-->Fundsache
Waffenregistrierung - ergänzende Vernehmlassung
0123/03.174dÂ
(14.10.2003)
Entwurf vom 05. Oktober 2003
Sehr geehrte Frau Bundesrätin
Wir danken Ihnen für die Gelegenheit, uns im Rahmen einer ergänzenden Vernehmlassung zur Revision des Eidg. Waffengesetzes und insbesondere neu zur Idee eines zentralen Feuerwaffenregisters äussern zu können.
I. Ergänzende Vernehmlassung - Vorgehen des EJPD
Im September 2002 wurde ein Vernehmlassungsverfahren zu einer Teilrevision des Waffengesetzes auf Grund einer Gesetzesvorlage und eingehenden Erläuterungen durchgeführt. Ein Jahr später hat das EJPD ein ergänzendes Vernehmlassungsverfahren mit folgenden Prämissen eingeleitet:
1. Gesetzesvorlage und Erläuterungen sind die gleichen wie im September 2002.
2. Der Teilnehmerkreis des Vernehmlassungsverfahrens wurde einseitig und tendenziös um einige Frauenorganisationen etc. erweitert.
3. Die „Idee“ eines Feuerwaffenregisters wurde ohne Gesetzesvorlage erstmals im ergänzenden Vernehmlassungsverfahren lanciert.
Ein Vernehmlassungsverfahren des Bundes wird in der „Verordnung über das Vernehmlassungsverfahren“ geregelt (SR 172.010). Gemäss Art. 1 gilt sie für Vernehmlassungsverfahren, die von der Bundesverwaltung durchgeführt werden. Vernehmlassungsverfahren der Gesetzesstufe werden vom Bundesrat eröffnet (Art. 3 ). Die Bundeskanzlei gibt die Eröffnung gemäss Art. 3 Abs. 3 der Verordnung im Bundesblatt bekannt.
In der Schweiz kann rechtlich ein Waffenregister nur durch eine Gesetzesänderung eingeführt werden. Deshalb hätte ein entsprechendes Vernehmlassungsverfahren vom Bundesrat angeordnet werden müssen. Das vom EJPD gewählte Vorgehen ist ein Verstoss gegen die geltende Rechtsordnung.
Den Kreis der Vernehmlassungsteilnehmer regelt Art. 4 der Verordnung. Darin heisst es: „ Angehört werden in der Regel die Kantone, die in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien und die für das betreffende Sachgebiet zuständigen Organisationen gesamtschweizerischer Bedeutung „. Wer angehört wird, bestimmt gemäss Art. 4 Abs. 2 der Verordnung die zuständige Behörde im Einvernehmen mit der Bundeskanzlei. Zu einem Eidg. Waffengesetz sind schon früher unter der Federführung der Bundesräte Friedrich und Koller Vernehmlassungen durchgeführt worden. Dabei hat sich im Sinne der Verordnung ein Adressatenkreis ergeben, der auch im September 2002 wieder begrüsst worden ist.
Auffallend - und politisch wohl bewusst kalkuliert - ist die Einladung neuer Vernehmlassungsteilnehmer, wie Kommission für Frauenfragen, Koordinations-Kommission für Familienfragen, die Dachorganisation der Frauenhäuser etc. Diese Organisationen sind jedoch nicht im Sinne der Vernehmlassungsverordnung für das Sachgebiet zuständig, sonst hätten auch Kommis-sio-nen für Männerfragen, für Männerhäuser, Dachverbände für Senioren etc. eingeladen werden müssen. Die Auswahl ist offensichtlich gezielt nicht nach Sachkompetenz, sondern nach ideologischen Kriterien getroffen worden, damit die heftige Kritik an den Verschärfungstendenzen   im   ersten   Vernehmlassungsverfahren durch diese zusätzlichen Vernehmlassungen neutralisiert wird. Die neuen Vernehmlassungs- Teilnehmer erfüllen jedoch die Voraussetzungen von Art. 4 der Verordnung nicht. Sie werden aber zweifellos für eine Ver-schärfung des Waffenrechts eintreten. Mit dieser politischen Methode wird das Vernehmlassungs-verfahren letztlich manipulativ verfälscht.
