FOX-NEWS
09.11.2003, 19:17 |
@dottore Thread gesperrt |
-->Hallo dottore
Ihr Symposiumspapier habe ich mit grossem Interresse gelesen.
Mir sind dabei einige Fragen gekommen, die ich Ihnen und auch dem Forum darlegen möchte.
1. Die Macht und der Schwarzmarkt.
Schwarzmärkte, ob für Waren oder Dienstleistungen kann die Macht nicht dulden,
da kein Census eingeholt werden kann.
Bei Dienstleistungen ist der Fall klar. Schwarzarbeit bzw. Steuerhinterziehung werden aufs härteste sanktioniert.
Wie sind auf der Warenseite Erscheinungen wie Barter (Tauschringe etc) und Genossenschaften zu sehen, welche sich dem Mehrwert und damit der Abgabe entziehen? Das Thema Tauschringe kann sehr schnell ein aktuelles werden, wie man am Beispel Argentinien (Creditos) sehen kann.
2. Westliche Demokratien und die Macht
Wie ist die Rollenverteilung Macht <-> Beherrschte zu sehen, wenn die Macht von der"Personengruppe" auf das"Amt" bzw. die"Institution" übergegangen ist. Sind wir dann auf einer Metaebene"Ausbeuter" und"Ausgebeutete" in Personalunion?
3. Sind Verschuldung und Inflation eine Form der Vermögenssteuer? Wenn, dann wären ausländische Halter von US-Staatsanleihen in der Position von Tributpflichtigen, die dem Hägemon den Tribut zollen? - Sanktionen wie im Irak (Ã-l - $ - € Thematik) inclusive?
gruss
sam
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bernor
09.11.2003, 22:31
@ FOX-NEWS
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Re: @dottore |
-->Hallo,
>1. Die Macht und der Schwarzmarkt.
>Schwarzmärkte, ob für Waren oder Dienstleistungen kann die Macht nicht dulden,
>da kein Census eingeholt werden kann.
>Bei Dienstleistungen ist der Fall klar. Schwarzarbeit bzw. Steuerhinterziehung werden aufs härteste sanktioniert.
>Wie sind auf der Warenseite Erscheinungen wie Barter (Tauschringe etc) und Genossenschaften zu sehen, welche sich dem Mehrwert und damit der Abgabe entziehen? Das Thema Tauschringe kann sehr schnell ein aktuelles werden, wie man am Beispel Argentinien (Creditos) sehen kann.
Auch da kennt der Staat prinzipiell kein Pardon, siehe § 4 Einkommensteuer-Gesetz:
"1) 1 Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen..."
Man tauscht ja nicht"just for fun", sondern weil man davon leben möchte/muß - und das geht leider nur, wenn beim"Tauschgeschäft" etwas"übrig" bleibt - was sich eben im Wertzuwachs (ermittelt aus dem Bestandsvergleich) niederschlägt und daher besteuert werden kann (Privatentnahme bleibt bekanntlich außen vor)!
Auch bei Leuten, die fürs Finanzamt keine richtige Bilanz, sondern nur eine Einnahmeüberschuß-Rechnung machen müssen, wird (beim Abgang eines Wirtschaftsgutes) der"Mehrwert" - und damit ein Gewinn - erfaßt.
Also: Für den Staat ist die Frage, ob bei der Erzielung des Einkommens Geld geflossen ist, völlig wurscht - nur die Steuer muß(!) in GELD gezahlt werden.
Allenfalls jene Tauscherei, die (siehe Argentinien u. a.) tatsächlich"gewinn-neutral" abläuft, ist steuerlich ohne Bedeutung - steht dann aber für den Abstieg ins Elend.
Wer mit tauschen"wirtschaften" will, der täuscht - zumindest sich selbst.
Schönen Gruß
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FOX-NEWS
09.11.2003, 23:31
@ bernor
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Re: @dottore |
-->hi
>Also: Für den Staat ist die Frage, ob bei der Erzielung des Einkommens Geld geflossen ist, völlig wurscht - nur die Steuer muß(!) in GELD gezahlt werden.
>Allenfalls jene Tauscherei, die (siehe Argentinien u. a.) tatsächlich"gewinn-neutral" abläuft, ist steuerlich ohne Bedeutung - steht dann aber für den Abstieg ins Elend.
Ich sehe den Tauschhandel nicht als Ursache, sondern Folge des Elends.
Mein Punkt ist - stark verkürzt - der:
Tauschring:
Rübenbauer A tauscht 1 KG Rüben bei Kartoffelbauer B gegen 1 KG Kartoffeln ein. Beide haben, was sie wollen.
Lage bei Papi Staat: Einnahmen Tauschring=0 Markt=2X
Ergo der Tauschring wird unterbunden! [img][/img]
>Wer mit tauschen"wirtschaften" will, der täuscht - zumindest sich selbst.
