Turon
21.11.2003, 03:54 |
@dottore und doppelknoten - Erb- und Vermögenssteuer, sinkende Steuereinnahmen Thread gesperrt |
-->@ doppelknoten
Zunächst einmal danke für Dein Mißtrauen gegenüber dottorschen Annahmen
zur Staatspleite.
Du hast das bezweifelt was dottore sagt, weil die Staatspleite auch schon 1978,
1980 und 1982 drohte - wie Du schreibst.
Ich möchte da jetzt nicht fieberhaft nach Unterlagen suchen, die belegen wie
man der drohender Staatspleite entgegenwirkte.
Aber eines wissen wir ja doch ohne auf die Zahlen zu schauen:
Die Staatsverschuldung Deutschlands begann eindeutig zu dieser Zeit und explodierte dementsprechend, weiß uns sog, Wohlstand bescherte.
Daß sich die Kohlsche Regierung nicht mal ansatzweise darum bemühte, die Verschuldung irgendwie logisch abzubauen, und dann plötzlich die Euphorie
um die Wiedervereinigung gab, ist wohl klar.
Denn nur auf Pump ließ sich damals noch Aufschwung aufrechterhalten.
Daraus aber zu schließen, daß die Staatspleite niemals kommt, halte ich für
nicht besonders klug, im Gegenteil - seit 1982 spätestens reitet sich der Staat immer tiefer in die Scheiße, und beschleunigt den Prozess immer weiter.
Etwa 10-15 Jahre kann es noch dauern und wird aller Voraussicht nach,
es sei denn: man drückt die Löhne weiter nach unten.
Zu den Staatseinnahmen: ein eindutiges Anzeichen dafür, daß diese Einnahmen
einbrechen, und sich die Ausgaben klar erhöhen, ist daran zu erkennen, daß schon CDU/FDP jeweils die Steuersätze erhöhte, Finanzierungsprojekt DDR
auf Kosten der Bürger umlegte und eine Vielzahl von Verordnungen etc. erlassen hat. Sobald dieses Spielraum ausgenutzt ist, ging man zu Leistungskürzungen über und hier hat man eventuell etwa 10 - bis max.15 Jahre Spielraum.
[b]Und hier liegt auch der Hund begraben. Was die CDU/FDP machte war tendenziös
inflatorisch. Die gleichzeitige Schuldenaufnahmen,"Übernahme" der DDR und hohe Investitionen und Abgabenerhöhungen sorgten weiterhin für den Aufschwung (insofern es denn einer war). Mit Abwahl der CDU/FDP 1998 war die Sache
endgültig ausgeschöpft. Drei weitere Jahre Aufschwung kam dann etwa als glücklicher Zufall, durch die Börsenhausse und ab 2001 brachen sämtliche
alte Rechnungsmodelle aufgrund der Börsenverlusten wie ein Kartenhaus zusammen.
Hinzu kam die Internetentwicklung, die höchstdeflatorisch ist und bleibt, weil
Margendruck den Zwischenhandel ausschaltet, die Ladenmiete überflüssig macht
etc. Dann die"Globalisierungsorgie" Abwanderung von betrieben etc.
Während der Staat quasi mit der Inflation im Grunde einverstanden sein darf,
da der schleichende Prozess der Enteignung nicht drastisch erscheint, verhält sich jetzt die komplette Wirtschaft eindeutig deflatorisch, was den Staat zu Radikalisierung der Einschnitte auf der einer Seite zwingt, und die deflatorischen Tendenzen und Margendruck weiterhin verstärkt.
Zu allem Übel noch kommt da noch der Außenhandel ins Spiel, der die Gewinne
der Unternehmen schmälert, da sich leider unerwünschterweise der Euro gegenüber
dem Dollar behauptet und Konsumenten europäischen Waren dadurch leider tiefer in die tasche greifen müssen um unsere Waren zu kaufen.
Als Endergebniss der Unheil für die Staatsfinanzen droht gleich aus beiden
Bereichen des Handels: Binnenmarktnachfrage unterliegt weiterer Schwächung durch Arbeitsplatzabbau und Außenhandel ist härterem Wettbewerbsdruck ausgesetzt.
