R.Deutsch
20.10.2003, 17:30 |
Ibn Kaldun hat vor 600 Jahren schon dottores trostlose Theorie widerlegt Thread gesperrt |
-->S.30-39, Ms. 135a-140b, Pä.154-156
KAPITEL III
38. ABSCHNITT
"Die Besteuerung und Ursachen ihrer unterschiedlichen Höhe
Wisse, am Anfang einer Dynastie bringen niedrige Steuern große Einnahmen ein, an ihrem Ende dagegen hohe Steuern nur geringe Einnahmen. Die Ursache hierfür ist darin zu suchen, daß die Dynastie, wenn sie sich an die Religion hält, nur die im religiösen Gesetz festgelegten Zahlungen erhebt, d. h. die Armensteuer, die Grundund die Kopfsteuer. Dies sind nur wenige Steueranteile, denn der Anteil der Armensteuer, bezogen auf das Vermögen, ist bekanntlich gering. Ebenso verhält es sich bei der Armensteuer auf Getreide und Vieh, desgleichen bei der Kopf- und Grundsteuer und allen anderen vom religiösen Gesetz festgelegten Zahlungsverpflichtungen. Sie sind Festwerte, die nicht überschritten werden können. Wenn sich die Dynastie auf Obmacht und `asabiya gegründet hat, so ist sie zu ihrem Anbeginn notwendigerweise dem nomadischen Dasein verhaftet, wie es zuvor bereits festgestellt wurde. Das nomadische Dasein bedeutet Güte, Edelmut, Demut, Achtung vor dem Hab und Gut der anderen und Abneigung davor, dieses zu erlangen, es sei denn in Ausnahmefällen. Deshalb ist der Umfang der individuellen Auflage und des Anteils, die zusammen die Steuersummen ausmachen, gering. Wenn nun die Anteile sowie die Auflagen der Untertanen gering sind, so gehen diese mit Tatkraft und Freude an die Arbeit. Gedeihliche Betätigung nimmt an Vielfalt und Umfang zu, da wegen der geringen Zahlungsverpflichtungen Zufriedenheit herrscht. Wenn nun die gedeihlichen Tätigkeiten vielfältiger werden, wächst auch die Zahl jener Auflagen und Steueranteile, so daß sich die aus ihnen zusammensetzenden Steuereinnahmen erhöhen.
Wenn nun die Dynastie an der Macht bleibt und ein Herrscher auf den anderen folgt, werden diese kultivierter. Das Spezifikum des nomadischen Daseins und der Einfachheit sowie deren Wesensart, wie Bescheidenheit und Zurückhaltung, vergehen dann. Tyrannisches Königtum und seßhaftes Dasein, welches Kultiviertheit bewirkt, prägen sich zugleich aus. Die Angehörigen der Dynastie gewöhnen sich Eigenarten an, die der Verfeinerung (des Lebensstils) entsprechen, und ihre Gewohnheiten und Bedürfnisse werden vielfältiger, da sie sich dem Wohlstand und Luxus hingeben. So erhöhen sich die Auflagen und Steueranteile für die Untertanen, Landarbeiter, Bauern und alle anderen Zahlungspflichtigen. Man läßt den Umfang jeder Auflage und jedes Anteils gewaltig anwachsen, um das Steuereinkommen zu steigern. Man belegt Handelswaren mit Gebühren und erhebt sie an den Toren der Stadt, wie wir später ausführen werden. Die Abgaben steigen schrittweise in dem Maße an, wie auch die luxuriösen Gepflogenheiten der Dynastie und die Vielfalt der Bedürfnisse sowie die hierfür notwendigen Aufwendungen allmählich zunehmen, bis die Zahlungsverpflichtungen schließlich schwer auf den Untertanen lasten. Sie werden zu einer als verbindlich betrachteten Gewohnheit, da ja die Zunahme immer nur Schritt für Schritt erfolgte und niemand mehr weiß, wer die festgelegte Norm (einst) überschreiten ließ und davon der