dottore
02.11.2000, 21:00 |
@boso, Luschi, Bernd, R.Deutsch, Oldy - Silber und die Preise im 16. Jh. Thread gesperrt |
Hi boso (Und Ihr anderen) -
jetzt aber!
Seit der grundlegenden Schrift von Hamilton"American Treasure and the Price Revolution in Spain 1501-1650" (1934), gilt eine monetaristische Sicht, wonach mehr Edelmetall aus Amerika = höhere Preise in Spanien (und später auch in ganz Europa).
Die von H. angeführten Preise in Valencia sind allerdings bis 1560 praktisch kaum gestiegen und beginnen erst danach mit ihrem scharfen Schub nach oben, verdoppeln sich bis 1580/90 und verdreifachen sich bis 1610 ff.
So weit so gut. Die Quellenlage ist einwandfrei. Im Archiv von Sevilla (von mir bereits vor Jahren schon eingesehen) liegen sämtliche Verzeichnisse der Schiffsladungen (S. war der Monopolhafen) und sind von Pierre Chaunu und seiner Frau Huguette ("Seville et l'Atlantqiue", Paris 1977 usw.) in mehreren Bänden veröffentlicht worden. Dieses Archiv dient übrigens auch als Fundgrube für die diversen Schatzsucher, die nach gesunkenen Schiffen suchen und auch schon viele gefunden haben.
Bedenklich stimmt dabei, dass Spanien trotz dem Silberzuflusses (Gold spielt wie schon erwähnt nur eine winzige Nebenrolle) diverse Male Staatsbankrott (!) gemacht hatte, so 1557, 1575 und 1595/96. (Ausführlich dazu: Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, 2 Bde, 1912). Dass einem so silberreichen Land solches widerfahren musste (vgl. auch schon das ähnliche Theater mit Sigismund dem Münzreichen, dem ersten, der überhaupt Guldengroschen = Silber in Parität zum Goldgulden geprägt hatte, wie schon erwähnt, woraufhin die Fugger die Tiroler Gruben in die Hand bekommen haben), muss natürlich stutzig machen.
Und schon sind wir wieder bei meinem Liebling, dem Debitismus (!), wonach nicht das Geld die Preise macht, sondern der Kredit.
Die Preisinflation kam keineswegs, weil die spanische Krone immer mehr"Geld" ausgab, sondern, dass sie im Vorgriff auf künftig zu erwartende Silberanlandungen immer höhere Wechsel zog, vornehmlich bei den Genuesern.
Selbst eine so eingefleischte Monetaristin wie Anna J. Schwartz (Friedman-Kompagneuse) ist von der Geld-macht-Inflation-These deutlich abgerückt, wie in ihrem Aufsatz"Secular Price Change in Historical Perspective", in: Journal of Money, Credit and Banking 1973) unschwer nachzulesen. Selbst Hamilton war seine simple Darstellung nicht geheuer, rückte er doch von ihr betreffend das frühe 16. Jh. schon in seinem obigen Opus ab.
Auch der bedeutende Franzose Michel Morineau ließ diese Sicht der Dinge komplett fahren ("Incroyables gazettes et fabuleux métaux", 1985). Summa: Mit"Geld" habe die sog. Preisrevolution des 16. Jh. nichts zu tun. Morineau bezweifelt sogar weite Teile der Preisrevolution, vgl."D'Amsterdam à Séville: De quelle realité l'Histoire des prix est-il le miroir?" (1968) und der wirklich exzellente Carlo Cipolla (jüngst verstorben)"La prétendu 'révolution des prix'" (1955).
Zwischenzeitlich sind für viele andere Länder die gleichen Ergebnisse zu beobachten: es gibt mehr oder weniger Inflation, aber sie hat nichts mit den Edelmetallzuflüssen zu tun. Wir können also mit einem ruhig-getragenen"Ich hatte einen Kamer-aa-aa-aden.." uns ein für alle Mal vom Monetarismus verabschieden (womit auch Oldy seine Waage einpacken kann). Davon hatte ich mich - aus theoretischen Gründen - übrigen schon vor mehr als 10 Jahren gelöst, wobohl ich Schüler und glühender Verfechter von Milton Friedman war, wie allseits bekannt.
