-->Kanzler lässt Hans Eichel nicht gehen
Krisengespräch: Schröder macht Zusagen über Einsparungen - Koalitionsspitzen aber noch nicht beruhigt
Berlin - Bundesfinanzminister Hans Eichel wird immer mehr zum Sorgenkind der rot-grünen Koalition. Allein am Sonntag und am Montag bedurfte es zweier Gespräche im engsten Kreis, um Rücktrittsgedanken des Ministers vorerst aus der Welt zu schaffen. Ein Abgang Eichels würde unweigerlich eine schwere Regierungskrise auslösen.
Hintergrund sind die in weiten Teilen gescheiterten Bemühungen Eichels, von Sozialministerin Ulla Schmidt einen Sparbeitrag von zwei Milliarden Euro für den Etat 2004 einzutreiben. Noch am Freitag hatte der Bundestag mit der rot-grünen Kanzlermehrheit und der Stimme der Ministerin diese Einsparung im Sozialetat beschlossen - die keine 36 Stunden später zu Lasten Eichels gekippt wurde.
Nach Informationen der WELT aus Partei- und Regierungskreisen kam es deshalb bei der Renten-Klausur am Sonntag zu einem längeren Dreier-Gespräch von Eichel mit Bundeskanzler Gerhard Schröder und Außenminister Joschka Fischer. Dabei habe der Finanzminister deutlich gemacht, dass er für eine Politik immer weiterer Verschuldung und kurzfristig wirkender Notoperationen am Bundeshaushalt auf Dauer nicht zur Verfügung stehe. Fischer und Schröder wiederum"haben auf ihn eingeredet, um ihn vom Rücktritt abzuhalten", hieß es in Regierungskreisen. Am Ende der Rentenklausur stand die Lösung, dass die Sozialministerin den Sparbeitrag nicht allein aufbringen muss, sondern dass eine Milliarde Euro davon auf alle Ministerien als"globale Minderausgabe" verteilt wird. Die zweite soll durch weitere Subventionskürzungen aufgebracht werden. Beides ist äußerst fraglich, wie Eichel weiß.
Um seine Zweifel zu zerstreuen, machte der Kanzler Zusagen: Bei der anschließenden Pressekonferenz erklärte Schröder, mit Fischer"persönlich" für die Erfüllung der Sparauflage zu sorgen. Außerdem soll bei den laufenden Etatberatungen, anders als üblich, eine Art Stichtag beschlossen werden, bis zu dem alle Minister ihren Teil beizutragen haben. Trotzdem blieben in Regierungskreise am Sonntag erhebliche Zweifel, ob Eichel im Amt zu halten sei. In SPD-Fraktionskreisen war die Rede von einem"resignierten" Minister.
Am Montag suchte der Finanzminister erneut die Rückendeckung des Kanzlers. Nachdem Eichel in der Sitzung des SPD-Präsidiums selbst nichts gesagt hatte, sicherte Schröder seinem Finanzminister bei einem Gespräch am Rande zu, die Einsparungen auf jeden Fall zu vollziehen und insgesamt nicht von Eichels Kurs abzuweichen.
Hinter den Bemühungen des Kanzlers steht die Furcht vor einer schweren Regierungskrise. Ein Abgang des Finanzministers wäre ein Signal, dass sich der Kanzler mit seiner"Agenda 2010" nicht durchsetzen kann und die unter Eichel begonnene und inzwischen stark infrage gestellte Haushaltskonsolidierung endgültig gescheitert ist. Zudem scheint es keinen ernsthaften Kandidaten für die Nachfolge Eichels zu geben.
Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier gilt in seiner koordinierenden Funktion als schwer entbehrlich; Verteidigungsminister Peter Struck hat sich in seinem Amt profiliert und gilt neben Innenminister Otto Schily als einer der wenigen SPD-Säulen der Regierung. Das Finanzministerium hält derweil an der seit Tagen bekannten Sprachregelung fest: Der Minister denke nicht an Rücktritt. cw/has/MLU/nik.
Gruss
Otto
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