Galiani
02.12.2003, 18:41 |
Auf der Suche nach literarischen Belegen gegen die"Machttheorie" stieß ich auf:Thread gesperrt |
-->Hallo
Natürlich habe ich zunächst bei Autoren nachgeblättert, die Anfangs der 30-er Jahre vor den verheerenden Folgen der Übernahme der"Macht" durch die neuen"Machthaber" warnten. Dabei bin ich auf Werner Hegemann gestoßen, der in seiner"Entlarvten Geschichte" (Prag 1934; S. 78ff) nebenbei auch den Mythos von der wirtschaftlichen Effizienz der"Macht" gründlich als Mär entlarvt. Allen, die noch nicht davon überzeugt sind, daß die"Macht" keineswegs das hervorzubringen vermag, was dottore annimmt (nämlich größere Effizienz und damit höhere Abgabenleistung), sondern ganz im Gegenteil eben geringe Effizienz und niedrigere Abgabenleistung, empfehle ich den folgenden Text (Heraushebungen von mir):
Lujo Brentano ["Die feudale Grundlage der schlesischen Leinenindustrie" in"Alte und neue Feudalität. Ges. Aufsätze zur Erbrechtspolitik", Leipzig 1924] zeigt, daß Friedrich II. seinen eroberten schlesischen Webern ebenso furchtbar schadete wie seinen geknechteten preußischen Bauern. Brentano zeigt auch, daß [i]nur die fehlende Freiheit die schlesischen Weber befähigt hätte, den Wettbewerb der fortschrittlicheren Länder Irland und Osterreich auszuhalten. Lessing behielt im furchtbarsten Sinne recht, als er „Preußen das sklavischste Land Europas" nannte.
Verglichen mit dem preußischen Schlesien war sogar das von England geknechtete Irland ein freies Land. Brentano zeigt, daß in Irland und in den noch österreichischen Teilen Schlesiens (die also nicht unter das friderizianische Joch gefallen waren) die Leinenweber schon zu Friedrichs II. Zeit befreit wurden. Brentano zeigt, daß sogar in dem verschrieenen Irland, die armen Weber sich damals etwas ersparen, sich bessere Werkzeuge kaufen und damit die Güte und Verkäuflichkeit ihrer Erzeugnisse verbessern konnten. Sie konnten auch nach Amerika auswandern. Alles das konnten sie nicht in Preußen, wo sie nur Sklaven und auf ewig zur Schinderei mit der rückständigen Handspindel verdammt waren. Deswegen liefen die irische und die böhmische Leinenweberei der preußisch-schlesischen den Rang ab.
Mit wahrhaft königlicher Verblendung <font color=#FF0000>eiferte Friedrich II., die Weberei seines mißhandelten Schlesiens zu stärken</font>. Mit den abscheulichsten Mitteln zwang er immer neue Menschenopfer aus dem In- und Auslande zur Leinenweberei. Doch die vermehrten Gewebe <font color=#FF0000>wurden um so unverkäuflicher, je minderwertiger die Leistungsfähigkeit dieser hungernden Sklaven wurde</font>.
Lujo Brentano stellt fest:
„Oft waren sie dem Hungertode nahe und erhielten sich nur, indem sie, die gefallenen Tiere aus der Schindergrube holten und verzehrten oder statt des Brots ein Gebäck aus Moos aßen. Der Lohn war minimal... Es bestand kein anderer Antrieb zur Arbeit außer dem Zwang: Hunger und barbarische Strafen... <font color=#FF0000>Aber weder Karre noch Stock, Halseisen oder Zuchthaus vermochten die Schlechtigkeit der schlesischen Gespinste zu bessern...</font> Die Kaufleute aber, wenn sie gegen die Unzweckmäßigkeit, ja Undurchführbarkeit der getroffenen Anordnungen protestierten, erhielten Verweise, weil sie sich nicht entblödet hätten, den ihnen geschehenen Antrag in ihrer Vorstellung auf eine skeptische Weise zu behandeln, und ihre Stimme wurde durch Drohungen, Exekutionen und andere Gewaltmaßregeln, die auf ihre Häupter niederprasselten, erstickt."
Den Kaufleuten, die sich weigerten, <font color=#FF0000>die unbrauchbaren Erzeugnisse der friderizianischen Gewerbepolitik zu kaufen, weil sie unverkäuflich waren,</font> legte Friedrich II. „Polizeibereuter" ins Haus....
Lujo Brentano fährt fort: <font color=#FF0000>„Aber das einzige, was hätte geschehen können, um die Leinenweberei zur Blüte zu bringen, die Beseitigung der Unfreiheit</font> wurde nicht in Angriff genommen, <font color=#FF0000>der freie Unternehmungsgeist dagegen wurde erstickt. So waren die Zeiten, die Friedrich vorbereitete, nicht die Blüte, sondern der Verfall. Nicht die Länder, in denen die Konkurrenz mit Knutenstrafe aufkam aber waren es, die der schlesischen Leinenindustrie gefährlich wurden, sondern die freien Länder</font>."
