dottore
10.12.2003, 13:42 |
Macht, Eigentum, Geld usw. - Gotland, Lübeck, Dortmund usw. Thread gesperrt |
-->Hi,
Skandinavien ist ebenso wie Dänemark, Norddeutschland, das Baltikum, Finnland auch Vorpommern voller Münzhorte, die der Erklärung bedürfen. Die Veröffentlichungen dieser Funde füllen viele Bände. Die Zahl der gefundenen Münzen geht in die Hunderttausende, das Gewicht liegt bei mehreren Tonnen. Die Insel Gotland ist dabei das münzfundreichste Gebiet der Erde überhaupt.
Diese Münzen sind sämtlich fremden Gepräges, wir finden islamische, west- und oströmische, mittel- und süddeutsche. Die eigene Münzprägung dieser Gebiete setzt erst im späten MA ein. Das die Nordländer solche gigantischen"Handelsbilanz"-Überschüsse hatten, lässt sich aus deren eigenständigen Produkten nicht deuten."Pelze" aus Gotland sind Nonsens, den Hering fischte man selbst bzw. in der Nordsee (dann rheinaufwärts transportiert), Bernstein diente lokal nicht als Schmuck sondern als Heizmittel, was auch der Name verrät ("Brennstein").
Die gotländischen Funde sind gleichmäßig über das Land verteilt, es fehlen also zentrale Orte, etwa für Handel und Wandel, wo sie sich hätten häufen können. Allein die deutschen Münzen, die aus dem 9. bis 11. Jh. stammen sind über mehr als hundert Funde verstreut. Dass jeder Bauer, der dort saß, ein Händler oder auch nur Verkäufer gewesen wäre, ist eine abwegige Annahme, wie mir das gotländsiche Museum selbst bestätigte.
Wie also kam das Geld dorthin?
Eine gotländische Quelle (im Anhang zum Gota-Lagh) sagt eindeutig: Die Goten seien zum "griechischen König" gezogen (basileus = König und auch auf den Münzaufschriften von Byzanz durchgehend zu lesen). Es sind also Remissen von Söldnern, die, wie wir aus der Völkerwanderung wissen, weiter südlich bestens beschäftigt waren.
Die Einfälle der "Normannen", die weit rheinaufwärts Verheerung anrichteten, sind ebenfalls bekannt. Auch damit sind die Geldabforderungen in Form von Münzen, die dort geprägt worden, wo sie als Tribut abgefordert wurden, die Prägebilder des jeweils Tributverpflichteten tragen, bestens erklärt (Städte, Herren aller Couleur, z.B. COLONIA oder simple Abbildungen von Herrschergestalten, die in ihrem Gebiet noch herrschten, aber eben an die Normannen abführen mussten).
Da in den Tributgebieten (südlich) selbst Abgaben eingefordert wurden, mussten die Zensiten im Süden, die zwar Silbergruben hatten (Rammelsberg), die jedoch nicht ergiebig genug waren, um"Danegeld" und"Heregeld" zu leisten (die Forderungen gingen in die Tonnen), musste der Weg beschritten werden, das Metall dort wieder zu holen, wo es die Söldner und Tributherren ihrerseits gebunkert hatten. Der Machtkreislauf des Metalls beginnt.
Es blieb den südlichen Herrschaften (England ist bis 1066, als die Tribute internalisiert wurden, ein Parallelbeispiel, siehe Paper) nichts anderes übrig, als"Beschaffer" auf den Plan zu rufen. Diese mussten für diese Dienste entsprechend privilegiert werden. Dabei ist Dortmund ein leuchtendes Beispiel: Die Privilegien dieser Siedlung sind legendär.
Noch 1250 bat der Deutsche Orden, der mit Hilfe der Stadtgründung Memel ebenfalls an diesem Mechanismus partizipieren wollte (Geldbeschaffung, um seinerseits Truppen zu unterhalten und das Machtareal zu erhalten) Dortmund um eine Abschrift seiner städtischen Privilegien, welche der Kaiser (stets Oberherr aller"freien" Städte, von denen er 300 / 500 Mark Silber p.a. einforderte, vgl. die Quellen zu den Bodenseestädten wie Ravensburg usw.) den Dortmundern gewähren musste, um nicht gänzlich geld- und machtlos abzugehen.
