Rumpelstilzchen
07.11.2000, 19:18 |
Grundsatzgedanken: Was ist teuer und was ist billig? Thread gesperrt |
Ein Thread von Baldur, unserem Ketzer, hat mich zu folgenden Überlegungen veranlasst. In dem Thread ging es um einen Analystenkommentar mit der These, Cisco sei jetzt billig, weil die anderen teurer sind.
Was ist nun wirklich teuer und was ist billig?
Ein wesentlicher grundsätzlicher Aspekt bei der Bildung von Preisvorstellungen ist die Herstellung eines Bezugsrahmens. Wenn ich mir in einem Geschäft Butter kaufe, habe ich in der Regel eine Vorstellung, was sie kosten darf. Ich habe Vergleichspreise in Konkurrenzgeschäften, eine Erinnerung über frühere Butterpreise und die Preise anderer Milchprodukte als Bezugsgröße.
Beim Autokauf kann es schon etwas schwieriger werden, da die Zahl der Einflussgrößen auf den Wert des Produktes deutlich höher ist.
Als geschickter Verkäufer könnte ich das nutzen und dem Kunden beispielsweise von einem Wagen, den ich kürzlich meiner Omi für 30000DM verkauft habe, erzählen, ein angeblich echtes Schnäppchen. Ich hätte so, ohne den Widerstand des Kunden zu wecken, da es sich um Dritte handelt, ein Bezugssystem (=Anker) suggeriert.
Ich könnte in einem zweiten Schritt als Preis für ein ähnliches Model wie den gewünschten Wagen 25000 DM vorschlagen, was wahrscheinlich bei der alten Kiste überzogen vorkommen dürfte. Wenn wir dann über den Wunschwagen verhandeln, wird der Kunde aufgrund der vorher zumindest auf unbewusster Ebene suggerierten Anker möglicherweise bereit sein, sein eigenes Bezugssystem auf höhere Preise auszuweiten. Wenn er dann als Preis 21000 DM aushandelt, wird er womöglich noch meinen, ein gutes Geschäft gemacht zu haben, auch wenn er vorher nur 20000DM ausgeben wollte.
Und welches Bezugssystem gilt nun beim Aktienkauf? Hier ist die Geschichte nun noch mehr Einflussgrößen unterworfen. KGV, Gewinnwachstum, Marktstellung...
Selbst für Börsenprofis ist das alles letztlich sehr, sehr komplex. Also, so meine These, gilt den meisten Marktteilnehmern einfach der Aktienkurs selbst als Anker. Steigt eine Aktie, wird sie teuer. Fällt eine Aktie wird sie billig. Die Bezugsgröße ist dann der Kurs von gestern, oder letzter Woche, auf keinen Fall aber der von letztem Jahr.
Das bedeutet, dass der jeweilige Kurs den Rahmen vorgibt, was eine faire Bewertung ist. So weit ich weiß, glauben die Jünger der efficient markets das immer noch.
Wenn dann ein Unternehmen positive Zahlen erbringt, die über den Analystenschätzungen lagen, meinetwegen auch über den Flüsterschätzungen, müsste dies eine Verschiebung des Ankers rechtfertigen. Was besser ist, als erwartet, das ist auch mehr wert.
Aber genau das scheint zur Zeit nicht mehr zu passieren.
Was ist nun die Folge in einem, wie ich meine, überbewertetem Markt?
Es werden notwendigerweise Zweifel am Bezugssystem geweckt. Wenn eine gute Aktie „billig“ wird und sich weiter „ohne Grund“ verbilligt, kann etwas nicht stimmen.
Die Anleger werden nur eine begrenzte Zeit bereit sein, „billige“ Aktien nachzukaufen. Dann wird schon der Blick zur Seite kommen, mit der Frage, wie es denn den anderen geht. Das Bezugssystem wird erweitert und mit Mitbewerbern verglichen. Daraufhin kann erst einmal Beruhigung eintreten. Die anderen sind nämlich auch nicht billiger.
Aber die Saat des Misstrauens ist damit gesät. Was jetzt noch versucht zu steigen, wird verkauft, da es teuer wirkt. Der Gesamtmarkt kann unter diesen Bedingungen nicht steigen, bestenfalls stagnieren. Der kollektive Preisanker ist äußerst gefährdet, da er letztlich sich selbst verankert und keine äußere Stütze (z.B. ein attraktives KGV) hat.
