libertaryan
15.10.2003, 18:44 |
Marc Faber im heutigen"Investor's Daily" Thread gesperrt |
-->Dieser kostenlose emaildienst hat stärkere und schwächere Beiträge - diesen von Marc Faber zähle ich zu den stärkeren. Habe mehrere Bücher zur Geschichte von Spekulationsblasen gelesen - die Parallelen sind verblüffend! [img][/img]
libertaryan
Mittwoch, 15. Oktober 2003
Geschichtslektionen, Teil 1
von Marc Faber
Ich habe vor kurzem das Buch"The Great Swindle - The Story of the
South Sea Bubble" von Virginia Cowles aus dem Jahr 1960 gelesen. Das
Buch handelt vom Aufstieg und Fall einer Südseegesellschaft und von
der legendären"Mississippi Company" von John Law im frühen 18.
Jahrhundert.
Als ich dieses unterhaltsame Buch las, faszinierten mich immer mehr
die vielen Parallelen zwischen dieser frühen Phase der Spekulation in
unserem kapitalistischen Zeitalter und der heutigen finanziellen
Umgebung. Besonders verblüfft war ich durch die vergleichbare Rolle
von Papiergeld, von exzessiver Kreditschöpfung und von sehr
fragwürdigen Praktiken - sowohl von Regierungen als auch von
Unternehmen - die die finanziellen Exzesse in beiden Perioden
anheizten.
Von Zeit zu Zeit verbreitet sich auf der Welt eine Welle von
Optimismus wie ein Buschfeuer. Die Leute glauben, dass sie das
Anbrechen einer neuen Ära sehen, die unvorstellbare Reichtümer und
Wohlstand für alle bringen wird. Wellen eines solchen Denkens kommen
normalerweise bei Entdeckungen auf (z.B. der Entdeckung von
Goldvorkommen) oder dem Ã-ffnen von neuen Territorien (die Ã-ffnung von
China in den letzten Jahren), der Anwendung von neuen Erfindungen
(Kanäle, Eisenbahnen, das Auto, Radio, PC, das Internet, drahtlose
Kommunikation etc.), beim Preisanstieg eines wichtigen Rohstoffes
(Gummi zu Beginn des 20. Jahrhunderts, Ã-l in den 1970ern), bei
Friedensverträgen (der Zusammenbruch des Kommunismus) oder bei einer
starken wirtschaftlichen Leistung.
Ein typischer Bestandteil eines solchen"Neuen Ära"-Denkens ist, dass
die Welt nicht am Beginn einer neuen Ära des Reichtums steht, sondern
dass das Ende einer solchen Periode bevorsteht, weshalb es eine Art
von"Rush" oder Investmentmanie gibt. Zwei der bekanntesten Beispiele
dieses Phänomens sind die Südsee-Spekulationsblase und das
Mississippi-Schneeballsystem von John Law. Beide traten fast simultan
auf, zu Beginn des 18. Jahrhunderts.
Obwohl seitdem ungefähr 300 Jahre vergangen sind, sind das Skript für
diese Investment-Manien, das Zubehör und die Natur der Teilnehmer
ziemlich genau gleich geblieben.
Das Beispiel des Mississippi-Schneeballsystems ist historisch aus
mehreren Gründen relevant. Es beinhaltet alle größeren Zutaten der
späteren Spekulationsblasen: Zwielichtige Charaktere, Korruption,
Betrug, dubiose Praktiken, die Schaffung von Geld und die Verlängerung
von riskanten Krediten, um die spekulative Orgie am Leben zu erhalten,
der Katalysator, der schließlich zum Kollaps führt - normalerweise das
Aufdecken eines Betrags, die Offenbarung, dass die Insider längst
ausgestiegen sind, oder schlechte wirtschaftliche oder politische
News. Und dann die Panik, während der Gier und Euphorie durch Furcht
und das Verlange, um jeden Preis raus zu kommen, ersetzt werden.
Besonders das Mississippi-Schneeballsystem bietet ein besonders
schönes Beispiel für die Ineffektivität des Gelddruckens, wenn es um
die Stimulierung der Wirtschaft und die Erleichterung der Schuldenlast
geht. Die Vorgehensweise von John Law ist jetzt zur Fed-Politik
geworden, mit dem Ziel, das Problem so zu lösen, wie es John Law
versuchte - einfach durch die Erhöhung des Geldangebots (der
Geldmenge).