Gemäss Art. 6 Abs. 2 der Verordnung werden mit der Vernehmlassungseinladung Vorlage und Erläuterungen etc. zugestellt. In dieser ergänzenden Vernehmlassung fehlt jedoch die Gesetzesvorlage für die Schaffung eines Waffenregister. Dies ist ein weiterer Verstoss gegen die Vernehmlassungsverordnung.Â
Es handelt sich im vorliegenden Fall daher nicht um ein Vernehmlassungsverfahren zu einer Gesetzesvorlage, sondern um eine Meinungsumfrage zu einer „gesetzgeberischen Grundidee“. Ohne konkrete Gesetzesbestimmungen artet ein solches „ergänzendes Vernehmlassungsverfahren“ zu einem weitgefächerten „Jekami“ aus. Jedermann kann sich dabei selber eine Regelung über ein Waffenregister vorstellen und sich dann darüber auslassen. Die Betroffenen aber haben das Recht zu wissen, welche Waffen wann, von wem, wie, etc. registriert werden sollen. Weiter ist von Bedeutung, ob Gebühren anfallen werden, ob das Nichtregistrieren strafbar ist und wenn ja, ob als Vergehen oder als Uebertretung. Dazu kann sich jedoch niemand äussern, weil eine entsprechende Gesetzes-Vorlage fehlt.
Wo hin würde es führen, wenn jedes Mitglied des Bundesrates eigenmächtig, ohne Gesetzesvorlage, eine Vernehmlassung zu einer seiner politischen Ideen durchführen würde? Beispielsweise könnte der Finanzminister eine Umfrage in Form einer Vernehmlassung in ihm dienlichen Adressaten-Kreisen starten zur Frage, ob eine Reichtumssteuer eingeführt werden soll, ohne in einem Gesetzestext zu sagen, wer der Steuer unterliegen soll, was unter dem Begriff Reichtum zu verstehen ist und wie hoch die Steuersätze wären.Â
Es ist aufgrund der geltenden Bestimmungen über das Vernehmlassungsverfahren des Bundes - sollte die Idee eines Waffenregisters überhaupt bestehen bleiben - daher zwingend ein zweites offizielles und verordnungskonformes Vernehmlassungsverfahren mit einem konkreten Gesetzestext, eröffnet vom Gesamtbundesrat, erforderlich.
Gemessen an staatsrechtlichen und vor allem an staatspolitischen Kriterien ist dieses ergänzende Vernehmlassungsverfahren des EJPD mit erweitertem, gezielt ausgewähltem Adressatenkreis und einer unausgegorenen „Gesetzesidee“, illegal und staatspolitisch höchst bedenklich. Dies erstaunt umso mehr, als dieses Vorgehen ausgerechnet vom EJPD, als juristisches Gewissen des Bundes, ausgeht. Mit diesem Vorgehen von höchster politischer Stelle wird einer staatsrechtlichen Verwilderung des Rechts und der politischen Gebräuche Vorschub geleistet.
II. Revisionsentwurf vom September 2002
Wir haben in unserer Vernehmlassung vom 5. Dezember 2002 eingehend Stellung genommen und haben keinen Anlass, davon abzuweichen. Wir verweisen vollumfänglich auf diese Ausführungen.
