RK
09.11.2003, 23:56 |
In der Jugend länger ran - Lebensarbeitszeitarbeiter und Hartz V bis unendlich! Thread gesperrt |
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10.11.2003
Thema
Theo Wentzke
In der Jugend länger ran
Der Lebensarbeitszeitarbeiter. Hartz V - unendlich: Betriebswirtschaftliche Kalkulationen mit dem Arbeitsleben
»Hartz III« & »Hartz IV« waren noch nicht verabschiedet, da legte Schröders Parteifreund im VW-Vorstand schon »Hartz Nr. V« nach: Zu allen schon praktizierten Freiheiten des Kapitals im Umgang mit der Arbeitskraft und zusätzlich zu allen darüber hinausgehenden, in der Zirkulation befindlichen Vorstellungen, wie man deutsche Arbeiter noch billiger und länger arbeiten lassen könnte, kommt nun von VW-Personalchef Hartz noch ein Vorschlag hinzu; ein Vorschlag, »der so einfach und brillant ist, daß alle staunen werden«. Ausgangspunkt seiner Überlegung ist, »daß die Menschen zwar länger arbeiten müssen als bisher, daß aber ältere Beschäftigte weniger leistungsfähig sind als in ihrer Jugend. Folglich muß in der Jugend länger gearbeitet werden als im Alter.« (FAZ, 17.9.03)
Wirklich genial, wie Hartz die verschiedenen Leistungsanforderungen an »die Menschen« unter einen Hut bringt. Wenn die Arbeitsleute von Staats wegen künftig später ins Rentenalter entlassen werden, damit sie der Rentenkasse weniger zur Last fallen, von Betriebs wegen aber die Leistungsanforderungen an sie so hoch sind, daß sie diesen schon lange vor dem Rentenalter nicht mehr gewachsen sind, dann müssen sie eben in ihrer Jugend, wenn sie noch unverbraucht sind, länger ran. Im Alter, wenn ihre Leistungskraft dahingeschwunden ist, können sie dann bei verringerter Stundenzahl immer noch eine brauchbare Leistung fürs Unternehmen bringen. Man bräuchte also bloß die Arbeits- und die freie Zeit im Arbeiterleben ein wenig umzuverteilen, und schon könnten die lieben Menschen den Leistungsanforderungen, die der Betrieb an sie stellt, viel besser gerecht werden:
»Die ›demographische Arbeitszeit‹ kennt drei Phasen: Die erste reicht bis zum 45. Lebensjahr. In dieser Zeit beträgt die wöchentliche Arbeitszeit beispielsweise 40 Stunden. Für fünf davon wird ein Zeitguthaben angelegt. Vom 45. bis 55. Lebensjahr beträgt die Arbeitszeit 35 Stunden, danach 30 Stunden wöchentlich. In der Schlußphase wird das Zeitguthaben verwertet. So kommt eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden während der Lebensarbeitszeit zustande.«
Interessant, wie Hartz ausspricht, was dem alten Marx keiner glaubt: Daß das Leben des Arbeiters - zeitlich und finanziell - eine vom Kapital bestimmte Größe ist und sonst nichts. Hartz’ Vorschlag geht davon aus, daß freie Zeit und Arbeitszeit disponible Größen des Kapitals sind, also »einfach« nur optimal den Bedürfnissen des Kapitals angepaßt werden müssen. Wenn die Leistungskraft der Beschäftigten ihren Höhepunkt in der ersten Hälfte des Arbeitslebens hat, dann erfahrungsgemäß bereits schleichend und bald rapide dahinschwindet, so heißt das für den proletarischen Lebensplaner von VW »folglich«, daß mehr von der Lebensarbeitszeit in der ersten Hälfte des Arbeiterlebens absolviert werden muß und von der Lebensfreizeit dementsprechend mehr ins spätere Leben zu verlegen ist. Was das für die Arbeitsleute heißt, ob es ihnen gut bekommt, ob es ihnen recht ist; daß sie in jungen Jahren vielleicht noch andere Lebensziele haben, als sich möglichst frühzeitig für ihren Arbeitgeber aufzuarbeiten, das alles spielt für Hartz keine Rolle: Sie müssen sich halt umstellen, was sonst. Wieso müssen sie ihr Bedürfnis nach Freizeit ausgerechnet in den Jahrzehnten befriedigen, in denen ihr Betrieb noch mehr Leistung aus ihnen rausholen kann?! Dafür haben sie dann ja im Alter, wenn sie verschlissen sind, mehr freie Zeit zur Pflege ihrer angeschlagenen Physis.
A propos verschlissen: So natürliche Gründe hat das, worauf Hartz mit seinem Vorschlag als »demographische«, quasi naturgesetzliche Regel Bezug nimmt - die abnehmende Leistungskraft - ja auch nicht. Ihm ist halt aufgefallen, daß die wirtschaftlich lohnend eingerichtete Produktivität an einem modernen Arbeitsplatz mit so viel Arbeitsintensität und Inanspruchnahme von Hirn, Muskel und Nerv der Arbeitsplatzbesitzer einhergeht, daß diese bereits nach ein paar Jahren zunehmende Anzeichen von Verschleiß aufweisen. Und das hat ihn auf seine »brillante« Idee gebracht: Wenn die Leute schon mit 45 ziemlich verschlissen sind, dann muß man sie - nicht etwa kürzer treten lassen; und schon gleich nicht in ihrer Jugend schonender behandeln, damit es soweit gar nicht erst kommt, sondern: - bis dahin mehr rannehmen und mehr aus ihnen rausholen.
