-->Persönlich halte ich das Modell von Joachim Mitsche (Frankfurt) für das interessanteste:
Auszug aus nachstehendem Text:
„Der Wirtschaftsprofessor Joachim Mitschke erhielt soeben fast eine halbe Million Euro als Auszeichnung für einen Gesetzentwurf, der Gewinne von Unternehmern und Freiberuflern erst bei deren Ausschüttung oder Verwendung versteuert.“
Leider ist das Modell im Detail noch nicht veröffentlicht worden.
Heute in der FAZ:
Radikale Vereinfachung, niedrige Steuersätze
In der Steuerpolitik läuft ein Wettbewerb der Reformmodelle / Von Joachim Jahn
FRANKFURT, 9. Oktober. Welch Reformeifer sich derzeit in der Steuerpolitik breitmacht, gerät im Streit um"Bürgerversicherung" und"Kopfpauschalen" fast ein wenig aus dem Blickfeld. Zuletzt hat Unions-Fraktionsvize Friedrich Merz die Grundzüge eines Steuermodells vorgestellt, das seine Partei - die CDU - Anfang November billigen soll (F.A.Z. vom 9. Oktober). Zugleich kündigte CSU-Chef Edmund Stoiber ein eigenes Konzept an. Bereits auf dem Tisch liegen außerdem weitere Vorschläge für einen mehr oder weniger radikalen Umbau der Abgabengesetze, die verschiedene Arbeitsgruppen von Steuerrechtlern und Wirtschaftswissenschaftlern in letzter Zeit ausgetüftelt haben. Wir präsentieren einen Überblick.
Der CDU-Finanzpolitiker Friedrich Merz will fast alle Steuervergünstigungen streichen, um"extrem niedrige Steuersätze" möglich zu machen - von"deutlich unter 40 Prozent" in der Spitze. So sollen Pendlerpauschale, Arbeitnehmerpauschbetrag und Sparerfreibetrag wegfallen, obwohl die CDU-geführten Länder im Bundesrat sich derzeit schon gegen Pläne der Bundesregierung zu einer bloßen Kürzung der Pendlerpauschale stemmen. Zuschläge auf Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit müssen nach Merz' Vorschlägen vom Mittwoch künftig voll versteuert werden, während die rot-grüne Koalition lediglich eine Kappungsgrenze einführen will. Auch an Wertzuwächsen von Aktien und nicht selbst genutzten Immobilien will Merz den Fiskus bei einem Verkauf beteiligen; bisher gibt es dafür eine Steuerpflicht nur vor Ablauf bestimmter Fristen, die Rot-Grün allerdings drastisch verlängert hat. Das sogenannte Bankgeheimnis soll nach dem Willen von Merz ganz wegfallen. Von einer solchen Reform erhofft er sich auch eine"radikale Vereinfachung" des Steuerrechts; Steuererklärungen sollen per Postkarte möglich werden. Ausnahmen gibt es dann nur noch für Aufwendungen zur eigenen Altersvorsorge und für Spenden an gemeinnützige Organisationen. Jedes Familienmitglied bekommt einen Freibetrag von rund 8000 Euro.
Die CSU kündigte am Mittwoch überraschend an, ein eigenes Konzept zu entwickeln - unter Federführung von Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser. Nach Angaben des Parteivorsitzenden Stoiber soll es aber grundsätzlich beim"linear-progressiven" Tarif bleiben, bei dem der Steuersatz mit wachsendem Einkommen kontinuierlich steigt.
Die FDP hatte bereits am Montag einen Reformplan vorgestellt. Er soll die Bürger jährlich um 26 Milliarden Euro entlasten. Ziel sei auch, daß jeder Bürger seine Steuererklärung wieder selbst ausfüllen könne - und zwar auf einem einzigen Blatt Papier. Finanzieren wollen die Liberalen das Projekt durch massive Privatisierungen und einen wesentlich drastischeren Subventionsabbau, als ihn die Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) und Peer Steinbrück (SPD) vorgeschlagen haben, wie Parteivize Andreas Pinkwart sagte. Vorgesehen sind nur noch drei Tarifstufen bei der Einkommensteuer von 15, 25 und 35 Prozent. Die unterschiedliche Besteuerung von Privatpersonen, Mittelstand und Konzernen soll aufgehoben werden. Zur Freistellung des Existenzminimums wollen die Liberalen für jeden Bürger, also auch für jedes Kind, einen Grundfreibetrag von 7500 Euro einführen. Einzelheiten will FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms kommende Woche präsentieren.
Wesentliche Vorarbeiten hat eine Expertenrunde um den früheren Verfassungsrichter Paul Kirchhof geleistet, der auch eine Forschungsstelle dazu an der Universität Heidelberg leitet. Zusammen mit dem Juraprofessor Hans-Wolfgang Arndt, dem Ã-konomen Peter Bareis und Finanzbeamten hat er den"Karlsruher Entwurf" für ein kurzes und verständliches Einkommensteuergesetz entwickelt. Auch sie wollen nahezu alle Sonderregelungen und Vergünstigungen abschaffen. Unternehmen, die bislang Körperschaftsteuer zahlen, wurden nachträglich in dieses Modell eingebaut. Der Steuersatz liegt einheitlich bei 25 Prozent; Abstufungen gibt es aber durch unterschiedlich hohe Abstriche von der Bemessungsgrundlage. Kirchhof hat zwar besonders enge Kontakte zur CDU, bemüht sich aber, auch SPD und Grüne von seinem Vorhaben zu überzeugen. Manche Steuerfachleute kritisieren allerdings, daß der Entwurf viele Spezialregelungen nur in Verordnungen verlagere. In einigen Finanzministerien gibt es auch Zweifel an der praktischen Anwendbarkeit.
Ein gänzlich anderes Modell hat ein anderer Steuerprofessor aus Heidelberg ausgearbeitet: Der Wirtschaftswissenschaftler Manfred Rose fordert zusammen mit seinem Kollegen Bernd Raffelhüschen - gesponsert von bekannten Unternehmern - eine"Einfachsteuer", die vor allem den Konsum belastet. Renditen werden nur oberhalb der Inflationsrate versteuert und Aufwendungen für die Altersvorsorge freigestellt. In Kroatien hat Rose dies teilweise umsetzen können.
Der Wirtschaftsprofessor Joachim Mitschke erhielt soeben fast eine halbe Million Euro als Auszeichnung für einen Gesetzentwurf, der Gewinne von Unternehmern und Freiberuflern erst bei deren Ausschüttung oder Verwendung versteuert.
Auch der Ã-konom Bert Rürup, der sich derzeit eher um die sozialen Sicherungssysteme kümmert, hat in einer eigenen Kommission einen Reformentwurf erstellt. Dieser wäre kurzfristig umsetzbar und würde trotzdem für Bürger und Finanzämter eine erhebliche Arbeitserleichterung bedeuten. Er sieht eine Verdoppelung des Arbeitnehmerfreibetrags vor, mit der sich die meisten Nachweise einzelner Ausgaben erübrigen würden. Kapitalerträge sollen bereits an der Quelle steuerlich abgegolten und die Einkommensteuererklärung nur noch alle zwei Jahre ausgefüllt werden.
Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.10.2003, Nr. 235 / Seite 15
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