehe ich ähnlich |
-->Sali Bob, Galiani et al:
<ul><ul><font color=red>Galiani: Ich möchte mich zwar (aus Zeitmangel) nicht weiter (und tiefer) an der Debatte über die Gewalttheorie beteiligen. Ich fürchte aber, daß Sie Forschungsergebnisse, die doch (zumindest prima vista) Ihrer Gewalttheorie schlagend widersprechen, mit der Ihnen eigenen Sprachgewalt einfach weg-erklären und in ihr exaktes Gegenteil umdeuten. Vor allem stoße ich mich an Ihrer Interpretation (bzw. Übersetzung) des terminus"rich environment". Sie machen da doch das exakte Gegenteil aus dem, was gemeint ist; finde ich...</ul></ul></font>
<ul><font color=blue>Bob: Reichtum kommt also vor Gewalt. Das ist ja auch common sense, da man zum Kriegführen erstmal Überschüsse haben muß. Wo soll der Reichtum denn schon herkommen, wenn nicht aus einer Art arbeitsteiliger Tauschwirtschaft, die dann logo schon vor der Gewalt da gewesen sein muß.</ul></font>
Ich habe dottore anders verstanden,als ihr Beiden. Es ist [auch Dottore] bekannt, dass z.B: die Dörfer('Städte')in den Anfängen der Zivilisation zunächst ziemlich friedlich waren.
Als Beispiel wäre die alteuropäische Vinca-Kultur (6500-3500 v.Chr.) zu nennen, die in Städten (bis 20 Hektaren gross) gelebt habe.(Vgl. Haarmann). Die friedliche Vinca-Kultur - die lt. Haarmann von Südost-Europa, Balkan, bis zu Karpaten reichte- wurde in kurzer Zeit von gewalttätigen Invasoren brandgeschanzt und ausgelöscht: Diese brutalen Invasoren waren die Indogermanen, unsere Vorfahren:-(
Oder die Beginn der Städtekultur in Mesopotamien gegen Ende des 4. JT. v. Chr. war zunächst friedlich, wie z.B. Menger ausdrücklich betont. Es waren religiöse Gemeinschaften, ähnlich einem Kibbuz. Man lebte in autonomen Städten, sogen. Tempelhaushalte, produzierte kooperativ. Die Städte trieben untereinander ausgiebig Fernhandel. Aber nicht mit einem Standard-Tauschmittel, sondern durch gegenseitige Verrechnung der Lieferungen/Gegenlieferungen auf Tontäfelchen(Vgl. Menger, Nissen et al.). (Oder wie heute man sagen würde: Skontrieren, 'gegenseitig Aufrechnen', 'bargeldloses Netting' via Kredi/Debit-Konti etc.). Im Laufe der Jahrhunderte wandelte sich die mesopotmische Städtekultur um von religiös(Priester) zu weltlich(Könige). Produktionsweise änderte sich von kooperatieren zu konkurrenzieren. Ca. gegen Mitte des 3. JT. v. Chr. flackerten erste kriegerische Konflikte in Mesopatimen auf, deren Intensität(Sprich: Brutalität) im Laufe der Generationen immer mehr zunahmen und zu wachsenden/schrumpfenden Machtsphären führten, die sich seit damals bis heute bekämpfen(-> 'Machttheorie'). Mit andern Worten: Ich nehme Dottore so wahr, dass er Ursachen/Gründe für den Übergang von friedlicher zu Unterdrückungs-Kultur zu analysieren/zu verstehen sucht.
Grüsse an euch Beide und in die Runde
Liated
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Liated mi Lefuet
21.09.2003, 16:39
@ Liated mi Lefuet
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Korrektur: Sollte heissen:..von kooperieren zu konkurrenzieren |
-->Liated schrieb:... Produktionsweise änderte sich von kooperatieren zu konkurrenzieren...
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dottore
21.09.2003, 19:12
@ Galiani
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Re: Alles lief total gewaltfrei ab? Beweis: |
-->>Hallo
>Ich möchte mich zwar (aus Zeitmangel) nicht weiter (und tiefer) an der Debatte über die Gewalttheorie beteiligen. Ich fürchte aber, daß Sie Forschungsergebnisse, die doch (zumindest prima vista) Ihrer Gewalttheorie schlagend widersprechen, mit der Ihnen eigenen Sprachgewalt einfach weg-erklären und in ihr exaktes Gegenteil umdeuten. Vor allem stoße ich mich an Ihrer Interpretation (bzw. Übersetzung) des terminus"rich environment". Sie machen da doch das exakte Gegenteil aus dem, was gemeint ist; finde ich...
>Grüße
>G.
Hi Galiani,
das Folgende aus dem Text des Aufsatzes entnommen.