>Schönen Gruß
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EM-financial
10.11.2003, 01:09
@ bernor
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verstehe ich nicht |
-->Allenfalls jene Tauscherei, die (siehe Argentinien u. a.) tatsächlich"gewinn-neutral" abläuft, ist steuerlich ohne Bedeutung - steht dann aber für den Abstieg ins Elend.
Was bedeutet gewinn-neutral???
Es hat doch alles einen Preis und wenn ich mir für 2 Haarschnitte einen Sack Kartoffeln liefern lasse, könnte doch trotzdem ein Gewinn entstanden sei, wenn auch nur bis zur Abwicklung des Geschäfts.
Könntest Du mir das bitte nochmal genauer erläutern, da ich es nicht verstehe.
Soviel ich weiss sind Creditos einfach eine Ersatzwährung, die als Konsequenz eines versagfenden politischen Systems entstanden sind und von der Staatsseite gedultet wird, da man sonst die Herren Politiker aufhängen würde.
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dottore
10.11.2003, 12:11
@ bernor
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Re: Genau so. Übrigens: Tauschen kommt von"täuschen"... |
-->... das, was heute als"tauschen" bezeichnet wird (Bestand ändert sich nicht) heißt ursprünglich"stechen".
Sobald sich ein Gut beim Bestandsvergleich verändert, entsteht automatisch Steuerpflicht. Das trifft auch auf das Beispiel Haarschnitt / Kartoffeln zu.
Der Friseur hatte vorher im Bestand eine Schere, nachher eine Schere und einen Sack Kartoffeln. Den Sack Kartoffeln muss er als Einkünfte aus selbständiegr Tätigkeit versteuern.
Arbeitsleistungen lassen sich nicht tauschen - außer gegen andere Arbeitsleistungen, die nicht zu einem Produkt führen: Der eine schneidet dem anderen die Haare, der dem ersten die Nägel.
Baut der Zweite seinem Frisör eine Mauer, ist ein Produkt entstanden und es kommt wieder zum Bestandsvergleich. Nun geht's noch darum, woher Steine und Mörtel kommen. Hatte sie der Frisör vorher im Bestand, muss er jetzt die Differenz zur Mauer via Bestandsvergleich versteuern. Pech jetzt auch für den Maurer: der muss die Entgegennahme des Haarschnitts als geldwerte Leistung, die er erhalten hat, versteuern. Das System ist ziemlich wasserdicht, auch wenn es nicht bis runter zur Minileistung appliziert wird (Nachbarschaftshilfe etc.).
Nach der Logik des Steuersystems müssten auch Leistungen von Partnern in nichtehelicher Lebensgemeinschaft versteuert werden, z.B. einer ist zu Hause und macht den Haushalt, der andere fährt als Vertreter durch die Gegend. Der Vertreter muss die Haushaltsleistungen versteuern, der Haushälter das Geld, das ihm der Vertreter zur Bestreitung von dessen Lebensunterhalt zur Verfügung stellt.
Nebenbei: Lebt der Ehemann im Ausland und zahlt seiner Frau Unterhalt, muss die Frau dieses Geld im Inland voll versteuern. Die Kinder ganz genauso.
Gruß!
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dottore
10.11.2003, 12:43
@ FOX-NEWS
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Re: @dottore |
-->Hi sam,
das mit dem Tauschen dürfte geklärt sein, zur steuerlichen Seite siehe auch den Link, den Popeye schon mal reingestellt hatte.
>2. Westliche Demokratien und die Macht
>Wie ist die Rollenverteilung Macht <-> Beherrschte zu sehen, wenn die Macht von der"Personengruppe" auf das"Amt" bzw. die"Institution" übergegangen ist. Sind wir dann auf einer Metaebene"Ausbeuter" und"Ausgebeutete" in Personalunion?
Ja, so kann man es sehen. Das ist der Trick der Demokratie, dass sie Gläubiger und Schuldner in einer Person erscheinen lässt: Müller, Meier usw. beziehen Zinsen aus Staatsanleihen und sind in gleicher Höhe Steuern schuldig.
>3. Sind Verschuldung und Inflation eine Form der Vermögenssteuer?
Die Vermögensteuer ist eine ex nihilo geschaffene Schuld der Vermögenshalter. Bei Inflation kann man auf Vermögen ausweichen, das sich mit der Inflation entsprechend dieser aufwertet.
>Wenn, dann wären ausländische Halter von US-Staatsanleihen in der Position von Tributpflichtigen, die dem Hägemon den Tribut zollen?
Bei US-Staatsanleihen, die ja in $ bedient werden, hat der US-Staat einen Teil seiner (aktuellen oder künftigen) US-Steuereinnahmen an den Staatstitelhalter abgetreten. Wo der sitzt, spielt keine Rolle, er wird allerdings nur mit US-$ bedient.
> - Sanktionen wie im Irak (Ã-l - $ - € Thematik) inclusive?