Nach dem Zusammenbruch des friderizianischen Staates und seiner widersinnigen Gewerbepolitik sollten die schlesischen Leinenweber wie die preußischen Bauern endlich „befreit" werden. Aber Friedrich II. hatte in ganz Ostelbien und auch in Schlesien dafür gesorgt, daß selbst nach seinem Tode die politische Macht in den Händen der Grundherren blieb, in deren Sklaverei er die Weber festgehalten hatte. So nützte den armen Webern auch die „Befreiung" nichts. Wie Knapp gezeigt hat, daß die preußischen Rittergutsbesitzer die durch Stein versuchte „Bauernbefreiung" bis zur Revolution 1848 zu hintertreiben vermochten, genau so zeigt Brentano, daß die schlesischen Grundherren die Weber trotz der neuen Gewerbefreiheit in der alten friderizianischen Sklaverei festzuhalten verstanden. Im Staate Friedrichs des Großen bedeutete „Bauernbefreiung" und Gewerbefreiheit" zwangsläufig vor allem Freiheit zu noch schwererer Bedrückung der Bauern und Gewerbetreibenden. Die friderizianische Sklaverei steckt noch heute allzu vielen Deutschen in den Knochen. Treffend schrieb der Verfasser des kommunistischen Manifestes, Friedrich Engels:"Der nor- wegische Bauer war nie leibeigen, und das gibt der ganzen norwegiselhen Entwicklung, ähnlich wie in Kastilien, einen ganz anderen Hintergrund. Der norwegische Kleinbürger ist der Sohn der freien Bauern und ist unter diesen Umständen ein Mann gegenüber dem verkommenen deutschen „Spießer." (Brief über lbsens Dramen.)
Die Entwicklungsphasen dieser deutschen „Verkommenheit" schildert Brentano <font color=#FF0000>„Da die Weber ohne Recht, ihre Interessen selbst zu wahren, dagegen mit den alten Abgaben belastet blieben, bedeutete für sie die einseitige Freiheit der Arbeitgeber eine weitere Verschlechterung. Und als die Freiheit endlich kam, waren die Weber durch den langdauernden Druck physisch und geistig so degeneriert, daß sie keinen vernünftigen Gebrauch von ihrer neuen Freiheit zu machen vermochten. Während der großen Webernot von 1770 hatten die Weber für das Mehl, das unter sie verteilt wurde, Schanzarbeit verrichten müssen. Sie waren damals dazu also noch fähig gewesen. Im 19. Jahrhundert scheiterten alle Versuche, die Weber zu anderen Beschäftigungen überzuführen, weil sie dazu zu schwach waren."</font>
[/i]
Gruß
G.
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Gatsby
02.12.2003, 20:21
@ Galiani
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Re: Auf der Suche nach literarischen Belegen gegen die |
-->Habe noch folgendes, soweit nicht bekannt:
Umschrift auf alten chinesischen Münzen:
Ewige Großzügigkeit / Umlaufender Schatz...
Wessen wohl?
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Galiani
02.12.2003, 20:44
@ Gatsby
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Sehr interessant! Und ich habe eine Münze aus d. sterbenden Malta (Ende 18. Jh) |
-->Mit der (natürlich von der"Macht" diktierten) Aufschrift:
"NON AES SED FIDES" ("Nicht das Edelmetall zählt, sondern der Glaube". Es handelt sich natürlich um eine billige Kupfermünze.)
Wenige Jahre später war es mit der Herrlichkeit Maltas vorbei!
So sieht die Sache immer aus, wenn sich die"Macht" aufplustert! Ich verstehe gar nicht, wie dottore ihr so großen Einfluß zugestehen kann. Alle historische Erfahrung zeigt doch (jetzt eben wieder im Irak) daß die"Macht", wenn sie herausgefordert wird, zwar wild um sich schlagen kann, im Grunde aber hilflos ist, ein Papiertiger, eine Schimäre!
Gruß
G.
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Turon
02.12.2003, 21:24
@ Galiani
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Der Kreuzritterorden |
-->Galiani, daß zu viel Machteinsatz letztendlich zu Frust führt, wodurch den Arbeitern scheißegal wird was sie tun, Hauptsache man erwischt sie nicht dabei,
daß sie Mist bauten, ist klar.
Dennoch muß Dir doch bewußt sein, daß man mittlerweile die Mitarbeiter zu Mitverantwortung zwingt und zwar in immer drastischer werdenden Still.
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Insofern ich es noch nicht gebracht habe: der Kreuzritterorden, der zwischen
XII und XIV Jahrhundert auf den polnischen Mazuren (Ostpreußen) angesiedelt wurde, um Ureinwohner von Mazuren zu erobern, hat deswegend extreme Macht entfaltet, weil die Ordensbrüder offenbar sehr gute Organisationstalente
hatten. Der Kreuzritterstaat galt damals in Polen als gewaltige Macht,
die man nicht bekämpfen konnte, und deswegen sind zahlreiche Eroberungen
daraus (wie auch damaliger Verlust des Zugangs zum Baltikum) weitgehend unbeantwortet geblieben.
Dieser Kreuzritterorden hatte jedenfalls äußerst restriktive Gesetze
gehabt. Wer seine Steuern - aus welchem Grund auch immer - nicht zahlte,
wurde gehängt, und zwar für solange Zeit bis sein Körper von alleine
wieder runter kommt. Der Sinn und der Zweck dieser Ãœbung war, allen anderen
klar zu machen was es für Konsequenzen hat, seine Steuern nicht zu bezahlen.