Zinsloser Kredit, 25 Jahre lang
Diese Mehrleistung muß selbstverständlich drin sein in dem Preis, den die Betriebe für die auf 35 Stunden berechnete Arbeitswoche ihrer Mitarbeiter bislang bezahlen. Die passende Lohnform, die diese Mehrleistung in der bezahlten Arbeit einschließt, ergibt sich für Hartz »folglich« ganz »einfach« daraus, daß man die 35 Wochenarbeitsstunden als Durchschnitt auf ein ganzes Berufsleben berechnet, in dem sich die tatsächlich gearbeiteten Wochenstunden ganz aus der freien Kalkulation des Kapitals mit der Arbeitskraft ergeben. Schon dran gewöhnt, daß Überstunden- und Wochenendzuschläge vom Lohnzettel gestrichen sind und der versprochene Ausgleich von Guthaben der - bei VW schon länger eingeführten - Jahresarbeitszeitkonten am Ende eines Arbeitsjahres regelmäßig auf unbestimmte Zeit verschoben wird, darf der Arbeiter dies nach den Vorstellungen von Hartz jetzt als Prinzip der Entlohnung für seine Lebensarbeitszeit akzeptieren.
Der Witz daran: Je länger der Abrechnungszeitraum veranschlagt wird, in dem für eine Durchschnittsarbeitszeit ein fixer Lohn bezahlt wird, desto mehr Freiheiten in der Beanspruchung der Arbeitskraft erwirbt sich das Kapital mit der Bezahlung dieser fixen Größe. Durch die Ausdehnung dieses Prinzips aufs ganze Arbeitsleben spielt für die Entlohnung der Unterschied zwischen Normalarbeitszeit (pro Tag, pro Woche, pro Monat, jetzt sogar pro Jahr) und Zusatzarbeit endgültig keine Rolle mehr. Gleichgültig dagegen, in welcher Phase seiner »demographischen Arbeitszeit« er sich gerade befindet, bekommt der Arbeiter monatlich einen Durchschnittsbetrag ausbezahlt. Wie viele Stunden er für diesen Betrag arbeiten muß, ergibt sich nach dem oben dargelegten Muster aus dem Interesse des Kapitals, möglichst viel Leistung aus ihm herauszupressen. In der ersten Phase, wenn er noch mehr leisten kann, hat er daher mehr Stunden für diesen fixen Betrag zu arbeiten. In dieser Phase kreditiert er seinen Betrieb als stolzer Besitzer eines anwachsenden »Zeitguthabens«, das sich von sonstigen Guthaben nur dadurch unterscheidet, daß es keine Zinsen abwirft. Ein kleiner, aber feiner Zusatzgewinn: Für die fünf Stunden zusätzliche Arbeit pro Woche streicht das Unternehmen nicht nur den Profit schon laufend ein, sondern läßt sich den für das Zustandekommen dieses Ertrags unverzichtbaren Kostenfaktor ›Arbeit‹ auch noch von seiner Belegschaft über Jahre hinaus vorfinanzieren. Dieser zinslose Kredit läuft dann weiter in der zweiten Phase, in der die tatsächliche Arbeitszeit durchschnittlich der Durchschnittsarbeitszeit entspricht. Und wenn der Arbeiter dann glücklich das 55. Lebensjahr erreicht hat, bricht für ihn die Zeit an, in der er durch ein paar Arbeitsstunden weniger pro Woche in den Genuß seines Guthabens kommt. Maximal zehn Jahre Minderarbeit bleiben ihm dann noch, um sein durch zirka 25 Jahre Mehrarbeit erworbenes Guthaben abzufeiern.
»Beschäftigungsfähigkeit«
So jedenfalls der Idee nach. Denn soviel steht jetzt schon fest - und ist durch die Erfahrungen mit der Jahresarbeitszeit und dem Ausgleich entsprechender Konten längst verbürgt -, daß die Praxis dieser Idee ein wenig anders ausschaut. Auf alle Fälle wird der Hauptteil des Arbeitslebens erst einmal länger gearbeitet, und ohne diese Vorleistung, ohne daß der Arbeiter erst einmal jahrelang seine eigene Ausbeutung zinslos vorfinanziert, geht die Rechnung für ihn am Ende seines Arbeitslebens garantiert nicht auf. Was dann aus seinem Guthaben wird, das wird sich zeigen; und hängt von lauter Imponderabilien ab. Er muß ja sein ganzes Arbeitsleben erst einmal durchstehen, er darf nicht arbeitslos werden, sein Arbeitgeber darf nicht pleite gehen, und er darf auch nicht zu früh den Löffel abgeben - sonst sind größere Teile seines Lohns einfach dahin. Mit dem Eintreten eines oder mehrerer dieser Risiken des modernen Fabrikarbeiterlebens steht absehbar die Bezahlung der bereits abgeleisteten Mehrarbeitsstunden in Frage. Darum, daß die von ihm erbrachte Arbeit überhaupt bezahlt wird, darf sich der Arbeiter dann extra noch kümmern.