So startete aus Westfalen (!)die berühmte Hanse, die zunächst eine binnenländische Veranstaltung war. Die Stadt Köln, so sahen wir es auf einem hier vor kurzem reingestellten Sparbuch, bezeichnete sich noch in den 1920er Jahren als"Hansestadt Köln".
Die Hansen waren Kaufleute, Klartext: Geldbeschaffungsleute, die nicht etwa mit Geld Waren, sondern mit Waren das dringend erforderliche Abgabengut Silber zu erwerben und mit Differenzgewinn weiter zu geben hatten und dies von dem Ursprung aus immer weiter nach Norden ausgreifend auch leisteten. Der Handelsweg war zunächst der"Hellweg", schließlich wurde die Küste erreicht.
Lübecker Familien tragen laut Quellenlage, die in Lübeck ganz vorzüglich ist, westfälische Namen, wie Veckinchusen usw. (die"Buddenbrooks" sind später Zugereist). 1161, also Jahrhundert nachdem die Schatzbildung im Norden bereits begonnen hatte bzw. gelaufen war, bilden die Händler von der lübischen Bucht die erste"Genossenschaft der Gotland besuchenden Kaufleute" in Visby, das vorher weder als Haupt- noch als Handelsstadt in Erscheinung getreten war - ganz einfach, weil es nichts zu handeln gab.
Das lübische Land war Herrenland, also mussten sich die Herrschaften eine Zession einfallen lassen und holten sich die entsprechende Kopie solcher bereits gelaufener Vorgänge aus dem Süden. Es war das Soester (!) Stadtrecht von 1159, das sie in Lübeck übernahmen, wobei schon in der Eingangs-Klausel der Vogt als Vertreter der Obermacht als einverständlich grüßend erscheint.
Die Privilegien (Obermachtzessionen), die Lübeck erhält, finden in einem Triple-Vertrag ihren Niederschlag, denn auch die Geistlichkeit ist eingebunden, nämlich der Legat des Apostolischen Stuhls, der Bischof von Modena (!).
Damit war Lübeck als nächster Posten auf dem Weg der Hansen etabliert, konnte zur Erlaubnis von privatem (Sub-)Eigentum schreiten, im Gegenzug Grund- und Vermögensteuer erheben (und in Teilen an den Kaiser weiterleiten, siehe oben), hatte Münzrecht, Gerichtsbarkeit und legte Maße und Gewichte fest.
Das Münzrecht hat Bedeutung, denn das in Ostseeraum vorhandene Silber wurde ausschließlich nach Gewicht gemessen und das war die Mark (1/2 Pfund). Was endlich erklärt, wieso diese sich von Finnland (Finnmark!) über Gotland (das gotländische Gesetz nennt nur Mark, nicht"Geld") und Lübeck (rechnete in Mark bis ins 19. Jh., wie auch dann Hamburg usw.) bis hin nach Köln erscheint. Die kölnische Mark ist bekanntlich Standardgewicht geworden.
Nun zur Macht innerhalb von Lübeck. Sie musste etabliert sein (war sie auch, siehe eben), bevor es dort zu Eigentums-Geschäften kommen konnte. Ulf Heinsohn, Dozent in Berlin, hat dazu anhand der Editionen allerfrühester Urkundsbücher, die Rolf Hammel veröffentlicht hatte (1987), dieses zusammen gestellt (Durchschnittszahlen):
Zwischen 1284 und 1399
- waren 60 % aller Eigentumsübertragungen Folge von freiwilligem Erwerb (v.a. Käufe), der natürlich rechtsfest sein musste.
- 20 % waren Erbschaften u. ä., was ebenfalls rechtsfest ablaufen musste: Wer erbt, wie wird der Erbe ermittelt? Wer das Phänomen der"Fünten" (heute:"Taufbecken") im Norden studiert hat, weiß, wovon die Rede ist; im Stralsunder Museum, Stralsund erhielt das nämliche lübische Recht anschließend, wie alle Ostseestädte, wird dies sehr lehrreich demonstriert, was es mit der"Taufe" wirklich auf sich hat, nämlich die Anerkenntnis, rechtsfest, da jede Menge Zeugen, des Erben.