Der Kreuzritterorden, war im Vergleich zu damaligen Polen (geschweige den
den Littauern) im Bezug auf Ausrüstung, Waffentechnologie hoffnungslos
überlegen.
Polen/Littauer gewannen zwar die Schlacht unter Grunwald/Tannenberg in 1410
doch verdanken sie denn Sieg eigentlich nur der extremer List des Anführers der polnischer Krone und der Armee der Littauer - Wladyslaw Jagiello.
Auf dem Schlachtfeld machten sich die Polen erst einmal breit und erwarteten
dort den Entritt des Gegeners. Sie gruben Gräben und versteckten diese.
Der Trick war - die leicht bewaffnete Soldaten der Littauer konnten mit und ohne Pferd die Gräben problemlos mitnehmen, die schweren Divisionen der Kreuzritter sind da dagegen zahlreich reingefallen.
Als die Kreuzritter eintrafen zogen sich die polnischen Einheiten wieder in den
Wald zurück, und wollten da fast den ganzen Tag nicht raus. Die Kreuzritter
dagegen durften mit voller Bewaffnung und Ritterausrüstung was ganz sicher mehr als 50 kg wog sich in der Sonne braten.
Als es zum Kampf gekommen ist, schickte Jagiello ersteinmal die leichten Einheiten mit dem Befehl so schnell wie möglich, umzukehren (provozierte quasi den Angriff der Kreuzritter). Diese gingen dann auf die Polen los, miestens die schweren Einheiten, man spekulierte offenbar, daß Jagiello zur Hilfe polnische schwere Einheiten in den Kampf schickt.
Das tat er solange nicht, solange die Divisionen der Kreuzritter nicht an den gräben eine ganz böse Überraschung erlebte. Es war eine hinterlistige Falle, wo die Kreuzritter sehr viele von ihren schweren Soldaten verloren hat.
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Die Macht des Ordens scheiterte an diesem Tag wegen der Siegessicherheit, und Ãœberheblichkeit und das wiederholt sich in der Geschichte immer wieder und stets aufs Neue.
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Die Geschichte hat mit der Gewalttheorie nur soviel zu tun, daß hier ein junger Staat des Kreuzritterordens innerhalb von etwa 200 Jahren nicht nur die Mazuren beherrschte, sich aber sehr wohl gegen die polnische Macht (da diese immer zerstreut war) lange Zeit behaupten konnte.
Für meine Begriffe: Polen war zu damaliger Zeit wesentlich freier als der Kreuzritterstaat und in mittleren Europa gehörte Polen schon damals, so um 1410 zu den stärksten europäischen Mächten. Die Kreuzritter waren dagegen klein, aber deutlich besser organisiert und verdammt gefährlich.
Hier steht aus meiner Sicht eindeutig 1:0 für dottore, und die Freieheitsdenker
haben wirklich kaum was entgegenzusetzen. Denn hier geht es um den Machtbetrieb
Staat, der seine Bürger rigoros terrorisierte, der den Kreuzritterorden extrem stark und leistungsfähig machte.
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Daß derartig ausgeprägte Tyrannei auch scheitern kann, wirst Du wohl am Beispiel
der UdSSR vorführen. Und hier liegen wir bei der Wahrnehmung des Problems
sicher meilenweit auseinander.
Ich glaube fest daran, daß den Russen und einem Großteil der Polen, der Sozialismus ins Kramm paßte, weil er Niemandem wahrhaftig zu mehr gezwungen hat,
als zur Erfüllung seiner Pflicht: Familie erziehen und unterhalten, sozialistisch zu denken, und ansonsten konnten alle tun was sie wollten.
Ich weise den Vorwurf entschieden zurück, daß das osteurpäische Alkoholproblem
etwas mit Selbsttrost des versklavten Volkes hatte, der sich nichts leisten kann, da es rein gesellschaftliches Erheiterungsgetränk gewesen ist (ich weiß, daß sich die meisten das so nicht vorstellen können). Die Leute hatten Zeit
und genug an erfüllten Bedürfnissen, also haben sie sich so amüsiert wie sie
konnten. Es gab natürlich auch hoffnungslose Trinker - keine Frage, aber ich würde den grund für ihre Sauferei nicht in der Zwangstheorie suchen, sondern
der Ausgrenzung - weil sie hoffnungslose Trinker waren.
Der Leistungsdruck herrschte dagegen im Westen schon damals als ich hierher kam,
und hat sich nur gesteigert zusammen mit den Ängsten um Verlust des Arbeitsplatzes. Daß der Westen exakt darin eines Tages scheitern wird, weil er die letzten Reserven aus dem Bürger holt, ist für mich ganz klare Tatsache.
Dottore hat es sehr zutreffend formuliert (und ist in der guter Position das Thema zu dogmatisieren - halt: so ist das und nicht anders).
Da kann man ihm tatsächlich kaum was entgegensetzen.
Natürlich ist Deine idealistische Denkweise in Hinblick auf die Marktwirtschaft
ziemlich edel, und daß die Bürger dann von alleine den Aufschwung schaffen,
aber wir sollten es ins Auge fassen, wie es in einem durchschnittlichen deutschen Betrieb mittlerweile zugeht.
