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FTD hat noch mehr Info: die Reaktion des WJC
Aus der FTD vom 7.1.2004
EU sagt Seminar mit jüdischen Verbänden ab
Von Thomas Klau, Rainer Koch und Joachim Zepelin
Kommissionspräsident Romano Prodi hat in Dublin die Absage des Seminars zur Bekämpfung des Anti-Semitismus verteidigt. Beim jüdischen Weltkongress (WJC) stieß die Absage auf Unverständnis.
EU-Kommissionspräsident Romano Prodi (Archiv)
"Das Problem liegt nicht auf der Seite der EU-Kommission", sagte Prodi nach einem Arbeitstreffen mit dem irischen EU-Präsidenten, Premierminister Bertie Ahern in Dublin. Er habe dem Kampf gegen den Anti-Semitismus"höchste Priorität" einräumen wollen und dies auch bei einem Treffen mit europäischen Rabbinern in Brüssel deutlich gemacht. Diese hätten ihn unterstützt.
Prodi hatte das für Februar geplante Seminar am Montagabend abgesagt, nachdem die Präsidenten des Jüdischen WJC und des Europäischen Jüdischen Kongresses (EJC), Edgar Bronfman und Coby Benatoff, der EU vorgeworfen hatten, den Antisemitismus in Europa zu fördern. Beide hatten diese These in einem Meinungsbeitrag formuliert, der am Montag in der FTD und der Financial Times erschienen war. Prodi erklärte in einem der FTD vorliegenden Brief an die beiden, er sei"überrascht und schockiert":"Die Haltung, die sie in ihrem Brief zum Ausdruck gebracht haben, zwingt mich, die Vorbereitungen des geplanten Seminars auszusetzen."
Prodi weist Verantwortung für Umfragen zurück
Die beiden Vorsitzenden der größten jüdischen Dachverbände hatten sich mit ihrer Kritik auf eine EU-Umfrage bezogen, in der 59 Prozent der Befragten angekreuzt hatten, Israel stelle die größte Bedrohung für den Weltfrieden dar. Außerdem wiesen sie auf eine Studie des Berliner Zentrums für Antisemitismusforschung hin, die ergeben hatte, dass vor allem eingewanderte Muslime für den Anstieg des Antisemitismus in Europa verantwortlich seien. Durch die Nichtveröffentlichung dieser Studie habe die EU ebenso zum Antisemitismus beigetragen wie durch die Umfrage über die von Israel ausgehende Kriegsgefahr.
Prodi wies am Dienstag jede Verantwortung für die umstrittene Studie und Umfragen zurück. Diese seien von Institutionen erstellt worden, welche wie das Institut für Anti-Semitismus-Forschung in Wien unabhängig von der EU-Kommission arbeiteten.
Unverständnis beim WJC
In Prodis Umfeld in der Brüsseler Kommission wurde die Absage des Seminars mit der harschen Kritik begründet. Geplant war für die Veranstaltung zunächst ein Eröffnungsvortrag von Prodi. Hätten anschließend Bronfman oder Benatoff ihre bei der EU als Schock empfundene Kritik wiederholt, hätte das Seminar seinen Sinn verloren, hieß es. Man wolle nun abwarten, bis eine neue Grundlage für das Seminar geschaffen sei. Bei anderen EU-Kommissaren stellte man sich hinter die Entscheidung Prodis. Allerdings war dort auch Kritik an Ton und Form des schlampig und fehlerhaft geschriebenen Briefes zu hören. Dies wurde in Brüssel mit der noch laufenden Urlaubszeit zu Weihnachten erklärt.
Beim WJC reagierte man mit Unverständnis auf die Absage:"Nicht wir brauchen dieses Seminar, sondern die EU braucht es, um den Antisemitismus zu bekämpfen", sagte WJC-Vizepräsident Elan Steinberg der FTD. Die EU solle nicht über kritische Formulierungen, sondern über das Maß des Antisemitismus in Europa geschockt sein."Wir sind überrascht, dass es in der EU nicht dieselbe Empörung über den Antisemitismus gibt", so Steinberg. Er wiederholte den Vorwurf, dass die EU-Spitze ihrer moralischen und politischen Pflicht zur Bekämpfung der Judenfeindlichkeit nicht ausreichend nachkomme. Der WJC-Vizepräsident nahm Prodis Person allerdings von der Kritik aus. Es sei unglücklich, dass dies nun auf der persönlichen Ebene diskutiert werd
<ul> ~ http://www.ftd.de/pw/eu/1073230760695.html?nv=hpm</ul>
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