Milt ist Mechaniker, aber mit"Mechanismen" bekommt man zwar einen Nobelpreis, aber von Wirtschaft hat man dennoch k e i n e Ahnung. Was auch bei einem ohne Lebensstress dahin plätschernden Professor nicht anders erwarten werden darf (sorry, Milt, I told you so!).
Den Schlüsselsatz liefert Ehrenberg (I, S. 350, dritte Zeile von unten), wo er zitiert,"dass die Genuesen mehr Papier als Baargeld haben".
Das Papier, alias die von der Krone hereingenommenen Schuldscheine haben den inflationären Effekt bewirkt. Der klassische Beweis der debististischen These! Nachfrage wird nicht mit"Geld" entfaltet, sondern per Kredit.
Noch zum"spanischen Silber": Dazu ausführlich Schrötter, Wörterbuch der Münzkunde 1930, Stichwort"Peso" (S. 503). Die Spanier teilten die Silberbarren in einzelne Teile (= peso, auch pezzo, auch pièce) und ab Mitte der 1530er Jahren prägten sie den Dreck wie die Teufel."In Mexiko sind allein 1537 bis 1888 über drei Milliarden Stück entstanden."
Die Pesos wurden aber nicht als"Netto-Geld" in Umlauf gebracht, sondern ausschließlich als Mittel, um bereits entstandene (!!!) Schulden zu decken bzw. zu bezahlen. Deshalb schreibt auch ein Zeitgnosse, das Silber flösse wie ein reissender Strom durch Spanien und würde alles mit sich reißen und ein elendes Land zurücklassen.
Ich hoffe, damit etwas Licht ins Dunkel gebracht zu haben und würde mich über weitere Fragen freuen.
Allzeit bereit,
d.
Ich darf mir erlauben, noch ein Mal zu betonen, dass es mir nicht auf Rechthaberei ankommt. Das interessiert mich nicht. Ich habe eine in sich schlüssige Theorie der Wirtschaft entwickelt, die bisher an keiner Stelle widerlegt werden konnte. Die Schwachpunkte liegen immer auf der anderen Seite, bei der abenteuerlichen Geldtheorie von Prof. Hajo Riese (gell, Bernd, gib's endlich zu), bei den wissenschaftlich bodenlosen Behauptungen von Prof. H-J. Stadermann (Luschi, ich warte noch auf diverse Antworten) und auf solchen Gemeinplätzen wie der von Prof. Hamilton aufgetischten (und von boso ahnungslos angesprochenen), dass Geld (das"spanische Edelmetall"!) Inflation gemacht habe. Was ja auch die Sicht von Oldy ist ("Umlaufgeschwindigkeit").
Geht man den Sachen auf den Grund, die diese Universitäts-Lehrer verzapfen, erkennt man schnell, dass sie so oberflächlich arbeiten, dass es einem graust.
Mahlzeit!
Ich hoffe, dass wenigstens in diesem Board wissenschaftlich einwandfrei gearbeitet werden kann.
Danke.
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BossCube
02.11.2000, 21:29
@ dottore
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Re: @boso, Luschi, Bernd, R.Deutsch, Oldy - Silber und die Preise im 16. Jh. |
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>Hi boso (Und Ihr anderen) -
>jetzt aber!
>Seit der grundlegenden Schrift von Hamilton"American Treasure and the Price Revolution in Spain 1501-1650" (1934), gilt eine monetaristische Sicht, wonach mehr Edelmetall aus Amerika = höhere Preise in Spanien (und später auch in ganz Europa).
>Die von H. angeführten Preise in Valencia sind allerdings bis 1560 praktisch kaum gestiegen und beginnen erst danach mit ihrem scharfen Schub nach oben, verdoppeln sich bis 1580/90 und verdreifachen sich bis 1610 ff.
>So weit so gut. Die Quellenlage ist einwandfrei. Im Archiv von Sevilla (von mir bereits vor Jahren schon eingesehen) liegen sämtliche Verzeichnisse der Schiffsladungen (S. war der Monopolhafen) und sind von Pierre Chaunu und seiner Frau Huguette ("Seville et l'Atlantqiue", Paris 1977 usw.) in mehreren Bänden veröffentlicht worden. Dieses Archiv dient übrigens auch als Fundgrube für die diversen Schatzsucher, die nach gesunkenen Schiffen suchen und auch schon viele gefunden haben.