- 20 % waren Zwangsvollstreckungen (Verfolgungen/Einwältigungen), die niemals als"Konsens", sondern nur als Erzwingungstatbestand vorstellbar sind.
So reiht sich halt das eine an das andere und der Kreis schließt sich immer wieder aufs Neue: Macht geht immer voran.
Und da hier vom"Denkprozess" die Rede war und seiner Entwicklung: Hier wurde nichts auf das Prokrustesbett einer aberwitzigen Theorie gepackt, damit das alles auch schön"passt". Ich selbst hatte von der Lübeck-Nummer bis gestern keine Ahnung und hätte sie auch nicht gesucht, zumal ich mit meiner Abgabentheorie bzgl. Gotland (muss an den Jarl auf dem schwedischen Festland abliefern) ja hoch zufrieden war. Jetzt bin ich noch zufriedener. Durch Ulf und seine Zusammenstellung, die er mir aus ganz anderen Gründen (durchschnittliche Zeitdauer des Haltens von Eigentum in den ältesten deutschen Quellen überhaupt zu diesem Thema, nämlich den lübischen) bin ich überhaupt erst darauf gekommen, wie gut das alles auch in die Macht-vor-Handelstheorie hineinpasst.
Der Niedergang von Visby (einst ein beneidetes Welthandelszentrum, heute ein Kaff) und Lübeck (verlor die letzten Reste seiner"Souveränität" in den 1930er Jahren) erklärt sich damit auch von selbst: andere hatten noch Zessionsspielräume, die von der Ostsee waren ausgereizt und stiegen ab. Mit Geld allein ist nichts zu machen, zum"freiwilligen Austausch" taugt es nicht, da dem der Zwang fehlt, und so wurde es verbuddelt, ein Mega-Münzfund aus Lübeck wurde vor ein paar Jahren erst vermeldet.
Schönen Dank fürs Lesen + Gruß!
|
MarkXzzz
10.12.2003, 14:15
@ dottore
|
Re: Macht, Eigentum, Geld usw. - Gotland, Lübeck, Dortmund usw. |
-->Ich find das ja ganz interessant zum Lesen.. aber was soll uns das sagen???
Wiederbelebung der Hanse scheinen mir doch eher romantische Träumereien zu sein.
|
André
10.12.2003, 14:24
@ dottore
|
Re: Gotland, Lübeck, Dortmund usw. wirklich eine spannende Geschichte, die |
-->die These belegt, erst war die Macht da, dann die Abgaben, das Geld, der Zins und intensiver Handel aber darüber hinaus noch viel mehr, m.E. auch die gesamte Juristerei (um eben Ansprüche nach gleichbleibenden Regeln durchzusetzen), die Architektur der Macht, ihre Musik (wurde bereits darauf hingewiesen)z.T. auch"ihre" Religion, bzw. die von der Macht usurpierte Religion und weitere unzählige andere Ausflüsse der Macht und deren"Zivilisation".
MfG
A.
|
Zandow
10.12.2003, 14:53
@ dottore
|
Nachfrage zu gotischen Söldnern |
-->Hallo dottore,
sehr schöner Text wiedermal.
Eine kleine Nachfrage zu den gefundenen Münzen der gotischen Söldner:
Welchen Wert hatten die als Sold erhaltenen Münzen für die Söldner? Wem waren die Söldner ihrerseits abgabepflichtig? Und warum war dieses Abgabegut ausgerechnet Münzen (bzw. Silber/Gold)? Wie kam es dazu?
Herzliche Grüße, Zandow
|
dottore
10.12.2003, 15:52
@ Zandow
|
Re: Nachfrage zu gotischen Söldnern |
-->>Hallo dottore,
>
>sehr schöner Text wiedermal.
>Eine kleine Nachfrage zu den gefundenen Münzen der gotischen Söldner:
>Welchen Wert hatten die als Sold erhaltenen Münzen für die Söldner?
Da sie nur nach Gewicht gemessen wurden, nicht als"Stückgeld" das, was in anderen Bereichen als Tribut - ebenfalls in Gewicht - abgefordert wurde, den man dort beschaffen musste gegen etwas, das die Söldner akzeptierten. Bis etwas Akzeptables daher kam, wurde thesauriert.
>Wem waren die Söldner ihrerseits abgabepflichtig?