Ich denke, die Folgen kann sich von hier ab jeder selbst ausmalen.
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Baldur der Ketzer
07.11.2000, 19:37
@ Rumpelstilzchen
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Re: Grundsatzgedanken: Was ist teuer und was ist billig? |
Hallo, Rumpelstielzchen,
vor langer Zeit habe ich mal was von der Maslow´schen Bedürfnispyramide gelesen.
Also, erst muß der Mensch seine Grundbedürfnisse decken (Essen, Kleidung, Wärme, Obdach), dann kann er daran denken, Dinge zu kaufen, die er möchte, aber nicht unbedingt braucht, oben ist dann der Luxus, oder so.
HALT! Letzt kommt das Marketing.
Eine bestimmte braue Brause zu schlürfen, kann auch im tiefsten Afrika"IN" sein, was dazu führt, daß dort jemand vielleicht nichts zu essen hat, aber vor seinen Freunden das XY-Cola schlürft, weil ihm das einen Zusatznutzen vermittelt, er fühlt sich der Ingroup zugehörig, usw.
Ich weiß nicht, ob das ethisch vertretbar ist, neige aber dazu zu sagen, ja, weil jeder sich ja frei entscheidet, und wenn er auf so seichte Produktwerbung reinfällt, na, er fühlt sich ja gut dabei, auch das ist was wert.
So läuft das m.E. jetzt mit Aktien.
Wer Aktien hat, ist IN, Vorbild, hat Freunde, Erfolg.
Wer keine Aktien hat, ist schlicht dumm. Ungebildet. Hinterwäldlerisch. Ein Dödel, den man vergessen kann.
Denke mal an die unsägliche Krug-Werbung"Teledings, die machen das....", das Zeug verkaufte sich wie warme Semmeln. Daimler oder Siemens sind bzw. waren lange reine Ladenhüter.
Mir ist das wurscht.
Ich habe außer ein paar Minen keine Aktien, und auch wenn die Nasdaggs sich noch mal verdoppeln, es ist mir wurscht und suspekt, ich fühle mich unter Landmännern und Furchenadel ganz wohl.
Wenn ich sehe, wer mit das Zeugs andrehen will, was die Jungs und Mädels damit verdienen, welchen Lebensstandard die (auf Kosten ihrer Kunden?) pflegen, dann werde ich mich nicht in deren Nähe begeben - in die Nähe des Kartells der Kassierer oder der Nieten im Nadelstreifen (nach Ogger).
Erst KDF-Marken, dann ein paar Jahrzehnte später Schiffsbeteiligungen, dann mal Berlindarlehn und CAD-Anlagen, dann warens mal Paraguay-Farmen und Chinchillas, dann Squaschcenter und Junkbonds, dann der Trick mit dem Bausparvertrag und der Lebensversicherung, dann waren es ETW-Anlagen (die über Strukturdrücker verklitscht werden mußten), und jetzt sind halt Aktien aktuell.
Früher waren es Tulpenzwiebeln, die konnte man vielleicht sogar essen, wer weiß.
Aktien krieg ich nicht mal als Nonvaleurs heraus.
Nee, die Bewertung hängt m.E. von der Massenpsychologie, dem Zeitgeist und dem Wollen ab.
Effektive Kennzahlen reichen nicht aus. Wer handelt schon so?
Geländewagen? Prima.
was, schmale Reifen, weil er weniger braucht und besser fährt?
Nee, da müssen 265er rauf, weil das besser ausschaut.
Na und, kostet halt 5 Mille mehr.
Das ist Emotion, keine Nutzenabwägung.
Was ist am 550er Maranello denn zwei 500SL wert?
Emotion, Zusatznutzen, Image, Wollen,.......
Mann, Du, ich habe jetzt auch SAP gekauft. Was, Du hast noch keine? Sowas aber auch....
Ist ein Dom Perignon dreimal mehr wert als ein Veuve Cliqot?
