Ecki1
05.11.2000, 13:42 |
ZEIT-Artikel vom 26.Okt.2000 --- Parallelen zur Berichterstattung vor 70 Jahren? Thread gesperrt |
Aus"DIE ZEIT" vom 26.10.2000
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In den Zeiten der Wirtschaft / Die neue Begeisterung für die Ã-konomie / Von Uwe Jean Heuser
Die Konjunkturexperten haben am Dienstag dieser Woche gesprochen. So rosig wie im Frühling sieht es nicht mehr aus. Das Wachstum dürfte im kommenden Jahr nachlassen. Von der Weltwirtschaft, allen voran Amerika, geht weniger Schwung aus als bisher. Dass die europäischen Zentralbanker die Leitzinsen erhöhten, war zwar richtig, drückt aber auf die Laune der Investoren. Der höhere Ã-lpreis hat das Leben für alle teurer gemacht.
Und die Sonnenseiten? Der Ã-lmarkt dürfte sich beruhigen. Die Verbraucher in Deutschland bleiben kaufkräftig und kauffreudig. Die Zahl der Arbeitsplätze steigt. Und die Steuerreform wird in den nächsten Jahren wie ein Turbolader wirken.
Jetzt liessen sich all diese schönen Einzelfragen noch hin und her debattieren. Aber interessanter ist der Wandel, den die ökonomischen Rechenwerke nicht zeigen können. Während die Aufregung sich an Börse und Euro, an New Economy und Ã-l entzündete, hat sich das Wichtigste an der Wirtschaft gravierend verändert: die Einstellung der Menschen.
Noch vor zehn, ja fünf Jahren galt die Marktwirtschaft zwar als notwendig, aber auch als hässlich. Das Unternehmertum stand weithin im Ruf der Ausbeutung, neue Technologie löste bei der Mehrheit Gleichmut oder Angst aus. Und wer redete schon gerne über Aktien?
Heute lässt sich der tonangebende Teil der Gesellschaft von einer techno-ökonomischen Begeisterung tragen, die an Amerika erinnert. Das sieht und hört man auf Grossstadtpartys und in Yuppiekneipen: Die neue Wirtschaft ist Teil der Alltagssprache geworden. Internet hier und Geschäftspläne da - wer über die Bilanz seines Start-up berichtet oder über seine wertvollen Share-Options, der zieht Zuhörer an.
Meinungsforscher untermauern diese Impressionen. Die Zahl derjenigen, die die Marktwirtschaft ablehnen, hat sich in fünf Jahren auf ein Siebtel halbiert. Ob Computer oder Gentechnik: Mehr als zwei Drittel der Deutschen sehen den technischen Wandel positiv. Sie wollen an den neuen Möglichkeiten teilhaben. Auch der Rückschlag an der Börse hat dieser Grundhaltung nichts anhaben können. Es ist die Zeit der Ã-konomie.
Ein Optimismus mit Nebenwirkung: Viele Bürger konzentrieren sich ganz auf das eigene Vorwärtskommen; das Interesse am politischen Diskurs oder an der Verteilungsgerechtigkeit schrumpft. Dennoch könnte es für die wirschaftlichen Aussichten Deutschlands keine besseren Voraussetzungen geben. Es ist genau die neue Einstellung, aus der sich Innovationen und junge Unternehmen speisen, Wachstum und nicht zuletzt Jobs.
Allerlei Faktoren beeinflussen derzeit die Konjunktur. Der menschliche Faktor gibt den Ausschlag: Die Aussichten für Wirtschaftsdeutschland sind glänzend.
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JüKü
05.11.2000, 13:49
@ Ecki1
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Re: ZEIT-Artikel vom 26.Okt.2000 --- Parallelen zur Berichterstattung vor 70 Jahren? |
Absolut parallel! Ich habe eine tolle Quelle zu früheren Zeitungsmeldungen, fällt mir gerade ein, muss sie noch suchen. Sie ist so gut, dass sie eigentlich für Abonnenten ist... Schlimm, ein Abo zu nehmen, wer noch keins hat?
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dottore
06.11.2000, 04:09
@ Ecki1
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Re: ZEIT-Artikel - wir nähern uns ganz schnell dem Paradies, Leute! |
>Heute lässt sich der tonangebende Teil der Gesellschaft von einer techno-ökonomischen Begeisterung tragen, die an Amerika erinnert. Das sieht und hört man auf Grossstadtpartys und in Yuppiekneipen: Die neue Wirtschaft ist Teil der Alltagssprache geworden. Internet hier und Geschäftspläne da - wer über die Bilanz seines Start-up berichtet oder über seine wertvollen Share-Options, der zieht Zuhörer an.
Na hoffentlich wissen die überhaupt, was ein Geschäftsplan ist. Die IPO-Mittel verbraten und alles ohne Cash-flow ja zweifelsfrei nicht. Und die Options? Na, die Nummer werden wir wohl auch noch sehen, bitte noch Mal Michael Mandel,"The Coming Internet Depression" zu Rate ziehen. Soeben erschienen, von mir ausführlich vorgestellt und ein absolutes MUST READ. Der Mann ist Economcs Editor von Business Week und hat ein Harvard-Dilpom.
Wie reden also von keinem Yuppie-Spinner.
Aber die ZEIt hat von solchen Dingen wirklich keine Ahnung.
>Sie wollen an den neuen Möglichkeiten teilhaben. Auch der Rückschlag an der Börse hat dieser Grundhaltung nichts anhaben können. Es ist die Zeit der Ã-konomie.
"Teil haben" - wie schön. Ich fürchte es wird umgekehret kommen. Wir werden teilnahmsvoll zusehen müssen, wie sie die Ã-konomie in die Grütze reiten, um dann am Wiederaufbau, an Restrukturierungen und Sozialplänen usdw."teizuhaben".
>Dennoch könnte es für die wirschaftlichen Aussichten Deutschlands keine besseren Voraussetzungen geben. Es ist genau die neue Einstellung, aus der sich Innovationen und junge Unternehmen speisen, Wachstum und nicht zuletzt Jobs.
Ja, ja, die Einrichtung einer Homepage und das Entwerfen einer Bannerwerbung, vom Unterkostenverkauf à la Amazon.com ganz zu schweigen.
>Allerlei Faktoren beeinflussen derzeit die Konjunktur. Der menschliche Faktor gibt den Ausschlag: Die Aussichten für Wirtschaftsdeutschland sind glänzend.
Na, Klasse. Dann habe zumindest ich etwas übersehen. Ich krieg' bloß nicht raus, was.
Besten Gruß
d.
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