Galiani
03.12.2003, 15:21 |
Zur Verständigung: Was ich zusammenfassend gegen die"Machttheorie" einwendeThread gesperrt |
-->Hallo
Folgendes dient vielleicht zur Klärung von Mißverständnissen:
[img][/img]
Falls ich etwas mißverstanden haben sollte, bitte ich um Aufklärung.
Gruß
G.
|
Galiani
03.12.2003, 19:42
@ Galiani
|
Habe erst jetzt Dottore's 9-Punkte-Schema gesehen. Dazu folgendes: |
-->Hallo
Erstens:
Ich stimme mit dottore überein, daß die Abtretung von"Privilegien","Herrschaftsrechten" und allgemein von"Macht", wo sie (in Form einer"Abtretung") stattfindet, fast überall nicht aus dem freien Willen der"alten" Machthaber stattfindet, sondern weil diese (von einem neuen Machthaber) dazu gezwungen werden. Sogar die Bildung des modernen Rechtsstaates ging im Wege von Revolutionen, also durch Zwang, vor sich. (Magna Charta; Französische Revolution; 1848)
Wenn dottore also unter Punkt 9. seines Schemas schreibt:
<font size="2"><font color=#0000FF>"9. Dieses Unter-Eigentum entsteht grundsätzlich nicht in Form eines"freiwilligen" Machtverzichts, sondern aufgrund von Zwangslagen, in der sich der Ober-Eigentümer (Macht)... befinde[t]... Dieses"private" Eigentum wird also erkämpft...[und]... nur unter Druck... zustande kommen."</font></font>
so hat er damit völlig Recht. Damit ist aber gleichzeitig Punkt 7 in dottore's Schema gegenstandslos geworden. Auf dem Weg bis zu dieser Situation muß der"Machthalter", den dottore hier skizziert, nach dottore's"Machttheorie" aber außerdem doch"Macht" haben; und damit - wenn auch per Zwang - eine Wirtschaft aufrecht erhalten. Wie kann sich in solch einer Situation, welche doch, wie dottore selbst konzediert, nur zu"Verelendung" und zu nachlassender Wirtschaftsleistung führen kann, wie kann sich, so frage ich mich, in solch einer Situation jener"neue" Machthaber überhaupt entwickeln, der dem"Ober-Eigentümer ("Macht") paroli bieten und ihm Privilegien sowie ein Eigentumsrecht abtrotzen kann? Wie soll das gehen?
Zweitens:
Die Vorstellung, daß der Staat deshalb in der Krise ist, weil er seine letzte"Macht", nämlich all seine Steuereinnahmen verpfändet hat und somit nicht mehr in der Lage ist, seinen Aufwand zu finanzieren, halte ich für eine Halbwahrheit. Alle Konservativen (und es ist erstaunlich, wie viele Konservative sich da plötzlich zusammenfinden) sind der festen Ansicht, daß steigende Staatsschulden ein Land ärmer machen. Tun sie nicht! Alle Schulden sind schließlich auch irgendwessen Guthaben, wie dottore ja auch ständig anerkennt."Staatsschulden" könnte man ohne übertriebenen Euphemismus somit auch als"Staatsguthaben" bezeichnen.
Das Problem der Staatssculden ist also nicht, wie dottore annimmt, daß sich die"Machthalter" (durch Zession ihres Steuereinnahmen) aller"Macht" entblößt hätten (also"ärmer" geworden wären), sondern daß sie ganz im Gegenteil <font color=#FF0000>enorme Machtmittel einsetzen müssen, um durch Eintreibung zusätzlicher Steuern ihren Aufwand, auch den Zinsaufwand, zu decken!</font>
Dadurch aber - und nicht etwa, weil sie zuviel"Macht" zediert haben - versklaven sie ihre Bürger, drosseln - so wie der Große Fritz bei den schlesischen Leinenwebern - deren Leistungsbereitschaft und wirtschaftliche Effektivität.
[i]Das[/i] ist doch der Befund der uns heute bei Betrachtung der gesellschaftlichen Situation in vielen Staaten der Welt entgegenschlägt. Das[/i] ist die"Krise"; - und nicht, daß die Staaten etwa keine"Macht" mehr hätten!
Gruß
G.
|
dottore
04.12.2003, 12:45
@ Galiani
|
Re: Ist nichts mehr zu zedieren - Game over! |
-->>Hallo
>
>Erstens:
>Ich stimme mit dottore überein, daß die Abtretung von"Privilegien","Herrschaftsrechten" und allgemein von"Macht", wo sie (in Form einer"Abtretung") stattfindet, fast überall nicht aus dem freien Willen der"alten" Machthaber stattfindet, sondern weil diese (von einem neuen Machthaber) dazu gezwungen werden. Sogar die Bildung des modernen Rechtsstaates ging im Wege von Revolutionen, also durch Zwang, vor sich. (Magna Charta; Französische Revolution; 1848)
>Wenn dottore also unter ">Punkt 9. seines Schemas schreibt:
><font size="2"><font color=#0000FF>"9. Dieses Unter-Eigentum entsteht grundsätzlich nicht in Form eines"freiwilligen" Machtverzichts, sondern aufgrund von Zwangslagen, in der sich der Ober-Eigentümer (Macht)... befinde[t]... Dieses"private" Eigentum wird also erkämpft...[und]... nur unter Druck... zustande kommen."</font></font>
>so hat er damit völlig Recht. Damit ist aber gleichzeitig Punkt 7 in dottore's Schema gegenstandslos geworden. Auf dem Weg bis zu dieser Situation muß der"Machthalter", den dottore hier skizziert, nach dottore's"Machttheorie" aber außerdem doch"Macht" haben; und damit - wenn auch per Zwang - eine Wirtschaft aufrecht erhalten. Wie kann sich in solch einer Situation, welche doch, wie dottore selbst konzediert, nur zu"Verelendung" und zu nachlassender Wirtschaftsleistung führen kann, wie kann sich, so frage ich mich, in solch einer Situation jener"neue" Machthaber überhaupt entwickeln, der dem"Ober-Eigentümer ("Macht") paroli bieten und ihm Privilegien sowie ein Eigentumsrecht abtrotzen kann? Wie soll das gehen?
Na, wie es immer gegangen ist. Nach den jeweiligen Zessionen, die ihm ja in der Regel Geld (Steuerzahlungsmittel) in die Kassen spülen (jede Charter ließ sich die englische Krone bezahlen, siehe BoE, bzw. mit dem Recht vergelten, auf das, wa sich aus dem Privileg entwickelt, zu besteuern, siehe die Geschichte aller Akzisen auf Märkte nach Vergabe des Marktprivilegs, auf Handel nach Vergabe des Handelsprivilegs, usw.), haben die jeweiligen Machthaber wieder Luft (egal, ob die alten oder neue, die im Rahmen des unfreiwilligen Zessionsvorgangs entstanden sind).
Dann lässt die Wirtschaftsleistung wieder nach wie oft genug beschrieben: bei Zession von Steuern z.B. der damit einhergehende Verrentungseffekt der Titelhalter; es ist doch logisch, dass jemand, der so leben kann wie der Staat, indem er [indirekt] Steuern kassiert [="Zinsen" auf die Titel], bei Zession von Eigentum an die Granden und Barone können doch diese aufgrund des jetzt bei ihnen liegenden [Sub-]Bodenmonopols die Grundabhängigen [irgendwo müssen sich die Leute ja aufhalten zur Leistung zwingen, was dann zum Niedergang der Gutswirtschaften führt, wie immer und immer in der Geschichte beobachtet.
Oder um es jetzt mal ganz krass am Beispiel der überall beobachteten Leibeigenschaft, die immer eingetreten ist, sobald ein Areal erobert wurde (auch Sklaverei usw.), auszuführen:
Die Menschen erhalten das Eigentum an sich selbst, was ja als eine der größten Errungenschaften der Geschichte gilt. Im Gegenzug entsteht über kurz oder lang deren persönliche Steuerpflicht. Im 19. Jh. war diese Errungenschaft mit Ausnahmen wie Russland usw. im wesentlichen erreicht.
Und was startet im 19. Jh.? Die persönliche Einkommensteuer! Zuerst mit kleinen Sätzen, in Deutschalnd lag sie zunächst bei einstelligen Prozentsätzen, in den USA bei 10 %, usw. Dann lässt sich diese Form des Inkassos jetzt auf das zedierte Eigentum an sich selbst nicht mehr weiter steigern und die ganzen Steuer- und Steuersenkungsdebatten gehen los (BRD aktuell).
Nun hat der Staat aber nichts mehr zu zedieren - außer Abgaben selbst. Resultat: Steigende Staatsverschuldung (Abgabenzession) wie weltweit sub summa aller Staaten perfekt zu studieren. Damit der Verrentungseffekt und anderes Negatives, was mit steigender Abgabenlast zu tun hat (die Abgabenlast hat sich in den OECD-Staaten seit den 1950er Jahren gegen heute in etwa verdoppelt.