Verursacher war. Das belastet die Untertanen in ihrer gedeihlichen Betätigung, da die Menschen angesichts des geringen Nutzens die Hoffnung verlieren, wenn sie Gewinn und Zahlungsverpflichtungen sowie Ertrag und Nutzen gegenüberstellen. So ziehen sich viele von gedeihlicher Tätigkeit gänzlich zurück. Das Gesamtsteueraufkommen sinkt daraufhin, da diese Anteile der Steuern geringer werden. Wenn der Rückgang der Steuereinnahmen erkannt wird, erhöht man mitunter den Umfang der Auflagen und sieht dies als Ausgleich für den Schwund an. Schließlich erreichen jede Auflage und jeder Steueranteil ihr höchstmögliches Maß, jenseits dessen es weder Nutzen noch Gewinn gibt, da dann die Aufwendung für eine gedeihliche Betätigung zu groß und die Zahlungsverpflichtungen zu hoch sind und so der dabei erhoffte Nutzen nicht mehr erreicht werden kann. Die Ge- samtsumme sinkt weiter, während der Um- fang der Steueranteile und Auflagen weiterhin steigt, da man glaubt, mit letzteren die Ge- samtsumme ausgleichen zu können. Schließ- lich erlebt die Zivilisation einen Niedergang, da die Hoffnungen auf eine gedeihliche Be- tätigung zerstört wurden. Das fällt auf die Dynastie zurück, da sie es ist, die aus einer gedeihlichen Betätigung Nutzen zieht.
Wenn du das verstanden hast, weißt du, daß es einer gedeihlichen Betätigung am mei- sten förderlich ist, das Ausmaß der Steuer- abgaben für die schöpferisch Tätigen so weit wie möglich zu begrenzen. Dann streben die Menschen nach gedeihlicher Tätigkeit, da sie sicher sein können, am Gewinn auch teil- zuhaben. Allah der Erhabene, gepriesen sei er, der Beherrscher aller Dinge. Alles liegt in seiner Hand."
|
dottore
20.10.2003, 17:55
@ R.Deutsch
|
Re: IM GEGENTEIL! Lass die Nomaden bloß mal"sesshaft" werden... |
-->... und schon hast Du die Strukturen, die Du niemals finden wirst, weil Dir ein im Nirgends angesiedeltes Gemeinwesen vorschwebt.
Die Nomaden sind gütig, usw. (the affluent hunter...) - sobald sie Platz nehmen (festes Areal und so), geht's looooos! Und es beginnt bei denen, die es zunächst auch noch am fettesten hatten. Belege zuhauf, erst neulich hier diskutiert.
Vom animal hunting zum man hunting, vom animal farming zum man farming. Jeder wäre doch blöd gewesen, wenn er's nicht genauso gemacht hätte oder machen würde.
Die Produktivität der Macht ist nicht zu schlagen, was auch der dämlichste Nomade irgendwann kapiert hat.
Dummerweise verging / vergeht das"nomadische Dasein", die Tyrannei der Macht ("sesshaftes Dasein") wirkt sich aus. Rest bekannt, die so oft wiederholt, dass es schon langweilig ist.
Lies bitte in Zukunft solche Klassiker genauer als nur huschi-fluschi.
Gruß!
|
Galiani
20.10.2003, 18:42
@ dottore
|
Die Voraussetzungen, Kautelen und Einschränkungen Ihrer Theorie nehmen zu! |
-->Hallo dottore!
Wenn man natürlich pedantisch alles ausschließt, was <font size="5">nicht</font> zu Ihrer Theorie paßt, dann bleiben am Ende logischerweise nur noch Phänomene übrig, die zu Ihrer Theorie passen!
Aber was ist damit bewiesen?
Daß es Fälle gibt, in denen Steuern <font size="5">tatsächlich</font> ein Ergebnis von Machtausübung sind; - ein Resultat, das - wie jeder zugeben wird - außer Streit steht und für die heutigen Verhältnisse im Besonderen zutrifft.