Dass eine solche Geldpolitik zu den gleichen Preissteigerungen führen
wird wie das Mississippi-Schneeballsystem und letztlich auch das
Vertrauen der Leute in Papiergeld zerstören wird, sollte klar sein. Ob
sich die derzeitigen Zentralbanker und die Regierung diesmal
verschwören werden, um an den Goldbesitz der Privatanleger zu kommen -
wie sie es zu Zeiten von John Law getan haben - werden wir sehen. Aber
wir sollten nicht vergessen, dass die US-Regierung 1933, mitten in der
Weltwirtschaftskrise, den Privatbesitz von Gold für illegal erklärte.
Trotz des Scheiterns des Mississippi-Schneeballsystems bleibt es doch
ein wichtiges Ereignis in der Wirtschaftsgeschichte, denn es war ein
Versuch, auf großer Basis Papiergeld einzuführen. Und eine Zeitlang
war das ein Erfolg - es hatte gute Auswirkungen auf den Handel und die
Industrie.
Problematisch wurde es, als der französische König die Zentralbank
übernahm (die dann zur Banque Royal wurde) und grenzenlos Geld drucken
ließ. Wir müssen realisieren, dass es - natürlich - immer ein Limit
für die Menge von ausgegebenem Geld gibt, und dieses Limit wird durch
die Marktmechanismen bestimmt. Irgendwann begann die französische
Ã-ffentlichkeit, dem Papiergeld, das die Banque Royal druckte, zu
misstrauen, und dann wollten sie kein Papiergeld mehr - trotz der
Bemühungen des Königs und von John Law, der zum Finanzminister ernannt
worden war. Das Ergebnis war, dass die Banknoten der Banque Royale
gegenüber dem Gold erheblich an wert verloren, und auch gegenüber
anderen realen Wertgegenständen.
Daran können wir sehen, dass ein Finanzsystem, das auf einer
Papierwährung beruht, fast völlig davon abhängt, dass die
Ã-ffentlichkeit der Währung, die von den monetären Autoritäten
ausgegeben wird, vertraut. Und sobald dieses Vertrauen in die Währung
einmal erschüttert ist, sind schmerzliche Konsequenzen unausweichlich.
Deshalb sollte der Leser sich folgende Frage stellen: Wie lange werden
die ausländischen Investoren, die das amerikanische Handels- und
Leistungsbilanzdefizit finanzieren, weiterhin willige Käufer und
Besitzer von amerikanischen Aktien, Anleihen und Dollar bleiben?
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dottore
15.10.2003, 19:13
@ libertaryan
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Re: Marc Faber hat den Punkt (GZ) leider nicht erwischt |
-->Hi,
schönen Dank, die Parallelen sind exakt (und hier seit Jahren bestens bekannt, vgl. ELLIs Einstiegsseiten und massenhafte Postings), aber der gute Marc macht einen Denkfehler. Er hat das Phänomen GZ nicht verstanden.
Damals Silber (immerhin noch in Maßen privat vermehrbar), heute nicht nachahmbares Papier und komplettes Staatsmonopol. Woraus GZ besteht ist wurscht.
Das Vertrauen wird selbstverständlich schwinden, aber Vertrauen verschwindet in Kredit (credere), nicht in GZ. Das bleibt heute in luschigen Euro-Noten genauso wie damals in schönem Silber.
Das Vertrauen in GZ ist erst hin, wenn der Staat es selbst fabriziert = direkt auf die ZB ziehen darf oder zur Druckerei fährt.
Bis dahin: Deflationärer Trend bis hin zum Kollaps, ab dann Hyperinflation und? Kollaps!
>Daran können wir sehen, dass ein Finanzsystem, das auf einer
>Papierwährung beruht, fast völlig davon abhängt, dass die
>Ã-ffentlichkeit der Währung, die von den monetären Autoritäten
>ausgegeben wird, vertraut.
So was wie"Währung" ist nicht definierbar. Es gibt nur GZ und Kredit. Da heute GZ selbst - wie oft genug beschrieben - über die Verpfändung von Kredittiteln in die Welt kommt (ZB-Mechanismus), wird zum Schluss jede Note mit Staatstitel als Pfand"unterlegt" sein (siehe Fed-System bereits perfekt), und am Ende steht der Staatsbankrott, d.h.: die Titel, die noch GZ"unterlegen" könnten, finden keinen Käufer mehr, da jeder merkt, dass der"Staat", der die Titel"garantiert" selbst ohne Hosen da steht.
