Mr. Smith 17.12.2003, 11:00 |
OT: Weihnachts-Roll-Out!![]() |
-->Für Freunde der deutschen Sprache! [img][/img] |
|
rocca 17.12.2003, 11:52 @ Mr. Smith |
Re: OT: Weihnachts-Roll-Out! |
-->Von allen Monaten ist der November der schönste, die Blätter fallen von den Bäumen, der Mensch steht ganz im Bereich des Todes und des Sterbens, um halb fünf Uhr nachmittags dämmert es bereits schön, und morgens um halb acht ist es noch dunkel, im Morgennebel, der den Charme des Krepierens noch verstärkt, gingen in alten Zeiten die Gläubigen zur Roratemesse, Spleen und Melancholie schleppen sich durch den Eisregen, das Weiß des Schnees läßt die laublosen Bäume als Gerippe erscheinen, schön ist auch die Zeit im Dezember, dann wird es noch schlimmer, und wenn St. Martin im November auf einem weißgescheckten Roß angeritten kommt, so ist der freigebige St. Nikolaus der Lichtblick im Dezember, und dann werden bereits für Weihnachten die Ingwerplätzchen und Kekse und Lebkuchenrädchen gebacken, das Geschenkfieber überdeckt alle Unwetter, und plötzlich ist da mitten im Winter und im Schmutz die kosmische Geburt des Christkindes, diese große Hoffnung, die die Neujahrsnacht um ein Haar kürzer macht, und dann sind die Schlachtfeste da und Mariä Lichtmeß, die die Nacht um zwei Haar kürzer werden läßt, und dann ist Fasnacht und der Matthäus-Jahrmarkt, da zeichnet sich im Kalender bereits ab, wann Ostern sein wird, der Weiße Sonntag und die Auferstehung, und da blühen schon längst die Salweiden und die Espen in Form von Kätzchen und langen Fasern und Fransen, dann kommt die Zeit des Säens und der Hexen und des Feuers, und dann auf einmal die Veilchen und die Maiglöckchen, da ist der Nieswurz bereits verblüht, und völlig unverhofft sind mitten in meiner Sehnsucht der Mai und die Frühlingsüberschwemmungen gekommen, und dann beginnt die Zeit, da man sich auf den Urlaub vorbereitet, dann kommt die Zeit der Rückkehr aus den Ferien, schon ist man wieder stinksauer, daß es Winter wird, und so sitze ich mitten im November da und freue mich an allen Phasen des Jahres, die ich wie Telefonnummern einstelle, denn je weiter wir uns entfernen, desto näher kehren wir zurück, um wieder an derselben Stelle zu stehen. Einst bin ich geflohen, bin vor mir selbst davongelaufen und davongefahren wie ein verrückter Motorradfahrer, der in den eigenen Schatten hineinrasen will, weil ich vergessen hatte, daß ich mich in meinen eigenen Schatten hineinlegen werde, wenn ich sterben, wenn ich schlafen, wenn ich anfangen werde, nicht mehr zu sein... |