Beste Grüße vom Baldur
Gruß vom Baldur
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dottore
07.11.2000, 20:19
@ Rumpelstilzchen
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Re: Was ist teuer und was ist billig? Sehr, sehr guter Beitrag! |
Hi Rumpelstilzchen -
diese Betrachtungen (hier eingekürzt) haben mir sehr gut gefallen.
>Was ist nun wirklich teuer und was ist billig?
Ich stand schon oft im Leben vor dieser Frage, jetzt Mal ganz privat. Ist es sinnvoll für einen alten Druck oder eine seltene Münze viel Geld auszugeben? Aber was ist"viel"?
Ich hatte ein Schlüsselerlebnis vor vielen Jahr. Ich war wie der Teufel an den Commodity-Märkten zu Gange und war in Kaffee short und es lief gegen mich. Nachgeshortet und weiter gegen mich. Zum Schluss musste ich die Position mit 40k Dolores Verlust glatt stellen.
Das klingt nach viel Geld, aber es war für mich damals halt Geld rein wie raus, denn es gab auch gute Geschäfte.
Und eines Morgens stand ich am Fenster meines gemieteten Hauses, das der Eigentümer für 400k DM verkaufen wollte (Dollar damals ca. 3,- DM). Und auf ein Mal wurde mir klar, dass ich doch mit dem Kaffeeverlust (wenn ich ihn mir denn nicht ans Bein gestrichen hätte) schon Mal unschwer 30 % des Preises für ein Eigenheim hätte aufbringen können.
Da wurde mir just das klar, was Du auch meinst. Ich hatte einen Bezugsrahmen für mein funny money.
>Ein wesentlicher grundsätzlicher Aspekt bei der Bildung von Preisvorstellungen ist die Herstellung eines Bezugsrahmens.
Just das ist es!
>Und welches Bezugssystem gilt nun beim Aktienkauf? Hier ist die Geschichte nun noch mehr Einflussgrößen unterworfen. KGV, Gewinnwachstum, Marktstellung...
>Selbst für Börsenprofis ist das alles letztlich sehr, sehr komplex. Also, so meine These, gilt den meisten Marktteilnehmern einfach der Aktienkurs selbst als Anker. Steigt eine Aktie, wird sie teuer. Fällt eine Aktie wird sie billig. Die Bezugsgröße ist dann der Kurs von gestern, oder letzter Woche, auf keinen Fall aber der von letztem Jahr.
Wunderbar formuliert. Die Leute sehen die Dinge nur noch in Bezug auf die Dinge (Aktien) und nicht mehr in Bezug auf die Realität. Dein Beispiel von Cisco ist perfekt.
Das Unternehmen ist mit ca. 340 Mrd. $ Cap die zweitteuerste Firma der Welt. Aber keiner kommt auf die Idee, dazu den Bezugsrahmen herzustellen. Das ist mehr als das BIP Schwarzafrikas. Und in Porsches ausgedrückt - oh je!
Und verglichen mit einem sehr"schweren" Wert wie GE bei irgendwo 550 Mrd. $ - oh je. Und Nokia mit einem Cap, das größer ist (war?) als das BIP Finnlands - oh je.
>Wenn dann ein Unternehmen positive Zahlen erbringt, die über den Analystenschätzungen lagen, meinetwegen auch über den Flüsterschätzungen, müsste dies eine Verschiebung des Ankers rechtfertigen. Was besser ist, als erwartet, das ist auch mehr wert.
Den"Gegenbeweis" hat heute Infineon erbraucht. Riesengewinnsprung. Kurs stracks in den Keller.
>Was ist nun die Folge in einem, wie ich meine, überbewertetem Markt?
>Es werden notwendigerweise Zweifel am Bezugssystem geweckt. Wenn eine gute Aktie „billig“ wird und sich weiter „ohne Grund“ verbilligt, kann etwas nicht stimmen.
Ja dieses Gefühl, genau dieses, geht um! Siehe nochmals Infineon.
>Die Anleger werden nur eine begrenzte Zeit bereit sein, „billige“ Aktien nachzukaufen. Dann wird schon der Blick zur Seite kommen, mit der Frage, wie es denn den anderen geht. Das Bezugssystem wird erweitert und mit Mitbewerbern verglichen. Daraufhin kann erst einmal Beruhigung eintreten. Die anderen sind nämlich auch nicht billiger.