Bei den Gotländern war es der Jarl und die Kirche (Zehnter) - so jedenfalls das Gesetz. Wann beide über Gotland kamen, ist nicht ganz klar, weil das Kernrecht (Reziprozität, wie schon beschrieben) älter ist als das vorgeschaltete Königs- und Kirchenrecht.
>Und warum war dieses Abgabegut ausgerechnet Münzen (bzw. Silber/Gold)? Wie kam es dazu?
Weil es in den Gebieten, wo sie gearbeitet haben, bereits Abgabengut war - siehe die antike Geschichte, wo durchweg (dortige oder kampfnahe) Söldner mit mit dem Metall bezahlt wurden - eine Errungenschaft der Transportfähigkeit. Die dortigen Münzhorte (vgl. Assyut usw., Paper) finden sich nicht in"Handelszentren", wo sie vermutet werden sollten oder an (späteren) handelsstraßen, sondern weit davon entfernt, wenn nicht gar in Gebieten, wo überhaupt nicht gegen Münze gehandelt wurde (Asyut im münzfreien Ägypten).
Gruß!
|
dottore
10.12.2003, 16:04
@ MarkXzzz
|
Re: Macht, Eigentum, Geld usw. - Gotland, Lübeck, Dortmund usw. |
-->>Ich find das ja ganz interessant zum Lesen.. aber was soll uns das sagen???
>Wiederbelebung der Hanse scheinen mir doch eher romantische Träumereien zu sein.
Hi,
darum geht's natürlich nicht. Aber darum, dass der Handel nicht"als solcher" existiert (Tauschtheorie des freiwilligen Leistens und Gegenleistens), sondern, dass er zwangsbasiert, weil abgabenbasiert ist.
Oder platt: Entfallen Staat und Steuern, schrumpft der Handel schlagartig in sich zusammen. Da der Staat steuerbesaiert ist, wird's dunkel, wenn die Steuern nicht mehr (relativ und absolut) zu steigern sind, auch nicht als zedierte Steuern (Staatsverschuldung). Davon sind wir so weit nicht mehr entfernt.
Es soll dann keiner kommen und sagen: Rätselhaft stagniert's und geht's abwärts.
Der Abstieg von Zwangszentren (Staaten) ist kein Novum in der Geschichte. Was nicht klar war (mir inzwischen glasklar ist), war der Grund dafür - außer den üblichen Verdächtigen. Der hochbedeutende Alterstumsforscher Demandt hat fürs"Ende" Roms ca. 280 Gründe ausgemacht - diesen hier nicht. Ähnlich Kennedy, Fergusson usw. - schon Gibbon (1776) konnte nicht angeben, warum denn das oströmische Reich letztlich doch verschwunden ist. Die Osmanen haben nur den letzten Stoß versetzt.
Das"Abwärts" kann auch Eigendynamik gewinnen und als"Crash" daher kommen.
Gruß!
|
Zandow
10.12.2003, 17:51
@ dottore
|
Jarl? |
-->Hi dottore,
besten Dank für die fixe Antwort und
Klapps auf die Stirn bei mir. Der Zehnte, na klar doch. A bissl selber nachdenken hilft machmal auch weiter. Hab' gar nicht daran gedacht.
>Bei den Gotländern war es der Jarl...
Doch wer ist Jarl, der dortige Herrscher? Noch nie gehört.
Bitte um kurze Erläuterung.
Beste Grüße, Zandow
|
Theo Stuss
10.12.2003, 17:59
@ dottore
|
Re: Waren diese 'Goten' tatsächlich Waräger? |
-->Hi,
diese Frage dient der zeitlichen Einordnung. Waren diese Söldner Waräger der Kiewer Rus und zogen mit dem Sold aus Kleinasien und der Ukraine wieder heim nach Schweden?
Aus welcher Zeit stammen diese Münzen?
Da man sich wahrscheinlich in Skandinavien nicht viel dafür kaufen konnte, wurde es von den Rückkehrer also gehortet, bis deutsche Händler die Skandinavier als"Goldmine" entdeckten.
Warum forderten die Skandinavier zur Zeit des Danegeldes Gold und Silber, wenn man doch daheim nichts dafür bekam? Wegen einer Kombination aus Raub und Handel?