III. Einführung eines zentralen Waffenregisters
Gemäss Verfassungsauftrag hat das Waffengesetz den Missbrauch von Waffen zu bekämpfen. Mit der Waffenregistrierung wird jedoch keine einzige kriminelle Tat oder keine Handlung eines Verzweiflungstäters verhindert. Die Registrierung wäre höchstens ein Fahndungsmittel der Polizei zur nachträglichen Aufklärung begangener Straftaten. Dafür rechtfertigt sich jedoch keine Registrierung der Waffen von Hunderttausenden von privaten, verantwortungsbewussten Waffenbesitzern. Die Kriminellen werden ihre Waffen mit Sicherheit nicht registrieren lassen. Nur die gesetzestreuen Bürger/Innen wie Sammler, Jäger, Schützen etc. werden, um einer Bestrafung zu entgehen, pflichtgemäss ihre Waffen registrieren lassen. Doch gerade sie missbrauchen ihre Waffen nicht. Die Waffenregistrierung wäre somit nur  ein administrativer Leerlauf und eine Schikane gegenüber den legalen, korrekten Waffenbesitzern, wofür eine Heerschar von Funktionären mit entsprechenden Kostenfolgen benötigt würde. Die Waffenregistrierung leistet keinen Beitrag zur Förderung der öffentlichen Sicherheit.    Â
Selbst Waffengegner kamen bisher nie auf die Idee, den privaten Waffenbesitz amtlich zu registrien, um damit den Waffenmissbrauch verhindern zu können. Auch eine Registrierung von Küchen- oder anderen Messern, sowie von anderen sogenannten „gefährlichen Gegenständen“ würde ebenso wenig verhindern, dass sie als Mordwerkzeug eingesetzt werden können. Auf tragische Weise traf dies ja auch die schwedische Aussenministerin Anna Lindh, die beim Einkaufen meuchlings mit einem Messer erstochen und in Pforzheim kürzlich eine Frau, die von einem Amokläufer mit einem Samurai-Schwert getötet wurde.
Neue Beamtenstellen, neue Kosten, neue Gebühren und eine neue Fichierung des Bürgers sind - ohne absehbaren Erfolg - die Folgen der „Registrierungs-Idee“. Herr und Frau Schweizer müssten all ihre Schusswaffen, ob Erinnerungsstücke aller Art, Sammler-, Jagd- oder Sportwaffen - ob sie auf dem Estrich oder wo auch immer aufbewahrt sind - hervorkramen und gebührenpflichtig registrieren lassen, sonst würden sie strafrechtlich verfolgt. Um die angestrebte Registrierung aller Schusswaffen zu erreichen, müssten die Behörden dann konsequenterweise auch noch unvorstellbar aufwendig nach den nichtgemeldeten Waffen suchen lassen. Was nützt es aber dem Staat und den Bürgern, wenn man weiss wie viele Hunderttausende von Waffen in unserem Lande vorhanden sind. Da der Grossteil der Bevölkerung die Waffen aus staatsbürgerlichen, traditionellen Ueberlegungen sowieso nicht von sich aus und erst noch gegen eine Gebühr anmelden wird, kann die präzise Zahl ohnehin nie ermittelt werden.
Kanada hat vor vier Jahren ein Waffenregister eingeführt. Es wurden bis Ende 2002 mit  einem   Kostenaufwand  von  875  Mio   Kanadischen  Dollars  (ca. 800 Mio            Schweizerfranken) zirka 5,9 Mio Schusswaffen registriert. Die Aktion ist noch nicht zu Ende. Die Regierung musste aber bereits einen Nachtragskredit von weiteren 72 Mio Kanadischen Dollars verlangen. Acht Provinzen, die die Mehrheit der kanadischen Bevölkerung repräsentieren, haben jetzt die Abschaffung der Waffenregistrierung gefordert. In dieser Zeit der Registrierung ist die Mordrate in Kanada um 13 % gestiegen. Dabei konnte auch festgestellt werden, dass nur 3 % der Mordtaten mit registrierten Schusswaffen verübt wurden. Ebenso wurde festgestellt, dass der grösste Teil der bei diesen Tötungsdelikten verwendeten Schusswaffen nicht am Tatort zurückgelassen wurde. In Deutschland konnte auch nur ein Teil der vorhandenen Waffen registriert werden, denn die Bürger haben den Sinn nicht eingesehen und deshalb nicht mitgewirkt. Dafür wurden Tausende von Bürgern, die ihre Waffen nicht angemeldet haben, bestraft und kriminalisiert,.
