Theo Stuss
08.11.2003, 17:12 |
Beharrliche Deflation kostet japanische Grundstücksbesitzer ein Vermögen Thread gesperrt |
-->Börsencall
von Bernd Weiler
Der goldene Herbst und kräftige Kurssteigerungen seit April können Japan die Furcht vor einer anhaltenden Deflation nicht nehmen. Die Preise fallen weiter - und nach der jüngsten Einschätzung der Zentralbank wird dieses Phänomen auch im nächsten Finanzjahr, das im März 2005 endet, noch spürbar sein. Viele positive Konjunkturindikatoren werden von negativen Auswirkungen des Preisverfalls überlagert. Die beharrliche Deflation zehrt an den Vermögen der Unternehmen, Anleger und privaten Grundstücksbesitzer. Im zwölften Jahr in Folge sind die Immobilienpreise gefallen.
Die japanischen Aktienindizes haben sich im vergangenen halben Jahr zwar kräftig erholt, doch so lange der Deflationssturm noch über den Immobilienmarkt fegt, ist mit einem grundlegenden Stimmungsumschwung im Land kaum zu rechnen. Die Preise für privat genutzte Grundstücke fallen - über ganz Japan betrachtet - sogar wieder stärker, gaben im Jahresvergleich (zum Ende September) 4,8 Prozent nach, zuvor waren es 4,3 Prozent. Seit den Höchstpreisen von 1990 haben Grundstücke in den sechs großen Industriestädten Japans 80 Prozent ihres Wertes verloren. Diese immensen Vermögensverluste sind eine schwere psychologische Bürde für die Wirtschaft. Ganz schlecht geht es denen, die in verbriefte Mitgliedschaften von Golfclubs investiert hatten: Diese"Titel" verloren seit 1990 fast 95 Prozent. Die jüngsten konjunkturellen Erholungstendenzen mögen Aktienanalysten ermutigen, doch die Deflation hat Japan noch nicht verlassen, die Risiken haben sich nicht verflüchtigt.
Artikel erschienen am 8. Nov 2003, DIE WELT
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Josef
08.11.2003, 17:46
@ Theo Stuss
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Stimmt es denn dass 60% des jap. Steueraufkommens in Zinsen gehen?? Zahlen?? (owT) |
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fridolin
08.11.2003, 19:38
@ Josef
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Re: Stimmt es denn dass 60% des jap. Steueraufkommens in Zinsen gehen?? Zahlen?? (owT) |
-->Nein, es stimmt nicht - siehe http://www.mof.go.jp/english/budget/pamphlet/cjfc.htm
Debt Service = 16.798 Bio JPY
Steuer- und sonstige Einnahmen = (3.558 + 41.786) = 45.344 Bio JPY
Verhältnis damit 37,0 %. Schlimm genug.
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Theo Stuss
08.11.2003, 20:34
@ fridolin
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Re: Danke für die Richtigstellung (owT) |
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Ecki1
08.11.2003, 21:09
@ Theo Stuss
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Re: Aussitzen ist halt nicht immer angesagt |
-->Dabei gibt es auch in Japan Sondertrends, die sich der allgemeinen Lage widersetzen. So sind etwa Designer-Nietenjeans in Mode gekommen, für die umgerechnet über 1000 CHF bezahlt werden. Firmen wie Tokyo Steel sind bilanzmässig völlig gesund, was sich auch in der Kursentwicklung bemerkbar macht (s.u.). Wer seine Immobilienpositionen nicht verkauft oder gegen Marktrisiken abgesichert hat, schaut halt in die Röhre. Das funktioniert aber in allen anderen Märkten gleich,
bemerkt Ecki1
P.S.
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- Elli -
08.11.2003, 21:20
@ Ecki1
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Re: Aussitzen ist halt nicht immer angesagt / Schade ist nur... |
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... dass du immer Charts zeigst, nachdem die Kurse kräftig gestiegen sind - oder gehst du jedes Mal davon aus, dass das erst der Anfang war und ein jetziger Einstieg zu empfehlen ist?
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Vlad Tepes
08.11.2003, 21:35
@ - Elli -
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Re: Aussitzen ist halt nicht immer angesagt / Schade ist nur... |
-->>[img][/img]
>... dass du immer Charts zeigst, nachdem die Kurse kräftig gestiegen sind - oder gehst du jedes Mal davon aus, dass das erst der Anfang war und ein jetziger Einstieg zu empfehlen ist?
sieht nach fertigem Impuls aus, wa? ;-)
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Euklid
08.11.2003, 22:04
@ - Elli -
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Re: Aussitzen ist halt nicht immer angesagt / Schade ist nur... |
-->Hallo Elli
diese Dinger hätte ich auch gerne vor dem Anstieg gewußt
Ist mir auch so aufgefallen.
Gruß EUKLID
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yatri
09.11.2003, 00:14
@ fridolin
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Gleichfalls danke - SEHR PROFESSIONELL!! (owT) |
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dottore
09.11.2003, 10:28
@ fridolin
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Re: Sehr interessante Zahlen, danke, dazu Überlegungen: |
-->Hi fridolin,
die laufende Finanzierung des jap. Staates geschieht zu 51 Prozent aus Steuern und zu 45 Prozent aus Verschuldung. Um den Haushalt auszugleichen, müssten die Steuereinnahmen demnach in etwa verdoppelt werden. Es ist davon auszugehen, dass dies nicht mehr gelingen kann.