Du mußt Dein soll schaffen, wenn nicht, gehst Du. Du mußt Dein soll aber nur deswegen schaffen, weil auch ich einen Soll an meinem Banker und an den Staat
zu leisten habe. Daß man ja beides nicht braucht, um zu bestehen, wenn es keine Macht gibt die Deine Bilanzen per Gesetz schmälert und Du keinen Zins abzuleisten hast, dürfte ja klar sein.
Gruß.
P.S.: Auch wenn mir Deine Sichtweise viel symphatischer erscheint, es gibt genug Hinweise (besonders in heutiger Zeit) daß der Staat und seine Macht,
dafür verantwortlich ist, daß man gefälligst in der Entwicklung immer schneller
und immer effizienter sein muß um zu bestehen
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FOX-NEWS
02.12.2003, 21:51
@ Galiani
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Macht und Herrschaft |
-->Hallo,
Kann es sein, dass der Meta-Zustand Macht und die jeweilige Herrschaft (Diktatur, Feudal, Demokratie, Kleptokratie) in einen Topf geworfen werden? Die Herrscher kommen und gehen, die Macht bleibt. Machtfreie Räume sind rar.
Freies Wirtschaften ist effizienter als ein Sklavenstaat, vom Kosten - Nutzen her betrachtet. Wenn nicht, wären wir vermutlich Sklaven.
sam
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Galiani
02.12.2003, 22:43
@ Turon
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@Turon: Re: Der Kreuzritterorden |
-->Hallo Turon
Ja, ja, da ist viel Wahres dran, an dem was Du sagst.
Und natürlich ist mein Blickwinkel auch ein anderer: Ich wohne nicht in Deutschland!
Aber ich sehe doch auch ein Problem: Du hast da bei dottore, glaube ich etwas mißverstanden: Laut dottore hat die Macht ja schon längst alle"Macht" an ihre Bürger"zediert", so daß die ursprünglichen"Machthalter" ja eigentlich gar keine"Macht" mehr haben. Das ist - laut dottore (wenn ich ihn richtig verstanden habe) - das Problem!
Dagegen ist das, was Du und viele seiner Verteidiger schreiben, ja das gerade Gegenteil: Der heutige Staat, unser real existierender Staat entfaltet immer mehr Macht, reguliert alles und jedes und tötet damit den Leistungswillen der Menschen ab. Deshalb schaut es momentan (in Deutschland; aber auch anderswo) so aus, wie es halt ausschaut.
Mit dieser Diagnose erkläre ich mich schon einverstanden!
Aber sie hat - so wie ich das verstanden habe - nichts mit dottore's"Machttheorie" zu tun.
Nur so zum Nachdenken...
Gruß und"stolat"
G.
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Galiani
02.12.2003, 22:48
@ FOX-NEWS
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Re: Macht und Herrschaft |
-->Hallo Sam
Richtig! Eine meiner hauptsächlichen Klagen bzgl."Machttheorie" ist ja, daß meines Erachtens der Begriff der"Macht" nicht (oder jedenfalls zu wenig scharf) definiert wird. Darüber habe ich mich kürzlich erst (in einem Posting an nereus) ein bißchen lustig gemacht.
Gruß
G.
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Turon
02.12.2003, 23:08
@ Galiani
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Gibt es denn einen anderen Grund sich in den Schutz der Macht |
-->die ja keine ist zu begehen? Ich meine, dottore schreibt was von dreifachen Monopol der Macht darunter Geld und Waffen. So wie ich das verstehe, sucht dottore gerade ja die Unterschlupf bei den Leuten, die eigentlich keine
Macht haben, bis auf Waffen gegen das Volk zu richten.
Also kann ich jetzt nicht ganz nachvollziehen, wo der Unterschied zwischen
heute und damals ist - zumal die heutigen"Machthalter" nun mal untereinander auch noch um mehr Einfluß konkurieren.
Wenn es zu Massenunruhen kommt, wird der Staat kurzerhand mal einen Ausnahmezustand verhängen und damit seine Anhänger schützen. Es ist natürlich auch die Frage, ob es zu blutigen Auseinandersetzungen kommt.
Daß wiederum diese Macht offensichtlich keinen Handlungsspielraum mehr hat, bleiben ihr noch Waffen.
Ich würde mich jedenfalls nicht in den Schutzhaft begehen, wenn ich wüßte,
daß diese Macht keine Kontrolle mehr hat.
Aber vielleicht stellt es der dottore noch mal richtig, denn so wie Du, habe ich seine Postings tatsächlich nicht verstanden.
Gruß und auch"stolat" ;) (Nur bei oberen Szenarion wird man wohl nicht 100 Jahre alt werden ;) )
T.
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Tassie Devil
03.12.2003, 05:31
@ Galiani
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Re: Macht-Monopole |
-->>Hallo Sam
>Richtig! Eine meiner hauptsächlichen Klagen bzgl."Machttheorie" ist ja, daß meines Erachtens der Begriff der"Macht" nicht (oder jedenfalls zu wenig scharf) definiert wird. Darüber habe ich mich kürzlich erst (in einem Posting an nereus) ein bißchen lustig gemacht.