Resultat: Der nächste Schub des Niedergangs. Es ist unmöglich, das Gesamtgebilde"Staat" im"Plus" zu halten - egal auf welcher Stufe der Zession es sich befindet. Alle Zahlen und Statistiken, siehe auch die dankenswerterweise reingestellten der DreBa für die BRD, belegen dies.
Der Staat ist, da mit bewaffnetem Zwang arbeitend, ein Konstruktionsfehler, der eigentliche Systemfehler. Ich verstehe nicht, warum es so schrecklich sein sollte, das zu erkennen und anzuerkennen. Jeder bewaffnete Zwang führt auf Dauer zum Niedergang erst des Zwangsgebiets, dann der Zwingenden. Zwang und die menschliche Natur sind unvereinbar.
>Zweitens:
>Die Vorstellung, daß der Staat deshalb in der Krise ist, weil er seine letzte"Macht", nämlich all seine Steuereinnahmen verpfändet hat und somit nicht mehr in der Lage ist, seinen Aufwand zu finanzieren, halte ich für eine Halbwahrheit. Alle Konservativen (und es ist erstaunlich, wie viele Konservative sich da plötzlich zusammenfinden) sind der festen Ansicht, daß steigende Staatsschulden ein Land ärmer machen. Tun sie nicht! Alle Schulden sind schließlich auch irgendwessen Guthaben, wie dottore ja auch ständig anerkennt."Staatsschulden" könnte man ohne übertriebenen Euphemismus somit auch als"Staatsguthaben" bezeichnen.
Es geht hier um etwas ganz Anderes: Mit einem Staatstitel in der Hand kann - auf dem Umweg über die Staatsmacht, die Steuern eintreibt - der Titelhalter sich aus dem Wirtschafts"prozess" verabschieden. Er sitzt nur noch da und kassiert (mehr oder weniger"verteilt", wobei sich die Verteilung, siehe historische Beispiele noch und noch, verschlechtert. Das geht schief.
Man kann nicht auf der einen Seite immer mehr"Rentner" oder"Rentiers" schaffen (egal, in welcher Form sie auftreten, vom Großanleger bis hin zum"Grundsicherungs"-Bezieher, egal, ob sie in den Rentnerstatus aus Altersgründen, aus schierer Not oder aus"kluger Anlagepolitik" schlüpfen und auf der anderen Seite immer weniger Abgabenleistende haben. Allein um die BRD vor dem Kollaps ihrer"Sozialsysteme" zu bewahren, müssten lt. BMI 2001 (Süssmuth-Bericht) ab sofort 50.000 neue Abgabenleistende p.a. (heißt so schön"Zuwanderer") eintreffen, langfristig 200.000 und lt. Heinsohn (S. 150) tatsächlich 500.000, minimum 300.000 p.a.
Mit der green card wurde 2000/02 gerade 12.500"Fachkräfte" geholt, die z.T. schon wieder weg sind.
>Das Problem der Staatsschulden ist also nicht, wie dottore annimmt, daß sich die"Machthalter" (durch Zession ihres Steuereinnahmen) aller"Macht" entblößt hätten (also"ärmer" geworden wären), sondern daß sie ganz im Gegenteil <font color=FF0000>enorme Machtmittel einsetzen müssen, um durch Eintreibung zusätzlicher Steuern ihren Aufwand, auch den Zinsaufwand, zu decken!</font></font>
Na klar, siehe die 7000 Zöllner, die demnächst"Schwarzarbeiter" aufspüren sollen. Nur müssen die 7000 vorher bezahlt werden, bevor auch nur der erste"schwarze" Euro in die Staatskassen kommt.
ALLE Staaten versuchen es zum Schluss mit solchen Mätzchen, man studiere nur das vorrevolutionäre Frankreich. Und wenn dann endlich alle Konten und Konmtenbewegungen (vgl. KWG) offen liegen und der gläserne Mensch komplett der Staatsmacht zu Füßen liegt, wird diese überrascht feststellen: Das, wonach wir immer gesucht haben, ist gar nicht DA!
>Dadurch aber - und nicht etwa, weil sie zuviel"Macht" zediert haben - versklaven sie ihre Bürger, drosseln - so wie der Große Fritz bei den schlesischen Leinenwebern - deren Leistungsbereitschaft und wirtschaftliche Effektivität.
Warum hat denn der Große Fritz die Weber nicht"befreit"? Weil er sich einbildete, es (noch) nicht zu müssen. Die Quittung kam dann bei Jena und Auerstädt.
Und die Folge des Desasters? Die Stein-Hardenberg'schen"Reformen". Damit wurden auch die Weber"befreit".
>[i]Das[/i] ist doch der Befund der uns heute bei Betrachtung der gesellschaftlichen Situation in vielen Staaten der Welt entgegenschlägt. Das[/i] ist die"Krise"; - und nicht, daß die Staaten etwa keine"Macht" mehr hätten!
Sie haben nichts mehr an"Macht", was sie noch zedieren könnten. UMTS ist auch schon zediert... Jetzt gehts ans Eingemachte, an die beschleunigte Zession der Staatseinkünfte selbst.
Gruß!
|
Tassie Devil
05.12.2003, 00:46
@ dottore
|
Re: Abgabenleistende |
-->>Allein um die BRD vor dem Kollaps ihrer"Sozialsysteme" zu bewahren, müssten lt. BMI 2001 (Süssmuth-Bericht) ab sofort 50.000 neue Abgabenleistende p.a. (heißt so schön"Zuwanderer") eintreffen, langfristig 200.000 und lt. Heinsohn (S. 150) tatsächlich 500.000, minimum 300.000 p.a.
Die muessen dann aber auch tatsaechlich leisten, und nicht, wie des oefteren von mir in den vergangenen Jahren beobachtet, ihrerseits wiederum Gelder aus den Sozialkassen kassieren, Motto: Deitschland gudd, bekommen Wohngeld, Kindergeld, xyz-Geld usw.
>Mit der green card wurde 2000/02 gerade 12.500"Fachkräfte" geholt, die z.T. schon wieder weg sind.[/b]
Das war zu erwarten. Ein weiterer excellenter Schwachsinn des gernegrossen Staatsmafioso Schroeder.
Was kann man von einem gelernten Juso denn anderes erwarten als permanenten Schwachsinn in der Form geistigen Duennschi....?
>Gruß!
Gruss
TD
|
JN++
05.12.2003, 09:37
@ dottore
|
Warum immer diese grundlose Behauptung? |
-->
Hallo dottore,
>>>Der Staat ist, da mit bewaffnetem Zwang arbeitend, ein Konstruktionsfehler, der eigentliche Systemfehler. Ich verstehe nicht, warum es so schrecklich sein sollte, das zu erkennen und anzuerkennen. Jeder bewaffnete Zwang führt auf Dauer zum Niedergang erst des Zwangsgebiets, dann der Zwingenden. Zwang und die menschliche Natur sind unvereinbar.[/b]
Dieser Behauptung, die in keiner Weise aus Deinen anderen Ausführungen (mit denen ich ja größtenteils übereinstimme) hervorgeht, stelle ich gern eine andere Behauptung entgegen:
Die Menschliche Natur ist zwanghaft und erfordert im Gegenzug Zwang (actio=reactio), im Extremfall bewaffneten. Die Natur des Lebens ist Ordnung. Die Erhaltung des Zusammenlebens erfordert also Ordnung, im Extremfall (den haben wir bei 6 Mrd+ Menschen schon lange) Staat. Darum muß der Staat Zwang einsetzen (klaro, da der Naturmensch ihn freiwillig nie finanzieren würde, obwohl er dringend notwendig seiner bedarf). Einzig mögliche Lösung: Änderung der menschlichen Natur -> vernünftiger Staat -> in sich selbst Krisenfrei (Krise tritt dann allerdings, wenn es noch andere Staaten auf der Welt gibt, irgendwann von außen ein, da ein solch perfekter Staat eine Bedrohung für die anderen, mit Oppression arbeitenden Staaten, darstellt).
Man bestaune nur, wie der menschliche Körper, dieses perfekt organisierte Staatswesen mit Milliarden von Zellen, funktioniert. Alle 7 Jahre werden alle Zellen des Körpers komplett ausgetauscht - ohne Krise (meistens jedenfalls), bis der Lebenszweck erfüllt ist oder nicht mehr erreicht werden kann.
Gruß
JN++
|
Popeye
05.12.2003, 10:17
@ JN++
|
Re: Warum immer diese grundlose Behauptung? Hoppla @JN++ |
-->Da bin ich doch mal gespannt, ob Deine Thesen ohne Widerspruch bleiben...
Meinen mache ich hiermit aktenkundig...
Grüße
>Die Menschliche Natur ist zwanghaft und erfordert im Gegenzug Zwang (actio=reactio), im Extremfall bewaffneten.