>Bedenklich stimmt dabei, dass Spanien trotz dem Silberzuflusses (Gold spielt wie schon erwähnt nur eine winzige Nebenrolle) diverse Male Staatsbankrott (!) gemacht hatte, so 1557, 1575 und 1595/96. (Ausführlich dazu: Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, 2 Bde, 1912). Dass einem so silberreichen Land solches widerfahren musste (vgl. auch schon das ähnliche Theater mit Sigismund dem Münzreichen, dem ersten, der überhaupt Guldengroschen = Silber in Parität zum Goldgulden geprägt hatte, wie schon erwähnt, woraufhin die Fugger die Tiroler Gruben in die Hand bekommen haben), muss natürlich stutzig machen.
>Und schon sind wir wieder bei meinem Liebling, dem Debitismus (!), wonach nicht das Geld die Preise macht, sondern der Kredit.
>Die Preisinflation kam keineswegs, weil die spanische Krone immer mehr"Geld" ausgab, sondern, dass sie im Vorgriff auf künftig zu erwartende Silberanlandungen immer höhere Wechsel zog, vornehmlich bei den Genuesern.
>Selbst eine so eingefleischte Monetaristin wie Anna J. Schwartz (Friedman-Kompagneuse) ist von der Geld-macht-Inflation-These deutlich abgerückt, wie in ihrem Aufsatz"Secular Price Change in Historical Perspective", in: Journal of Money, Credit and Banking 1973) unschwer nachzulesen. Selbst Hamilton war seine simple Darstellung nicht geheuer, rückte er doch von ihr betreffend das frühe 16. Jh. schon in seinem obigen Opus ab.
>Auch der bedeutende Franzose Michel Morineau ließ diese Sicht der Dinge komplett fahren ("Incroyables gazettes et fabuleux métaux", 1985). Summa: Mit"Geld" habe die sog. Preisrevolution des 16. Jh. nichts zu tun. Morineau bezweifelt sogar weite Teile der Preisrevolution, vgl."D'Amsterdam à Séville: De quelle realité l'Histoire des prix est-il le miroir?" (1968) und der wirklich exzellente Carlo Cipolla (jüngst verstorben)"La prétendu 'révolution des prix'" (1955).
>Zwischenzeitlich sind für viele andere Länder die gleichen Ergebnisse zu beobachten: es gibt mehr oder weniger Inflation, aber sie hat nichts mit den Edelmetallzuflüssen zu tun. Wir können also mit einem ruhig-getragenen"Ich hatte einen Kamer-aa-aa-aden.." uns ein für alle Mal vom Monetarismus verabschieden (womit auch Oldy seine Waage einpacken kann). Davon hatte ich mich - aus theoretischen Gründen - übrigen schon vor mehr als 10 Jahren gelöst, wobohl ich Schüler und glühender Verfechter von Milton Friedman war, wie allseits bekannt.
>Milt ist Mechaniker, aber mit"Mechanismen" bekommt man zwar einen Nobelpreis, aber von Wirtschaft hat man dennoch k e i n e Ahnung. Was auch bei einem ohne Lebensstress dahin plätschernden Professor nicht anders erwarten werden darf (sorry, Milt, I told you so!).
>Den Schlüsselsatz liefert Ehrenberg (I, S. 350, dritte Zeile von unten), wo er zitiert,"dass die Genuesen mehr Papier als Baargeld haben".
>Das Papier, alias die von der Krone hereingenommenen Schuldscheine haben den inflationären Effekt bewirkt. Der klassische Beweis der debististischen These! Nachfrage wird nicht mit"Geld" entfaltet, sondern per Kredit.
>Noch zum"spanischen Silber": Dazu ausführlich Schrötter, Wörterbuch der Münzkunde 1930, Stichwort"Peso" (S. 503). Die Spanier teilten die Silberbarren in einzelne Teile (= peso, auch pezzo, auch pièce) und ab Mitte der 1530er Jahren prägten sie den Dreck wie die Teufel."In Mexiko sind allein 1537 bis 1888 über drei Milliarden Stück entstanden."
