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30.09.2003
Kommentar
Jürgen Elsässer
Putins Ã-lwaffe
Rußlands Präsident gibt in Camp David nicht nach
Prima Klima am Wochenende auf dem Gipfel in Camp David, aber keinerlei greifbare Ergebnisse: Bush sprach von einem »großartigen« Dialog und lobte Putin als »guten Kerl«, der Russe aber revanchierte sich nur mit seinem schönsten KGB-Lächeln und gab ansonsten in keiner einzigen Streitfrage nach. Weder machte er konkrete Zusagen für eine russische Unterstützung des Okkupationsregimes im Irak, noch versprach er eine Reduzierung der russischen Nuklearexporte in den Iran. Last not least schloß er sich »faktisch der Forderung Pjöngjangs nach einer amerikanischen Sicherheitsgarantie als Vorleistung für den Verzicht Nordkoreas auf die Fortsetzung des verbotenen Nuklearwaffenprogramms an« (FAZ).
Warum war der Texaner dennoch so happy? Entweder konnte er seinem Gegenüber geheime Zusagen abhandeln, von denen die Ã-ffentlichkeit erst nach den Duma-Wahlen im Dezember erfahren wird. Oder Bush machte gute Miene zu Putins bösem Spiel, weil dieser mittlerweile am längeren Hebel sitzt. Die US-Amerikaner haben bekanntlich Probleme mit ihrer Energieversorgung. Mitte August gingen in God¹s own country vorübergehend die Lichter aus, die Pipelines in Afghanistan und Irak konnten wegen der anhaltenden Anschlagstätigkeit der Islamisten noch nicht in Betrieb genommen werden, beim zweitwichtigsten Ã-llieferanten Venezuela hat sich Präsident Chávez gegen alle Putschversuche der CIA behauptet. Einen Ausweg könnten die russischen Ã-l- und Gasreserven bieten, und tatsächlich hat Putin offeriert, bereits ab 2007 schwarzes Gold aus Sibirien in die USA zu liefern. In Washington war man hocherfreut, weil man sich in den vergangenen Jahren in die russischen Energiemonopole eingekauft hat. Insbesondere die Oligarchen Chodorkowski und Beresowski agierten mehr im Interesse Washingtons als Moskaus, transferierten Milliardenprofite auf Schwarzkonten ins Ausland und holten sich US-Manager in die Chefetagen ihrer Konzerne Jukos, Sibneft und TNK.
Doch Putin hat eine Gegenoffensive eingeleitet. Wirtschaftsminister Gref hat deutlich gemacht, daß die Ã-l- und Gasexporte in die USA ausschließlich über die staatsnahen Firmen Gazprom, Rosneft und Lukoil laufen sollen. Diese werden von ehemaligen KGB-Leuten geführt, zu denen Putin aus seiner Petersburger Zeit enge Kontakte hat. Gegen Beresowksi und andere US-nahe Gangsterkapitalisten laufen Strafverfahren, selbst mit einer Renationalisierung ihrer Konzerne wird bisweilen gedroht. Der Machtverlust seiner Moskauer Helfershelfer zwingt die USA zum Arrangement mit dem Kreml  das gab es schon lange nicht mehr.
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