Das rich environment ist just jene Gegend, wo sich jene niederlassen, die sich bis dahin als warless society ("small and nomadic") in der archaic period 10.000 - 4.000 B.P. verhalten hatten (zwischen 4 und 30 Mitglieder).
Etwas vor 3.600 B.P."village life was established", es handelte sich im Tal schließlich um 19 Dörfer.
Ein Haus (Nr. 19) im Erstdorf San José"had been burned, possibly during a raid by a rival village". Warum hat welches Nachbardorf den Überfall veranstaltet?
"It appears that during this time, the western periphery of San José Mogote was defended by a palisade".
Warum und gegen wen wurden die Palisaden errichtet?
[Meine Erklärung ist bekannt: Das rich environment führte aufgrund der dadurch möglich Menschenproduktion zur Anlage weiterer Dörfer; diese wurden gegenüber San José tributpflichtig, da San José das stärkste Dorf war und sich in seiner Eigenschaft als Alpha-Dorf gegen die anderen Dörfer mit Hilfe von Palisaden schützen musste.
Wie das Beta-Dorf Fábrica San José, siehe gleich, zeigt, muss es angegriffen worden sein; dies kann nach Lage der Dinge - da es keine weiteren Dörfer als jene des gesamten von San José Mogote ausgehenden Komplexes gab - nur das stärkste Dorf, also San José selbst gewesen sein]
In der San José-Phase (3100-2800)"San José Mogote's population grew to more than 1000 persons, evidently making it secure enough to expand beyond the palisade".
Nachdem es mehr als 1 Dorf gegeben haben muss und es bereits Auseinandersetzungen gegeben hatte, warum, wohin und in welcher Form fand die expansion statt?
In der Guadalupe-Phase (2800-2650) hatte das San José-Zentrum"satellite villages", darunter ein Satellitendorf Fábrica San José, in dem 3 Häuser eingeäschert wurden.
Warum und von wem wurden die Häuser eingeäschert?
Danach, in der Rosario-Phase (2650-2450) entstanden drei Zentren im Valley. Mitten in dieser Phase wurde San José Mogote angegriffen und sein Haupttempel (structure 28) niedergebrannt:"So intense was the fire that the clay of the temple walls was reduced to vitrified cylinders".
Wer hat den Tempel eingeäschert?
Beim gleich daneben neu erbauten Tempel (structure 37) wurde ein carved stone gefunden:"The carving, known as Monument 3, depicts the naked corpse of a captive whose heart has been removed."
Wer hat den Mann geschlachtet und waruum?
"Between his feet is the Zapotec hieropglyph for his name. This stone would appear to commemorate the sacrifice of a chiefly rival taken in combat."
Wer hat gegen wen gekämpft und warum?
"It is likely that by 2000 B.P., only 1200 years since the first palisaded village, the Zapotec were already waging war on a scale witnessed by the 16-century Spaniards."
[Zum Tributphänomen wurde bereits gepostet].
Alles lief also irgendwie ganz friedlich ab.
Nun kommen wir noch zur Frage, ob denn erst Hierarchien (Aubsbildung von"ranks") entstanden seien, aus denen sich Machtausübung im Inneren oder Gewaltausübung nach außen quasi"automatisch" ergaben. Marcus /Flannery hatten dies bereits in ihrem Buch"Zapotec Civilization - How Urban (!) Society Evolved in Mexico's Oaxaca Valley" (1996) zu beantworten versuchtund legten dies auf die Jahre 1150 - 850 BC (S. 93), also erheblich später als die Palisaden- und Ersteinäscherungsphase von ihnen inzwischen datiert wird. [Siehe oben].
Ihr damals gebrachter Hinweis auf Edmund Leach (1954) auf die egalitären Kachin in Burma ist leider irreführend (ähnlich Jonathan Friedman 1979), da diese Nachbarn einer bereits hierarchischen Struktur waren (Shan kingdoms) und sich hierarchische Strukturen leicht über egalitäre stülpen lassen (siehe auch"Eroberervölker").
Für mich steht demnach bis auf weiteres, zumal nach dem hier inzwischen bestens bekannten Bernbeck-Modell (50 ff.) fest, dass der Einsatz von bewaffnetem Zwang aus egalitären Gesellschaften kommt (und erst nach dessen Einsatz hierarchische Strukturen, siehe auch die Zapoteken-Entwicklung, entstehen).
Deshalb ist der Mensch nicht"böse" oder wurde"Böse" (Gendefekt-Theorie usw.), sondern er verhält sich absolut rational: Er erkennt, dass sich die Abforderung der Arbeit anderer mit Hilfe von bewaffnetem Zwang (statt die Arbeit selbst zu leisten) als die für ihn produktivste Form des Produzieren darstellt.
