--><font size="5">Die Indexorientierung führt regelmäßig in die Irre </font>
Die Kolumne DIE WELT v. 20.10.
von Marc Faber
Trotz der in der Werbung gern betonten Individualität, funktioniert die Vermögensverwaltung in der Praxis nach einigen wenigen, eher uniformen Prinzipien. So wird eine Bank, die das Geld eines Kunden mit einem globalen Anlagemandat verwaltet, dieses Vermögen in aller Regel orientiert an einem Index investieren. Im Falle eines globalen Verwaltungsauftrages wird dabei normalerweise der Morgan Stanley Weltindex als so genannte Benchmark verwendet werden, der die verschiedenen Länder der Welt auf Basis der jeweiligen Börsenkapitalisierung gewichtet.
Doch so gängig dieses Prinzip ist, so problembehaftet ist es auch. Denn diese Indexorientierung führt natürlich dazu, dass Länder, die einen hohen Börsenwert haben, ein großes Gewicht im Index haben, währenddessen Länder, die nur eine kleine Börsenkapitalisierung besitzen, entsprechend weniger Bedeutung beigemessen bekommen. Dies bedeutet anders ausgedrückt: Das Gros des Geldes wird bei einer solchen Anlagestrategie in Aktien und Ländern investiert, die schon relativ hoch bewertet sind.
Was bedeutet das? Angenommen, Sie hätten im Jahr 1989 ihr Geld global verwalten lassen, dann hätte der Fondsverwalter über 50 Prozent ihres Geldes in Japan investiert. Denn damals war die Börsenkapitalisierung Japans, bedingt durch die gewaltige Überbewertung japanischer Aktien, höher als die der USA, Deutschlands und Großbritanniens zusammen. Mit anderen Worten, der Indexierungsprozess führt also dazu, dass der größte Teil eines Vermögens in beliebte und somit relative überbewertete Aktien und Börsen investiert wird. Zu Unrecht vernachlässigte und damit relativ tief bewertete Aktien und Börsenplätze werden dagegen kaum berücksichtigt.
Heute machen US-Aktien rund 53 Prozent des Morgan Stanley Weltindex aus, während japanische Titel nach einem 13-jährigen Bärenmarkt nur mit 8,7 Prozent vertreten sind. Der ganze Rest Asiens - inklusive China, Indien, Vietnam - hat sogar nur ein Gewicht von 3,4 Prozent.
Dies ist ein völliges Zerrbild der realwirtschaftlichen Verhältnisse. Denn die amerikanische Volkswirtschaft ist völlig überverschuldet, leidet unter einem gewaltigen Leistungsbilanzdefizit und ist deshalb ganz von ausländischen Kapitalzuflüssen abhängig. Die asiatische Region dagegen, in der 56 Prozent der Weltbevölkerung wohnen, die bei weitem die besten Wachstumsaussichten besitzt, rasch ansteigende Währungsreserven aufweist und eine Industrieproduktion hat, die 50 Prozent größer ist als diejenige der Vereinigten Staaten, rangiert dagegen unter ferner liefen.
Das ursprüngliche und meiner Meinung nach immer noch gültige Prinzip des Vermögensmanagements steht meiner Meinung nach im krassen Widerspruch zur Praxis der Indexierung. Es lautet: Vermögenswerte zu kaufen, die niedrig bewertet sind und solche Assets zu vermeiden, die teuer zu bezahlen sind. Ein Portfolio, das sich hieran orientiert, müsste meiner Ansicht nach aber mindestens zu 30 Prozent aus asiatischen Aktien bestehen. Allerdings gilt es dabei regional sehr differenziert vorzugehen. Denn gerade in der chinesischen Wirtschaft mehren sich die Anzeichen für eine Überhitzung. Ich empfehle das Augenmerk eher auf Länder wie Indien, Singapur, Malaysia oder Vietnam zu richten, die bisher von internationalen Anlegern eher vernachlässigt wurden.
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