Die Rechnungen, die der VW-Personalchef mit dem Lebensarbeitszeitarbeiter anstellt, schließen zu guter Letzt auch noch eine betriebliche Fürsorge für diesen nützlichen, dem Kapital total verfügbaren Dienstleister seines Betriebs ein, die geradezu rührend ist. Damit die Belegschaft den im Laufe eines Arbeitlebens durch alle möglichen Rationalisierungen tausendmal umgekrempelten Anforderungen des Betriebs gewachsen bleibt; damit sie ihr Arbeitsleben, so wie der Betrieb es einrichtet und immer wieder durcheinander wirft, also überhaupt hinkriegt, bietet VW ihr einen Service an, der zwar obligatorisch ist, der von ihr aber schon aus eigenem Interesse an der Bewahrung ihrer lohnabhängigen Existenz angenommen werden sollte:
»Jede Woche sind ein paar Stunden für die obligatorische Qualifikation und das Training neuer Techniken veranschlagt... Diese Stunden dienen der Erhaltung der Beschäftigungsfähigkeit.«
Ein paar Zusatzstunden dafür, daß man sich für den Betrieb fit hält, sind also auch noch fällig. Aber die verbringt der VWler ja gerne im Betrieb, wenn sie der eigenen »Beschäftigungsfähigkeit« dienen. Diese Wortschöpfung hätte es eigentlich verdient, als »Wort des Jahres« gewürdigt zu werden: Ein Unternehmen braucht allzeit und allseits flexible Arbeitskräfte, und es richtet sich diese unter zusätzlicher und unbezahlter Inanspruchnahme der Zeit seiner Mitarbeiter her - und drückt das dann als Dienst an einer Eigenschaft seines Ausbeutungsmaterials aus: Das darf sich glücklich schätzen, daß an ihm die Bedingungen ausgebildet werden, die das Interesse des Unternehmens an seiner Benutzung erhalten. Und das auch noch mit Aufstiegschancen: »Nur wer sich bildet, kann auch aufsteigen von körperlicher Tätigkeit zu solcher am Steuerungspult.«
Ungelöste Erbschaftsfragen
Und was sagt die Gewerkschaft dazu? Die »begrüßt« die Vorschläge von Hartz ganz grundsätzlich als Beitrag zu mehr Zeitsouveränität und Beschäftigungssicherung. Sie hält seine Überlegung, wie sich die Leistungskraft des Arbeitsmenschen noch besser ausnutzen läßt, »für einen sehr interessanten Gedanken« (Frau Engelen-Kefer), läßt sie sich doch als konstruktive Einlassung auf ihre Errungenschaft einer 35-Stunden-Woche verstehen. Immer dabei, wenn es auf Grund neuer Umgangsweisen des Kapitals mit der Arbeitskraft etwas zu regeln gibt, sieht sie auch in diesem Fall einigen Bedarf. An den hinterletzten Konsequenzen einer leistungssteigernden und die Arbeit verbilligenden Reformierung der Arbeitszeit steigt sie ein und verlangt nach verbindlichen rechtlichen Regelungen für alle möglichen Eventualitäten, mit denen sie in Kenntnis der Gegenseite jetzt schon feste rechnet: Um sein Zeitguthaben darf der Arbeiter aber nicht beschissen werden, da will sie ganz genau hinschauen. Außerdem will sie mithelfen, »die praktischen Schwierigkeiten zu lösen, die dann entstehen, wenn ein Jüngerer länger arbeitet, dann aber den Arbeitgeber oder gar die Branche wechselt«. Von den Erbschaftsfragen, die erst einmal geklärt sein wollen, damit sich Arbeiterwitwen nicht um das Zeitguthaben ihres leider zu früh verstorbenen Gatten betrogen sehen, ganz zu schweigen.
Die Arbeitgeber, die den Hartz-Vorschlägen grundsätzlich positiv gegenüberstehen, haben ebenfalls ihre Probleme mit ihnen. Ihren Nerv trifft Jonas Viering in einem Kommentar für die Süddeutsche Zeitung: »Die Lebensarbeitszeit geht in die richtige Richtung. Tatsächlich können eben Ältere nicht ewig ranklotzen - viele Jüngere aber haben sogar Spaß daran, es ist für sie ein Teil von Selbstverwirklichung.« Bei allem Lustgewinn, den die Hartz-Vorschläge für die Arbeiterjugend versprechen, darf man aber einen Nachteil nicht übersehen, an den bislang noch niemand gedacht hat: »Hartz’ Fixierung auf die 35-Stunden-Woche ist allerdings zu eng. Schon heute arbeiten sehr viele Menschen länger, als in ihrem Tarifvertrag steht.« (SZ, 19.9.03) Ganz verkehrt wäre es, die Lebensarbeitszeit auf die Grundlage einer durchschnittlichen 35-Stunden-Woche zu stellen. Das wäre einfach realitätsfremd und würde den Zeichen der Zeit nicht gerecht.