Gold und Silber aus England ging an die Wikinger, die tauschten es an die Waräger, die dafür Waren in Byzanz bekamen, wobei aber netto durch Söldnerdienste das Edelmetall weiter nach Schweden floß? Wie lief das?
Welcher Zeitverzug besteht zwischen dem Erwerb der Münzen in Byzanz und dem Nordhandel der Hanse?
Gruß,
Theo
|
Theo Stuss
10.12.2003, 18:01
@ Zandow
|
Re: Jarl = Earl=Landgraf (owT) |
-->
|
Zandow
10.12.2003, 18:11
@ Theo Stuss
|
Danke. Muss man halt wissen, sowas. (owT) |
-->
|
Theo Stuss
10.12.2003, 18:13
@ dottore
|
Re: Abstieg Ostroms, ein fataler Winter |
-->Ich glaube, ich habe da mal was von Toynbee gelesen, daß es einmal Ende des 9.jhr. in Kleinasien einen furchtbaren Winter gegeben hatte, der die Grenzbauern, die gegen den islamischen Herrschaftsbereich als Reservisten eingesetzt worden waren, ihre Existenz gekostet hatte.
Dann kamen Großgrundbesitzer und machten die Wehrbauern zu abhängigen Pächtern. Als Soldaten gegen den Islam kamen die Bauern dann nicht mehr in Frage.
Leider kann ich mich nicht an das Jahr erinnern. Toynbee behauptete, dieses fatale Jahr mit seinem harten Winter sei eine Zäsur für Ostrom gewesen und ab da seien die Byzantiner in die Defensive geraten.
Also, Verelendung der Besteuerungsbasis führte führte zur Wehrschwäche!
Theo
|
bernor
10.12.2003, 18:55
@ Zandow
|
Falls hier jemand an den ERLkönig denkt... |
-->...der hat mit Jarl/Earl nichts zu tun: wurde mit abgewandelter Schreibweise durch Herder (18. Jahrh.) aus dän. elle(r)konge ("Elfenkönig") eingeführt.
Gruß
|
dottore
10.12.2003, 19:12
@ Theo Stuss
|
Re: Waren diese 'Goten' tatsächlich Waräger? |
-->>Hi,
>diese Frage dient der zeitlichen Einordnung.
Ja, genau die ist das große Problem.
>Waren diese Söldner Waräger der Kiewer Rus und zogen mit dem Sold aus Kleinasien und der Ukraine wieder heim nach Schweden?
Weiß ich nicht.
>Aus welcher Zeit stammen diese Münzen?
Die Römer wie üblich, die Dirhems gehen bis ins 11. Jh. (damals die große Dirhem-Krise), deutsche Gepräge ab 9. Jh., vgl.:
MALMER, BRITA (ed.). Corpus nummorum saeculorum IX-XI qui in Suecia reperti sunt. Catalogue of Coins from the 9th-11th Centuries found in Sweden. Verzeichnis der in Schweden gefundenen Münzen des 9.-11. Jahrhunderts. 1. Gotland. 4. Fardhem-Fröjel. Stockholm, Almqvist & Wiksell, 1982.
>Da man sich wahrscheinlich in Skandinavien nicht viel dafür kaufen konnte, wurde es von den Rückkehrer also gehortet, bis deutsche Händler die Skandinavier als"Goldmine" entdeckten.
Davon gehe ich aus, es sei denn der Zeitrahmen wird enorm verkürzt. Das berühmte Problem der beziehungslos nebeneinander her laufenden Chronologien.
>Warum forderten die Skandinavier zur Zeit des Danegeldes Gold und Silber, wenn man doch daheim nichts dafür bekam? Wegen einer Kombination aus Raub und Handel?
Das kann nur Sinn machen (außer sie waren thesaurierungssüchtig als solches), wenn sie das Silber weiterreichen konnten (gegen Waren aus Silber-Tribut-Gebieten).
>Gold und Silber aus England ging an die Wikinger, die tauschten es an die Waräger, die dafür Waren in Byzanz bekamen,
Waren aus Byzanz? Fundlage im Norden: null. Lebensmittel usw. kamen nicht in Frage (viel zu weit).
>wobei aber netto durch Söldnerdienste das Edelmetall weiter nach Schweden floß?
Wie lief das?
