R.Deutsch
04.11.2000, 12:33 |
Kopfnuß fürs Wochenende Thread gesperrt |
Silber wurde ja bekanntlich nach 1870, insbesondere durch den Einfluß des neugegründeten Deutschen Reiches, demonetisiert, also zunehmend als Geld abgeschafft und vom reinen Goldstandard verdrängt.
Dieser Vorgang ist geldtheoretisch deshalb interessant, weil ja von den Falschgeldaposteln immer vorgetragen wird, es gebe nicht genug Gold, man müsse sich mit fiat money von der Goldfessel befreien.
Frage: warum wurde dann Silber demonetisiert? Man hätte doch eigentlich froh sein müssen, ein zusätzliches monetäres Edelmetall als Deckung und zu Geldzwecken zusätzlich zur Verfügung zu haben. Silber hatte sich ja über Jahrtausende, neben Gold, als Geld bewährt. Wenn es also immer nie genug Edelmetall gibt, warum hat man das reichlich vorhandene Silber als Geld abgeschafft?
Frohes Grübeln
R.Deutsch
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Jochen
04.11.2000, 17:17
@ R.Deutsch
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Re: Kopfnuß fürs Wochenende |
Hallo,
>Frage: warum wurde dann Silber demonetisiert? Man hätte doch eigentlich froh sein müssen, ein zusätzliches monetäres Edelmetall als Deckung und zu Geldzwecken zusätzlich zur Verfügung zu haben. Silber hatte sich ja über Jahrtausende, neben Gold, als Geld bewährt. Wenn es also immer nie genug Edelmetall gibt, warum hat man das reichlich vorhandene Silber als Geld abgeschafft?
B. Eichegreen meint in seinem Buch"Vom Goldstandard zum EURO", daß in England Gold aus Brasilien langsam das Silber aus dem Münzumlauf verdrängte (Anfang 18. Jahrhundert).
Silber war dann ab 1774 kein legales Zahlungsmittel für alle Transaktionen im Wert von über 25 Pfund, seit 1821 war es auch als Zahlungsmittel für alle kleineren Transaktionen nicht mehr zugelassen.
Das deutsche Reich befürwortete den Übergang zur Goldwährung deshalb, weil ein großer Teil des Handels mit Krediten aus London finanziert waren, die auf Sterling lauteten und somit durch Gold gedeckt waren.
(alles aus Eichengreen, ohne Gewähr)
Gruß
Jochen
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Ecki1
05.11.2000, 13:51
@ Jochen
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Geldverdrängungsregel? |
Es gibt auch eine volkswirtschaftliche Grundregel, nach der in der Regel"gutes Geld" nach und nach das"schlechte Geld" verdrängt. So geschehen etwa nach dem Ende des zweiten Weltkriegs, als niemand mehr die Zinkmünzen mit Reichsadler und Hakenkreuz annehmen wollte und stattdessen amerikanische Zigaretten gefragt waren. Bitte fragt mich nicht, von wem die Regel stammt, müsste erst nochmal nachschlagen. Da die Produktionszuwächse von Gold häufig niedriger waren als die von Silber, wurde, wie ich vermute, das goldbasierte Geld als stabiler eingeschätzt als das silberbasierte.
Wer weiss mehr über die Geldverdrängungsregel?
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dottore
06.11.2000, 03:40
@ R.Deutsch
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Re: Kopfnuß fürs Wochenende - 30 Mrd. Tonnen Gold!!! |
Lieber R.Deutsch,
>Dieser Vorgang ist geldtheoretisch deshalb interessant, weil ja von den Falschgeldaposteln immer vorgetragen wird, es gebe nicht genug Gold, man müsse sich mit fiat money von der Goldfessel befreien.
Nicht genug Gold? Dazu: Lucien F. Trueb, Gold, Verlag Neue Zürcher Zeitung 1992 ISBN 3-85823-379-X.
Trueb ist der beste Experte zum Gold überhaupt. Wieviel Gold gibt es überhaupt? In der 15 km dicken Erdschale etwa 30 Mrd. Tonnen, davon 25 % in den Weltmeeren gelöst.
Das macht so rundherum 600 Billiarden DM zu heutigen Kurs, wenn ich richtig gerechnet habe. Alles nur eine Frage der Kosten (und dafür haben wir ja den Goldautomatismus). Und mit 30 Mrd. Tonnen kommen wir noch ne ganze Weile gut hin.
Trueb:"Mangelware wird das Gold nie werden..." (S. 15):
>Wenn es also immer nie genug Edelmetall gibt, warum hat man das reichlich vorhandene Silber als Geld abgeschafft?
Das brauchen wir nach dem Obigen nun wirklich nicht. Aber mit einem Silberstandard geht's natürlich ganz genau so.
Grüße
d.
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dottore
06.11.2000, 03:44
@ Jochen
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Re: Kopfnuß fürs Wochenende |
>B. Eichegreen meint in seinem Buch"Vom Goldstandard zum EURO", daß in England Gold aus Brasilien langsam das Silber aus dem Münzumlauf verdrängte (Anfang 18. Jahrhundert).
Richtig. Ist alles nur eine Definition von"legal tender". Wobei"legal" hier einklagbar heißt. Ob Goldstandard oder Silberstandard, die freie Wirtschaft wird's schon richten.
>Silber war dann ab 1774 kein legales Zahlungsmittel für alle Transaktionen im Wert von über 25 Pfund, seit 1821 war es auch als Zahlungsmittel für alle kleineren Transaktionen nicht mehr zugelassen.
>Das deutsche Reich befürwortete den Übergang zur Goldwährung deshalb, weil ein großer Teil des Handels mit Krediten aus London finanziert waren, die auf Sterling lauteten und somit durch Gold gedeckt waren.