>Die Pesos wurden aber nicht als"Netto-Geld" in Umlauf gebracht, sondern ausschließlich als Mittel, um bereits entstandene (!!!) Schulden zu decken bzw. zu bezahlen. Deshalb schreibt auch ein Zeitgnosse, das Silber flösse wie ein reissender Strom durch Spanien und würde alles mit sich reißen und ein elendes Land zurücklassen.
>Ich hoffe, damit etwas Licht ins Dunkel gebracht zu haben und würde mich über weitere Fragen freuen.
>Allzeit bereit,
>d.
>Ich darf mir erlauben, noch ein Mal zu betonen, dass es mir nicht auf Rechthaberei ankommt. Das interessiert mich nicht. Ich habe eine in sich schlüssige Theorie der Wirtschaft entwickelt, die bisher an keiner Stelle widerlegt werden konnte. Die Schwachpunkte liegen immer auf der anderen Seite, bei der abenteuerlichen Geldtheorie von Prof. Hajo Riese (gell, Bernd, gib's endlich zu), bei den wissenschaftlich bodenlosen Behauptungen von Prof. H-J. Stadermann (Luschi, ich warte noch auf diverse Antworten) und auf solchen Gemeinplätzen wie der von Prof. Hamilton aufgetischten (und von boso ahnungslos angesprochenen), dass Geld (das"spanische Edelmetall"!) Inflation gemacht habe. Was ja auch die Sicht von Oldy ist ("Umlaufgeschwindigkeit").
>Geht man den Sachen auf den Grund, die diese Universitäts-Lehrer verzapfen, erkennt man schnell, dass sie so oberflächlich arbeiten, dass es einem graust.
>Mahlzeit!
>Ich hoffe, dass wenigstens in diesem Board wissenschaftlich einwandfrei gearbeitet werden kann.
>Danke.
Hallo Dottore,
mit den Genuesen war es genauso wie Du es beschrieben hast. In Hoffnung auf weitere riesige Edelmetalladungen haben sich die Spanier bei den Nord-Italienern immens verschuldet, was im Endeffekt beiden den Ruin bracht. Bardi, Peruzzi, Frescobaldi etc. gingen alle"Banca rotta". Sehr schön nachzulesen bei:
W.Berdow"Berühmte Kaufleute"
Gruß
Jan
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Bernd Niquet
03.11.2000, 12:12
@ dottore
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Zurück @ dottore |
Lieber dottore,
jetzt sind wir also aufgefordert, Stellung zu beziehen, was ich natürlich nicht verweigern werde:
1.) Ich halte den Monetarismus so wie du für eine Irrlehre.
2.) Zu den Gold- und Silberimporten kann ich nichts beisteuern, weil ich mich damit überhaupt nicht beschäftigt habe. Ich glaube allerdings, dass exorbitante Geldmengenausweitungen natürlich auf das Preisniveau durchschlagen.
Beispiel: Die französischen Reparationszahlungen haben nach 1870 zu einer sprunghaften Vergrößerung der deutschen Geldmenge geführt (habe die Quelle nicht hier, glaube aber es waren + 50 oder gar + 100 %) - und sind damit sicherlich als Auslöser der Gründerhausse + Preissteigerungen (insb. bei den Assets) zu bezeichnen
3.) Den Rest kann man - bei aller Sympathie - natürlich so nicht stehen lassen:
„Ich habe eine in sich schlüssige Theorie der Wirtschaft entwickelt, die bisher an keiner Stelle widerlegt werden konnte. Die Schwachpunkte liegen immer auf der anderen Seite, bei der abenteuerlichen Geldtheorie von Prof. Hajo Riese (gell, Bernd, gib's endlich zu), bei den wissenschaftlich bodenlosen Behauptungen von Prof. H-J. Stadermann (Luschi, ich warte noch auf diverse Antworten) und auf solchen Gemeinplätzen wie der von Prof. Hamilton aufgetischten (und von boso ahnungslos angesprochenen), dass Geld (das"spanische Edelmetall"!) Inflation gemacht habe. Was ja auch die Sicht von Oldy ist ("Umlaufgeschwindigkeit").“
Wenn man auf die Argumente der Gegner nicht eingeht, dann ist eine Theorie natürlich nicht falsifizierbar. Ich habe doch genau die Punkte gezeigt, wo deine Theorie nicht aufgeht. Du unterschlägst erstens die Anpassungsmechanismen zum Gleichgewicht (den Multiplikatorprozess). Doch wenn man das tut, dann muss jede Theorie zeigen, dass die Wirtschaft nicht mehr lange weiterlaufen kann. Zweitens ist deine Gleichsetzung von Geld und Kredit unscharf und wird jedes Mal neu ausgelegt. Und drittens ist die Quintessenz, dass Schulden nur durch Konsum verschwinden für alle Menschen, die ihre Schulden mit Geld begleichen, zumindest sehr ungewöhnlich.
