-->LESERBRIEF: ATTAC UND DER KAPITALISMUS
Mit Elan gegen den Tiger
Zu Abschied vom Wachstum (FR Dokumentation vom 17. Oktober):
So sympathisch und ehrenwert Motive und Engagement der Attac-Bewegung sind, so bestürzend ist ihre theoretische Unbedarftheit. Darum zur Erinnerung das Einmaleins unserer Ã-konomie: Wachstum, und zwar unaufhörliches und unbeschränktes Wachstum, ist das Grundgesetz der kapitalistischen Wirtschaftsweise. Waren werden produziert, um damit Geld zu verdienen, und Geld wird wieder investiert, um noch mehr Geld zu verdienen."Schuld" daran ist nicht die viel beklagte Profitgier der Reichen oder der Konzerne oder der"Spekulanten". Wir alle - der kleine Sparer, der Konzernchef, der Großaktionär - sind beherrscht von diesem unpersönlichen automatischen Subjekt der Selbstverwertung des Werts und spekulieren auf unseren Anteil. Wer wie Attac meint, einen"Raubtierkapitalismus" anprangern zu müssen, zeigt, dass er vom Gesetz dieser Ã-konomie nichts begriffen hat.
Der Kapitalismus ist amoralisch wie ein Tiger, der Beute macht, nur dass der Tiger einmal satt ist und eine Weile Ruhe gibt und zudem durch ökologische Mechanismen an seiner schrankenlosen Vermehrung gehindert wird. Kapital aber muss sich vermehren, oder es geht zu Grunde. Im Anfang nationalstaatlich organisiert, hat sich der Kapitalismus mittlerweile global durchgesetzt und entzieht sich damit jeglicher Kontrolle durch die Nationalstaaten - daher die Hilflosigkeit der Politik. Sie ist an diese Ã-konomie gefesselt und kann nur auf deren permanentes Wachstum setzen. Schon ein Sinken des Wachstums wie zurzeit auf 0,5 Prozent ist faktisch schon Stagnation und löst eine Krise aus."Minuswachstum" gar steuert unweigerlich auf eine Katastrophe hin. Es kommt überdies dabei auch nicht darauf an, was produziert wird, z. B. ob es gesellschaftlich nützlich ist, sondern allein, ob es Geld bringt - wenn man es recht bedenkt, eigentlich eine höchst irrationale Selbstzweckökonomie!
Wenn nun Attac"Abschied vom Wachstum" nehmen will, dann bedeutet das eine Abkehr von der kapitalistischen Ã-konomie <font color=#FF0000>(die übrigens, auch wenn es viele glauben, kein Naturgesetz ist) [ EIN SCHÃ-NER GRUSS AN ELLI UND DOTTORE!!! *Grins* -RK- ] </font>. Das alles sollten die Attac-Leute sich bewusst machen und sich überlegen, ob sie diese Konsequenz zu ziehen bereit sind. Die hohe Moral und der leidenschaftliche Elan dieser Bewegung würden in Verbindung mit dieser theoretischen Einsicht dann eine überaus brisante Mischung ergeben.
Hermann Engster, Göttingen
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