-->Inflation, Deflation, Stagflation, Rezession, Depression
((Unterzeile)) Die Schatten der kapitalistischen Wirtschaft
((Vorspann)) Oft hören wir diese mit negativem Beigeschmack behafteten Begriffe - aber was steckt konkret dahinter? Inflation und Deflation scheinen wohl am besten bekannt. Beginnen wir mit diesen!
Inflation - Vorsicht, Geldschwemme!
Die Bezeichnung kommt vom lateinischen inflare = aufblähen. Dies sollte man wissen, denn oft wird Inflation mit Preissteigerung gleichgesetzt. Preissteigerungen jedoch sind zwar einerseits zwingend mit einer Inflation gekoppelt, andererseits aber auch ohne diese möglich. Von Inflation sollte man erst sprechen, wenn Preissteigerungen auch Einkommenssteigerungen nach sich ziehen. In den vergangenen Jahrzehnten hatten wir demnach eine Inflation, wobei die Lohn- und Gehaltssteigerungen die Preissteigerungen weitgehend wieder einholen. Diese Inflation war mit einigen Prozent pro Jahr stets recht milde. Keineswegs erschien sie uns irgendwie gefährlich.
Warum aber kam es überhaupt zu diesem Prozess? Die Ursache liegt im Fehler unseres Geldes, welches Waren und Dienstleistungen als Tauschmittel nicht korrekt abbildet, da es im Wert nicht wie diese verfällt. Daher unterliegt es nicht wie Waren und Dienstleistungen einem Angebotszwang. Daher könnte es ohne Inflation schadlos vom Wirtschaftkreislauf ferngehalten, also nicht für Käufe und Kredite genutzt, sondern als Bargeld zu Hause gelagert werden. Das würde die Wirtschaft schwächen - ein Horror für Regierung und Notenbanker.
Übrigens sind auch in Zeiten galoppierender Inflation die Einkommen mitgezogen - und wenn sie mehrmals täglich gezahlt wurden. Es gab immer eine gewisse Beschäftigung, Handel und Waren, auch wenn Angebot und Nachfrage in Schieflage hingen.
Was ist also schlimm an Inflation? Die Geldentwertung! Genau diesen Begriff findet, wer im Duden oder Deutschen Wörterbuch nachschlägt. Doch ist auch dies unscharf. Denn an Wert verliert nur Geld, das als Kredit zeitlich gebunden ist (z. B. Festgeld oder Schatzbriefe) oder nicht in der Wirtschaft umlaufen kann (nicht benötigtes Bar- oder Giralgeld). Wer also kaum Ersparnisse hat, braucht sich vor Inflation nicht zu fürchten. Und wer Schulden hat, darf sogar von einer besseren Lage ausgehen.
Geldentwertung - ist dies nicht genau das, was Freiwirtschaft beabsichtigt? Nein, denn hier betrifft die Entwertung lediglich gehortetes, also beispielsweise als Bargeld im Sparstrumpf verstecktes Geld.
Natürlich wirkt die Inflation zunächst kaufanreizend, belebt also die Wirtschaft und gibt dem Sozialprodukt Schub. Doch wenig später zeigt sich die negative Folge: Die Zinsen ziehen nach, die Zinsbelastung der Unternehmen steigt, die Arbeiter wollen als Inflationsausgleich mehr Lohn. Somit ist eine im Ansatz positive Entwicklung zu konstatieren, die sich nach einiger Zeit aber gewissermaßen selbst abwürgt. Erst eine erneute Geldausweitung seitens der Notenbank bringt wieder Linderung.
Deflation - Spirale zum Abgrund
Schlimmer noch als Inflation ist Deflation. Wie bei der Inflation wird diese oft als Preisverfall gesehen, was wiederum zu kurz greift. Auch ist dies nicht, wie man zunächst annehmen könnte, der umgekehrte Vorgang wie bei der Inflation. Zwar sind Zinssenkungen, Kaufzurückhaltung, sinkende Einkommen und Preisverfall in der Tat das Gegenteil inflationärer Effekte, allerdings wird dadurch sofort die Wirtschaft geschwächt, das Sozialprodukt geht also nur noch zurück. Dafür sorgt die verhängnisvolle Kettenreaktion Nachfrageausfall - Warenstau - Preissenkungen - „Abwarteverhalten“ der Konsumenten, da ja morgen die Preise noch tiefer sein könnten.
Inflation ist mehr ein selbst stabilisierender Prozess, Deflation eher das Gegenteil davon. Deshalb sind Geldengpässe im Wirtschaftkreislauf viel gefährlicher als Geldüberschüsse!
Eine leicht deflationäre Entwicklung sehen wir seit Jahren in Japan. Die Zinsen tendieren gegen Null.