Zu sagen „Die Schwachpunkte liegen immer auf der anderen Seite“ ist folglich nicht der Weisheit letzter Schluss. Man muss auch eigene Positionen kritisch hinterfragen, sonst kann keine Diskussion weiterkommen.
Mit den besten Grüßen
BN
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dottore
03.11.2000, 12:39
@ Bernd Niquet
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Re: Zurück @ dottore - Bernd, Bern... |
>Lieber dottore,
>jetzt sind wir also aufgefordert, Stellung zu beziehen, was ich natürlich nicht verweigern werde:
>1.) Ich halte den Monetarismus so wie du für eine Irrlehre.
>2.) Zu den Gold- und Silberimporten kann ich nichts beisteuern, weil ich mich damit überhaupt nicht beschäftigt habe. Ich glaube allerdings, dass exorbitante Geldmengenausweitungen natürlich auf das Preisniveau durchschlagen.
>Beispiel: Die französischen Reparationszahlungen haben nach 1870 zu einer sprunghaften Vergrößerung der deutschen Geldmenge geführt (habe die Quelle nicht hier, glaube aber es waren + 50 oder gar + 100 %) - und sind damit sicherlich als Auslöser der Gründerhausse + Preissteigerungen (insb. bei den Assets) zu bezeichnen
Die französischen Reparationszahlungen (ca. 5 Mrd Mark) wirkten so: Das Silber ging in voller Höhe an die Münzprägeanstalten des Reiches. Die Kosten? Null. Denn das Silber kam als Reparationszahlung (wirkt wie ein Tribut). Die Münzen würden dann zum vollen Nennwert ausgeprägt. Also Gewinn pro Fünfer: ca. 5 Mark. In dieser Höhe also der Schlagschatz, weil das Reich bzw. die einzelnen Fürsten das Münzmonopol besaß(en).
Dieser Schlagschatz war Schaffung von Kaufkraft out of the blue. Und diese Kaufkraft hatte die von Dir beschriebene Wirkung. Nicht das Silber hat inflationär gewirkt, es wäre ja - ohne Silbermünzen - im Preis gesunken. Die Inflation (es war übrigens eine ganz minimale, anschließend begann ja gleich - nach dem Wiener und dann allgemeinen Börsenkrach die"große Depression der Bismarckzeit mit nur noch fallenden Preisen bis 1896) hat einzig und allein die künstliche Aufblähung des Nennwerts der Silbermünzen verursacht.
Dies ist kein Mengen-, sondern ein Monopolphänomen. Genau wie damals im 16. Jh. auch - wie von mir nun wirklich nachgewiesen. Oder gibt's da noch Zweifel?
>3.) Den Rest kann man - bei aller Sympathie - natürlich so nicht stehen lassen:
>„Ich habe eine in sich schlüssige Theorie der Wirtschaft entwickelt, die bisher an keiner Stelle widerlegt werden konnte. Die Schwachpunkte liegen immer auf der anderen Seite, bei der abenteuerlichen Geldtheorie von Prof. Hajo Riese (gell, Bernd, gib's endlich zu), bei den wissenschaftlich bodenlosen Behauptungen von Prof. H-J. Stadermann (Luschi, ich warte noch auf diverse Antworten) und auf solchen Gemeinplätzen wie der von Prof. Hamilton aufgetischten (und von boso ahnungslos angesprochenen), dass Geld (das"spanische Edelmetall"!) Inflation gemacht habe. Was ja auch die Sicht von Oldy ist ("Umlaufgeschwindigkeit").
>Wenn man auf die Argumente der Gegner nicht eingeht, dann ist eine Theorie natürlich nicht falsifizierbar.
Welches Argument konkret? Sollte ich eins übersehen haben?
>Ich habe doch genau die Punkte gezeigt, wo deine Theorie nicht aufgeht.