Es muss ein Netto-Söldnergebiet und ein Netto-Tributgebiet gegeben haben. Es gibt aus der Zeit keine skandinavischen Münzen (Netto-Söldner- bzw. -Raub-Gebiet). Möglicherweise gibt es einen Anschluss nach Süden, wo die ehemals römische Macht ganz rätselhaft verschwindet, aber die römischen Siedlungen (Köln bis Regensburg) nicht verschwinden. In der Zeit entstanden die"romanischen" (hießen bis ins 19. Jh. ja"byzantinischen"!) Großbauten (Basiliken von"basileus", kleine und große, die als"Kirchen" präsentiert werden, aber zweifellos zunächst Verwaltungszentren, auch Markthallen waren). Solche"Hallen" gibt's bis in den Harz hinauf (mit"Pantokrator"-Bildnis). Corvey, die rätselhaften"Schrecknis-Kirchen" (Regensburg, Remagen, Schwäbisch-Gmünd usw.) würden dann direkt der Übergang sein und nicht"Jahrhunderte später".
>Welcher Zeitverzug besteht zwischen dem Erwerb der Münzen in Byzanz und dem Nordhandel der Hanse?
Byzantiner bis 12. Jh. (erster Fall der Stadt dank Kreuzzug). Nordhandel siehe Lübeck ab 1161 etabliert in"Hanse"artiger Gemeinschaft, die ihren Ursprung in Westfalen hat.
Du hast das Problem genau erwischt, Theo: Die herkömmliche Chronologie haut nicht hin. Auch die"Karlssage" (Sachsen schlachten) könnte einen sehr realen Hintergrund haben: Weg mit dem Joch der (Angel-)Sachsen, die sich dann vom Kontinent verabschiedeten und ihr Modell des Insel-Eroberns perfektionierten: England, Normandie (als leicht zu verteidigen) und dann natürlich Sizilien. Warum eigentlich gerade das und so weit weg von der Basis? Demnach Normannen = Sachsen, ehemals Goten oder Waräger.
Schwierig, schwierig...
Dank + Gruß!
|
sensortimecom
10.12.2003, 19:35
@ dottore
|
Re: Macht, Eigentum, Geld usw. - Gotland, Lübeck, Dortmund usw. |
-->>>Ich find das ja ganz interessant zum Lesen.. aber was soll uns das sagen???
>>Wiederbelebung der Hanse scheinen mir doch eher romantische Träumereien zu sein.
>Hi,
>darum geht's natürlich nicht. Aber darum, dass der Handel nicht"als solcher" existiert (Tauschtheorie des freiwilligen Leistens und Gegenleistens), sondern, dass er zwangsbasiert, weil abgabenbasiert ist.
>Oder platt: Entfallen Staat und Steuern, schrumpft der Handel schlagartig in sich zusammen. Da der Staat steuerbesaiert ist, wird's dunkel, wenn die Steuern nicht mehr (relativ und absolut) zu steigern sind, auch nicht als zedierte Steuern (Staatsverschuldung). Davon sind wir so weit nicht mehr entfernt.
>Es soll dann keiner kommen und sagen: Rätselhaft stagniert's und geht's abwärts.
>Der Abstieg von Zwangszentren (Staaten) ist kein Novum in der Geschichte.
[b]Hallo @dottore,
Ich kenne diesen Grundgedanken aus @dottores Büchern und postings, und kann den Ideen durchaus beipflichten.
Das zeigt aber einmal mehr, dass man NACH einem erfolgten"@dottore´schen Crash" der mir unausweichlich scheint, ein System auf die Füsse stellen MUSS, bei dem FREIWILLIG für die ALLGEMEINHEIT geleistet wird (gegen Gegenleistung zwar, aber dennoch OHNE Zwang. Das heißt: Ich vertraue darauf dass es der Empfänger genauso freiwillig tut wie ich).