>Die Natur des Lebens ist Ordnung.
>Darum muß der Staat Zwang einsetzen...
|
chiron
05.12.2003, 10:54
@ Popeye
|
ich versuchs mal... |
-->Hallo Popeye
Genau hier hat sich bei mir auch Widerspruch bemerkbar gemacht.
>Da bin ich doch mal gespannt, ob Deine Thesen ohne Widerspruch bleiben...
>Meinen mache ich hiermit aktenkundig...
>Grüße
>>Die Menschliche Natur ist zwanghaft und erfordert im Gegenzug Zwang (actio=reactio), im Extremfall bewaffneten.
Woher nimmst Du, JN diese Gewissheit? Die Zwänge bestimmen zwar schon sehr früh unser Leben, haben aber mit der Natur meines Erachtens nichts zu tun. Liebst Du mich, ja?, dann räum bitte Dein Zimmer auf...und ähnliche Sätze nehmen wir quasi mit der Muttermilch auf. Liebe als Bedingung = Zwang, nicht Gott gegeben sondern von Menschen gemacht.
>>Die Natur des Lebens ist Ordnung.
Das vermute ich auch, nur kennen wir die Regeln noch nicht oder sind noch nicht ein-sichtig geworden.
>>Darum muß der Staat Zwang einsetzen...
Nee, nee....
Gruss chiron
|
Theo Stuss
05.12.2003, 11:03
@ JN++
|
Re: Das ist eine philosophische Frage.... |
-->...und da ist Dottore inkompetent. Er kann Dir antworten, wenn es um Fakten und funktionale Zusammenhänge geht. Auch Popeye meldet zwar seinen Widerspruch an, leider ohne Begründung.
Reinhard tut so, als habe es einmal einen Gesellschaftsvertrag zwischen autonomen Individuen gegeben und deshalb existiere der Staat. Damit hängt die Tauschmitteltheorie zusammen, denn auch sie beruht auf Vereinbarung.
Dottore behauptet nun, daß der an sich gute Mensch einst von anderen, stärkeren durch Waffenzwang in den Staat gezwungen worden war. Die Tatsächlichkeit des Zwanges will ich nicht leugnen, aber wie denn die zwangfreie Gesellschaft ausgesehen habe, da bleibt er die Antwort schuldig. Vielleicht gräbt er ja noch Ernest Bornemann und"Das Matriarchat" aus?
Ich persönlich tue ohne Zwang nichts und bin von Natur aus faul. Diese Zwänge sind entweder staatliche Zwänge, äußere Sachzwänge (wird kalt, Ofen heizen), oder moralische Zwänge (erhebe mich nachts, weil ich das Baby nicht verhungern lassen will und gebe die Flasche).
Die Mär vom Natur aus autonomen Menschen, der entweder nur aus souveräner Machtvollkommenheit in einer Gesellschaft, oder einem Staat lebt, oder durch brutalen Zwang wider seine Natur eine solche gezwungen wird, geistert seit der Aufklärung durch die Hirne. Auf die Frage, ob der Mensch moralisch verpflichtet sein könnte, sich um des Gutes der Mitmenschen einem Zwang zu beugen, läßt sich im Sinne eines philosophischen Positivismus leider nicht beantworten.
Ich weise hier einmal auf Sokrates hin, der eine Fluchtmöglichkeit ablehnte und das ungerechte Todesurteil hinnahm, weil er die Autorität des Staat nicht in Frage stellen wollte.
Ich hatte Dottore ja auch einmal gefragt, wie die Zwangfreiheit in einer waffenfreien Stammesgesellschaft gewährleistet sein sollte. Keine Antwort!
Die Antwort ist ja auch denbar einfach: Der Staat übt Zwang aus, weil Individuen es ja untereinander auch tun. Beim Duell bleibt leider einer auf der Strecke, so ist das nun mal.
Übrigens, auch für Adam und Eva im irdischen Paradies waren Sanktionen vorgesehen, falls sie vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse essen wollten. Die Schlange versprach ja,"ihr werdet nicht sterben, ihr werdet sein wie Gott", d.h., das Maß aller Dinge sein.
Genau das haben doch Reinhard, Dottore und viele andere vor Augen. Der einzelene Mensch ist so gottähnlich, daß dieses Sanktuarium nicht durch Zwang profaniert werden darf. Nun hat Dottore unserem Reinhard ja bewiesen, daß ein Staat nicht aufgrund eines Vertrages existiert, ergo Geld auch kein Tauschmittel sein kann. Dottore folgert nun messerscharf: Weg mit dem Staat, der Gutmensch des Jean Jacques Rousseau muß her und sich frei entfalten können. Nichts neues unter der Sonne.
Gruß,
Theo
|
sensortimecom
05.12.2003, 11:24
@ Theo Stuss
|
Re: Das ist eine philosophische Frage.... |
-->
>Ich hatte Dottore ja auch einmal gefragt, wie die Zwangfreiheit in einer waffenfreien Stammesgesellschaft gewährleistet sein sollte. Keine Antwort!
>Die Antwort ist ja auch denbar einfach: Der Staat übt Zwang aus, weil Individuen es ja untereinander auch tun. Beim Duell bleibt leider einer auf der Strecke, so ist das nun mal.
Hallo.
Warum müssten Individuen Zwang ausüben? Wer"zwingt" sie eigentlich dazu?
Sie haben sich einzig und allein nach ethischen Prinzipien auszurichten, wie sie z.B. Christus genannt hat; oder meinetwegen, nach dem Kant`schen Imperativ. Und schon funktioniert jedes Zusammenleben in einer Gemeinschaft auch OHNE ZWANG.
Das wäre alles.
@dottore`s Crash-Postulat birgt argen philosophischen Sprengstoff. Es impliziert, dass der Mensch NICHT imstande ist, ohne Einhaltung"göttlicher" NORMEN (Nächstenliebe-Prinzip etc) überhaupt jemals eine Art von Gemeinwesen zu installieren das auf Dauer funktioniert. Im Gegenteil: Jedwedes von einer solchen vorgegebenen Norm abweichendes System VERNICHTET sich in endlicher Zeit VON SELBST.
>Übrigens, auch für Adam und Eva im irdischen Paradies waren Sanktionen vorgesehen, falls sie vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse essen wollten. Die Schlange versprach ja,"ihr werdet nicht sterben, ihr werdet sein wie Gott", d.h., das Maß aller Dinge sein.
Richtig.
mfg Erich B.
|
FOX-NEWS
05.12.2003, 11:26
@ Theo Stuss
|
Philosophische Frage? |
-->Hallo,
>Ich persönlich tue ohne Zwang nichts und bin von Natur aus faul. Diese Zwänge sind entweder staatliche Zwänge, äußere Sachzwänge (wird kalt, Ofen heizen), oder moralische Zwänge (erhebe mich nachts, weil ich das Baby nicht verhungern lassen will und gebe die Flasche).
Also ich gehe Dingen nach, zu denen ich nicht gezwungen werde. Z.B. Postings verfassen [img][/img]
>Ich hatte Dottore ja auch einmal gefragt, wie die Zwangfreiheit in einer waffenfreien Stammesgesellschaft gewährleistet sein sollte. Keine Antwort!
Fragst du nach Macht- oder Sachzwängen? Sachzwänge sind vorherrschend (Findet der Anführer das Wasserloch in der Wüste?).
>Die Antwort ist ja auch denbar einfach: Der Staat übt Zwang aus, weil Individuen es ja untereinander auch tun.
Falsch: Der Staat übt Zwang aus, weil er dein Geld (Geld im Sinne von Abgabe) braucht.
>Genau das haben doch Reinhard, Dottore und viele andere vor Augen. Der einzelene Mensch ist so gottähnlich, daß dieses Sanktuarium nicht durch Zwang profaniert werden darf. Nun hat Dottore unserem Reinhard ja bewiesen, daß ein Staat nicht aufgrund eines Vertrages existiert, ergo Geld auch kein Tauschmittel sein kann. Dottore folgert nun messerscharf: Weg mit dem Staat, der Gutmensch des Jean Jacques Rousseau muß her und sich frei entfalten können. Nichts neues unter der Sonne.
Sorry, du legst"moralische" Massstäbe an. Bitte sag mir, wo dottore für die von ihm beschriebenen Probleme eine Lösung anbietet. Würde mich interessieren.
Gruss
sam
|
CRASH_GURU
05.12.2003, 11:45
@ JN++
|
Re: Warum immer diese grundlose Behauptung? |
-->"Die Natur des Lebens ist Ordnung."
Da muss ich wohl doch eine sehr gestörte Wahrnehmung des Lebens haben.
Ich war immer der Meinung, dass zB Evolution ua stattfindet wegen der Nichtordung oder bezieht sich das obige auf die lächerlichen Versuche des Menschen Ordung in sein Leben zu bringen?