Die deuten in Gestalt von lauter neuen Forderungen von seiten der Arbeitgeber nämlich genau in die umgekehrte Richtung; sie zielen auf ein Aufräumen mit jeder an einem zeitlichen Maß orientierten Arbeitszeitregelung - dergleichen nehmen die Arbeitgeber grundsätzlich als Beschneidung ihrer Freiheit. Außerdem fordern sie die Wiedereinführung des Samstags als zuschlagfreien Werktag; z. B. mit der Begründung: »Die Leute gehen doch eigentlich gern zur Arbeit, das ist doch kein Frondienst.« (Vorstandsvorsitzender von Siemens, Heinrich von Pierer, 17.9.03) Die Freiheit des Unternehmers ist der Lebenszweck seiner Mitarbeiter! Ja, dann.
* Theo Wentzke gehört zur Redaktion der politischen Vierteljahreszeitschrift GegenStandpunkt
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lish
10.11.2003, 00:15
@ RK
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als Vergleich |
-->
Forscher meinen, dass bei Stammesgesellschaften die Leute im Durchschnitt 2 Stunden pro Tag arbeiten.
schönen Montag
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Zardoz
10.11.2003, 02:04
@ lish
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Passt doch. |
-->Die zwei Stunden wird in den Stammesgesellschaften allerdings jeden Tag"gearbeitet". Macht runde 750 Stunden im Jahr. Wir sind bei etwa 1500 Stunden pro Jahr. Bei 50% Staatsanteil also wieder 750 Stunden... ;-)
Der Staat ist das Problem.
Nice week,
Zardoz
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Euklid
10.11.2003, 07:57
@ Zardoz
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Re: Passt doch. |
-->Klaro daß bei 50% Staatsanteil alle Frauen umsonst für den Staat arbeiten müssen [img][/img]
Gruß EUKLID
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Emerald
10.11.2003, 08:13
@ RK
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und hier etwas Passendes aus dem Lan d.unbeschränkten Möglichkeiten........... |
-->Seit Amts-Antritt eines gewissen G.W. Bush sind in den USA zuästzlich
2,5 Millionen Arbeitsplätze vernichtet worden, sprich 2,5 Mio. Menschen
haben ihren Job verloren.
Allerdings ist das BSP seither gestiegen, weil ein Grossteil der noch
Arbeithabenden, jetzt zusätzlich, die Arbeiten der Entlassenen zu erfüllen
haben!
Quintessenz: eine grosse Anzahl Beschäftigter arbeitet heute erstens 20%
mehr und zweitens sehr viel länger. Ferien sind nicht mehr möglich,und
in gewissen Betrieben beginnt die Arbeit bereits um 06.00h morgens, z.T.
sogar früher, zu den gleichen Salären versteht sich, wie vor den 2,5 Mio
Entlassenen!
Amerika Du hast es schlechter!
Emerald.
PS: Keine soziale Absicherung, keine Arbeitgeber-Beiträge für Krankenkassen
und kein Feriengeld: muss noch beigefügt werden.
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Euklid
10.11.2003, 09:02
@ Emerald
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Re: und hier etwas Passendes aus dem Lan d.unbeschränkten Möglichkeiten........... |
-->Hallo Emerald
die Määäkelsche KV-Reform kommt dem Modell Amerika sehr nahe.
Die Arbeitnehmer sollen 6,5% vom Arbeitgeber ausbezahlt bekommen,und diese Auszahlung soll man höre und staune auch noch besteuert werden.
Da dies ja besonders progressionstreibend wirkt dürften Im Schnitt dann dafür wohl ca 30% Steuern anfallen.
Damit zahlt der Arbeitnehmer im Endeffekt folgendes:KV-Beitrag avisiert (BEK) =13,6%
AG - Anteil 6,5% nach Steuern nur noch 4,3% wert.
Damit AN-Anteil 13,6 - 4,3 = 9,3%
Das heißt die paritätische Finanzierung ist de facto weg.
Damit wird der AG-Anteil in Wahrheit 31,6%,der AN-Anteil 68,4%
Rechnet man jetzt noch die ganzen neuen Belastungen außerhalb der Versicherung hinzu beträgt der AG-Anteil vielleicht noch maximal 25% und trotzdem wird weiter gestritten und gezankt weils noch immer nicht genug ist.
Ich fürchte nur daß dies alles zuviel auf einmal wird.
Die Bürger gehen einer zweistelligen % Mehrbelastung entgegen und keiner merkts.
Wir haben schon längst Inflation mit voller Pulle.
Die Kredite um das alles zu bezahlen können aufgenommen werden und stehen noch billigst bereit
Gruß EUKLID
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Euklid
10.11.2003, 09:05
@ Euklid
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Korrektur |
-->>Hallo Emerald
>die Määäkelsche KV-Reform kommt dem Modell Amerika sehr nahe.
>Die Arbeitnehmer sollen 6,5% vom Arbeitgeber ausbezahlt bekommen,und diese Auszahlung soll man höre und staune auch noch besteuert werden.
>Da dies ja besonders progressionstreibend wirkt dürften Im Schnitt dann dafür wohl ca 30% Steuern anfallen.
>Damit zahlt der Arbeitnehmer im Endeffekt folgendes:KV-Beitrag avisiert (BEK) =13,6%
>AG - Anteil 6,5% nach Steuern nur noch 4,3% wert.
>Damit AN-Anteil 13,6 - 4,3 = 9,3%
>Das heißt die paritätische Finanzierung ist de facto weg.
>Damit wird der AG-Anteil in Wahrheit 31,6%,der AN-Anteil 68,4%
>Rechnet man jetzt noch die ganzen neuen Belastungen außerhalb der Versicherung hinzu beträgt der AG-Anteil vielleicht noch maximal 25% und trotzdem wird weiter gestritten und gezankt weils noch immer nicht genug ist.