Hi Galiani,
das hatten wir hier im Forum aber schon durchgekaut, bzw. dottore hat sich diesbezueglich deutlich geaeussert.
Macht ist die Institution fuer eine menschliche Gesellschaft/Gruppe, die das Gewaltmonopol, das Steuermonopol und das Geldmonopol fuer sich beanspruchend vereinnahmt und darueber ausschliesslich verfuegt.
Diese drei Monopole sichern die vollstaendige Kontrolle ueber die gesamte Gesellschaft/Gruppe, die unter dieser Macht leben.
Die Institution Macht ist immer mit natuerlichen Personen hinterlegt, den Machthabern.
Dass es ausserhalb der Macht noch eine andere Quelle gibt, die auf Menschen einer Gesellschaft/Gruppe Gewalt ausuebt (Naturgewalt), das ist nicht wegzudiskutieren, diese Gewalt schraenkt die Macht mit der Wirksamkeit ihrer Verfuegung mittels ihrer drei Monopole ueber die Gesellschaft/Gruppe ein.
>Gruß
>G.
Gruss
TD
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dottore
03.12.2003, 17:15
@ Galiani
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Re: Klassischer Beleg FÃœR die Machttheorie |
-->Hi Galiani,
vermutlich halten Sie mich für einen sehr primitiven Menschen, der sich vom Einsatz des bewaffneten Zwangs eine Welt voller Wohlstand verspricht. Davon kann jedoch keine Rede sein.
Das"Modell" wirkt vielmehr so:
1. Es beginnt mit den Nomaden, die sich sesshaft machen. Die näheren Umstände der Sesshaftigkeit sind noch unklar (ich hatte dies als Desiderat an Popeye gepostet). Die Nomaden sind bewaffnet. Die Waffen, die sie besitzen, wobei Besitz das Eigentum daran garantiert, sind ihr Kapital, wie Waffen überhaupt das erste Kapital sind (Danke an Tarantoga für den korrigierenden Hinweis), weil sich mit ihrer Hilfe etwas erreichen lässt, was sich ohne sie nicht erreichen ließe.
2. Jene im rich environment (und nicht etwa die darbenden, siehe nochmals Oaxaca, vgl. Kelly-These) können ihre Waffen nutzen, um andere zur Leistung zu zwingen. Nach den Beutezügen beginnen die Tribute, als laufende und nicht nur einmalige Beute. Aus der jeweiligen Subsistenzmittelwirtschaft kommt es zur tributären Produktionsweise (vgl. Bernbeck), d.h. jene, die gezwungen werden, beschaffen die Subsistenzmittel für jene, die zwingen können. Die Tributeinforderung geschieht zunächst immer in der Nachbarschaft, also beim nächsten Dorf (Sesshaftigkeit) und weitet sich nach entsprechenden"Reichsbildungen" immer weiter aus, bis andere Reiche dem entgegen stehen (siehe die 5 Großreiche der frühen Antike) oder bis neue Räume"entdeckt" werden, was zu Expansion, Kolonialismus, Imperialismus usw. führt.
3. Dies endet in sich selbst, da derjenige, der gezwungen, also unfrei ist, mit seiner Leistung nachlässt, bzw. das Erzwungene nur widerwillig herstellt, wie x-fach in der Geschichte zu beobachten, wo solche Systeme, sofern sie internalisiert werden, das Tributgebiet also zum Steuergebiet mutiert, über kurz oder lang die Verelendung einsetzt, die auch auf den Zwingherrn durchschlägt.
4. Besteht die Möglichkeit, die Abgaben zu externalisieren, kann dieses System aufrecht erhalten werden, bis die Externalisierung wiederum zur Internalisierung führt (Eingliederung von Tributgebieten als"Provinzen" usw., x-fache historische Beispiele, nur das römische Imperium als Beispiel).
5. Dass im Laufe dieses Prozesses sowohl konkurrierender Mächte im Inland (wer kann sich in die Position des Zwingherrn manövrieren, also"herrschen"?) als auch gegenüber anderen Machtgebieten der Kauf von Macht-Helfern (Söldnern) eine Rolle spielt und diese Transaktionen mit Hilfe von - dadurch! - kurantem Geld (ursprünglichem Abgabengut) abgewickelt werden und Handel (= Erlangung des Abgabengutes) entsteht, wurde schon ausführlich dargelegt. Der Söldner ist in der komfortablen Situation, von der Macht im Areal A in etwas bezahlt zu werden, was im Areal B als Tribut abgefordert wird (er selbst sitzt im Areal C, siehe Gotland) oder im Areal B und kann aus diesem oder dem Areal A entsprechende Güter und Leistungen ziehen, das Areal B und A das, was er als Sold erhalten hat, ihrerseits als Abgabe an die Macht in Areal A zu leisten haben.
6. Sitzt nun die Macht in einem Areal, das sie nur noch besteuern kann (Kriege zur Erlangung von weiteren Tributgebieten lassen wir ab jetzt weg), entsteht für sie ein Problem: Sie muss von der Macht, die immer noch zu 100 % bei ihr liegt, weil sie das Waffenmonopol hat (auch hier wieder der Mythos vom"lahmen Schmied") etwas abtreten (zedieren) oder eben von ihren Machterhaltungsmitteln - oder die Verelendung und/oder damit ihr eigener Untergang sind die Folge (siehe den Untergang der griechischen Tyrannis usw.).