Gruß!
|
Theo Stuss
05.12.2003, 12:03
@ FOX-NEWS
|
Re: Philosophische Frage? |
-->Hallo,
Dottore fordert die Abschaffung des Staates, damit die Menschen in die Lage versetzt werden, die Konsequenzen ihres Handelns selbst zu tragen und so lernen ohne Staat auszukommen.
So hat er vor ein paar Tagen jemanden aus einem anderen Forum zitiert.
Apropos, Dinge, die mir Spaß machen, tue ich auch ohne Zwang. Das ist trivial.
Gruß,
Theo
|
Theo Stuss
05.12.2003, 12:26
@ sensortimecom
|
Re: Das ist eine philosophische Frage.... |
-->Hallo,
>>Ich hatte Dottore ja auch einmal gefragt, wie die Zwangfreiheit in einer waffenfreien Stammesgesellschaft gewährleistet sein sollte. Keine Antwort!
>>Die Antwort ist ja auch denbar einfach: Der Staat übt Zwang aus, weil Individuen es ja untereinander auch tun. Beim Duell bleibt leider einer auf der Strecke, so ist das nun mal.
>Hallo. > Warum müssten Individuen Zwang ausüben? Wer"zwingt" sie eigentlich dazu?
>Sie haben sich einzig und allein nach ethischen Prinzipien auszurichten, wie sie z.B. Christus genannt hat; oder meinetwegen, nach dem Kant`schen Imperativ. Und schon funktioniert jedes Zusammenleben in einer Gemeinschaft auch OHNE ZWANG.
>Das wäre alles.
[b] Quod erit demonstrandum. Es geht um die Tatsächlichkeit des Zwanges, mehr nicht. Nicht ob einer, der Zwang ausübt, unter der Zwangsneurose leidet, Zwang ausüben zu müssen. Das mag es geben. Genauso könnte man fragen, warum einer denn nicht einfach auf das Gut verzichtet, welches er sich durch Zwang erwerben will. Warum läßt er dem anderen nicht die Beute, Bachquelle, den Weidegrund. Es mag Menschen geben, die so handeln, die meisten handeln eben nicht so.
Die Beschränktheit der materiellen Güter führt zu gegensätzlichen Interessen und damit zum Gebrauch von Gewalt, sobald einer meint er käme damit durch. Und oft ist es auch so. Manchmal gibt es noch nicht einmal einen Zeugen.
Zu Jesus Christus: Gewaltfrei und ohne Zwang warf Jesus die Händler aus seinem Tempel? Gewaltfrei schnitt Jesus dem Paschalamm die Kehle durch? Nun ja, der fromme Kant, holen wir ihn aus der Kiste und schon gibt's keine Kriminalität.
> @dottore`s Crash-Postulat birgt argen philosophischen Sprengstoff. Es impliziert, dass der Mensch NICHT imstande ist, ohne Einhaltung"göttlicher" NORMEN (Nächstenliebe-Prinzip etc) überhaupt jemals eine Art von Gemeinwesen zu installieren das auf Dauer funktioniert. Im Gegenteil: Jedwedes von einer solchen vorgegebenen Norm abweichendes System VERNICHTET sich in endlicher Zeit VON SELBST.
Das mag so sein. Denn entweder muß sich der Staat verschulden um Krieg zu führen, oder er verschuldet sich für proletarische Kostgänger und potentielle innere Feinde, die er durch Geschenke ruhighält.
Hat der Staat ein inneres Band der Einheit, Blutsbande, völkische Besonderheiten, Religion etc., bleiben die äußeren Feinde da. Ein Verfassungsstaat aus der Retorte schafft sich auch immer seine eigenen inneren Feinde, weil die innere Identitätslosigkeit dazu führen muß. Wozu alle diese Gesetze, die den Bürger so durchsichtig machen sollen? Wohl deshalb, weil der Otto uns traut? Otto kann die inneren Feinde nicht mehr bezahlen, darum hat der Otto Angst und dreut uns gar sehr, jeder Mensch habe eine ihm eigene Iris, die ihn unverwechselbar mache.
Gruß,
Theo
|
JN++
05.12.2003, 12:41
@ JN++
|
Danke für das Feedback |
-->
Eigentlich wollte ich nur zeigen, daß der aus dottores theoretischen Überlegungen wie geschichtlichen Fakten hergestellte Zusammenhang zwischen Geld und Staat(sgewalt) seine Behauptung ebensowenig folgt wie meine. Da ich aber nun eine Gegenbehauptung aufstellen muß, nehme ich natürlich die, die meiner Meinung nach die zutreffendste ist. Zutreffendst hier bezogen auf die Menschheit im großen Ganzen. Dem einzelnen Individuum gestatte ich prinzipiell jede Ausnahme (weil bestätigen die Regel), nur wenn mir einer mit dem Schluß kommt"ich bin so, also sind die anderen auch so" dann melde ich hiermit meine erheblichen Zweifel an der Selbsterkenntnis dieses Menschen an.
Im übrigen begrüße ich die Disputation über das Thema und schlage als Interimslösung (bis wir die endgültige Lösung für alle menschlichen Probleme auf diesem Planeten gefunden haben) den gewaltgeteilten Staat mit goldgedeckter Währung vor.
Beste Grüße in die Runde
JN
|
JN++
05.12.2003, 14:16
@ chiron
|
Gewißheit |
-->>>>Die Menschliche Natur ist zwanghaft und erfordert im Gegenzug Zwang (actio=reactio), im Extremfall bewaffneten.
>Woher nimmst Du, JN diese Gewissheit? Die Zwänge bestimmen zwar schon sehr früh unser Leben, haben aber mit der Natur meines Erachtens nichts zu tun. Liebst Du mich, ja?, dann räum bitte Dein Zimmer auf...und ähnliche Sätze nehmen wir quasi mit der Muttermilch auf. Liebe als Bedingung = Zwang, nicht Gott gegeben sondern von Menschen gemacht.
Sagen wir mal es ist das"Gesetz der größeren Zahl". Der Mensch steht völlig unter der Herreschaft seiner Gier (die er irrtümlich für Willen hält [ich WILL das haben]), und das eben nicht nur Raucher, Raser, Rocker sondern durch die Bank weg alle, eingechlossen der Asketen, denn die sind gierig auf Askese oder"Erleuchtung". Man zeige mir bitte einen Menschen, der nicht unter eigenem Zwang steht. Und schaut auch mal in die Geschichte, was in Gegenden passiert, wo ein Machtvakuum entsteht, oder in einer Schulklasse, wenn der Lehrer aus dem Zimmer ist.
Bestenfalls hat er die Veranlagung zum Zwanglosen als rudimentäre, atomische und größtenteils inaktive Saat oder Samen/Korn/Keim (Schillers"Götterfunke"), der sich durch geeignete Erziehung fördern läßt (Comenius et al.), schlimmstenfalls ist da nichts als biblisches Tier (apokalyptische"666" oder jüdisches"Gojim"), und beides muß durch geeignete Gewalt in ihren Grenzen erhalten werden (soviel Freiheit woe möglich, soviel Zwang wie nötig).
Aber wir driften jetzt weit ab. Schönes Wochenende und bis in 2 Wochen, ich hab nämlich jetzt Urlaub.
Gruß
JN++
|
beni
05.12.2003, 16:07
@ JN++
|
Natur des Menschen, Gut und Böse, Zwang und Freiheit, Artgerechte Haltung |
-->hallo,
Ich denke dass der Mensch"von Natur aus" weder"gut" noch"böse" ist, und dass weder eine freie noch eine Zwangsgesellschaft einfach so aus der"Natur des Menschen" abgeleitet werden kann. Der Mensch ist nicht wie die Tiere durch Instinkte in seinem Verhalten weitgehend festgelegt, sondern seine Anlagen, die er natürlich bei der Geburt schon hat, entwickeln sich erst entsprechend der Kultur und Erziehung, in der er aufwächst. Er ist aber auch nicht ein reines Kultur- also Erziehungswesen, wie die 68er fälschlicherweise dachten und dabei verdrängten, dass der Mensch AUCH tierische Instinkte hat. Das Zusammenspiel von Natur UND Kultur macht erst den Menschen.
Wie will man nun beurteilen welche Gesellschaftsform für den Menschen optimal ist? Nun man könnte wie bei Tieren nach der"artgerechten Haltung" suchen in dem man schaut in welcher Kultur die Menschen am längsten leben, gesund bleiben, sich gerne fortpflanzen, wenig Aggression entwickeln, schöpferisch tätig sind usw. Der Bundesrepublik muss man hier ein schlechtes Zeugnis ausstellen, da die Menschen offenkundig die Lust an der Fortpflanzung verloren haben, was allgemein als Zeichen nicht-artgerechter Haltung gilt. Man könnte Beispiele für gestörtes Verhalten anführen wie übermässiges zwanghaftes Onanieren auf alen Ebenen, was auch für schlecht gehaltene Tiere typisch ist, psychosomatische Erkrankungen wie Bluthochdruck etc in epidemischem Ausmass, Verfettung usw. usf.