>Ich fürchte nur daß dies alles zuviel auf einmal wird.
>Die Bürger gehen einer zweistelligen % Mehrbelastung entgegen und keiner merkts.
>Wir haben schon längst Inflation mit voller Pulle.
>Die Kredite um das alles zu bezahlen, können aufgenommen werden, und stehen noch billigst bereit
>Gruß EUKLID
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fridolin
10.11.2003, 09:12
@ Euklid
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Re: und hier etwas Passendes aus dem Lan d.unbeschränkten Möglichkeiten........... |
-->die Määäkelsche KV-Reform kommt dem Modell Amerika sehr nahe.
<font color=#0000FF>Weißt Du eigentlich, wie die Krankenversicherung von Angestellten in der Regel in den USA organisiert ist, bzw. wie die übrigen Zweige der Sozialversicherung (Arbeitslosen- und Rentenversicherung)? Was soll dies mit dem Modell von Frau Merkel zu tun haben?</font>
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Euklid
10.11.2003, 09:59
@ fridolin
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Re: und hier etwas Passendes aus dem Lan d.unbeschränkten Möglichkeiten........... |
-->Am 6.10.2003 wurde in Amerika eine Erhebung über die Krankenversicherung gemacht:Ergebnis 43 Millionen US-Bürger ohne KV
Reicht das?
Wenn nicht dann einfach mal in google schauen.
Es wäre besser gewesen du hättest dich mal zur Sachfrage Steuern auf Krankenversicherungen zu geäußert anstatt mit Gegenfragen zu antworten.
Der Staat will eindeutig nicht reformieren sondern noch mehr Geld vom Bürger abpressen damit er es weiter wie gewohnt verjuxen kann.
Gruß EUKLID
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fridolin
10.11.2003, 10:27
@ Euklid
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Re: und hier etwas Passendes aus dem Lan d.unbeschränkten Möglichkeiten........... |
-->Zitat Euklid: die Määäkelsche KV-Reform kommt dem Modell Amerika sehr nahe.
Die Arbeitnehmer sollen 6,5% vom Arbeitgeber ausbezahlt bekommen,und diese Auszahlung soll man höre und staune auch noch besteuert werden.
<font color=#0000FF>Euklid, Du weichst der Frage aus. Es geht hier nicht um Personen, die in der Krankenversicherung nicht erfaßt sind. Vielmehr hast Du selbst - siehe Zitat oben - ein Denkmodell von Frau Merkel für die Krankenversicherung von Angestellten in den Raum gestellt und dies als"dem Modell Amerika sehr nahe[kommend]" bezeichnet. Also ist doch wohl die naheliegende Frage, wie die Krankenversicherung in den USA für Angestellte in der Regel organisiert ist. Und die weitergehende, wie es dort mit den anderen Zweigen der Sozialversicherung steht.
Ist es denn in den USA so, daß dort der Arbeitgeber seinen Sozialversicherungs-Beitrag an den Arbeitnehmer als steuerpflichtigen Bestandteil des Gehaltes auszahlt? Um die Frage gleich zu beantworten: nein.
Könnte es möglicherweise sein, daß Du von Dingen sprichst, über die Du lediglich über flüchtig angelesenes Wissen verfügst?
Nix für ungut und Gruß.
</font>
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Dieter
10.11.2003, 10:38
@ RK
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so ein Bockmist |
-->Sollte es tatsächlich diesen Vorschlag geben, ein Lebensarbeitszeitkonto einzuführen zum Zwecke der gleichmäßigen Gehalts/Lohnzahlungen, so ist das natürlich größter Bockmist und keinem Menschen zuzumuten, vom Verwaltungsaufwand gar entsetzlich.
Wieso überläßt man es nicht ganz einfach jedem selbst. Wer viel arbeiten möchte, wie und wann immer, kann das machen und wer wenig arbeiten möchte auch - natürlich mit den notwendigen finanziellen Folgen.
Natürlich ist man im Alter nicht mehr körperlich so leistungsfähig. Und je nach Beruf dürften die Spitzen im Spannungsfeld zwischen körperlicher Leistungsfähigkeit und Erfahrung zwischen 25 und 70 Jahren liegen.
Es sollte schon in der Verantwortung jedes einzelnen liegen, selbst zu bestimmen, wann es ihm finaziell gut und wann es ihm weniger gut gehen sollte, ob in der Jugend oder im Alter.
Ich mag es nur nicht, wenn Typen kommen und sagen es muß ihnen von Anfang an gut gehen, alles verprassen, Schulden machen und später sich die Stütze holen von denen, die mit Verzicht ihr Leben bestimmt haben, um im Alter finaziell abgesichert dazustehen.