7. Dieser Zwang zur Zession schlägt sich in allerlei Varianten nieder. Die Zession läuft unter dem bekannten Stichwort "Privilegia" (siehe dazu das bekannte Mosaik in Ravenna mit der"Privilegia"-Rolle). Entscheidend bleibt, dass jedes dieser Privilegien beurkundet sein muss, so dass es nicht durch faktisches Handeln der Macht wieder einkassiert werden kann. Was natürlich auch vorgekommen ist, siehe die Entwicklung in Russland: Erst Katharina die Große (der deutsche background!) hat dort privates Eigentum (beurkundet und obendrein als Titel, der sich aus der Urkunde ergibt, dann wieder nutzbar) eingeführt. Die Bolschewiken haben es wieder gestrichen (Rückfall des privaten Eigentums an die Macht, die es überhaupt erst ermöglicht hatte - die Vor-Katharina-Phase eben). Ergebnis: Erneut Verelendung, wie im real existierenden Sozialismus bestens zu betrachten.
8. Neben allerlei Privilegien, die hier nicht weiter verfolgt werden müssen, da sich sich von selbst erklären (Münzprivileg, Gerichtsprivileg, Waffenprivileg [die Macht zediert an"Barone" usw.], Marktprivileg, Handelsprivileg, Staatshaushaltsprivileg - warum berief Ludwig XVI. wohl die bei Besteuerungsfragen zuständigen, weil bereits entsprechend privilegierten"Generalstände" im Mai 1789 ein? usw., usw.) sind vor allem die Eigentums-Privilegien entscheidend: Eigentum an sich selbst und Eigentum an Grund und Boden: Aufhebung der Leibeigenschaft (oder Ähnlichem) und Ermöglichung des privaten Eigentums an Gütern, wobei es über dem"Freien" und dem"freien Eigentum" weiterhin beim Obereigentum der jeweils darüber stehenden Macht bleibt (Wehrdienst, Besteuerungen aller Art, u.ä.).
9. Dieses Unter-Eigentum entsteht grundsätzlich nicht in Form eines"freiwilligen" Machtverzichts, sondern aufgrund von Zwangslagen, in der sich der Ober-Eigentümer (Macht) über kurz oder lang befinden muss. Dieses"private" Eigentum wird also erkämpft, siehe Lollarden, siehe den parallelen Versuch in den deutschen Bauernkriegen, wie auch sonst alle"Reformen" wie Stein-Hardenberg (Preußen musste, obwohl es nicht wollte) nur unter Druck (= Gefahr des Machtverlustes mit anschließenden unangnehmen Konsequenzen für die Ex-Machthalter) zustande kommen. (Gilt bis heute aktuell in Deutschland).
10. Hat sich die Macht (die Zeiten der Tributierung usw. sind längst vorbei, da die Areale verteilt sind, letzte Zuckungen siehe Irak) ihrer sämtlichen Möglichkeiten zur Privilegierung begeben, wobei die Privilegierungen immense Wohlstandsschübe bedeuten - was nicht weiter ausgeführt werden muss, siehe allein die Möglichkeit, aus privatem Eigentum jetzt seinerseits"Zins" [= Steuer = Miete usw.] zu ziehen und weiteres Eigentum (= privates Kapital) zu schaffen, bleibt ihr nur noch die letzte Zessionsmöglichkeit, nämlich die der Abgabenzession über die sog."Staatsverschuldung": Das Besteuerungsrecht geht de facto (de jure bleibt es bei der Macht, die dann aber ihrenseits"Zins" bezahlen muss, wobei Zins wieder = census = Steuer) an die Halter von Staatsmacht-Titeln über. Das führt - ganz nebenbei - zwangsläufig zu der bekannten und oft genug dargestellten "ungleichen" bzw."ungerechten Verteilung" und entlädt sich ebenfalls über kurz oder lang im Umsturz. Vom allgemeinen Verrentungseffekt, auf den ich nicht müde wurde, schon seit Jahren hinzuweisen, ganz zu schweigen. Was im Klartext heißt: Die Möglichkeit über weitere mit Privilegierungen und Zessionen ("Reformen") neue Wohlstandsschübe zu schaffen, endet ebenfalls.
Das also sind Geschichte und Gegenwart des Wirtschaftens unter dem Aspekt eines ursprünglichen und den Prozess ununterbrochen begleitenden, weil einmal in die Welt gesetzten, Macht- und Zwangssystems - egal, ob man es als Autokratie oder als Demokratie aufzieht: Es muss sich immer wieder in sich selbst erschöpfen und sind seine Zessionsmöglichkeiten beendet, holt den bewaffneten Zwang just wieder das ein, was ihn immer einholt (siehe ganz oben): Der unaufhaltsame Niedergang setzt ein.