Zum debt service müssen auch die Ausgaben für social security gerechnet werden, da die Ansprüche der Rentner sich nur dadurch von den Ansprüchen der Staatstitelhalter unterscheiden, dass erstere mit dem Tod erlöschen, letztere jedoch nicht. Es sind also Lebens- und Ewigrenten zusammenzuzählen (43,7 % der expenditures). Wegen der Überalterung sind die Lebensrenten zwangsläufig in aufsteigenden Trend und da die Ewigrenten (immer weiter prolongiert usw.) ebenfalls stiegen, da sich die Defizite nicht von selbst verflüchtigen, ist nicht zu sehen, wie das Gebilde"Japan" jemals saniert werden könnte.
Die Grafik unter Position 8 (links angeklickt) ist nicht minder aufschlussreich. Daraus ist die"national burden" einzelner Staaten zu sehen ein must look für alle, die sich mit den Phänomenen"Staat und Freiheit" beschäftigen. Die Summen taxes und social security contributions bedeuten, dass über sie von der Bevölkerung nicht frei verfügt werden kann, sie vielmehr an den Staat abzuführen und vom ihm nach Maßgabe dessen, was er will, wiederum ausgegeben werden.
Dabei haben wir bei Japan 47, in D 56,5 und in Schweden 76,5 Prozent. Die jeweilige Differenz zu 100 ist also das, was sozusagen"zur freien Verfügung" der Bevölkerung übrig bleibt.
Lang lebe der Sozialismus? Er lebt, blüht, wächst und gedeiht. Denn mehr als 100 % kann die Bevölkerung nicht abführen und der Staat nicht verteilen.
Gruß!
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Ecki1
09.11.2003, 10:38
@ - Elli -
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Re: Schade ist aber auch: |
-->Schade ist aber auch, dass sich viele andere immer bestürzt über vorangegangene Kursverluste äussern. Für einen Anlageentscheid taugt so etwas auch nicht. Wenn ich Empfehlungen abgebe, schreibe ich das explizit, werde mir Mühe geben!
Schönen Sonntag!
Ecki
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Euklid
09.11.2003, 11:21
@ dottore
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Re: Sehr interessante Zahlen, danke, dazu Überlegungen: |
-->Gegen Zahlen ist ja bekanntlich kein Kraut gewachsen.
Aber warum fühlen sich die Schweden bei 76,5% pudelwohl?
Wahrscheinlich deswegen weil sie die Narretei der Bündnisse nicht mitmachen,genau wie die Schweiz.
Nur wer nicht in einem Bündnis sitzt kann nicht ausgenommen und ausgeweidet werden.
Theoretisch könnte das Land natürlich besetzt werden.
Die Militärausgaben übersteigen bei weitem das Engagement für den Sozialbereich.
Was jetzt passiert ist lediglich das Umschichten vom Sozialbereich in noch mehr Militär.
Hier machen sich alle Staaten der Welt kaputt und hier entstehen auch die größten Abhängigkeiten.Schaut man sich die Etats wirtschaftlicher Zwerge an so haben diese Null für Soziales und kriegen ihr Brot über Spenden von denjenigen die ihnen über Staaten die Waffen zukommen lassen.
Die Abhängigkeiten lassen mich ahnen was hier abläuft.Die Kausalkette Verarmung Verrohung Krieg wird eben gerade wieder neu erfunden.
Nur ist es allzu komisch daß die westliche Presse immer von Krieg spricht und bei den Kriegsgegnern vom Terror.
Wer sich mit Waffen nicht stellen kann und von vorneherein untergebuttert wird kann sich halt nur mit Rafinesse wehren was dann unehrlicherweise als Terror bezeichnet wird.
Mit Steinen in der Hand gegen Panzer kann eben nie ein Krieg werden.
Mein Szenario, so wie ich die Abläufe sehe,bedeutet weltweiten Terror wenn die Sache Irak nicht mit einem eindeutigen Sieger beendet wird.
Und der schreibt dann natürlich auch die Geschichte.
Was fehlt ist ein weltweites politisches Konzept.
Was wird aus Afrika?
Doch wieder Kolonisierung weil es anders nicht aufwärts geht?
Indien und China dürften sich selbst aus dem Sumpf ziehen,während ich bei den Moslems mit ihren Feudalstrukturen in den Regierungen schwarz sehe.
Das weltpolitische Problem sind die reichen Erdölländer und Afrika.
Gruß EUKLID
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bernor
09.11.2003, 21:33
@ fridolin
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Der bloße Vergleich Schuldendienst zu Steuern ist irreführend... |
-->>Nein, es stimmt nicht - siehe http://www.mof.go.jp/english/budget/pamphlet/cjfc.htm
>Debt Service = 16.798 Bio JPY
>Steuer- und sonstige Einnahmen = (3.558 + 41.786) = 45.344 Bio JPY
>Verhältnis damit 37,0 %. Schlimm genug.
...weil das auf den ersten Blick heißen würde, daß mit den 37% Steuern effektiv Zinsen bezahlt würden - und die übrigen Steuern für die sonstigen Ausgaben ausreichten! Tarsächlich werden die Zinsen aber zuerst mit (Netto-)Neuverschuldung"bezahlt" werden (bekanntes Ich-reiße-ein-neues-Loch-auf-um-damit-ein-altes-zu-stopfen). Nur für den Rest (soweit verbleibend, siehe unten) werden Steuern benötigt. Im Fall Japan sieht's dann so aus:
Debt Service: 20,5 %
- Gov. Bond Issue 44,6 %
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="Steuer"-Quote minus 24,1 %!
Und das heißt: Japan lebt auch ohne Schuldendienst"über seine Verhältnisse" -und somit in der Tat ohne Aussicht auf Besserung.
Gruß
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