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass man NACHHER kommt und sagt: So, lasst uns jetzt das ganze Spiel mit neu gemischten Karten wieder von Vorn beginnen - wenn man bereits ERKANNT bzw. DURCHSCHAUT hat, dass es so NICHT läuft... und dass man das Staats- und Priviligien-Zedierungssystem wieder NEU erfindet...
mfg Erich B.
|
- Elli -
10.12.2003, 19:39
@ sensortimecom
|
Re: Macht, Eigentum, Geld usw. / Neuer Durchlauf... |
-->>Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass man NACHHER kommt und sagt: So, lasst uns jetzt das ganze Spiel mit neu gemischten Karten wieder von Vorn beginnen - wenn man bereits ERKANNT bzw. DURCHSCHAUT hat, dass es so NICHT läuft... und dass man das Staats- und Priviligien-Zedierungssystem wieder NEU erfindet...
>mfg Erich B.
Doch, davon bin ich überzeugt. Man wird einen falschen Schuldigen, einen falschen Grund"finden", warum es gescheitert ist und sagen"Diesmal wissen wir es besser, das kann nicht mehr passieren."
So wie ja die Notenbanken diesmal auch alles im Griff haben...
|
sensortimecom
10.12.2003, 20:55
@ - Elli -
|
Durch Schaden"dümmer"? Na da bin ich gespannt;-) (owT) |
-->
|
bernor
10.12.2003, 21:39
@ dottore
|
Re: Waren diese 'Goten' tatsächlich Waräger? - Mysteriös... |
-->Du hast das Problem genau erwischt, Theo: Die herkömmliche Chronologie haut nicht hin. Auch die"Karlssage" (Sachsen schlachten) könnte einen sehr realen Hintergrund haben: Weg mit dem Joch der (Angel-)Sachsen, die sich dann vom Kontinent verabschiedeten und ihr Modell des Insel-Eroberns perfektionierten: England, Normandie (als leicht zu verteidigen) und dann natürlich Sizilien. Warum eigentlich gerade das und so weit weg von der Basis? Demnach Normannen = Sachsen, ehemals Goten oder Waräger.
Schwierig, schwierig...
...in der Tat: Die Gleichung Normannen = Sachsen haut leider nicht hin, siehe unterschiedliche Sprachen, z. B. in England, wo sich die die Sprache der"Angelsachsen" im dänisch (= normannisch) beherrschten und teilweise auch besiedelten Norden des Landes deutlich von der des Südens unterschied (Übernahme nordischer Wörter & Ausspracheformen, siehe z. B. stimmhaftes th am Wortanfang im heutigen Englisch und für"what" im Norden auch die Ausprache [hwat] statt [wot]).
Außerdem waren die Sachsen bereits im 3. Jahrhundert"überseeisch" aktiv (siehe auch zeitgleiche Aufmärsche & Raubzüge der Franken und Alemannen - vielleicht klimatische Ursachen).
Interessanterweise landeten sie in der heutigen Normandie, deren Küste damals"litus saxonicum" genannt wurde (ein bißchen stimmt die obige Gleichung also doch). Wahrscheinlich haben sich (vor allem) die dortigen Sachsen im 5. Jahrhundert nach England aufgemacht: warum sonst liegen die sächsichen Eroberungen im Süden Englands und nicht - wie die anglischen - entlang der Nordseeküste? Siehe auch den Schlächter jener Zeit - den Frankenkönig Clodwig, der 486 das letzte römische Gebiet in Gallien (etwa zwischen Somme und Loire gelegen) eroberte und nicht nur mit seinem dortigen Vorgänger Syagrius"kurzen Prozeß" machte.
Wie Theo richtig erkannt hat, haben wir's hier im ganzen offenbar auch mit chronologischen Problemen zu tun.
Ob sich allerdings alle auch mit der möglichen Lösung"mindesten 300 Jahre zuviel in der christlichen Zeitrechnung" von H. Illig anfreunden können?
(Vorsicht, Theo: Illig kommt aus dem gleichen"Stall" wie Heinsohn! [img][/img] )
Gruß
|
Tassie Devil
11.12.2003, 00:25
@ - Elli -
|
Re: Macht, Eigentum, Geld usw. / Gruende |
-->>>Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass man NACHHER kommt und sagt: So, lasst uns jetzt das ganze Spiel mit neu gemischten Karten wieder von Vorn beginnen - wenn man bereits ERKANNT bzw. DURCHSCHAUT hat, dass es so NICHT läuft... und dass man das Staats- und Priviligien-Zedierungssystem wieder NEU erfindet...
>>mfg Erich B.