Alles, was man dazu benötigt, sind mehrfach zu verwendende Waffen und/oder entsprechende Überschusspopulation. Wozu lange Zeit damit verschwenden, selbst etwas (außer Waffen und/oder Menschen) zu produzieren, um es anschließend mit anderen zu"tauschen" versuchen, die ebenfalls lange an einem Produkt arbeiten müssen - statt es ihnen einfach mit Einsatz von Gewalt zu nehmen (Beute) bzw. sie auf Dauer dazu zu zwingen, es abzuliefern (Tribut)?
Die Tauschtheorie ist sowohl von der historischen Evidenz her betrachtet als auch aus theoretischen Gründen selbst in jeder Beziehung der Gewalt-, Zwangs-, Abgaben- und Schuldtheorie unterlegen.
Das"Wirtschaften" ist ein response auf Gewalt, Zwang, Abgaben und Schuld, da es versucht, diesen zu entkommen bzw. diese zu unterlaufen (Produktivitätssteigerung des"Unterlegenen") und nicht ein response darauf, ein angebotenes Tauschobjekt (oder eine Tauschleistung) durch"verbesserte" Tauschobjekte oder -leistungen in Richtung auf ein gegenseitiges "Hochtauschen" zu toppen.
Wirtschaften ist Müssen (Debitismus), nicht Wollen (Schalmeientheorie).
Noch einen schönen Sonntagabend + besten Gruß!
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dottore
21.09.2003, 19:21
@ Bob
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Re: Leider ähnlich falsch |
-->>>Hallo
>>Ich möchte mich zwar (aus Zeitmangel) nicht weiter (und tiefer) an der Debatte über die Gewalttheorie beteiligen. Ich fürchte aber, daß Sie Forschungsergebnisse, die doch (zumindest prima vista) Ihrer Gewalttheorie schlagend widersprechen, mit der Ihnen eigenen Sprachgewalt einfach weg-erklären und in ihr exaktes Gegenteil umdeuten. Vor allem stoße ich mich an Ihrer Interpretation (bzw. Übersetzung) des terminus"rich environment". Sie machen da doch das exakte Gegenteil aus dem, was gemeint ist; finde ich...
>>Grüße
>>G.
>Hi,
>Reichtum kommt also vor Gewalt.
Warum Gewalt, wenn man eh schon reich ist?
>Das ist ja auch common sense, da man zum Kriegführen erstmal Überschüsse haben muß.
Man braucht Menschen und Waffen, siehe Posting an Galiani. Ansonsten bedient man sich per Beute, weil man ohne Aussicht auf Beute und/oder Tributeinforderungsmöglichkeit wohl nicht angreifen würde. Wer greift wohl ins Niemandsland an? Wen dort?
>Wo soll der Reichtum denn schon herkommen, wenn nicht aus einer Art arbeitsteiliger Tauschwirtschaft, die dann logo schon vor der Gewalt da gewesen sein muß.
Arbeitsteilung (außerhalb von Familie und Stamm) bedeutet Kontrakte. Wer sorgt für die Exekution der Kontrakte? Logo muss also die Gewalt vor dem Kontrakt kommen, denn wer schließt denn einen Kontrakt, der eh nicht vollstreckt werden kann, weil die Gewalt dazu fehlt?
Gruß!
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Uwe
21.09.2003, 19:49
@ dottore
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Re: 'Ei-Huhn / Huhn-Ei' - Problem? |
-->dottore:[i] Nun kommen wir noch zur Frage, ob denn erst Hierarchien (Aubsbildung von"ranks") entstanden seien, aus denen sich Machtausübung im Inneren oder Gewaltausübung nach außen quasi"automatisch" ergaben. Marcus /Flannery hatten dies bereits in ihrem Buch"Zapotec Civilization - How Urban (!) Society Evolved in Mexico's Oaxaca Valley" (1996) zu beantworten versuchtund legten dies auf die Jahre 1150 - 850 BC (S. 93), also erheblich später als die Palisaden- und Ersteinäscherungsphase von ihnen inzwischen datiert wird. [Siehe oben].[/i]
Erst einmal: Danke, dottore,
für das Vorranbringen des Themas und die in diesem Zusammenhang vorgebrachten Einsichten.
Was ich jedoch aus meinem Verständnis nicht nachvollziehen kann, ist die Antwort, wie es ohne ein mehr oder weniger an Hierarchie in der Gruppe der Angreifer, zu dem Vorhaben kommen kann, ein"Gegenüber" in Tributpflicht zu nehmen und die erzielten Einnahmen im innern zu"verwalten".