Wenn man sich Völker anschaut, die mit wenig Zwang leben, stellt man übrigens fest, dass die nicht chaotisch strukturiert sind, sondern viele Regeln und Institutionen besitzen, die oft die Funktion haben, das übermächtig werden einzelner Personen und Gruppen zu verhindern. (Potlatch z.B.) Durchgesetzt werden diese Regeln einfach über die Erwartungen, die die Gemeinschaft an den einzelnen hat. Wenn sich jemand als Teil einer Gemeinschaft fühlt, dann kann schon das Stirnrunzeln der Anderen stärkere Wirkung haben, als harte Strafandrohungen in einer Gesellschaft, mit der sich die Menschen nicht identifizieren.
Ich verweise auf das Buch: Harold Barclay: VÃ-LKER OHNE REGIERUNG
Eine Anthropologie der Anarchie, libertad Verlag http://www.libertad-verlag.de/
Ob eine freiheitliche moderne Industriegesellschaft besser funktionieren kann als unser Zwangssystem, hängt davon ab, ob solche Institutionen gefunden werden können und ist aus meiner Sicht noch nicht entschieden. Wir arbeiten daran.
m@G, Beni
<ul> ~ Anarchie heute</ul>
|
chiron
05.12.2003, 17:25
@ Theo Stuss
|
Eine Frage des Blickwinkels |
-->
>Apropos, Dinge, die mir Spaß machen, tue ich auch ohne Zwang. Das ist trivial.
Hallo Theo
Das ist nicht trivial, sondern der Kernpunkt. Tue alles, was Du tun musst, gern. Letztendlich ist es eine Frage des Blickwinkels, ob Du was gerne tust. Denke beim Putzen an das Resultat und schon ist der Frust über die Arbeit weg. Alles Einstellungssache, wenn auch nicht immer einfach zu bewerkstelligen.
Gruss chiron
|
chiron
05.12.2003, 17:29
@ Theo Stuss
|
Es ist genug für alle da! |
-->
>Die Beschränktheit der materiellen Güter führt zu gegensätzlichen Interessen und damit zum Gebrauch von Gewalt, sobald einer meint er käme damit durch.
Der Glaube daran, dass es nicht genug hat, führt zu Gewalt. Ob das der tatsächlichen Situation entspricht, steht auf einem anderen Blatt geschrieben, womit wir wieder bei der Gier angelangt wären.
...denn Gott sprach: Es ist genug für alle da! meinte ich, schon mal gelesen zu haben.
Gruss chiron
|
Toni
05.12.2003, 17:48
@ chiron
|
Re: Eine Frage des Blickwinkels |
-->>Denke beim Putzen an das Resultat und schon ist der Frust über die Arbeit weg.
Scheint mir ein bisschen theoretisch. Putzst Du immer selber?
Also bei mir funktioniert es nicht. *seufz*
|
sensortimecom
05.12.2003, 18:12
@ chiron
|
Das war Mahatma Ghandi |
-->>
>>Die Beschränktheit der materiellen Güter führt zu gegensätzlichen Interessen und damit zum Gebrauch von Gewalt, sobald einer meint er käme damit durch.
>Der Glaube daran, dass es nicht genug hat, führt zu Gewalt. Ob das der tatsächlichen Situation entspricht, steht auf einem anderen Blatt geschrieben, womit wir wieder bei der Gier angelangt wären.
>...denn Gott sprach: Es ist genug für alle da! meinte ich, schon mal gelesen zu haben.
>Gruss chiron
[b]Hallo.
Das war Mahatma Ghandi. Er sagte einmal:
"Die Welt enthält genug Ressourcen für jedermanns Bedarf; aber nicht für jedermanns Habgier".
Selten traf einer verbal so ins Schwarze wie er...
mfg Erich B.
|
chiron
05.12.2003, 18:27
@ Toni
|
Re: Eine Frage des Blickwinkels |
-->>>Denke beim Putzen an das Resultat und schon ist der Frust über die Arbeit weg.
>Scheint mir ein bisschen theoretisch. Putzst Du immer selber?
>Also bei mir funktioniert es nicht. *seufz*
...und ich machs nicht selber, da es beim Umsetzen noch etwas hapert. Du hast natürlich recht, dass es theoretisch ist, muss das aber so bleiben? Und übrigens, es soll Leute geben, die bei schönstem Wetter Postings schreiben, während das für andere ein MUSS wäre. Somit ist also auch nicht ausgeschlossen, dass Putzfrauen ihren Job lieben...och schon wieder etwas theoretisch.
Gruss chiron
|
marsch
05.12.2003, 19:04
@ sensortimecom
|
Re: Das war Mahatma Ghandi / Beispiel Weizen |
-->>Das war Mahatma Ghandi. Er sagte einmal:
>"Die Welt enthält genug Ressourcen für jedermanns Bedarf; aber nicht für jedermanns Habgier".
>Selten traf einer verbal so ins Schwarze wie er...
>mfg Erich B.
----------------
<table><table border="0" width="600"><tr><td><font face="Arial"><font size=4> Beispiel Weizen: </font></font><div align="Justify">
Seit 1985 schwankt die Weizenproduktion zwischen ca. 500 und 610 Mill. Tonnen im Jahr (http://usda2.mannlib.cornell.edu/data-sets/crops/88008/tab16.xls).
Das macht bei jetzt ca.6 Mrd. Weltbürgern und im Schnitt 550 Mill. Tonnen 91,7 kg/Jahr und Kopf, was am Tag 251 g/Kopf ergeben würde.
Und das NUR mit Weizen!!
Zu wenig zum Leben?
---------
Grüüüüüüüße
MARSCH
P.S.: Ich hoffe ich habe mich nicht verrechnet!
</div></td></tr></table>
|
Toni
05.12.2003, 22:22
@ chiron
|
Re: Eine Frage des Blickwinkels |
-->>>>Denke beim Putzen an das Resultat und schon ist der Frust über die Arbeit weg.
>>Scheint mir ein bisschen theoretisch. Putzst Du immer selber?
>>Also bei mir funktioniert es nicht. *seufz*
>...und ich machs nicht selber, da es beim Umsetzen noch etwas hapert.
### Ja eben; danke für Deine Ehrlichkeit:-)
Du hast natürlich recht, dass es theoretisch ist, muss das aber so bleiben? Und übrigens, es soll Leute geben, die bei schönstem Wetter Postings schreiben, während das für andere ein MUSS wäre. Somit ist also auch nicht ausgeschlossen, dass Putzfrauen ihren Job lieben...och schon wieder etwas theoretisch.
>Gruss chiron
### Ist scho recht. Ich habe grundsätzlich nichts gegen Theorie. In der Theorie bin ich nämlich supergut im Traden:-) Ich kann alles logisch darlegen und erklären, besonders hinterher. Es ist nur leider auch bei Lebensphilosophien die Umsetzung, und zwar die konsequente, auf die's ankommt, und zwar bei sich selber, nicht bei den anderen - - - aber das muss sich jeder selber sagen, inkl.:
Toni, die herzlich grüsst (und auch stupide oder"schmutzige" Arbeiten zuweilen gar nicht ungern macht)
|
dottore
06.12.2003, 15:06
@ Theo Stuss
|
Re: Schlag nach bei Rousseau! |
-->Hi Theo,
>...und da ist Dottore inkompetent.
Richtig. Ich halte Heidegger für einen Schwätzer. Es kommt halt darauf an, was man unter"Philosophie" versteht.
>Er kann Dir antworten, wenn es um Fakten und funktionale Zusammenhänge geht. Auch Popeye meldet zwar seinen Widerspruch an, leider ohne Begründung.
>Reinhard tut so, als habe es einmal einen Gesellschaftsvertrag zwischen autonomen Individuen gegeben und deshalb existiere der Staat. Damit hängt die Tauschmitteltheorie zusammen, denn auch sie beruht auf Vereinbarung.
>Dottore behauptet nun, daß der an sich gute Mensch einst von anderen, stärkeren durch Waffenzwang in den Staat gezwungen worden war.
Nein. Der"gute Wilde" ist mir fremd. Der Mensch ist wie er ist, fertig. Ich halte das Auftreten der gegen Menschen einsetzbaren Erzwingungswaffe allerdings für den entscheidenden Einschnitt in der Menschengeschichte. Ohne sie würden wir vermutlich nach wie vor in kleinen Einheiten siedeln, nomadisieren oder in kleinen Jägertrupps durch endlose Weiten streifen. Kein Zwang, kein Eigentum, kein Zins, kein Geld, usw. Wir würden in mehr oder minder affluent societies (vgl. Sahlins) in den lieben Tag hinein leben. Seit der"Bronzezeit" ist es halt anders gekommen. Die berühmte Mixtur Cu/Sn ist der Schlüssel zur Weltgeschichte - und wenn wir den neuesten archaeometallurgischen Forschungen folgen, lag dem ein Zufallsfund im kasachischen Muschiston zu Grunde, wo es eine"natürliche" Mixtur aus beidem gab, vgl. Literaturliste zum Paper.