>Aber die Saat des Misstrauens ist damit gesät.
Die geht in vielen Segmenten sogar schon auf.
>Der kollektive Preisanker ist äußerst gefährdet, da er letztlich sich selbst verankert und keine äußere Stütze (z.B. ein attraktives KGV) hat.
Ganz genau! Noch ein Beispiel dazu: Jemand hier - eigentlich ziemlich viele - haben sich im Frühjahr mit Psion bis zum Abwinken eingedeckt. Kursverlauf ist bekannt. Und jetzt starren sie jeden Tag gebannt nur noch auf den Kurs. Der wird hier sub summa täglich mindestens tausend Mal abgerufen. Und immer starren sie auf das gleiche Desaster. Und dann fragen sie schon Mal Kollegen, was tun? Und die sagen: Liegen lassen, wird schon wieder.
Und schon rufen sie den Kurs erneut ab. So bricht das aus sich selbst heraus definierte Bezugssystem der Börse mehr und mehr zusammen. (Diese Leute werden nie mehr Aktien anfassen!). Und dann passiert das:
>Ich denke, die Folgen kann sich von hier ab jeder selbst ausmalen.
Ja, die kann sich jeder unschwer ausmalen.
Servus & Danke
d.
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Albrecht
07.11.2000, 20:57
@ Rumpelstilzchen
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Re: Grundsatzgedanken: Was ist teuer und was ist billig? |
Hallo Rumpelstilzchen,
vielleicht kannst Du dem Markt mal den Bezugsrahmen für DROOY nennen. Die nachgewiesenen Goldreserven von Durban Deep werden lediglich mit etwa 2 US$/Unze bewertet.
Diese Aktie scheint z.Zt. ohne Bezugsrahmen gehandelt zu werden.
Entgegen vielen Behauptungen können wir sehr oft feststellen, daß der Markt nicht rational handelt, im Gegenteil, die Akteure ( einschließlich mir ;-) kaufen und verkaufen oft ohne Sinn und Verstand.
Im Falle von Durban Deep bleibt uns nur zu warten, bis der Markt in das andere Extrem tendiert.
Gruß
Albrecht
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black elk
07.11.2000, 20:59
@ dottore
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Re: Mit einem Wort - ELLIOTT |
N'abend dottore,
der Markt hat immer recht und die Beziehungen der einzelnen Marktteilnehmer untereinander sind zu komplex, als daß man dies mit fundamtalen und sonstigen Indikatoren messen könnte. Werte werden gekauft weil sie steigen (auch heute wieder die Kommentare auf bloomberg.com), Fondmanager setzten auf aggressives Wachstum weil sie sonst kein Geld verdienen. Was billig ist wird noch billiger (T, WCOM) und wir sogar am Ende (nicht vorher) in der Bonität herabgestuft.
Auch das genannte Argument eine Aktie zu kaufen, weil sie im Verhältnis zu anderen (noch teureren Wachstumswerten) billig erscheint ist eigentlich absurd, wird aber so praktiziert. Zu KGV's über 100 wird bemerkt, die Werte seien halt so teuer weil die Wachstumserwartungen höher als bei anderen Aktien seien. Das ist eben das Problem bei den Momentumwerten, die gesamte Zukunft ist schon eingepreist, bis die Wachstumsraten irgendwann an ihre Grenze stoßen (bei jedem unternehmen ab einer gewissen Größe).
Fazit: Elliott hat das schon damals erkannt und versucht mit seinem Regelwerk diese Marktpsyche anhand der Charts zu messen und zu bewerten.
black elk
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Rumpelstilzchen
07.11.2000, 21:27
@ Albrecht
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Re: Grundsatzgedanken: Was ist teuer und was ist billig? |
>Hallo Rumpelstilzchen,
>vielleicht kannst Du dem Markt mal den Bezugsrahmen für DROOY nennen. Die nachgewiesenen Goldreserven von Durban Deep werden lediglich mit etwa 2 US$/Unze bewertet.
>Diese Aktie scheint z.Zt. ohne Bezugsrahmen gehandelt zu werden.