Dagegen helfen keine Tricks, weder mit Hilfe von"neuen Geldsystemen" noch mit"Reformen", wenn diese Reformen keine Zessionen mehr sind, sondern nur noch Umverteilungsversuche, wobei die Privilegierungen nur noch ein Hin- und Hergeschiebe von längst erteilten Privilegien sind (siehe"Sozialstaats"-Debatten usw.).
Unser Dissens liegt damit weiter offen zu Tage:
Sie gehen von einem a priori"freiheitlichen" Zustand aus (Stichworte Naturrecht und Gesellschaftsvertrag), der mal mehr, mal weniger eingeschränkt wurde, bei dem die Einschränkungen aber reversibel sind, so dass (eines gesegneten Tages) der"freiheitliche Urzustand" wieder hergestellt werden kann. Wo dann alle mit allen in völliger Gleichheit und Freiheit miteinander handeln und wandeln können.
Ich gehe auch von einem ursprünglichen"Zustand" aus: dem des Nomaden, Jägers, des Stammes usw. und es wäre töricht, das zu bestreiten. Allerdings tritt für mich dann der bewaffnete Zwang in Krieg und Frieden ein (der Frieden ist kein zwang-"loser" Zustand oder gar ein macht-"loser", wobei"Macht" durchaus auch in anderen Ausformungen erscheinen kann, wie Priester, die Abgaben fordern, Gottkönige, usw.).
Da der Zwang der menschlichen Natur zuwider läuft, kann er sich ökonomisch (Waffen-, Geld-, Abgabenmonopole sind ökonomische Größen, da sie ökonomische Auswirkungen haben) nur halten, solange er [b]in Teilen zediert werden kann, woraufhin dann Sub-Zwingherrn erscheinen, die als Grundherrn, Grundeigentümer, Kapitalisten,"Reiche" usw. breite Angriffsflächen bieten. Lassen sich keine neuen Zwingherrn mehr finden oder konstruieren, die ihren Zwang mit Hilfe der Staatsmacht ausüben (siehe heute die"zivilisierte" Form der Besicherung und Exekution von Eigentum und Verträgen durch die Staatsmacht usw.), schlendert die gesamte Veranstaltung ihrem Ende entgegen.[/b]
Noch gibt es Prolongations- und Zessions-Reservoire, man denke nur an China (wie Heinsohn schreibt, hat sich der Anteil der privaten Eigentümer am Shanghaier Wohnungsbestand von 0 auf 90 % gesteigert). Doch letztlich ist es nicht möglich, das Problem der"Macht" zu lösen: Sie muss immer erst da sein (und war immer erst da), bevor arbeitsteilig, kontraktlich, eigentumsbasiert usw. gewirtschaftet werden konnte. Dieses Vorfinanzierungsproblem schafft kein wie auch immer konstruierter bewaffneter Zwang (und damit der Einsatz der Waffe selbst) aus der Welt. Macht vor Steuern, Steuern vor Einkommen - so ist nun mal der Lauf der Welt.
Nun noch kurz zu dem sehr interessanten Beitrag selbst:
>Lujo Brentano fährt fort: „Aber das einzige, was hätte geschehen können, um die Leinenweberei zur Blüte zu bringen, die Beseitigung
der Unfreiheit wurde nicht in Angriff genommen, der freie Unternehmungsgeist dagegen wurde erstickt. So waren die Zeiten, die
Friedrich vorbereitete, nicht die Blüte, sondern der Verfall. Nicht die Länder, in denen die Konkurrenz mit Knutenstrafe aufkam aber
waren es, die der schlesischen Leinenindustrie gefährlich wurden, sondern die freien Länder."
Genau das bestätigt die obigen Punkte: Warum gab es denn überhaupt"Unfreiheit", die beseitigt werden sollte? In den"freien Ländern" war die Unfreiheit ja nicht von"Anfang an" da, sondern, siehe insbesondere England, bereits als persönliche Freiheit längst zediert worden (vorher waren alle im englischen Macht-Areal ebenfalls unfrei, die Macht-Clique ausgenommen (Barone-Phänomen, in Städten dann Patrizier-Phänomen, usw.).
>Nach dem Zusammenbruch des friderizianischen Staates und seiner widersinnigen Gewerbepolitik sollten die schlesischen Leinenweber
wie die preußischen Bauern endlich „befreit" werden. Aber Friedrich II. hatte in ganz Ostelbien und auch in Schlesien dafür gesorgt, daß
selbst nach seinem Tode die politische Macht in den Händen der Grundherren blieb, in deren Sklaverei er die Weber festgehalten hatte.
Ja, das war ein böser Fehler an dem festzuhalten, was den bewaffneten Zwang ausmacht. Friedrich II. hätte früher zedieren sollen!
Doch wie ist es denn überhaupt zu der"Sklaverei" gekommen? Ganz simpel: Sie war seit dem Auftreten des bewaffneten Zwangs da, denn hätten die Sklaven die Waffen gehabt und nicht umgekehrt die Herren, wäre es halt andersrum gewesen. Die Grundherren wurden bereits mit"Freiheitsrechten" bedient (Machtzession, sonst wäre alles Land in Händen des Königs bzw. Herrschers geblieben), die armen Weber indes noch nicht.