Es beginnt komischerweise alles"irgendwie" in Zentralasien.
>Die Tatsächlichkeit des Zwanges will ich nicht leugnen, aber wie denn die zwangfreie Gesellschaft ausgesehen habe, da bleibt er die Antwort schuldig. Vielleicht gräbt er ja noch Ernest Bornemann und"Das Matriarchat" aus?
Das kann gut sein. Aber es geht nicht um innergesellschaftlichen Zwang, den es ja auch innerfamiliär gibt, sondern um das Ausüben von Zwang einer Population einer anderen gegenüber. Irgendwer hat schließlich als erster angegriffen. Wobei die Oaxaca-Studie eine Parallele (Obsidian!) in den Steinzeit-Kulturen nahe legt.
(...)
>Ich hatte Dottore ja auch einmal gefragt, wie die Zwangfreiheit in einer waffenfreien Stammesgesellschaft gewährleistet sein sollte. Keine Antwort!
Da gibt es gute Beispiele. Es existieren bis heute Stämme, die zwar Waffen haben, diese aber nicht gegen Stammesmitglieder einsetzen. Vermutlich sind die schlauer als die"modernen Demokratien", wo die Abgaben letztlich mit der Glock in der Hand eingetrieben werden.
>Die Antwort ist ja auch denbar einfach: Der Staat übt Zwang aus, weil Individuen es ja untereinander auch tun. Beim Duell bleibt leider einer auf der Strecke, so ist das nun mal.
Die Zwangausübung mit Tötungsabsicht in Stammesgesellschaften endet in sich - da Depopulation. Vielleicht sind entsprechende Stämme (oder andere Hominiden) deshalb ausgestorben?
>Übrigens, auch für Adam und Eva im irdischen Paradies waren Sanktionen vorgesehen, falls sie vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse essen wollten. Die Schlange versprach ja,"ihr werdet nicht sterben, ihr werdet sein wie Gott", d.h., das Maß aller Dinge sein.
Sehr gutes Beispiel. Nur: Warum würde die Rückkehr ins Paradies mit Waffengewalt ("Engel mit dem Flammenschwert") verhindert?
>Genau das haben doch Reinhard, Dottore und viele andere vor Augen. Der einzelene Mensch ist so gottähnlich, daß dieses Sanktuarium nicht durch Zwang profaniert werden darf. Nun hat Dottore unserem Reinhard ja bewiesen, daß ein Staat nicht aufgrund eines Vertrages existiert, ergo Geld auch kein Tauschmittel sein kann. Dottore folgert nun messerscharf: Weg mit dem Staat, der Gutmensch des Jean Jacques Rousseau muß her und sich frei entfalten können. Nichts neues unter der Sonne.
Ich fordere gar nichts. Ich versuche nur zu beschreiben, wie es ist und warum.
Zu Rousseau nur das:
"Je mehr folglich der Abstand vom Volke zur Regierung zunimmt [Galiani schreibt es ähnlich, siehe Posting], desto drückender werden die Abgaben. So ist das Volk in der Demokratie am wenigsten beschwert, in der Aristokratie schon mehr; in der Monarchie trägt es die drückendste Last."
(dt. Eßlinger, FFM, 1800, 164).
Abgabenlast 1850 = ca. 9 %, heute in den Demokratien über 50 %. BRD lt. Prof. Sinn (ifo): 57 %.
Da hat sich Rousseau aber bös ins Knie geschossen.
Gruß!
|
Zardoz
06.12.2003, 15:16
@ dottore
|
Ja, noch Fragen. |
-->>Zu Rousseau nur das:
>"Je mehr folglich der Abstand vom Volke zur Regierung zunimmt [Galiani schreibt es ähnlich, siehe Posting], desto drückender werden die Abgaben. So ist das Volk in der Demokratie am wenigsten beschwert, in der Aristokratie schon mehr; in der Monarchie trägt es die drückendste Last."
Eventuell bezieht sich"beschwert" mehr auf die"gefühlte" Abgabenlast als die absolute Höhe?
>Abgabenlast 1850 = ca. 9 %, heute in den Demokratien über 50 %. BRD lt. Prof. Sinn (ifo): 57 %.
Und dies könnte natürlich wie ein Vergleich"50% Anteil an der Wüste Sahara" zu"9% Anteil an Microsoft" ausgehen: Unentscheidbar.
>Da hat sich Rousseau aber bös ins Knie geschossen.
Vielleicht.
Nice weekend,
Zardoz
|
dottore
06.12.2003, 15:37
@ Theo Stuss
|
Re: Staat als Prolongationsveranstaltung für den bewaffneten Zwang |
-->>Hallo,
>
>Dottore fordert die Abschaffung des Staates, damit die Menschen in die Lage versetzt werden, die Konsequenzen ihres Handelns selbst zu tragen und so lernen ohne Staat auszukommen.
>So hat er vor ein paar Tagen jemanden aus einem anderen Forum zitiert.
Bitte nichts hinein interpretieren, was so nicht gemeint war. Tarantoga hatte davon gesprochen, dass der Staat"kontraproduktiv" sei - eine Ansicht, die ich teile. Der Staat ist (für mich) eine Prolongationsveranstaltung, eben das Macht-Phänomen wird prolongiert bis zum letzten, aktuellen Exzess.
Durch prolongieren wird nichts gewonnen. Das in diesem Zusammenhang angesprochene"Naturrecht" halte ich für eine retrospektive Fiktion und Forderungen zur"Rückkehr" dorthin als wishful thinking, als Heilslehre eben.
Haben wir den bewaffneten Zwang in der Welt, ist nichts zu heilen. Bei den Freigeldlern läuft es ja auch auf einen Zwang hinaus (USG/ULG), aber eine friedliche "Selbstbesicherung" ist ein Widerspruch in sich. Was sich selbst besichert, kann nur die Waffe sein. Waffe, Staat, Steuern usw. kommen in der Lehre bestenfalls in einem"Gut-Staats"-Sinne vor, was nichts bringt.
Da ist mir der kernige Gesell im Original schon lieber, der alle Nachfrage direkt zum Staatsmonopol erhebt (1916, 122). Man kann sich nicht den Pelz waschen ("Gebühr" erheben) ohne sich nass zu machen (keinen Zwang ausüben).
Auch die"Zins"-Kritik geht ins Leere (so sehr ihr negativer Verteilungseffekt richtig gesehen wird), da es vor dem"Zins" immer eine Institution geben muss, die seine Exekution ermöglicht. Ohne Staat wird kein Mensch, der bei Verstand ist, einem anderen etwas"leihen", die nichts die Rückkehr des Verliehenen garantieren kann.
Also immer auch: Staat vor Zins. Ergo: Wer oder was finanziert den Staat, bevor der erste"Zins" zur Zahlung ansteht? Ist der Zins die Steuer (census) muss das Arsenal vorfinanziert werden, ist der Zins"privat" (usura, alias"neshek" = die Natter): Was hilft beim Betreiben desselben? Al Capone ja wohl mindestens. Das hat Frau Prof. Kreisky, Wien, sehr schön am Wickel bei ihren Untersuchungen über Staat als organisierte (sanktionsfreie) Mafia. Ansonsten der überaus kluge Charles Tilly, nachzulesen immer noch im T.Roth-Projekt - Danke nochmals an Popeye:"State as organized crime".
Gruß!
|
Popeye
06.12.2003, 16:42
@ Theo Stuss
|
Re: Das ist eine philosophische Frage....Reden wir von Fakten…. |
-->Hallo, @theo
.... Auch Popeye meldet zwar seinen Widerspruch an, leider ohne Begründung.
Für den deutlich überwiegenden Teil der Menschheitsgeschichte von 150.000 bis 200.000 Jahren hat der Mensch ohne den Staat und ohne dessen Zwangsapparat gelebt - und das, nach allem was wir wissen, nicht schlecht.
Aus den 8.000 Jahren Geschichte in denen es (in einigen Regionen) einen Staat, oder jedenfalls etwas dem Staat Vergleichbares gab, zu schließen, dass „der Mensch“ nicht ohne den Staat auskomme und dessen väterlich strafende und zwingende Hand benötige, zeigt mir zumindest, dass die meisten von uns sich ein Leben ohne den „Nuckel-Staat“ gar nicht mehr vorstellen können.
Und wenn sich die Vorstellungen so verbiegen bzw. schon so verbogen haben, dann brauchen wir den Staat wohl auch - bis zum bitteren Ende…
Popeye
|
Euklid
06.12.2003, 16:49
@ Popeye
|
Re: Das ist eine philosophische Frage....Reden wir von Fakten…. |
-->Ja viele brauchen ihn ja auch tatsächlich.