Das mit dem Bezugsrahmen ist natürlich nur ein Erklärungsmodell. Es kann viele Aspekte der Preisbildung erklären aber natürlich nicht alle.
Wenn Du ein Investment gefunden hast, dessen Preis stark von einem realistischen Wert stark nach unten abweicht, hast Du keinen Grund, an Deinen Überzeugungen zu zweifeln.
>Entgegen vielen Behauptungen können wir sehr oft feststellen, daß der Markt nicht rational handelt, im Gegenteil, die Akteure ( einschließlich mir ;-) kaufen und verkaufen oft ohne Sinn und Verstand.
Ganz meine Meinung, obwohl Du Dich da selbst besser mal rausnehmen solltest. Wie Du wohl auch gemerkt hast, zähle ich nicht zu den Verfechtern der efficient markets. Um so wichtiger ist es, seinem Sinn und Verstand treu zu bleiben.
In der Psychiatrie gibt es ein Phänomen, dass"folie à deux" genannt wird. Damit ist ein hoch interessanter Prozess gemeint. Wenn ein Ehepartner an einer handfesten psychiatrischen Erkrankung leidet und einen Wahn ausbildet, kann es passieren, dass der andere Ehepartner den Wahn übernimmt, ohne zuvor eine psychiatrische Erkrankung im engeren Sinn gehabt zu haben.
Wenn also die anderen an einer"folie à presque tout le monde" leiden, ist es um so wichtiger, dem eigenen Verstand zu vertrauen.
>Im Falle von Durban Deep bleibt uns nur zu warten, bis der Markt in das andere Extrem tendiert.
Durban Deep sollte ich wohl selbst auf meine Watchlist setzen.
>Gruß
>Albrecht >
Grüße auch
R.
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Rumpelstilzchen
07.11.2000, 21:39
@ dottore
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Re: Was ist teuer und was ist billig? Sehr, sehr guter Beitrag! |
Vielen Dank für die aufmunternden Worte.
Ich fühle mich bestärkt:)
Die Geschichte mit dem Kaffee ist wirklich ein starkes Stück.
Ich kann auch noch ergänzen: letzten Monat war ich in Baden-Baden im Casino und hab mir fast in die Hosen gemacht, als ich 20DM auf rot gesetzt habe.
Als dann schwarz fiel, kam mir mein letzter Optionen-Deal in Erinnerung.
Und siehe da, die 20DM haben gar nicht mehr ganz so weh getan.
Allerdings kommt da noch ein anderes Phänomen zum tragen: sog."Mental accouning", d.h. innerlich werden die 20DM Rouletteverlust auf einem anderen Konto verbucht, als der weit höhere Optionenverlust.
Den Optionenverlust könnte ich ja durch einen guten Deal wieder gut machen...
Die 20DM hingegen waren erst mal weg.
Glücklicherweise hat meine Frau an diesem Abend ein wirklich gutes Händchen gehabt, so dass ich einfach ihre Gewinne auf meinem mentalen Roulettekonto verbuchen und meiner innere Hömöostase wieder herstellen konnte.
Aber das ist eigentlich noch mal eine ganz andere Geschichte..
Liebe Grüße
R.
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Baldur der Ketzer
07.11.2000, 22:08
@ dottore
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Re: noch eins drauf, durcheinandergekommene Werte |
Hoi, dottore, Mitketzer,
halb nach Marx & Co. (aufgewandter Aufwand) mal ein Vergleich:
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ein Kubikmeter Sand (Oberboden abschieben, lösen, evtl. sieben, verladen) ca. 7 DEM.
ein Kubikmeter Schotter (Oberboden abschieben, bohren, sprengen, teils an der Wand zerkleinern, laden, zum Brecher fahren, brechen, sieben, verladen - diese Vorgänge jeweils mit ungeuerem technischen Aufwand, riesige Investitionssummen) auch ca. 7 DEM.
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ein Liter Benzin: Rohöl finden, bohren, fördern, in Tanker laden, um die halbe Welt schippern, entladen, kracken, raffinieren, zur Tankstelle bringen - ca. 60 Pfennige pro Liter, Rest ist Steuerabgreife
ein Liter Tafelwasser: Leitung aufmachen, Flasche drunterhalten, PET-Flasche besorgen, Flasche füllen, ausliefern - keine Ahnung, was das kostet, ich schätze mal pro Liter so eine Mark fuffzig?