Gruß Dieter
>http://www.jungewelt.de/2003/11-10/003.php
>10.11.2003 >
>Thema
>Theo Wentzke >
>In der Jugend länger ran >
>Der Lebensarbeitszeitarbeiter. Hartz V? unendlich: Betriebswirtschaftliche Kalkulationen mit dem Arbeitsleben >
>»Hartz III« & »Hartz IV« waren noch nicht verabschiedet, da legte Schröders Parteifreund im VW-Vorstand schon »Hartz Nr. V« nach: Zu allen schon praktizierten Freiheiten des Kapitals im Umgang mit der Arbeitskraft und zusätzlich zu allen darüber hinausgehenden, in der Zirkulation befindlichen Vorstellungen, wie man deutsche Arbeiter noch billiger und länger arbeiten lassen könnte, kommt nun von VW-Personalchef Hartz noch ein Vorschlag hinzu; ein Vorschlag, »der so einfach und brillant ist, daß alle staunen werden«. Ausgangspunkt seiner Überlegung ist, »daß die Menschen zwar länger arbeiten müssen als bisher, daß aber ältere Beschäftigte weniger leistungsfähig sind als in ihrer Jugend. Folglich muß in der Jugend länger gearbeitet werden als im Alter.« (FAZ, 17.9.03)
>Wirklich genial, wie Hartz die verschiedenen Leistungsanforderungen an »die Menschen« unter einen Hut bringt. Wenn die Arbeitsleute von Staats wegen künftig später ins Rentenalter entlassen werden, damit sie der Rentenkasse weniger zur Last fallen, von Betriebs wegen aber die Leistungsanforderungen an sie so hoch sind, daß sie diesen schon lange vor dem Rentenalter nicht mehr gewachsen sind, dann müssen sie eben in ihrer Jugend, wenn sie noch unverbraucht sind, länger ran. Im Alter, wenn ihre Leistungskraft dahingeschwunden ist, können sie dann bei verringerter Stundenzahl immer noch eine brauchbare Leistung fürs Unternehmen bringen. Man bräuchte also bloß die Arbeits- und die freie Zeit im Arbeiterleben ein wenig umzuverteilen, und schon könnten die lieben Menschen den Leistungsanforderungen, die der Betrieb an sie stellt, viel besser gerecht werden:
>»Die?demographische Arbeitszeit? kennt drei Phasen: Die erste reicht bis zum 45. Lebensjahr. In dieser Zeit beträgt die wöchentliche Arbeitszeit beispielsweise 40 Stunden. Für fünf davon wird ein Zeitguthaben angelegt. Vom 45. bis 55. Lebensjahr beträgt die Arbeitszeit 35 Stunden, danach 30 Stunden wöchentlich. In der Schlußphase wird das Zeitguthaben verwertet. So kommt eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden während der Lebensarbeitszeit zustande.«
>Interessant, wie Hartz ausspricht, was dem alten Marx keiner glaubt: Daß das Leben des Arbeiters? zeitlich und finanziell? eine vom Kapital bestimmte Größe ist und sonst nichts. Hartz? Vorschlag geht davon aus, daß freie Zeit und Arbeitszeit disponible Größen des Kapitals sind, also »einfach« nur optimal den Bedürfnissen des Kapitals angepaßt werden müssen. Wenn die Leistungskraft der Beschäftigten ihren Höhepunkt in der ersten Hälfte des Arbeitslebens hat, dann erfahrungsgemäß bereits schleichend und bald rapide dahinschwindet, so heißt das für den proletarischen Lebensplaner von VW »folglich«, daß mehr von der Lebensarbeitszeit in der ersten Hälfte des Arbeiterlebens absolviert werden muß und von der Lebensfreizeit dementsprechend mehr ins spätere Leben zu verlegen ist. Was das für die Arbeitsleute heißt, ob es ihnen gut bekommt, ob es ihnen recht ist; daß sie in jungen Jahren vielleicht noch andere Lebensziele haben, als sich möglichst frühzeitig für ihren Arbeitgeber aufzuarbeiten, das alles spielt für Hartz keine Rolle: Sie müssen sich halt umstellen, was sonst. Wieso müssen sie ihr Bedürfnis nach Freizeit ausgerechnet in den Jahrzehnten befriedigen, in denen ihr Betrieb noch mehr Leistung aus ihnen rausholen kann?! Dafür haben sie dann ja im Alter, wenn sie verschlissen sind, mehr freie Zeit zur Pflege ihrer angeschlagenen Physis.
>A propos verschlissen: So natürliche Gründe hat das, worauf Hartz mit seinem Vorschlag als »demographische«, quasi naturgesetzliche Regel Bezug nimmt? die abnehmende Leistungskraft? ja auch nicht. Ihm ist halt aufgefallen, daß die wirtschaftlich lohnend eingerichtete Produktivität an einem modernen Arbeitsplatz mit so viel Arbeitsintensität und Inanspruchnahme von Hirn, Muskel und Nerv der Arbeitsplatzbesitzer einhergeht, daß diese bereits nach ein paar Jahren zunehmende Anzeichen von Verschleiß aufweisen. Und das hat ihn auf seine »brillante« Idee gebracht: Wenn die Leute schon mit 45 ziemlich verschlissen sind, dann muß man sie? nicht etwa kürzer treten lassen; und schon gleich nicht in ihrer Jugend schonender behandeln, damit es soweit gar nicht erst kommt, sondern:? bis dahin mehr rannehmen und mehr aus ihnen rausholen.