Summa: Je mehr und je früher Macht zediert wird, desto größer der relative [!] Vorsprung des betreffenden Areals (England besser als Preußen). Ist keine Macht mehr zu zedieren, nicht mal mehr weitere Teile der Abgaben-Macht, da offenkundige"Überschuldung" der Staatsmacht in toto droht, ist das Spiel aus.
End Game thus is nigh - wie zügig es jetzt abgewickelt wird, weiß niemand. Vor allem in der Schlussphase ist der bewaffnete Zwang, wie wir aus der Geschichte wissen, nicht zu unterschätzen, waidwund wie er ist.
Nochmals besten Dank für das schöne Posting und besten Gruß!
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dottore
03.12.2003, 18:19
@ dottore
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Re: Korrektur:"... war die Freiheit nicht von Anfang an da..." plus Zusatz: GB |
-->Hi und sorry,
im Beispiel England lag die gesamte Macht (100 %) nach der Eroberung 1066 beim Chef der Eroberer (cf. Commons, den mir Popeye dankenswerterweise zugängig gemacht hatte, vgl. dazu Paper).
Und weil wir gerade bei England sind:
Ausweislich der Statistiken über die Staatseinnahmen, - ausgaben und -schulden (Sinclair, Colqhoun, Cohen, Hamiltion etc.) lief es so ab:
- Wilhelm der Eroberer (- 1086): 400' Pfd. Einkünfte, Schatz beim Tode: 900'. Also das klassische Thesaurierungsmodell, das wir seit den"Tempelbanken" oder den"Perserschätzen" kennen, die dann Alexander behob.
- Bis Henry III. (1216-72) sinkende Einnahmen (völlig logisch, siehe Posting) auf 80' Pfund p.a. Die Verelendung ist nicht zu leugnen = geringere Staasmacht-Einnahmen. Der König muss zum Machterhalt gegen Sizilien (Gewinnung neuen Tributgebiets!) ziehen, und nimmt den Juden 400' Mark ab. Hinterlässt Schulden von 300' Pfd..
- Die drei ersten Edwards versuchen die Schulden zu tilgen, auch per Staatsbankrott, der die Florentiner einreißt (Bardi, Peruzzi, usw.)
- Richard II. (1377-1399) beginnt mit der Zession von Steuern via Anleihen. Kommt auf 130' / 160' Staatseinnahmen.
- Wieder Abstieg bis Heinrich VI. (Einnahmen: ca. 65'). Staatsschuld: 372'.
- Eduard IV. kann noch Tribut ex Frankreich holen. Einnahmen: 100'.
- Heinrich VII. Schulden bereits 1.800'.
- Heinrich VIII. (1509-47). Erste Zwangsanleihen. Große Rücknahme bereits beurkundeten Eigentums (nicht betitelbarer Grund und Boden der"toten Hand" -"Reformation", usw.).
- Danach weitere Schulden (Zessionssatz 14 %!), Zwangsanleihen, usw.
- UMSTURZ per Cromwell (ab 1648). Interessanterweise nach einer Tilgungsphase, die enormen Abgabendruck schafft. Doch auch Cromwell geht mit 2,400' Schulden ab.
Die folgenden Perioden (Expansion, Schottland, BoE, begleitet von immenser Schaffung von Privilegien der chartered companies, charter = Privileg usw.) mit allen Registern, riesige Aufblähung der Staatsschulden, die per ununterbrochener Expansion weltweit immer wieder nur in Ansätzen abgearbeitet werden konnte, bis dann der volle Segen des imperialen Inkassos, zumal nach Napoleon wieder Luft verschaffte.
- Bills & Bonds (Bestand) 1809 = 25.775', Zinsen auf Staatsschuld unter Wilhelm IV. 1830 = 29.112'.
Das Goldene Zeitalter (Victoria) tributfinanziert bzw. enorm wachsenden Handel & Eigentum besteuernd. Die"spätere" Macht Deutschland holt aber auf (überholt England sogar ca. 1910) ---> Weltkriege, Verlust der Kolonien, schließlich massive Geldentwertung, die natürlich auch eine Einnahmenentwertung nach sich zieht.
Keine Expansion mehr möglich, keine Tribute, laufendes Anwachsen der Einnahmenzession, noch laufende Hausse in Eigentumstiteln - danach wird's duster: Entweder Pfund-Devalvation (warum wohl die"eigene" Währung?) oder die deflationäre Schlinge zieht sich zu.
Warten auf den nächsten Cromwell...
Gruß!
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Galiani
03.12.2003, 18:32
@ dottore
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@dottore: Nach Lektüre erst der 1. Zeile-Es kann natürlich überhaupt keine Rede |
-->davon sein, daß ich Sie auch nur in irgendeiner Weise anders als mit großer Hochachtung beurteile. Ich halte lediglich - und auf dieser Formulierung bestehe ich - Ihre"Machttheorie" für intellektuell angreifbar (obwohl ich auch diesbezüglich Ihre enorme Leistung, aus sehr weit auseinanderliegenden Gedanken eine Theorie zu formen, nicht unterschätze. - Das habe ich auch schon öffentlich zum Ausdruck gebracht und meine es sehr ernst!).
Dies zur Klarstellung vorab. Auf alles andere werde ich (wenn es meine Zeit erlaubt) gesondert antworten.
Grüße
G.
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