>Darf ich um Wiederholung bitten? Vielleicht habe ich etwas überlesen.
>Du unterschlägst erstens die Anpassungsmechanismen zum Gleichgewicht (den Multiplikatorprozess).
Es gibt kein Gleichgewicht, es sei denn mit Hilfe der permanent erforderlichen Netto-Neuverschuldung. Aber auch diese Gleichgewicht ist nur in Sekundenbruchteilen vorhanden, weil ja schon wieder die neuen Schulden nach noch neueren gieren.
Es gibt keinen"Anpassungsprozess" wir sind doch hier nicht im Reiche der Physik. Oder bei einer Autotester-Zeitschrift. Das System kann sich nur am Leben erhalten, wenn es durch immer neue Schulden (die die alten bedienen) am Leben erhalten wird, was aber wiederum in der nächsten Runde wieder neue Schulden erfordert.
>Doch wenn man das tut, dann muss jede Theorie zeigen, dass die Wirtschaft nicht mehr lange weiterlaufen kann.
Sie kann so lange weiter laufen wie sich zusätzliche neue Schuldner finden. Sind die Verschuldungsmöglichkeiten allerdings erschöpft (Kreditlinien usw.) ist es AUS.
>Zweitens ist deine Gleichsetzung von Geld und Kredit unscharf und wird jedes Mal neu ausgelegt.
Das habe ich soeben noch einmal klar und deutlich erklärt. Siehe mein Posting für black elk. Erst der Kredit, dann das Geld.
>Und drittens ist die Quintessenz, dass Schulden nur durch Konsum verschwinden für alle Menschen, die ihre Schulden mit Geld begleichen, zumindest sehr ungewöhnlich.
Damit sind die Schulden eben nicht weg, sondern nur ein Schuldner ist vom Haken. Die Schulden hat dann aber ein anderer.
Zum Schluss verschwinden Schulden nur im Konsum, denn der Beginn der Schuldenmacherei (vond der Urschuld zur Kontraktschuld) geschieht ja nur, um am Leben zu bleiben, und nicht um Schulden mal eben so"als solche" zu machen.
>Zu sagen „Die Schwachpunkte liegen immer auf der anderen Seite“ ist folglich nicht der Weisheit letzter Schluss. Man muss auch eigene Positionen kritisch hinterfragen, sonst kann keine Diskussion weiterkommen.
Auf geht's! Wenn ich zu blöd bin, zu hinterfragen, dann tu's Du doch, bitte.
Und der Multiplikator existiert natürlich. Aber er kann nur wirksam werden, wenn zusätzliche Neuverschuldung stattfindet. Oder womit soll der Bäcker seinen Ofen finanzieren, wenn plötzlich immer mehr Leute Brötchen kaufen und er (= Multiplikator, lat."multum" = viel, im Sinne von viel mehr) seine Kapazitäten ausweitet?
>Mit den besten Grüßen
>BN
Besten Gruß
d.
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Bernd Niquet
03.11.2000, 13:49
@ dottore
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Hier noch einmal die Kritik |
Lieber dottore,
hier noch einmal die Passage zum Thema Gleichgewicht/Multiplikator. Ansonsten habe ich gg. 13:40 ein neues Posting, welches einmal zusammengefasst dein gesamtsystem zeigt.
Du verdammst die Gleichgewichtstheorie, bietest uns aber viel Schlimmeres. Denn in der Gleichgewichtstheorie gibt es immer Anpassungsmechanismen hin zum neuen Gleichgewicht. Und genau diese Anpassungsmechanismen unterschlägst du. Deshalb kann es natürlich nicht funktionieren mit der Übereinstimmung 100.000=100.000. Doch der Grund ist kein ökonomischer, sondern einer der falschen Darstellung.
Beweis:
Anfangszustand: 100.000 Wechseleinreichung, 100.000 Investition, 100.000 geschaffenes Einkommen. Geldumlauf allerdings nur 95.000. Richtig geschildert so?