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>Zinsloser Kredit, 25 Jahre lang
>Diese Mehrleistung muß selbstverständlich drin sein in dem Preis, den die Betriebe für die auf 35 Stunden berechnete Arbeitswoche ihrer Mitarbeiter bislang bezahlen. Die passende Lohnform, die diese Mehrleistung in der bezahlten Arbeit einschließt, ergibt sich für Hartz »folglich« ganz »einfach« daraus, daß man die 35 Wochenarbeitsstunden als Durchschnitt auf ein ganzes Berufsleben berechnet, in dem sich die tatsächlich gearbeiteten Wochenstunden ganz aus der freien Kalkulation des Kapitals mit der Arbeitskraft ergeben. Schon dran gewöhnt, daß Überstunden- und Wochenendzuschläge vom Lohnzettel gestrichen sind und der versprochene Ausgleich von Guthaben der? bei VW schon länger eingeführten? Jahresarbeitszeitkonten am Ende eines Arbeitsjahres regelmäßig auf unbestimmte Zeit verschoben wird, darf der Arbeiter dies nach den Vorstellungen von Hartz jetzt als Prinzip der Entlohnung für seine Lebensarbeitszeit akzeptieren.
>Der Witz daran: Je länger der Abrechnungszeitraum veranschlagt wird, in dem für eine Durchschnittsarbeitszeit ein fixer Lohn bezahlt wird, desto mehr Freiheiten in der Beanspruchung der Arbeitskraft erwirbt sich das Kapital mit der Bezahlung dieser fixen Größe. Durch die Ausdehnung dieses Prinzips aufs ganze Arbeitsleben spielt für die Entlohnung der Unterschied zwischen Normalarbeitszeit (pro Tag, pro Woche, pro Monat, jetzt sogar pro Jahr) und Zusatzarbeit endgültig keine Rolle mehr. Gleichgültig dagegen, in welcher Phase seiner »demographischen Arbeitszeit« er sich gerade befindet, bekommt der Arbeiter monatlich einen Durchschnittsbetrag ausbezahlt. Wie viele Stunden er für diesen Betrag arbeiten muß, ergibt sich nach dem oben dargelegten Muster aus dem Interesse des Kapitals, möglichst viel Leistung aus ihm herauszupressen. In der ersten Phase, wenn er noch mehr leisten kann, hat er daher mehr Stunden für diesen fixen Betrag zu arbeiten. In dieser Phase kreditiert er seinen Betrieb als stolzer Besitzer eines anwachsenden »Zeitguthabens«, das sich von sonstigen Guthaben nur dadurch unterscheidet, daß es keine Zinsen abwirft. Ein kleiner, aber feiner Zusatzgewinn: Für die fünf Stunden zusätzliche Arbeit pro Woche streicht das Unternehmen nicht nur den Profit schon laufend ein, sondern läßt sich den für das Zustandekommen dieses Ertrags unverzichtbaren Kostenfaktor?Arbeit? auch noch von seiner Belegschaft über Jahre hinaus vorfinanzieren. Dieser zinslose Kredit läuft dann weiter in der zweiten Phase, in der die tatsächliche Arbeitszeit durchschnittlich der Durchschnittsarbeitszeit entspricht. Und wenn der Arbeiter dann glücklich das 55. Lebensjahr erreicht hat, bricht für ihn die Zeit an, in der er durch ein paar Arbeitsstunden weniger pro Woche in den Genuß seines Guthabens kommt. Maximal zehn Jahre Minderarbeit bleiben ihm dann noch, um sein durch zirka 25 Jahre Mehrarbeit erworbenes Guthaben abzufeiern.
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>»Beschäftigungsfähigkeit«
>So jedenfalls der Idee nach. Denn soviel steht jetzt schon fest? und ist durch die Erfahrungen mit der Jahresarbeitszeit und dem Ausgleich entsprechender Konten längst verbürgt?, daß die Praxis dieser Idee ein wenig anders ausschaut. Auf alle Fälle wird der Hauptteil des Arbeitslebens erst einmal länger gearbeitet, und ohne diese Vorleistung, ohne daß der Arbeiter erst einmal jahrelang seine eigene Ausbeutung zinslos vorfinanziert, geht die Rechnung für ihn am Ende seines Arbeitslebens garantiert nicht auf. Was dann aus seinem Guthaben wird, das wird sich zeigen; und hängt von lauter Imponderabilien ab. Er muß ja sein ganzes Arbeitsleben erst einmal durchstehen, er darf nicht arbeitslos werden, sein Arbeitgeber darf nicht pleite gehen, und er darf auch nicht zu früh den Löffel abgeben? sonst sind größere Teile seines Lohns einfach dahin. Mit dem Eintreten eines oder mehrerer dieser Risiken des modernen Fabrikarbeiterlebens steht absehbar die Bezahlung der bereits abgeleisteten Mehrarbeitsstunden in Frage. Darum, daß die von ihm erbrachte Arbeit überhaupt bezahlt wird, darf sich der Arbeiter dann extra noch kümmern.