Japans Schwierigkeiten gehen auf den Wall-Street-Crash von 1987 zurück. Wie das? Die Börse ist doch eine reiner Handelseinrichtung. Hier wird entgegen landläufigen Parolen weder Geld gemacht noch vernichtet. Doch bei jedem Börsenabschwung wandert das Geld der Kleinanleger in die Hände finanzstarker Anleger, die das Spiel besser beherrschen. Der Hobbybörsianer, der sich einst auf dem Weg zum Reichtum glaubte, steht nun vor einem Anlage-Scherbenhaufen - und spart nun, wo er nur kann! Durch dieses Muster sieht sich die Wirtschaft sinkender Nachfrage gegenüber. So geschehen in Japan. Diese langandauernde Krise sollte uns besonders zu denken geben, weil Japan in den 70er und 80er Jahren noch als wirtschaftliches Superland galt.
Stagflation, ein Kunstwort
Weniger bekannt ist der Begriff Stagflation. Das Wort wurde aus den Begriffen Stagnation und Inflation gebildet. Stagflation bedeutet Nullwachstum bei anziehender Inflation. Das sind zwei Erscheinungen, die eigentlich gar nicht so recht zueinander passen. Des Rätsels Lösung ist die Zeitverschiebung zwischen Ursache (Zinsänderung) und Wirkung (Änderung des Sozialprodukts) in der Wirtschaft. Stagflation ist eine besonders kritische Situation, weil es schwer ist, all ihre Symptome gleichzeitig zu bekämpfen. Zu den genannten beiden Symptomen gesellt sich, wie oben dargestellt, noch die Arbeitslosigkeit hinzu.
Englische Krankheit nennt man die Stagnation auch, weil sie in Großbritannien in den 60er und 70er Jahren besonders hartnäckig zu verzeichnen war. Aber auch in Deutschland zeigten sich in den Jahren 1973 bis 1975 und 1980 bis 1982 diese Tendenzen. In beiden Fällen waren Ã-lkrisen die Auslöser.
Rezession und Depression
Diese Erscheinungen werden lediglich über einen bestimmten Rückgang des Sozialprodukts definiert, können also von Inflation, Stagflation oder Deflation begleitet sein. Bei der Rezession werden die Wachstumsraten kleiner, sind aber immer noch positiv. Nach der Definition des Internationalen Währungsfonds herrscht Rezession, wenn das weltweite Wachstum unter 2,5 Prozent liegt. Rezession kann national unterschiedlich definiert werden. Eine Rezession ist für den Normalbürger an sich noch kein Grund zur Sorge, ärgerlich ist sie allerdings für Kapitaleigner, da deren verzinstes Geld nun schwächer durch das Sozialprodukt „abgedeckt“ wird.
Wenn die Wachstumsraten negativ werden, das Sozialprodukt also schrumpft, dann spricht man von Depression. Am häufigsten wird diese von einer Deflation begleitet.
((im Kasten))
Zinsänderungen - ein zweischneidiges Schwert
Viele Ã-konomen sehen Zinsentscheidungen als eine Art Wunderwaffe an. Wer ein wenig näher mit dem Börsengeschehen vertraut ist, weiß beispielsweise, wie gespannt Börsianer gegenüber Zinsentscheidungen der Zentralbanken eingestellt sind.
Doch diese legen lediglich diejenigen Zinsen definitiv fest, zu denen Geschäftsbanken Kredite von ihnen erhalten (sich „refinanzieren“). In ihren eigenen Zinsentscheidungen sind die Geschäftsbanken frei. Im wesentlichen verleihen sie Geld des Publikums auf eigene Rechnung. Daher bestimmt auch der Markt durch Angebot und Nachfrage primär den Zins. Der Begriff Leitzinsen wird von der EZB nicht mehr verwendet; sie hat den Begriff Refinanzierungssatz geprägt. Die EZB legt diesen Satz übrigens auch nicht einfach so fest. Hierfür gibt es nämlich eine Art Versteigerungsverfahren. Die EZB kann hierbei als wichtigster Stellschraube lediglich am Mindestbietungssatz drehen.
Werden die Zinsen gesenkt, wird mit ca. einem halben Jahr Verzögerung eine Erholung der Wirtschaft erwartet, da sich diesen nun günstiger mit Geld versorgen kann. Nicht gesehen wird jedoch oft, dass auf der anderen Seite für das zufließende Geld das falsche Signal gesetzt wird - es zieht sich nämlich aus dem Festverzinslichen und damit aus der Wirtschaft zurück, wird gehortet oder geht in die Spekulation (z. B. Aktienkauf). Und erhöhte Liquidität am Aktienmarkt bedeutet zwar steigende Kurse, davon haben aber die Aktiengesellschaften selbst im Prinzip nichts und nicht börsennotierte Unternehmen schon gar nichts.
((Ende Kasten))
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