Es ist so als hätte sich alles gegen die Bundesrepublik verschworen.
Und das einzige was die Regierung tatsächlich machen kann sind immer radikalere
Einschnitte der Sozialleistungen, oder höhere Schuldenaufnahme.
Ich empfehle hier mal auf die Verbindlichkeiten des amerikanischen Staates
zu achten: die Staatsschulden und die Situation der Sozialversicherung.
Deutschland wird so oder so gezwungen sein in diese Richtung zu gehen, d.h.:
Rente durch Fonds, 100%-ige private Krankenversicherung und Leistungsbeschneidung der Krankenversicherer hat noch jede Menge Spielraum.
Daher die 10-15 Jahre dürfen wir noch einkalkulieren, wenn USA nicht früher
unter eigener Schuldenlast zusammenbricht.
Ein kompletter Börsencrash, oder Immobillienmarkteinbruch würde erst überhaupt die tatsächliche Situation USA´s offenbaren, genauso übrigens wie unsere.
Daher: einerseits ist es vielleicht noch nicht so weit, aber wenn es so weit ist, werden wir schneller auf den Boden der Tatsachen geholt als es uns lieb ist.
Gruß
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doppelknoten
21.11.2003, 17:45
@ Turon
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Re: @dottore und doppelknoten - Erb- und Vermögenssteuer, sinkende Steuereinnahmen |
-->>@ doppelknoten
>Zunächst einmal danke für Dein Mißtrauen gegenüber dottorschen Annahmen
>zur Staatspleite.
>Du hast das bezweifelt was dottore sagt, weil die Staatspleite auch schon 1978,
>1980 und 1982 drohte - wie Du schreibst.
>Ich möchte da jetzt nicht fieberhaft nach Unterlagen suchen, die belegen wie
>man der drohender Staatspleite entgegenwirkte.
>Aber eines wissen wir ja doch ohne auf die Zahlen zu schauen:
>Die Staatsverschuldung Deutschlands begann eindeutig zu dieser Zeit und explodierte dementsprechend, weiß uns sog, Wohlstand bescherte.
>Daß sich die Kohlsche Regierung nicht mal ansatzweise darum bemühte, die Verschuldung irgendwie logisch abzubauen, und dann plötzlich die Euphorie
>um die Wiedervereinigung gab, ist wohl klar.
>Denn nur auf Pump ließ sich damals noch Aufschwung aufrechterhalten.
>Daraus aber zu schließen, daß die Staatspleite niemals kommt, halte ich für
>nicht besonders klug, im Gegenteil - seit 1982 spätestens reitet sich der Staat immer tiefer in die Scheiße, und beschleunigt den Prozess immer weiter.
>Etwa 10-15 Jahre kann es noch dauern und wird aller Voraussicht nach,
>es sei denn: man drückt die Löhne weiter nach unten." >
hallo turon,
ich schliesse nicht aus der riesenverschuldung, dass es nie zu einer staatspleite kommt: ich habe nur angemerkt, dass dottore schon seit damals vor dem kollaps warnt.
trotz endloser unkerei hat er eben bis heute nicht recht bekommen.
was nicht heisst: dass er nicht recht bekommt.
nur eben wann - das ist die frage. eben nicht morgen und nicht übermorgen oder bald, wie er oft genug zu verstehen gibt.
10 - 15 jahre, wie du vermutetst - das ist durch aus möglich. oder 20-30 jahre.oder eben nur noch 5 jahre.
wir wissen es eben nicht wie lange die flickschusterei noch hält.
nur darum gings mir. er predigt es schon endlos.
ansonsten in den meisten dieser dinge dacord mit dir.
kneric
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dottore
21.11.2003, 19:26
@ doppelknoten
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Re: @dottore und doppelknoten - Erb- und Vermögenssteuer, sinkende Steuereinnahmen |
-->Hi,
schönen Dank für die kritischen Bemerkungen.
Mit"Wann kommt der Staatsbankrott" habe ich 1983 versucht:
a) Auf das Problem überhaupt hinzuweisen (Mexiko-, Brasilienkrise)
b) Einen ersten Zeitrahmen abzustecken (diverse Jahreszahlen, mehr oder minder obsolet, einiges ganz gut im Soll).