Es ist ein Detail, was mich die Dinge z.Z. noch anders sehen läßt, jedoch, sobald Gewaltmacht vorhanden, kann ich keinen anderen Weg beschrieben, als den von dir vorgestellten. Von daher gesehen mag meine Frage eher"akademischer" Natur sein und anmuten, wie die Frage des"Ei-Huhn/Huhn-Ei"-Problem, doch meine ich, dass wenn etwas für die von mir angesprochen Reihenfolge spricht, die"Gewaltmacht" über Kontrolle durch"Expertenmacht" ersetzt werden könnte.
Einen guten Start in die Woche, wünscht
Uwe |
dottore
21.09.2003, 21:51
@ Uwe
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Re: Niemand ist mehr Kleinbürger als ein General a.D. |
-->Hi Uwe,
>Was ich jedoch aus meinem Verständnis nicht nachvollziehen kann, ist die Antwort, wie es ohne ein mehr oder weniger an Hierarchie in der Gruppe der Angreifer, zu dem Vorhaben kommen kann, ein"Gegenüber" in Tributpflicht zu nehmen und die erzielten Einnahmen im innern zu"verwalten".
Es muss in der Angreifergruppe Hierarchien geben, wenn sie einen Anrgiff organisieren will. Danach nicht mehr. Niemand ist machtloser als ein General a.D. Kießling war Stellv. NATO-Chef (4 Sterne). Heute sitzt er in einer 3-Zimmer-Wohnung in Rendsburg und fährt mit dem Radl rum. McArthur hätte China erobern können und starb einsam als Witzfigur.
Sicher sind zwei Befunde: In Oaxaca und in Tell-es-Sawwan gab's egalitäre Binnenstrukturen und dennoch kriegerische Auseinandersetzungen (denn warum sonst Mauern oder Palisaden?), also Hierarchien im"Außendienst".
Oder das simple Jäger-Modell: 3 jagen, einer ist Chef, weil die Jagd sonst nicht funktioniert. Das Tier wird erlegt, zu Hause wird dann in der ganzen Horde (20 Leute oder so) komplett gleich geteilt - wieso auch nicht?
Schönen Wochenstart wünsche ich auch.
Gruß! |
LenzHannover
21.09.2003, 23:17
@ Bob
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Re: Welcher Reichtum? |
-->Mein Nachbar arbeitet und ich investiere in den Bereiche klauen / erpressen (z.B. eine Keule schnitzen) und kassier dann ab. Weil dies wenig arbeit macht, kann dies Verfahren noch bei diversen anderen durchgeziehen.
Von daher kommt der Reichtum von/nach der Gewalt.
Die Klau-Version ist im Tierreich oft anzutreffen, warum soll es bei uns anders gewesen sein?
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Bob
21.09.2003, 23:34
@ dottore
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Re: Leider ähnlich falsch |
-->Hi,
>>Reichtum kommt also vor Gewalt.
>Warum Gewalt, wenn man eh schon reich ist?
Aus Langeweile, speziell aus der Langeweile, die von der Dauerarbeitslosigkeit kommt (siehe: Heckenschützen, Amokläufer, Selbstmordattentäter, 1. WK, 2. WK etc pp.).
>Arbeitsteilung (außerhalb von Familie und Stamm) bedeutet Kontrakte. Wer sorgt für die Exekution der Kontrakte?
Wer sorgt für die Exekution von Kontrakten? Ganz einfach, da achtet der Händler selbst drauf. Wenn er es ein, zweimal nicht tut, ist er raus aus dem Spiel und kann fürderhin mit sich selbst tauschen. Der einzige und beste Gund, Kontrakte zu erfüllen, ist der, daß man in die nächste Runde will. Warum will man in die nächste Runde? weil man besser essen möchte.
Gruß!
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Popeye
22.09.2003, 05:47
@ dottore
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Re: Alles lief total gewaltfrei ab? Mehr zu lesen - für @dottore u.a. |
-->Übersicht über die wichtigsten Theorieansätze:
Major Theories for the Origins of the State
Text_1
Ein alter ego von Franz Oppenheimer aber etwas differenzierter und mit einer vielleicht nützlichen Unterscheidung zwischen government und state:
Our Enemy, The State
by Albert J. Nock - 1935, CHAPTER 2
Text_2
Gegenüberstellung von zwei wichtigen Theorieansätzen:
Carneiro, Robert L., A Theory of the Origin of the State. Institute for Humane Studies, Inc., Menlo Park, California, 1970 und
Service, Elman R.. Origins of the State and Civilization: The Process of Cultural Evolution. New York: W.W. Norton & Company, 1975 am Beispiel der Zulus in:
WARFARE, POLITICAL LEADERSHIP, AND STATE FORMATION:
The Case of the Zulu Kingdom, 1808-1879
Text_3
Grüße
Popeye
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