Das mit den Sanktionen habe ich nicht verstanden. Vielleicht war es so gemeint: Irak hat Auslandsschulden, lautend auf US-$. Um diese zu kassieren, besetzt man das Land und bedient sich aus Bestand, der allerdings gegen US-$ verkauft werden müsste (mobile Güter) oder aus künftigen Einnahmen aus Irak-Ã-l, die man direkt an sich zieht.
Wie auch immer: Finanziell ist die Irak-Nummer schon jetzt komplett gescheitert. Weder sind die Irak-$-Schulden betreibbar noch können die Kriegskosten wieder ex Irak hereingeholt werden. So viel kann der Irak gar nicht gegen $ exportieren, dass sich dies zu einem"Geschäft" für die USA entwickeln könnte. Also stehen Bush & Co. jetzt dumm rum und wissen finanziell nicht weiter (siehe"Geberkonferenz"). Summieren wir Iraks $-Schulden und die seit den Angriffsvorbereitungen aufgelaufenen und weiter auflaufenden Kosten, die $-Schulden von US-Gov sind, kommen wir schon jetzt auf ca. 500 - 600 Mrd $. Woraus sich nur für den Zinsendienst mindestens 30 - 35 Mrd $ p.a. ergeben.
Dies demnächst als Exportüberschuss des Irak und ergo zur Verfügung der Besatzer stehend anzunehmen, ist lächerlich. Je länger die Amerikaner mit dem bedingungslosen Abzug warten, desto auswegloser wird ihre finanzielle Lage.
Der bedingungslose Abzug ist nur eine Frage der Zeit. Je näher die inneramerikanische Diskussion über"why die for Tikrit?" rückt, desto ungemütlicher wird es an den US-Finanzmärkten. Da muss dann möglicherweise > 1 Billion $ als"uneinbringlich" abgeschrieben werden.
Wer einen anderen mit einem Einsatz von 100 $ zwingen kann, 1.000.000 $ auszugeben, wird immer gewinnen.
Gruß!
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bernor
10.11.2003, 20:52
@ EM-financial
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Re: Re: verstehe ich nicht |
-->>Allenfalls jene Tauscherei, die (siehe Argentinien u. a.) tatsächlich"gewinn-neutral" abläuft, ist steuerlich ohne Bedeutung - steht dann aber für den Abstieg ins Elend.
>Was bedeutet gewinn-neutral???
>Es hat doch alles einen Preis und wenn ich mir für 2 Haarschnitte einen Sack Kartoffeln liefern lasse, könnte doch trotzdem ein Gewinn entstanden sei, wenn auch nur bis zur Abwicklung des Geschäfts.
>Könntest Du mir das bitte nochmal genauer erläutern, da ich es nicht verstehe.
>Soviel ich weiss sind Creditos einfach eine Ersatzwährung, die als Konsequenz eines versagfenden politischen Systems entstanden sind und von der Staatsseite gedultet wird, da man sonst die Herren Politiker aufhängen würde.
Hallo,
Deine Frage zum Tausch hat dankenswerterweise dottore schon beantwortet, siehe sein Posting von 12.11 Uhr.
Ich möchte nur noch was zu den"creditos" sagen:
Diese haben nur oberflächlich Ähnlichkeit mit einer Währung, weil sie ausschließlich auf Vertrauen basieren (integer wirkende creditos-Aussteller/-Inhaber, Marktleiter usw.) und daher jeweils nur beschränkte Gültigkeit haben.
Ihnen fehlt nämlich jede Rückendeckung durch eine die Allgemeingültigkeit durchsetzende Macht - der Staat spielt nicht mit und die Mafia wohl auch (noch) nicht.
Du hast recht: die creditos werden zur Zeit geduldet, eben weil der Staat derzeit wirtschaftspolitisch nichts mehr auf der Pfanne hat - was sich nur ändern könnte, wenn Néstor Kirchner das Kunststück fertigbringt
a) auf einen Flughafen zu landen, wo ihm sein Flieger ("Tango 1" - que nostálgico!) nicht sofort unterm Hintern weggepfändet wird und
b) auch noch neue"Moratorien","Vergleiche", gar"Schuldenerlasse" oder"fresh money"(que fantástico!) aufzureißen.
Dann könnte die Staatsgewalt noch einmal daran denken,"zurückzuschlagen".
Ansonsten bleibt nur noch der Abstieg in die Anarchie (Großstädte) bzw. Feudalismaus (auf dem Land), siehe die immer noch mächtigen Gouverneure - die haben offenbar kein Problem damit, ihre Unterhunde lebensstandardsmäßig wieder ins 19. Jahrhundert zurückrutschen zu lassen (wo sie teilweise schon sind: einer von Kirchners kurzamtigen Vorgängern prahlte sogar damit, daß die Kinder in"seiner" Provinz keine Schuhe trügen).
Ach ja, George Soros soll sich auch im Lande"engagiert" haben - nein, nicht als"Philantroph" (einige hunderttausend neue Schuhe z. B. wären sicherlich drin gewesen), sondern als Käufer riesiger Immoblien...
Was soll man da auch sonst kaufen - oder tauschen...
Schönen Gruß
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