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Mit Mathematik gegen Steuersünder
24. Oktober 2003 Finanzbeamte nutzen neuerdings sogar die Methoden der Wahrscheinlichkeitsrechnung, um bei einer Steuerprüfung in einem Betrieb dessen Buchhaltung zu überprüfen. Dazu bringen die Kontrolleure auf ihren tragbaren Dienstcomputern spezielle Rechenprogramme mit. So sollen die angegebenen Umsätze in Firmen, die überwiegend Bareinnahmen haben, auf ihre Stichhaltigkeit überprüft werden.
Der Grundgedanke: Wer bei seinen Einnahmen oder Ausgaben gegenüber dem Fiskus schummelt, trägt in seinen Kassenbüchern falsche Zahlen ein, die er sich selbst ausgedacht hat. Da jeder Mensch aber unbewußt bestimmte Lieblingszahlen habe, meint die Finanzverwaltung, müsse die Häufigkeit einzelner Ziffern in den Betriebsunterlagen von der statistischen Normalverteilung abweichen.
Gaststätten, Bäckereien, Friseure und Taxiunternehmen
Betroffen seien von diesen Überprüfungen etwa Gaststätten, Bäckereien, Friseure und Taxiunternehmen, berichtet der Steuerberater Hubert van Meegen aus Kevelaer. Vor dem Finanzgericht Münster habe es bereits die ersten Rechtsstreitigkeiten über die Aussagekraft dieser neuen Methoden gegeben. Nach seinen Angaben gibt es zwei unterschiedliche Verfahren. Der sogenannte Chi-Quadrat-Test vergleicht, wie häufig jede Ziffer in den Buchführungsunterlagen auftauchen sollte und wie oft sie dort wirklich verzeichnet ist.
Beim Zeitreihenvergleich werden dagegen die erklärten Wareneinkäufe den angegebenen Umsätzen - meist wochenweise - gegenübergestellt, wie van Meegen jetzt in der Mitgliederzeitschrift des Deutschen Steuerberaterverbands seinen Kollegen erklärt hat. Aus dem Unterschied zwischen Einkaufs- und Verkaufswert errechne sich ein prozentualer Aufschlag für den Rohgewinn. Dieser bleibe theoretisch über einen längeren Zeitraum einigermaßen gleich und solle obendrein zu der amtlichen"Richtsatzsammlung" für die jeweilige Branche passen.
Kritk von Steuerberatern
Der Steuerberater aus dem niederrheinischen Wallfahrtsort hält diese Methoden allerdings für fehlerträchtig. Schon bei der Geburt von Jungen und Mädchen treffe die vermutete Wahrscheinlichkeitsverteilung von jeweils 50 Prozent nicht zu, führt er gegen den Chi-Quadrat-Test an. Auch in den Kassenbüchern könne es zu Verzerrungen kommen - etwa weil Preise bei Einzelhändlern häufig mit einer 9, einer 0 oder 5 bei den Centbeträgen endeten. Auch beim Zeitreihenvergleich deuteten Abweichungen nicht unbedingt auf eine Steuerverkürzung hin. So wirke sich die Jahreszeit auf die Umsätze aus; Lieferanten schrieben in unterschiedlichen Fristen ihre Rechnungen. Waren könnten verderben, kleine Firmen Betriebsferien abhalten.
Dennoch müßten sich Steuerzahler auf die neuen Prüfungsmethoden einstellen, räumt van Meegen ein. Bei einer Betriebsprüfung gelte als oberste Pflicht, nicht zu"resignieren", sondern den Finanzbeamten gelassen mit Gegenargumenten zu begegnen und deren Ermittlungsfehler aufzudecken. Seinen Berufskollegen empfiehlt der Steuerberater, die beiden Computerprüfungen schon bei der laufenden Buchführung für ihre Mandanten selbst anzuwenden. Das führe aber natürlich zu einem zusätzlichen Honorar.
Gruss
otto
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