Nachdem der Familienverbund kräftigst zusammengehauen wurde funktioniert das ja nicht mehr.
Ich bin der Meinung daß Freiheit beschnitten wurde,selbst im Vergleich zu 1900.
Und zwar weltweit.
Der Abgabendruck ist ungeheuer angestiegen und daraus wird sich entweder ein Krieg ergeben oder weltweite einzelne Bürgerkriege in Ländern.
Die letzte Variante wird sich allerdings am längsten hinziehen.
Setzt George Bush seine Mars-Vision um dann dürften wir nochmals 20-30 Jahre unsere Ruhe haben.
Gruß EUKLID
|
Student
06.12.2003, 17:05
@ Popeye
|
Re:.Reden wir von Fakten / Staat - Gemeinwesen |
-->Hi Popeye!
>Für den deutlich überwiegenden Teil der Menschheitsgeschichte von 150.000 bis 200.000 Jahren hat der Mensch ohne den Staat und ohne dessen Zwangsapparat gelebt - und das, nach allem was wir wissen, nicht schlecht.
Was verstehst Du unter Staat/Gemeinwesen, bzw. wie definierst Du diese?
(Vgl. Posting 239736)
Denn"Gemeinwesen" hat es mit Sicherheit gegeben. Und mit der gleichen
Sicherheit gab es auch immer"Zwangsapparate", wie auch immer geartet.
Genauso, wie auch immer Waffen vorhanden waren, im Zweifel eben die Fäuste.
>Aus den 8.000 Jahren Geschichte in denen es (in einigen Regionen) einen Staat, oder jedenfalls etwas dem Staat Vergleichbares gab, zu schließen, dass „der Mensch“ nicht ohne den Staat auskomme und dessen väterlich strafende und zwingende Hand benötige, zeigt mir zumindest, dass die meisten von uns sich ein Leben ohne den „Nuckel-Staat“ gar nicht mehr vorstellen können.
Irgendeine"zwingende Hand" ist immer vorhanden, es sei denn, ein Einzelner
hockt irgendwo völlig alleine.
Lb Gr
der Student
|
dottore
06.12.2003, 17:46
@ Zardoz
|
Re: Rousseau und das Ende ALLER Staatlichkeit |
-->>>Zu Rousseau nur das:
>>"Je mehr folglich der Abstand vom Volke zur Regierung zunimmt [Galiani schreibt es ähnlich, siehe Posting], desto drückender werden die Abgaben. So ist das Volk in der Demokratie am wenigsten beschwert, in der Aristokratie schon mehr; in der Monarchie trägt es die drückendste Last."
>Eventuell bezieht sich"beschwert" mehr auf die"gefühlte" Abgabenlast als die absolute Höhe?
Das ist sicher richtig. Nur kann Rousseau nicht am französischen Beispiel vorbei gegangen sein. Die Steuerlast unter der Monarchie war unerträglich geworden (die taille, Grundsteuer, ließ die Ländereien veröden, die Leute verhungerten buchstäblich in diesem so gesegneten Land, Steuern waren verpachtet, was den Druck noch erhöhte; die gabelle, Salzsteuer, hatte nicht minder ungute Folgen, ausführlich Sée).
Wen Rousseau 1762 als demokratisches Gegenbeispiel im Auge hatte, erschließt sich mir nicht (Stadtstaaten vielleicht?), da es 1762 keine flächendeckenden Demokratien gegeben hat (England? - warum dann der Aufstand in den Kolonien wg. der"drückenden" Abgabenlast, siehe Boston Tea Party?), und er auch keine konkreten Beispiele anführt. Nehmen wir die attische Demokratie (auf die er sich im Wesentlichen beruft), so ist deren immens zunehmende interne Abgabenbelastung, nachdem sich das easy-Inkasso über Laureion und attischer Seebund verflüchtigt hatte, fraglos. In Rom musste erst über die Proskriptionen (Gläubigermord) reiner Tisch gemacht werden. Augustus hatte den Zugriff auf Ägypten, bei Tiberius war's dann schon wieder so finster, dass er sich nicht mehr nach Rom traute (großer Crash dann ca. 30 AD).
>>Abgabenlast 1850 = ca. 9 %, heute in den Demokratien über 50 %. BRD lt. Prof. Sinn (ifo): 57 %.
>Und dies könnte natürlich wie ein Vergleich"50% Anteil an der Wüste Sahara" zu"9% Anteil an Microsoft" ausgehen: Unentscheidbar.
Da ist auch was dran. Nur ist die Sahara nicht zur Kasse weiter zu handeln, MSFT dagegen schon.
>>Da hat sich Rousseau aber bös ins Knie geschossen.
>Vielleicht.
Weil wir gerade beim Meister sind. Im 11. Kapitel behandelt er den "Tod des Staatskörpers", was mir nun dann doch sehr entgegen kommt (185 ff.):
"Der Staatskörper, wie der menschliche, stirbt schon seit dem Tage seiner Geburt; in sich Selbst trägt er den Keim seiner Zerstörung. Aber der eine wie der andere, kann eine mehr oder weniger starke Konstitution haben, und zu ihrer längeren oder kürzeren Erhaltung geeigenschaftet sein.... Es (hängt von den Menschen) ab, das Leben des Staates so lange wie möglich dadurch zu verlängern, dass sie ihm die beste Konstitution geben, deren er fähig ist. ["constitution" in sehr schöner Doppelbedeutung]. Der bestverfasste Staat erreicht sein Ende, aber doch später als ein anderer, wenn kein unvorhergesehner Fall seinen Untergang beschleunigt."
Na, das ist ja schon mal was. Die"Demokratie" als Prolongation der Staatlichkeit - irgendwann kommt doch Termin.
Gruß zurück!
|
Popeye
06.12.2003, 17:49
@ Student
|
Re:.Reden wir von Fakten / Staat - Gemeinwesen |
-->Hallo, @Student,
mit der Definition von Gemeinwesen von @dottore (Vgl. Posting 239736) kann ich leben.
Woraus schließt Du das es in unserer Sammler/Jäger-Vergangenheit"Zwangsapparate" gab, die auch nur ansatzweise denen eines Staates vergleichbar gewesen wären?
Das dominierende Prinzipien dieser vorstaatlichen Gemeinschaften waren"Egalität und Reziprozität". Wichtige Entscheidungen wurden einstimmig getroffen. (wiederholte Buchempfehlung zu diesem Themenkomplex: Uwe Wesel, Frühformen des Rechts in vorstaatlichen Gesellschaften). Selbstverständlich gab es gesetzesähnliche Regeln, aber eigentlich ausschließlich im Bereich des"Strafrechts" - also bei Mord und Totschlag. Dieses Recht war überwiegend nicht auf die"Bestrafung" des Täters, sondern auf die Wiedergutmachung/Entschädigung des Opfers bzw. der Hinterbliebenen gerichtet.
Grüße
|
dottore
06.12.2003, 18:38
@ Popeye
|
Re: Dazu das gotländische Recht - extrem interessant! |
-->Hi,
zur Ergänzung von diesem hier:
>Das dominierende Prinzipien dieser vorstaatlichen Gemeinschaften waren"Egalität und Reziprozität". Wichtige Entscheidungen wurden einstimmig getroffen. (wiederholte Buchempfehlung zu diesem Themenkomplex: Uwe Wesel, Frühformen des Rechts in vorstaatlichen Gesellschaften). Selbstverständlich gab es gesetzesähnliche Regeln, aber eigentlich ausschließlich im Bereich des"Strafrechts" - also bei Mord und Totschlag. Dieses Recht war überwiegend nicht auf die"Bestrafung" des Täters, sondern auf die Wiedergutmachung/Entschädigung des Opfers bzw. der Hinterbliebenen gerichtet.
... darf ich (neben den bekannten Gesetzen dazu, wie lex salica, usw. usw.,) auf das wenig bekannte Guta-Lagh, der Recht der Insel Gotland verweisen. Dieses hat in den ersten Kapiteln ein Kirchen- und Königsrecht (später hinzugefügt, da Gotland keine König hatte und keinem unterworfen war).
Das Kernrecht ist vollständig nach Egalität und Reziprozität aufgebaut - es handelt sich um ein klassisches Wiedergutmachungsrecht (Vergewaltigung 12 Mark Silber, Zehe abhacken 2 Mark, Entmannung 6 Mark, bei beiden Hoden 12 Mark, Tötung eines Goten 12 Mark GOLD, usw.).
Das Ganze könnte als"staatsfreies" Gesetz Modellcharakter haben, wäre da nicht die Standardisierung der Strafen nach Silber und Gold in Feinheit und Gewicht - was wiederum entsprechende"Vorläufer" der Staatlichkeit voraussetzt, eben jene, wo die Goten ihr Silber und Gold als SOLD eingeholt hatten.