Gruß von Ihrem nachdenklichen
G.
|
Popeye
20.10.2003, 19:32
@ R.Deutsch
|
Re: Ibn Kaldun hat vor 600 Jahren schon dottores trostlose Theorie widerlegt |
-->Das kann ich nicht erkennen - ich bitte um Nachhilfe - danke & Grüße
|
R.Deutsch
20.10.2003, 21:14
@ Popeye
|
Nachhilfe für Popeye:-) |
-->Lieber Popeye,
die brutale Macht, von der dottore immer redet funktioniert allenfalls bei Sklaven im Steinbruch. Kreativität und Loyalität kann man nicht mit der Peitsche herbeiprügeln. Ein moderner Staat ist auf intelligente Kooperation seiner Bürger angewiesen, oder er geht unter, wie wir bei der UDSSR, der DDR und demnächst wohl in USA und bei uns bestaunen können, einfach weil die Intelligenz weg geht, in die äußere oder innere Emigration. (Übrigens - wo ist denn dottore „sesshaft“? )
Wenn Eichel sagt, er wolle Schwarzarbeit unter Strafe stellen, dann ist das so lächerlich und hilflos dumm, dass man sich nur wundern kann, dass die Mehrheit das noch nicht so empfindet, weil sie, immer noch glaubt, der Staat könne und dürfe das. Wenn der Staat so weitermacht, bleiben ihm wie in der DDR (Der Doofe Rest) nur noch die, welche nicht ausweichen können und wollen und die bringen halt nichts, sondern wollen haben. Die lächerlichen Apelle der Macht jetzt an den Patriotismus sind schon fast peinlich. Warum zahlen wohl die Großkonzerne praktisch keine Steuern? Weil die Macht nicht intelligent genug ist, die vielfache Intelligenz des Marktes zu beherrschen. In den Steuerabteilungen der Konzerne sitzt halt die größere Intelligenz.
Die einzige Chance der Macht ist dann wieder eine Mauer, wie es die Idioten um Bush es jetzt mit Amerika versuchen. Aber ich bin ganz zuversichtlich, dass Amerika Bush nächstes Jahr zum Teufel jagt. Wie Ibn Kaldun vor 600 Jahren schon richtig erkannt hat:
„Wenn du das verstanden hast, weißt du, daß es einer gedeihlichen Betätigung am meisten förderlich ist, das Ausmaß der Steuer- abgaben für die schöpferisch Tätigen so weit wie möglich zu begrenzen. Dann streben die Menschen nach gedeihlicher Tätigkeit, da sie sicher sein können, am Gewinn auch teil- zuhaben.
Gruß
R
|
Popeye
20.10.2003, 21:50
@ R.Deutsch
|
Re: Nachhilfe für Popeye:-) |
-->>„Wenn du das verstanden hast, weißt du, daß es einer gedeihlichen Betätigung am meisten förderlich ist, das Ausmaß der Steuer- abgaben für die schöpferisch Tätigen so weit wie möglich zu begrenzen. Dann streben die Menschen nach gedeihlicher Tätigkeit, da sie sicher sein können, am Gewinn auch teil- zuhaben.
>Gruß
>R
Hallo, @R.D.,
dass repressive Systeme - auch wegen der Kosten ihrer Aufrechterhaltung - endlich sind, ist ein historisches Faktum. Das Schauspiel, das wir gerade erleben, und das Khaldûn in seiner Mechanik ja auch sehr schön beschreibt ist eben der zwangsläufige Auswuchs von Macht über Menschen und Resourcen. Da nützt es wenig das liberale Fähnchen zu schwenken und zu rufen: das ist aber ganz falsch was ihr da macht - mit euch wird es ein böses Ende nehmen!
Macht korrumpiert... und das Buhlen um Wählerstimmen hat eben nicht"das Gute" im Auge, sondern die Wiederwahl. Und in diesem Teufelskreis geht dann ein Gemeinwesen vor die Hunde. Da nützt es mir sehr wenig, wenn morgen wieder alles besser werden soll - für die Optimisten. Ich lebe heute und hier und wie die nächste Regierung funktioniert, die dann auf den Trümmern"aufbaut", kann ich bereits heute in jedem Geschichtbuch nachlesen.
Du träumst leider, mein Freund
Gute Nacht
|
dottore
21.10.2003, 14:50
@ Galiani
|
Re: Keineswegs, lieber Galiani! |
-->>Hallo dottore!
>Wenn man natürlich pedantisch alles ausschließt, was <font size="5">nicht</font> zu Ihrer Theorie paßt, dann bleiben am Ende logischerweise nur noch Phänomene übrig, die zu Ihrer Theorie passen!