>Und sobald dieses Vertrauen in die Währung
>einmal erschüttert ist, sind schmerzliche Konsequenzen unausweichlich.
Sehr schmerzliche!
>Deshalb sollte der Leser sich folgende Frage stellen: Wie lange werden
>die ausländischen Investoren, die das amerikanische Handels- und
>Leistungsbilanzdefizit finanzieren, weiterhin willige Käufer und
>Besitzer von amerikanischen Aktien, Anleihen und Dollar bleiben?
Es geht mit Anleihen los (fallen, weil keine Käufer), dann mit Dollar (nicht Noten, alias Sorten, sondern kurzfristige Dollartitel, alias -forderungen!) weiter - und weil das die Renditen/Zinssätze spiegelbildlich in die Höhe jagt, sind zum Schluss oder parallel dazu die Aktien dran.
Der eine dreht, der andre schleift, so mancher es doch nie begreift...
Danke + Gruß!
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libertaryan
15.10.2003, 19:26
@ dottore
|
Re: Marc Faber hat den Punkt (GZ) leider nicht erwischt / GZ = Geld + Zins?? |
-->>Hi,
>schönen Dank, die Parallelen sind exakt (und hier seit Jahren bestens bekannt, vgl. ELLIs Einstiegsseiten und massenhafte Postings), aber der gute Marc macht einen Denkfehler. Er hat das Phänomen GZ nicht verstanden.
>Damals Silber (immerhin noch in Maßen privat vermehrbar), heute nicht nachahmbares Papier und komplettes Staatsmonopol. Woraus GZ besteht ist wurscht.
>Das Vertrauen wird selbstverständlich schwinden, aber Vertrauen verschwindet in Kredit (credere), nicht in GZ. Das bleibt heute in luschigen Euro-Noten genauso wie damals in schönem Silber.
>Das Vertrauen in GZ ist erst hin, wenn der Staat es selbst fabriziert = direkt auf die ZB ziehen darf oder zur Druckerei fährt.
>Bis dahin: Deflationärer Trend bis hin zum Kollaps, ab dann Hyperinflation und? Kollaps!
>>Daran können wir sehen, dass ein Finanzsystem, das auf einer
>>Papierwährung beruht, fast völlig davon abhängt, dass die
>>Ã-ffentlichkeit der Währung, die von den monetären Autoritäten
>>ausgegeben wird, vertraut.
>So was wie"Währung" ist nicht definierbar. Es gibt nur GZ und Kredit. Da heute GZ selbst - wie oft genug beschrieben - über die Verpfändung von Kredittiteln in die Welt kommt (ZB-Mechanismus), wird zum Schluss jede Note mit Staatstitel als Pfand"unterlegt" sein (siehe Fed-System bereits perfekt), und am Ende steht der Staatsbankrott, d.h.: die Titel, die noch GZ"unterlegen" könnten, finden keinen Käufer mehr, da jeder merkt, dass der"Staat", der die Titel"garantiert" selbst ohne Hosen da steht.
>>Und sobald dieses Vertrauen in die Währung
>>einmal erschüttert ist, sind schmerzliche Konsequenzen unausweichlich.
>Sehr schmerzliche!
>>Deshalb sollte der Leser sich folgende Frage stellen: Wie lange werden
>>die ausländischen Investoren, die das amerikanische Handels- und
>>Leistungsbilanzdefizit finanzieren, weiterhin willige Käufer und
>>Besitzer von amerikanischen Aktien, Anleihen und Dollar bleiben?
>Es geht mit Anleihen los (fallen, weil keine Käufer), dann mit Dollar (nicht Noten, alias Sorten, sondern kurzfristige Dollartitel, alias -forderungen!) weiter - und weil das die Renditen/Zinssätze spiegelbildlich in die Höhe jagt, sind zum Schluss oder parallel dazu die Aktien dran.
>Der eine dreht, der andre schleift, so mancher es doch nie begreift...
>Danke + Gruß!
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dottore
15.10.2003, 19:29
@ libertaryan
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Re: Gesetzliches Zahlungsmittel (legal tender). Bitte Vorpostings löschen, merci (owT) |
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