Das gotländische Recht ist natürlich kein explizites"Naturrecht" im eigentlichen Sinne, aber es zeigt doch, dass es bei Egalität & Reziprozität um etwas"Natürliches" handelt, d.h. man versucht, irgendwie in den Zustand ex ante zurückzukehren, der so war, wie er war (Zehe dran, Mann lebendig).
Ich denke, die Beobachtung des Menschen (eben war's noch da, jetzt ist es weg, also sucht er nach der Ursache oder dem Verursacher) spielt da ein Rolle.
Das gotländische Recht ist überhaupt eine Fundgrube für den Übergang vom Sich-Zusammenwuseln von Gleichen und Freien, was gänzlich kostenfrei geschehen kann und das Vorfinanzierungsproblem des etablierten Staates ausschaltet, nachdem ein Mal die"Preistabelle" steht zum üblichen Recht mit Kauf, Eigentum usw.
Zum Beispiel unterliegt der Verkauf von immobilem Eigentum, also der ökonomischen Basis der Einzelnen, extremen Einschränkungen: Es muss nämlich von Familien-Mitglieder gekauft werden (womit sich das Problem also in der Familie halten lässt).
Aber auch das schönste Recht der Reziprozität fliegt um die Ohren! Nämlich just dann, wenn die reziproke Leistung vererbt wird (cap. XIV). Da gibt es dann kein Entrinnen und es muss vollstreckt werden.
Hier haben wir also einen absoluten Knackpunkt der ganzen Chose: Es kommen auf einen Menschen SCHULDEN zu, für die er in keiner Weise etwas kann (er ist das erbende Kind) und die er auch nicht kontrahiert hat (Kontraktschulden sind bestens geregelt, nebenbei).
Damit schließt sich also der Kreis: Es entstehen Forderungen, ex nihilo in dem Sinne (wir hatten das jüngst diskutiert, Abgabenschulden ex nihilo und letztlich Urschuld-Bewältigung des Abgabenforderers, danke nochmals!), dass jemand zur Gegenleistung gezwungen wird und gezwungen werden muss, der selbst nichts mit der Leistung zu tun hat (Leistung hier: Straftat, man störe sich nicht daran, bitte).
Was wiederum zur Exekutions-Problematik führt, daneben zur Entschuldungs-Problematik (Religion, die Kirche ist dann nicht weit, mit ihrem Zehnten, die quasi das Inkasso auf sich zieht, indem sie Entschuldung behaupet), und damit wieder in der (Vor-)finanzierungsproblematik stecken bleiben muss. Es geht halt nciht anders: Entweder es wird alles vergeben (egal, worin das Motiv des Handelnden zu suchen ist) oder es kommt über kurz oder lang zur unausweichlichen Katastrophe.
Für mich ein weiterer Meilenstein in der immer flüssiger werdenden Macht- und Gewalt-Debatte.
Quelle:
Schildner, Guta-Lagh. Das ist: Der Insel Gothland altes Rechtsbuch, Greifswald 1818.
Gruß!
|
Uwe
06.12.2003, 18:58
@ Popeye
|
Re:. Staat - Gemeinwesen - Recht |
-->Popeye:[i] Selbstverständlich gab es gesetzesähnliche Regeln, aber eigentlich ausschließlich im Bereich des"Strafrechts" - also bei Mord und Totschlag. [/i]
In Kurzform und auf die Kapitalverbrechen zusammengefaßt, scheint mir Deine Beschreibung, Popeye, wohl die wesentliche Elemente zu enthalten.
Jedoch meine ich aus deinen Literaturtipps weiter herausgelesen zu haben, dass das"Recht", oder besser nun gesagt, die Regeln (nicht nur Situationen, die nach dem heutigen Strafrecht einzuordnen sind, sondern vorallen Dingen, der"Zwang zum Konsens", der die Familien-/Sippenangelegenheiten regelte, so dass die Interessenbereiche der Gemeinschaft gewährleistet blieben), nach der vorstaatliche Gemeinschaften lebten, auch bzw. vorrangig den Zielpunkt hatten, im Einklang zu sein, im Einklang mit der Natur - dem Lebensraum, der Nahrung versprach - und der Gemeinschaft.
Wo dieser Einklang gestört wurde, wurde das"Übel" in Verfehlungen von Mitgliedern der Gemeinschaft gesucht. Diese Art von"Naturrecht" (so eigentlich die einzige Art, die ich in ihrem Anspruch nachvollziehen kann), läßt sich wohl ohne"Regulierungstellen" nur in weitestgehend autarken Gruppen begründen und durchsetzen.
Somit scheint es mir"gewagt", den Bogen über acht Jahrtausende und mehr zu spannen um fetzustellen, dass man nun, gegenüber den damaligen Zeiten es"verlernt" hätte, ohne Staat zu leben zu können (lassen wir bitte einmal vorerst die bereits m.E. richtig beschriebenen, negativen Entwicklungen des Staates aussen vor).
Allein bereits die Besitznahme vorteilhafter Gebiete (Höhlen, die Wetterschutz gaben, Gebiete in denen Nahrung mit weniger Aufwendungen erzielbar sind als andernorts), geben mir einen guten Ansatz zur möglichen Erklärung, warum Gemeinschaften sesshaft wurden, und warum sie diese"Höhle" für sich zu verteidigen suchten). Die Überwachung der Regeln letzendlich, deren Einhaltung so wichtig zum Erfolg erachtet wurden, können dann, in zahlreichen Varianten, zur"Priester-/Herrscherkaste" führen.
Nicht nur letztlich durch das Lesen des Buches, das du m.E. mit Recht empfiehlst, glaube ich, dass die Art Rechte/Regeln->Gesetze, die von der Gemeinschaft akzeptiert wird, letztendlich das Fundament der Macht sind. Ihre Zahl mag sich in der Entwicklung eines größerwerdenen Gemeinwesens"schleichend" ausgebreitet haben und dabei Sonderstellungen von Einzelnen/Clans ermöglicht haben.
Gruß,
Uwe |
Student
06.12.2003, 19:09
@ Popeye
|
Re:.Reden wir von Fakten / Staat - Gemeinwesen |
-->Danke für Eure Antworten und weiteren Erläuterungen!
>Hallo, @Student,
>mit der Definition von Gemeinwesen von @dottore (Vgl. Posting 239736) kann ich leben.
>Woraus schließt Du das es in unserer Sammler/Jäger-Vergangenheit"Zwangsapparate" gab, die auch nur ansatzweise denen eines Staates vergleichbar gewesen wären?
Eine Vergleichbarkeit zu den heutigen"Zwangsapparaten" wollte ich auch nicht
herstellen. Ich wollte nur darauf hinweisen, daß es auch"damals" Machtstrukturen
gegeben hat. Sind diese allgemein akzeptiert, werden diese Machtstrukturen
vielleicht gar nicht als"erzwungen" gefühlt. Trotzdem sind sie da.
>Das dominierende Prinzipien dieser vorstaatlichen Gemeinschaften waren"Egalität und Reziprozität". Wichtige Entscheidungen wurden einstimmig getroffen. (wiederholte Buchempfehlung zu diesem Themenkomplex: Uwe Wesel, Frühformen des Rechts in vorstaatlichen Gesellschaften). Selbstverständlich gab es gesetzesähnliche Regeln, aber eigentlich ausschließlich im Bereich des"Strafrechts" - also bei Mord und Totschlag. Dieses Recht war überwiegend nicht auf die"Bestrafung" des Täters, sondern auf die Wiedergutmachung/Entschädigung des Opfers bzw. der Hinterbliebenen gerichtet.
Interessant. Das ist für mich völliges Neuland.
Lb Gr
der Student
|
Popeye
06.12.2003, 19:37
@ Uwe
|
Re:. Staat - Gemeinwesen - Recht |
-->Hallo, Uwe,
Die Prinzipien der Egalität und Reziproziät beginnt mit der Seßhaftwerdung aufzuweichen - keine Frage. Unter anderem auch des"Erbrechtes" wegen, wie Wesel ja schön schlidert und @dottore eben bezüglich Gotland (ähnlich übrigens in beinahe allen germanischen"Rechtssystemen") gepostet hat.
Aber die Prinzipien der Egalität und Reziprozität als Überlebenssystem der Gruppe kannte keine"Regulierungsstellen" mit besonderer (gewaltbewehrter) Autorität. Vielmehr war es die Gruppe selbst, die über Recht und Unrecht befand - auf der Basis dessen, was sich als"Gewohnheitsrecht" lokal herausgebildet hatte. Ziel dieses Systems war das Überleben der Gruppe zu gewährleisten. Ziel war es nicht (jedenfalls nicht vorrangig)"Recht" zu sprechen.
Der Bruch dieser Prinzipien begann mit dem Seßhaftwerden, Besitz, Vererbung etc. - die Ursuppe aus der wahrscheinlich alle frühstaatlichen Machsysteme ihre Gebrauchsrezepte kopiert haben.
Grüße
|