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1000 Quadratmeter Industriegrund je nach Lage 250.000 - 500.000 DEM.
ohne Halle natürlich, unerschlossen (gemeint: verkehrsgünstige Lage in Ã-sterreich oder Süddeutschland)
200 ha (2.000.000 Quadratmeter) Getriedefarm in Kanada mit Farmhaus, Stall etc., auch so 300.000 - 500.000 Mark.
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ein halbes Huhn: Küken kaufen, mästen, ausmisten, sicher auch mit Medikamenten vollpumpen, schlachten, rupfen, ausnehmen, waschen, verpacken, tiefkühlen, ausliefern, evtl. noch MWSt. druff - 2,50 DEM
ein Liter Benzin wie oben, jetzt mit Steuer: 2,18 DEM
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noch perverser wird die Sache bei Getreide (Wetterrisiko, spritzen, düngen, ernten, evtl. Korn trocknen, keine Ahnung, relativ billig
eine Stunde Maschinenmechaniker, ohne An- und Abfahrt natürlich: bis 150 DEM die Stunde
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beim Arzt Röntgenaufnahme machen lassen, digital, ca. 40 Mark, Gerät sauteuer, Strahlenschutz, Bedienung muß sachkundig sein, Arzt hat jahrelang studieren müssen
Handelsregister beglaubigen lassen, Hilfshiwi stempelt ne Marke ab: ca. 20 Mark
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Steuerlast:
ein Schweizer zahle nur 800 DEM weniger pro Monat Steuern auf sein Gehalt als ein Deutscher.
Nur 800 Mark, na, das ist ja nicht viel.
Nicht viel?
800 x 12 = ca. 10.000 pro Jahr.
Ohne Zinsen in 30 Jahren 300.000, mit Zinsen oder Anlage hoffentlich 500.000 DEM.
Unterschied. Haben oder Nicht Haben.
Das ist eine 3 Zimmer Wohnung ist akzeptabler Lage, oder ein Ferrari 550, oder jedes Jahr eine Karibikkreuzfahrt.
Es sind pro Arbeitstag 40 Mark Unterschied. Nur durch die Steuer.
Für 40 Mark kann man 1 1/2 Lottoscheine ausfüllen, ca. wenigstens.
Oder meinetwegen jeden Tag zwei 20er Chips ins nächste Spielcasion setzen.
Weniger als null wird es dort nicht, wetten?
die Verhältnisse sind total durcheinandergekommen, findet Baldur
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JüKü
07.11.2000, 23:08
@ black elk
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Re: Mit einem Wort - ELLIOTT / GENAU! |
>N'abend dottore,
>der Markt hat immer recht und die Beziehungen der einzelnen Marktteilnehmer untereinander sind zu komplex, als daß man dies mit fundamtalen und sonstigen Indikatoren messen könnte. Werte werden gekauft weil sie steigen (auch heute wieder die Kommentare auf bloomberg.com), Fondmanager setzten auf aggressives Wachstum weil sie sonst kein Geld verdienen. Was billig ist wird noch billiger (T, WCOM) und wir sogar am Ende (nicht vorher) in der Bonität herabgestuft.
>Auch das genannte Argument eine Aktie zu kaufen, weil sie im Verhältnis zu anderen (noch teureren Wachstumswerten) billig erscheint ist eigentlich absurd, wird aber so praktiziert. Zu KGV's über 100 wird bemerkt, die Werte seien halt so teuer weil die Wachstumserwartungen höher als bei anderen Aktien seien. Das ist eben das Problem bei den Momentumwerten, die gesamte Zukunft ist schon eingepreist, bis die Wachstumsraten irgendwann an ihre Grenze stoßen (bei jedem unternehmen ab einer gewissen Größe).
<font size=5">>Fazit: Elliott hat das schon damals erkannt und versucht mit seinem Regelwerk diese Marktpsyche anhand der Charts zu messen und zu bewerten.
>black elk</font>
Genau so ist es. Das faszinierende ist, dass diese Marktpsyche immer ähnliche Muster durchläuft.
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