IV. Schlussbemerkungen
Der Ganove lässt seine Waffen weder vor der Tat, noch überhaupt registrieren. Wer dies nicht wahrhaben will verkennt die Realität. Gemäss Statistik des Bundesamtes für Polizei gab es im Jahr 2002 in der Schweiz 213 vorsätzliche Tötungsdelikte, davon 68 mit Schusswaffen. Die Frage, ob diese Schusswaffen legal erworben oder illegal beschafft wurden, wird dabei nicht beantwortet. Aufgrund des erfahrungsgemässen Täterverhaltens muss jedoch angenommen werden, dass die meisten dieser Tötungsdelikte mit illegal beschafften Waffen begangen wurden. Demgegenüber gibt es in unserem Lande Hunderttausende von Waffenbesitzern, Jägern und Schützen, die für ihre Aktivitäten pro Jahr ca. 75 Mio Patronen aller Kaliber (ohne Armeebedarf), legal, klaglos und sicher verwenden. So tragisch diese 68 Tötungsdelikte auch sind, sie rechtfertigen keine Registrierung aller Schusswaffen und ihrer verantwortungsbewussten Besitzer.
„Vorbeugen ist besser als heilen“, gilt darum auch im Umgang mit Waffen. Die registrierte Waffe kann dazu nichts beitragen. Nicht Existenz oder Vorhandensein einer Waffe ist die Ursache des Verbrechens oder der Verzweiflungstat, sondern diejenigen, die  sie dafür missbrauchen. Nur eine unablässige Erziehung unserer Jugend und der Gesellschaft zu korrektem, sicherem und rücksichtsvollem Umgang mit Waffen und anderen „gefährlichen Gegenständen“, sowie eine Verschärfung der Strafnormen und eine rigorose Bestrafung der Kriminellen mit allen möglichen Massnahmen, kann dies bewirken.
Die Idee der Registrierung der Waffen in unserem Lande schiesst weit am Ziel vorbei. Eine wirksame Verbrechens-Prävention kann damit nicht erreicht werden. Es wird den Menschen aber suggeriert, dass damit ihre Sicherheit besser garantiert werden könne. Das ist ein opportunistischer Trugschluss. Der Kriminelle besorgt sich die Waffen im nicht registrierten, nicht kontrollierbaren „grauen“ Waffenmarkt oder aber mit Gewalt. Der Verzweiflungstäter, der Selbstmörder, benützt die Waffe, die er gerade behändigen kann, ob sie registriert ist oder nicht. Der Registrierte oder bei Nichtbefolgen der Bestrafte, ist damit wiederum nur der verantwortungsbewusste Bürger oder anders gesagt: „Der Brave wäre erneut der Dumme“.
Nachdem die Idee der Waffenregistrierung offensichtlich erst nach dem ordentlichen Vernehmlassungsverfahren zur Teilrevision des Waffengesetzes geboren wurde, werden wir, abgesehen von unseren Bemerkungen auf Seite 2 Abs. 4, auch den Eindruck nicht los, dass mit der Registrierung aller Schusswaffen in der Schweiz, der Weg zum Beitritt zum Schengen-Abkommen geebnet werden soll.
Wir erwarten, sehr geehrte Frau Bundesrätin, eine Überarbeitung der Revisionsvorlage im Sinne unserer Vorschläge und Änderungsanträge.
Mit freundlichen Grüssen
proTELL
Gesellschaft für ein freiheitliches Waffenrecht
Präsident: Willy Pfund, alt Nationalrat
Vize-Präsident: Dr. Hans Wüst
<ul> ~ Quelle (unter *Aktuelles*)</ul>
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