Wieso pedantisch ausschließen? Genau so wie beschrieben ist es abgelaufen, vgl. zuletzt die hier ausführlich diskutierte Studie über den Beginn der bewaffneten Auseinandersetzungen in Oaxaca. Die Nomaden (Jäger) wurden sesshaft. Im richest environment und dann machten sie sich die Umgebung tributpflichtig. Die These von Kelly (Warless societies and the Origin of War, 2000) bestens bestätigt. Die Reiche von Oaxaca gingen genau so unter wie beim arabischen Meister beschrieben: Immer höhere Abgaben bei immer geringerem Ertrag.
Das muss automatisch so sein, sobald man sich ein Tributgebiet einverleibt und aus dem Tribut dann Steuern macht. Rom ist ein weiteres klassisches Beispiel: Erst konnten die"Provinzen" ausgeplündert werden, mit dem"civis Romanus" für alle war's dann vorbei. Nach Dakien ging's bergab.
>Aber was ist damit bewiesen?
>Daß es Fälle gibt, in denen Steuern <font size="5">tatsächlich</font> ein Ergebnis von Machtausübung sind; - ein Resultat, das - wie jeder zugeben wird - außer Streit steht und für die heutigen Verhältnisse im Besonderen zutrifft.
Mit der Erzwingung von Abgaben mit der Waffe geht's immer los. Wer bewaffneten Zwang nicht ausübt, obwohl er ihn ausüben könnte, wäre doch dumm, wenn er es nicht täte. Mir ist noch kein Herrscher und erst Recht keine Dynastie bekannt geworden, die nicht den Khaldoun'schen Verlauf genommen hätte. Das Muster ist durchgehend zu betrachten.
Da wäre also nichts einzuschränken. Das Schöne: Die Machthalter müssen immer wieder verschwinden. Das Unschöne: Die Macht, ausgeübt durch den bewaffneten Zwang verschwindet dadurch nicht.
Ich bin nur neugierig, wem sie nach dem Scheitern des demokratischen (gar"gesellschaftsvertraglichen"?) Durchlaufs in die Finger kriegt. Mein Gehemimtipp bleiben regionale warlords.
Gruß!
|
Bärentöter
22.10.2003, 02:43
@ dottore
|
Re: Keineswegs, lieber Galiani! |
-->>Das muss automatisch so sein, sobald man sich ein Tributgebiet einverleibt und aus dem Tribut dann Steuern macht. Rom ist ein weiteres klassisches Beispiel: Erst konnten die"Provinzen" ausgeplündert werden, mit dem"civis Romanus" für alle war's dann vorbei. Nach Dakien ging's bergab.
>>Aber was ist damit bewiesen?
>>Daß es Fälle gibt, in denen Steuern <font size="5">tatsächlich</font> ein Ergebnis von Machtausübung sind; - ein Resultat, das - wie jeder zugeben wird - außer Streit steht und für die heutigen Verhältnisse im Besonderen zutrifft.
>Mit der Erzwingung von Abgaben mit der Waffe geht's immer los. Wer bewaffneten Zwang nicht ausübt, obwohl er ihn ausüben könnte, wäre doch dumm, wenn er es nicht täte. Mir ist noch kein Herrscher und erst Recht keine Dynastie bekannt geworden, die nicht den Khaldoun'schen Verlauf genommen hätte. Das Muster ist durchgehend zu betrachten.
>Da wäre also nichts einzuschränken. Das Schöne: Die Machthalter müssen immer wieder verschwinden. Das Unschöne: Die Macht, ausgeübt durch den bewaffneten Zwang verschwindet dadurch nicht.
>Ich bin nur neugierig, wem sie nach dem Scheitern des demokratischen (gar"gesellschaftsvertraglichen"?) Durchlaufs in die Finger kriegt. Mein Gehemimtipp bleiben regionale warlords.
>Gruß!
Sie haben schon Recht beziehen sich aber immer auf die Vergangenheit- auch wenn es seit einigen tausend Jahren so ist, muss es nicht zwangsweise so weitergehen.
Wie Sie schon andeuten muss sich dazu der Mensch selbst ändern, damit diese Machtausübung nicht stattfindet.
MFG
|