>Die Rechnungen, die der VW-Personalchef mit dem Lebensarbeitszeitarbeiter anstellt, schließen zu guter Letzt auch noch eine betriebliche Fürsorge für diesen nützlichen, dem Kapital total verfügbaren Dienstleister seines Betriebs ein, die geradezu rührend ist. Damit die Belegschaft den im Laufe eines Arbeitlebens durch alle möglichen Rationalisierungen tausendmal umgekrempelten Anforderungen des Betriebs gewachsen bleibt; damit sie ihr Arbeitsleben, so wie der Betrieb es einrichtet und immer wieder durcheinander wirft, also überhaupt hinkriegt, bietet VW ihr einen Service an, der zwar obligatorisch ist, der von ihr aber schon aus eigenem Interesse an der Bewahrung ihrer lohnabhängigen Existenz angenommen werden sollte:
>»Jede Woche sind ein paar Stunden für die obligatorische Qualifikation und das Training neuer Techniken veranschlagt... Diese Stunden dienen der Erhaltung der Beschäftigungsfähigkeit.«
>Ein paar Zusatzstunden dafür, daß man sich für den Betrieb fit hält, sind also auch noch fällig. Aber die verbringt der VWler ja gerne im Betrieb, wenn sie der eigenen »Beschäftigungsfähigkeit« dienen. Diese Wortschöpfung hätte es eigentlich verdient, als »Wort des Jahres« gewürdigt zu werden: Ein Unternehmen braucht allzeit und allseits flexible Arbeitskräfte, und es richtet sich diese unter zusätzlicher und unbezahlter Inanspruchnahme der Zeit seiner Mitarbeiter her? und drückt das dann als Dienst an einer Eigenschaft seines Ausbeutungsmaterials aus: Das darf sich glücklich schätzen, daß an ihm die Bedingungen ausgebildet werden, die das Interesse des Unternehmens an seiner Benutzung erhalten. Und das auch noch mit Aufstiegschancen: »Nur wer sich bildet, kann auch aufsteigen von körperlicher Tätigkeit zu solcher am Steuerungspult.«
>
>Ungelöste Erbschaftsfragen
>Und was sagt die Gewerkschaft dazu? Die »begrüßt« die Vorschläge von Hartz ganz grundsätzlich als Beitrag zu mehr Zeitsouveränität und Beschäftigungssicherung. Sie hält seine Überlegung, wie sich die Leistungskraft des Arbeitsmenschen noch besser ausnutzen läßt, »für einen sehr interessanten Gedanken« (Frau Engelen-Kefer), läßt sie sich doch als konstruktive Einlassung auf ihre Errungenschaft einer 35-Stunden-Woche verstehen. Immer dabei, wenn es auf Grund neuer Umgangsweisen des Kapitals mit der Arbeitskraft etwas zu regeln gibt, sieht sie auch in diesem Fall einigen Bedarf. An den hinterletzten Konsequenzen einer leistungssteigernden und die Arbeit verbilligenden Reformierung der Arbeitszeit steigt sie ein und verlangt nach verbindlichen rechtlichen Regelungen für alle möglichen Eventualitäten, mit denen sie in Kenntnis der Gegenseite jetzt schon feste rechnet: Um sein Zeitguthaben darf der Arbeiter aber nicht beschissen werden, da will sie ganz genau hinschauen. Außerdem will sie mithelfen, »die praktischen Schwierigkeiten zu lösen, die dann entstehen, wenn ein Jüngerer länger arbeitet, dann aber den Arbeitgeber oder gar die Branche wechselt«. Von den Erbschaftsfragen, die erst einmal geklärt sein wollen, damit sich Arbeiterwitwen nicht um das Zeitguthaben ihres leider zu früh verstorbenen Gatten betrogen sehen, ganz zu schweigen.
>Die Arbeitgeber, die den Hartz-Vorschlägen grundsätzlich positiv gegenüberstehen, haben ebenfalls ihre Probleme mit ihnen. Ihren Nerv trifft Jonas Viering in einem Kommentar für die Süddeutsche Zeitung: »Die Lebensarbeitszeit geht in die richtige Richtung. Tatsächlich können eben Ältere nicht ewig ranklotzen? viele Jüngere aber haben sogar Spaß daran, es ist für sie ein Teil von Selbstverwirklichung.« Bei allem Lustgewinn, den die Hartz-Vorschläge für die Arbeiterjugend versprechen, darf man aber einen Nachteil nicht übersehen, an den bislang noch niemand gedacht hat: »Hartz? Fixierung auf die 35-Stunden-Woche ist allerdings zu eng. Schon heute arbeiten sehr viele Menschen länger, als in ihrem Tarifvertrag steht.« (SZ, 19.9.03) Ganz verkehrt wäre es, die Lebensarbeitszeit auf die Grundlage einer durchschnittlichen 35-Stunden-Woche zu stellen. Das wäre einfach realitätsfremd und würde den Zeichen der Zeit nicht gerecht.
>Die deuten in Gestalt von lauter neuen Forderungen von seiten der Arbeitgeber nämlich genau in die umgekehrte Richtung; sie zielen auf ein Aufräumen mit jeder an einem zeitlichen Maß orientierten Arbeitszeitregelung? dergleichen nehmen die Arbeitgeber grundsätzlich als Beschneidung ihrer Freiheit. Außerdem fordern sie die Wiedereinführung des Samstags als zuschlagfreien Werktag; z. B. mit der Begründung: »Die Leute gehen doch eigentlich gern zur Arbeit, das ist doch kein Frondienst.« (Vorstandsvorsitzender von Siemens, Heinrich von Pierer, 17.9.03) Die Freiheit des Unternehmers ist der Lebenszweck seiner Mitarbeiter! Ja, dann.
>* Theo Wentzke gehört zur Redaktion der politischen Vierteljahreszeitschrift GegenStandpunkt
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