Die Staatsbankrott, die ab 1982/3 liefen, wurden dann mit Hilfe diverser Maßnahmen verhindert, d.h. sie schlugen nicht in die Konten letztlich der heimsichen Sparer durch, sondern wurden prolongiert (reicht von IWF über Roosa-Bonds bis BIZ-Prolongation, von der mir der damalige BIZ-Chef Leutwiler beim großen Tabaks-Kollegium auf meine entsprechende Frage einräumte:"Ja, es war ein Fehler, Brasilien damals nicht in Konkurs zu schicken. Zelebritäten, wie Oetker, Brauchitscvh, Schweizer Bundesräte können dies bezeugen).
Dann kam der 87er Crash. Dort ergab sich ein ähnliches Szenario - also das Rauspauken (wie später bei Russland-, LTCM-Krise usw.) mit Hilfe der bekannten Institutionen.
Das ließ mich dann neu nachdenken. Resultat war"Aufwärts ohne Ende" (1988), in dem ich so vehement meine"Crash-These" widerrief, dass mir dies sogar einen Aufmacher im Wirtschaftsteil der NZZ eingebracht hatte. Die waren richtig froh und kregel.
Aus dem Vorwort:"Doch diesmal ist es anders. Heute kann nichts mehr passieren - egal, was auch geschieht. Jetzt kann es nur noch aufwärts gehen."
Der Gag in diesem Buch war ein anderer (Bücher ohne Pointen schreibe ich nicht):
Je mehr es im Finanzssektor (und nur in diesem ist Bankrott definierbar) aufwärts ohne Ende geht (Prolongation, Aufschulden, Hochbuchen), desto stärker muss der realwirtschaftliche Sektor niedergehen.
Dies habe ich an der (aus heutiger Sicht) Winzigkeit der berühmten Champagner-Messen (Weltfinanz- und -handelszentrum 13. Jh.) exemplifiziert: Dort fielen die realwirtschaftlichen Geschäfte bereits deutlich ab 1260, während sich die fiktiven, also finanzwirtschaftlichen Geschäfte noch bis 1315/20 auf hohem Niveau hielten (Literatur: Bautier u. Thomas).
Diesen Niedergang der Realwirtschaft (Schwach- bis Nullwachstum, Arbeitslosigkeit, usw.) bei hochgebuchter Staatsverschuldung hatte ich übrigens schon vorher in"Die Pleite" angesprochen, aber nicht weiter intensiv ausgeführt, ziemlich deutlich dann schon in der"Krisenschaukel" - der berühmte Verrentungseffekt.
Es gibt also einen Lag zwischen dem Niedergang des realen privatwirtschaftlichen Sektors und dem endgültigen Zusammenbruch des staatsfinanziellen, der seinerseits die Begleiterscheinungen des realwirtschaftlichen Niedergangs durchschlagend auf die privatfinanzielle Sphäre abfedert. Das perfekte Beispiel dazu ist Japan, andere"Staaten" werden diesem Beispiel en suite folgen.
Wie lange der Lag diesmal sein wird, ist offen. Da es heute einen erheblich größeren privatwirtschaftlichen Sektor (also arbeitend mit Arbeitsteilung und entsprechenden Kontrakten und nicht als selbstversorgend, vgl. Anteil der sog."Landwirtschaft" usw.) gibt als vor 700 Jahren (oder in ähnlichen finalen Perioden) stell ich anheim, wer sich welchen Zeithorizont für sich selbst bis zum zum unbestreitbar zwangsläufigen Zusammenbruch des staatsmachtgestützten Finanzsystems zurechtzimmert. Der Hinweis auf die wegbrechenden Investitionen und Steuereinnahmen waren nur ein Hinweis.
Als sowohl intimer Kenner historischer Ab- und Durchläufe als auch als Ã-konom, der dank diesem Forum den Wirtschaftsablauf sub specie seiner staatswirtschaftlichen Zwänge (Dreifach-Monopol: Waffen, Geld, Abgaben) glaubt, nunmehr"endgültig" enträtselt zu haben, habe ich entsprechende Konsequenzen gezogen, würde mich aber freuen, wenn mich die Veranstaltung noch möglichst lange erheitert.
Gruß!
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