>Doch, davon bin ich überzeugt. Man wird einen falschen Schuldigen, einen falschen Grund"finden", warum es gescheitert ist und sagen"Diesmal wissen wir es besser, das kann nicht mehr passieren."
>So wie ja die Notenbanken diesmal auch alles im Griff haben...
Ich tendiere eher zu Deiner Ansicht, Elli, jedoch wird es"man" diesmal
nicht ganz so einfach haben, einen falschen Schuldigen bzw. Minderschuldigen zu praesentieren.
Deshalb meine ich, dass der falsche Schuldige und der falsche Grund ganz sooo falsch nicht sein wird, das Falsche wird wohl darin zu suchen sein, dass die halbe Wahrheit eben nicht die volle Wahrheit und somit eine halbe Luege ist...
Gruss
TD
|
- Elli -
11.12.2003, 00:51
@ Tassie Devil
|
Re: Macht, Eigentum, Geld usw. / Gruende / Wahrheiten |
-->>>Doch, davon bin ich überzeugt. Man wird einen falschen Schuldigen, einen falschen Grund"finden", warum es gescheitert ist und sagen"Diesmal wissen wir es besser, das kann nicht mehr passieren."
>>So wie ja die Notenbanken diesmal auch alles im Griff haben...
.
>Ich tendiere eher zu Deiner Ansicht, Elli, jedoch wird es"man" diesmal
>nicht ganz so einfach haben, einen falschen Schuldigen bzw. Minderschuldigen zu praesentieren.
>Deshalb meine ich, dass der falsche Schuldige und der falsche Grund ganz sooo falsch nicht sein wird, das Falsche wird wohl darin zu suchen sein, dass die halbe Wahrheit eben nicht die volle Wahrheit und somit eine halbe Luege ist...
>Gruss
>TD
.
Da bin ich anderer Meinung. Wir (hier) werden doch seit Jahren und immer dreister
und offener betrogen und belogen, das ist doch wohl nicht zu übersehen.
Die größten Lügen werden lange genug wiederholt, bis sie intus sind oder ignoriert werden. LeBon unbedingt nochmal lesen!
Und auch beim Grund suchen oder Schuldigen finden werden wieder die
haarsträubendsten Geschichten erfunden, darauf kannst einen lassen ;-)
Und genauso wenig wird sich tun.
|
Tassie Devil
11.12.2003, 08:41
@ - Elli -
|
Re: Macht, Eigentum, Geld usw. / Le Bon |
-->>>>Doch, davon bin ich überzeugt. Man wird einen falschen Schuldigen, einen falschen Grund"finden", warum es gescheitert ist und sagen"Diesmal wissen wir es besser, das kann nicht mehr passieren."
>>>So wie ja die Notenbanken diesmal auch alles im Griff haben...
>.
>>Ich tendiere eher zu Deiner Ansicht, Elli, jedoch wird es"man" diesmal
>>nicht ganz so einfach haben, einen falschen Schuldigen bzw. Minderschuldigen zu praesentieren.
>>Deshalb meine ich, dass der falsche Schuldige und der falsche Grund ganz sooo falsch nicht sein wird, das Falsche wird wohl darin zu suchen sein, dass die halbe Wahrheit eben nicht die volle Wahrheit und somit eine halbe Luege ist...
>>Gruss
>>TD
>.
>Da bin ich anderer Meinung. Wir (hier) werden doch seit Jahren und immer dreister
>und offener betrogen und belogen, das ist doch wohl nicht zu übersehen.
>Die größten Lügen werden lange genug wiederholt, bis sie intus sind oder ignoriert werden. LeBon unbedingt nochmal lesen!
Du wirst es mir vielleicht nicht glauben, aber genau an den habe ich gedacht, als ich meinen Beitrag schrieb.
>Und auch beim Grund suchen oder Schuldigen finden werden wieder die
>haarsträubendsten Geschichten erfunden, darauf kannst einen lassen ;-)
Wenn ich es richtig bedenke, dann hast Du jetzt Dein Punktekonto von 50 um weitere 30 auf 80 Punkte erhoeht, 100 Punkte sind der Lotteriehauptreffer. [img][/img]
>Und genauso wenig wird sich tun.
Ja, ich weiss, es spricht vieles fuer Deine These.
Gruss
TD
|