Wenn man jetzt nichts weiter betrachtet, dann sieht es tatsächlich so aus, als ob das System irgendwie nicht aufgeht. Doch das ist falsch. Denn jede Investition schafft in voller Höhe Einkommen, und zwar in folgenden Aggregaten: Vorproduzenten, Produktionsfaktoren (Arbeit, Miete, Energie...) und Gewinn. Egal wie hoch der Verkaufspreis gesetzt wird, es führt nichts an der Logik vorbei, dass dem Verkaufspreis Einkommen in gleicher Höhe entsprechen. Und wenn die Güter unverkäuflich sind, dann lautet die Nachfragekomponente=Einkommen „ungeplante Lagerinvestition“. Dies ist insbesondere bei einer ungeplanten Ersparnis der Fall und führt zu einer Wirtschaftskrise.
Doch niemals, niemals kann das mit einem Mangel an umlaufendem Geld zu tun haben. Dieser Eindruck entsteht nur, weil du die Gleichgewichtstheorie verleugnest und daher die Anpassungsmechanismen unterschlägst. Denn wie sehen diese aus? Schauen wir nur auf obiges simples Beispiel.
Sobald die ersten Vorproduzenten und Arbeiter ihr Einkommen erhalten, werden sie es verausgaben. Dadurch setzt sich der bekannte Multiplikatorprozess in Gang, der natürlich auch dazu führt, dass die Unternehmer (wenn sie zur „Halbzeit“ der Periode merken, dass ihre Produkte sich gut verkaufen), bereits Teile ihres Gewinnanteils verkonsumieren bzw. investieren. Nicht zu vergessen die 5.000 Zinsen der Bank, die ja ebenfalls Einkommen sind und folglich eine Verwendung finden werden.
Und im Zuge dieses Anpassungsprozesses, der ja mehrere Runden dauert (!), läuft das Geld sehr oft um. Wirtschaftskrisen entstehen deswegen auch niemals aus einem Mangel an Geld. Denn das wäre nur eine naive Quantitätstheorie. Sie entstehen nur aus einer unzureichenden Einkommensverwendung! Und hier spielt das Geld natürlich eine Rolle. Denn ist die Liquiditätsvorliebe in der Wirtschaft groß, dann wird die Geldhaltung gegenüber der Geldaufgabe (=Geldausgabe zum Kauf von Assets, Konsumgüter oder Investitionen) bevorzugt. Resultat: Der Zins liegt über dem Zins, bei dem sich ein Vollbeschäftigungsgleichgewicht einstellen würde. Der Geldzins dominiert also die Güterwelt. Geld regiert die Welt.
Mit den besten Grüßen
BN
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dottore
03.11.2000, 15:37
@ Bernd Niquet
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Re: Hier noch einmal die Kritik |
Hi Bernd -
>Wenn man jetzt nichts weiter betrachtet, dann sieht es tatsächlich so aus, als ob das System irgendwie nicht aufgeht. Doch das ist falsch. Denn jede Investition schafft in voller Höhe Einkommen,
Schafft Einkommen, selbstverständlich. Um aber diese Einkommen realisieren (!) zu können (denn das Geld dafür ist ja nirgends vorhanden), muss die elenede Netto-Neuverschuldung stattfinden. Dann erst können die gewünschten oder erwarteten Einkommen auch zu tatsächlichen Einkommen werden, bis dahin bleiben es Forderungen (z.B. Lohnforderungen oder offene Rechnungen von Lieferanten).
>und zwar in folgenden Aggregaten: Vorproduzenten, Produktionsfaktoren (Arbeit, Miete, Energie...) und Gewinn. Egal wie hoch der Verkaufspreis gesetzt wird, es führt nichts an der Logik vorbei, dass dem Verkaufspreis Einkommen in gleicher Höhe entsprechen.
Bitte jetzt bloß noch gewünschte und realisierte Einkommen unterscheiden. Dann sind wir am Ziel! Dem Preis entsprechen erst dann Einkommen in gleicher Höhe, wenn die Zusatznettoneuverschuldung in die Welt gekommen ist. Bis dahin bleibt der"Verkaufspreis" ein gewünschter, gedachter oder gewollter Verkaufspreis.
Erst nachdem (!) der Verkaufspreis realisiert wurde (sind Einkommen in gleicher Höhe in der Welt). Aber wie sollte er sich realisieren lassen, wenn die den Preis definierenden Kosten zwar in der Welt sind, Gewinnaufschlag und Zinsen als Ausgleich für die Zeit, die verstreicht, bis die produzierte Ware auch im Laden liegt, aber nicht!