>(alles aus Eichengreen, ohne Gewähr)
>Gruß
>Jochen
Stimmt Jochen, aber das war einfach die normative Kraft des Faktischen. da gab's keine"bösen" oder"finsteren" Absichten dahinter, obwohl sich die Silber-Mafia (Guggenheim usw.) schwer gegen das Abtauchen des Silbers in Richtung Scheidemünze gewehrt hat.
Gruß
d.
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dottore
06.11.2000, 03:58
@ Ecki1
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Re: Geldverdrängungsregel? Hier erklärt: |
>Es gibt auch eine volkswirtschaftliche Grundregel, nach der in der Regel"gutes Geld" nach und nach das"schlechte Geld" verdrängt. So geschehen etwa nach dem Ende des zweiten Weltkriegs, als niemand mehr die Zinkmünzen mit Reichsadler und Hakenkreuz annehmen wollte und stattdessen amerikanische Zigaretten gefragt waren. Bitte fragt mich nicht, von wem die Regel stammt, müsste erst nochmal nachschlagen. Da die Produktionszuwächse von Gold häufig niedriger waren als die von Silber, wurde, wie ich vermute, das goldbasierte Geld als stabiler eingeschätzt als das silberbasierte.
>Wer weiss mehr über die Geldverdrängungsregel?
Ich. Es ist das sog."Gresham'sche Gesetz". Und es läuft genau umgekehrt. Sir Thomas Gresham (1519-79) - sein Partner Sir Richard Martin ist by the way einer meiner unzähligen geldgeilen Vorfahren - begann 1552 als kleiner kgl. Angestellter in der Faktorei in Amsterdam mit 20 Shilling Gehalt p.d. Er handelt die großen Anleihen der Flamen für die englische Krone aus. Und schmuggelte so viel Edelmetall (bullion) nach England wie nur möglich. Er hob den Kurs der engl. Währung, was die Schulden der Königinnen Mary & Elizabeth I. leichter machte. Er wurde schließlich die Nr. 1 der englischen Kaufleute und gründete u.a. die Londoner Börse.
Sein"Gesetz" benannte als erster H.D. MacLeod 1858 in seinen"Elements of Political Economy". Der Kern: Sobald eine Regierung für zwei oder mehrere Währungen, die nebeneinander zirkulieren, den inneren Gehalt der einen oder anderen senkt (den"intrinsic value"), werden alle versuchen, mit dem"billigeren" Geld zu bezahlen. Das"bessere" Geld verschwindet aus der Zirkulation, weil ja jeder blöd wäre, wenn er damit zahlte. Ist umlaufendes Geld überhaupt knapp, erscheint das gute wieder - allerdings dann zu einem Aufgeld (Agio). Man zahlt einen Schuld von 100 also nur mit 95 z.B. zurück.
Ausführliche Diskussion darüber, logo. Aber im Kern ist es das."Bad money drives out good". Man bunkert das gute eben.
Schönen Gruß
d.
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Oldy
06.11.2000, 08:47
@ dottore
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Re: Geldverdrängungsregel? Hier erklärt: |
>>Es gibt auch eine volkswirtschaftliche Grundregel, nach der in der Regel"gutes Geld" nach und nach das"schlechte Geld" verdrängt. So geschehen etwa nach dem Ende des zweiten Weltkriegs, als niemand mehr die Zinkmünzen mit Reichsadler und Hakenkreuz annehmen wollte und stattdessen amerikanische Zigaretten gefragt waren. Bitte fragt mich nicht, von wem die Regel stammt, müsste erst nochmal nachschlagen. Da die Produktionszuwächse von Gold häufig niedriger waren als die von Silber, wurde, wie ich vermute, das goldbasierte Geld als stabiler eingeschätzt als das silberbasierte.
>>Wer weiss mehr über die Geldverdrängungsregel?
Ich. Es ist das sog."Gresham'sche Gesetz". Und es läuft genau umgekehrt. Sir Thomas Gresham (1519-79) - sein Partner Sir Richard Martin ist by the way einer meiner unzähligen geldgeilen Vorfahren - begann 1552 als kleiner kgl. Angestellter in der Faktorei in Amsterdam mit 20 Shilling Gehalt p.d. Er handelt die großen Anleihen der Flamen für die englische Krone aus. Und schmuggelte so viel Edelmetall (bullion) nach England wie nur möglich. Er hob den Kurs der engl. Währung, was die Schulden der Königinnen Mary & Elizabeth I. leichter machte. Er wurde schließlich die Nr. 1 der englischen Kaufleute und gründete u.a. die Londoner Börse.
>Sein"Gesetz" benannte als erster H.D. MacLeod 1858 in seinen"Elements of Political Economy". Der Kern: Sobald eine Regierung für zwei oder mehrere Währungen, die nebeneinander zirkulieren, den inneren Gehalt der einen oder anderen senkt (den"intrinsic value"), werden alle versuchen, mit dem"billigeren" Geld zu bezahlen. Das"bessere" Geld verschwindet aus der Zirkulation, weil ja jeder blöd wäre, wenn er damit zahlte. Ist umlaufendes Geld überhaupt knapp, erscheint das gute wieder - allerdings dann zu einem Aufgeld (Agio). Man zahlt einen Schuld von 100 also nur mit 95 z.B. zurück.
>Ausführliche Diskussion darüber, logo. Aber im Kern ist es das."Bad money drives out good". Man bunkert das gute eben.
Gute Erklärung, Dottore! Man bunkert das bessere Geld
und verwendet das schlechtere als Tauschmittel. Es ist also
das bessere Tauschmittel. Nicht wahr? Es hält die
Wirtschaft am Laufen,während das bessere auf bessere
Zeiten wartet.:-)
Überlege dir einmal, was das schlechte Schwundgeld täte.
>d.
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