>Doch niemals, niemals kann das mit einem Mangel an umlaufendem Geld zu tun haben.
Nicht umlaufendes Geld fehlt (resultiert ja aus bereits früheren Krediten/Schulden), sondern zusätzliche Kredite fehlen. Mit dem umlaufenden Geld hat das nichts zu tun.
>Sobald die ersten Vorproduzenten und Arbeiter ihr Einkommen erhalten, werden sie es verausgaben.
Woher sollten sie es erhalten? Der Unternehmer hat doch keine Truhe im Keller. Er muss sich in Höhe der Einkommen, die er schaffen will, zusätzlich verschulden. Das war's auch schon.
>Dadurch setzt sich der bekannte Multiplikatorprozess in Gang, der natürlich auch dazu führt, dass die Unternehmer (wenn sie zur „Halbzeit“ der Periode merken, dass ihre Produkte sich gut verkaufen), bereits Teile ihres Gewinnanteils verkonsumieren bzw. investieren.
Der Gewinnanteil ist aber nicht in Form von Auszahlungen des Unternehmers unterwegs, es sei denn er fehlt dann eben bei der Endabrechnung (alle Güter zu den vom Unternehmer gewünschten bzw. geforderten Preisen sind abgesetzt - und dies bei allen Unternehmern).
>Nicht zu vergessen die 5.000 Zinsen der Bank, die ja ebenfalls Einkommen sind und folglich eine Verwendung finden werden.
Gilt das gleiche. Auch diese Zinsen sind erst dann Einkommen, wenn sich ein neuer Schuldner in gleicher Höhe verschuldet und so die Zinszahlung ermöglicht.
>Und im Zuge dieses Anpassungsprozesses, der ja mehrere Runden dauert (!), läuft das Geld sehr oft um. Wirtschaftskrisen entstehen deswegen auch niemals aus einem Mangel an Geld.
Völlig richtig! ie entstehen aus Mangel an Kredit bzw. aufgrund der Weigerung von Unternehmern und Konsumenten, zusätzliche Schulden zu machen. Das hatte die frühe Konjunkturtheorie (Spiethoff, Schumpeter, Machlup usw.) schon sehr gut erkannt.
>Denn das wäre nur eine naive Quantitätstheorie. Sie entstehen nur aus einer unzureichenden Einkommensverwendung!
Wie die Einkommen verwendet werden, spielt nur eine Rolle für die Beurteilung, ob ein Unternehmer schneller seine Produkte vermarktet hat und der andere dafür u.U. auf allem sitzne bleibt und pleite macht.
>Und hier spielt das Geld natürlich eine Rolle. Denn ist die Liquiditätsvorliebe in der Wirtschaft groß, dann wird die Geldhaltung gegenüber der Geldaufgabe (=Geldausgabe zum Kauf von Assets, Konsumgüter oder Investitionen) bevorzugt.
Das spielt keinerlei Rolle, es sei denn, das Geld wird gehortet. Wird es gespart, gibt es ein anderer aus. Fertig.
>Resultat: Der Zins liegt über dem Zins, bei dem sich ein Vollbeschäftigungsgleichgewicht einstellen würde.
Nur bei Hortung.
>Der Geldzins dominiert also die Güterwelt. Geld regiert die Welt.
So gesehen - bei Hortung - ja. Dann muss der Zins halt so hoch werden, dass der Horter das Horten aufgibt und das Geld (sparend) anderen Überlässt, damit die es ausgeben können.
Das ist alles konzediert. A B E R es führt nicht am Grundproblem vorbei, dass selbst bei Nichthortung ("Geldzurückhaltung") Kredite bwz. aus Krediten stammendes Geld fehlt, um den Markt zu räumen.
Selbst wenn - im Idealfall - jeder sein Einkommen s o f o r t ausgibt, reicht es doch niemals (!!!!) aus, um den Markt zu den angebotenen Preisen zu räumen (weil a) Gewinne gemacht werden sollen und vor allem b) Zeit verstreicht, das ökonomische Synonym für Zins, der dadurch größer wird, als Summe jetzt).
Das ist das Problem der kapitalistischen Ã-konomie. Und es bleibt auf ewig unlösbar - es sei denn die Kettenbriefverschuldung läuft und läuft und läuft...
Besten Gruß
d.
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