JoBar
06.01.2004, 22:35 |
Inflation? Geht nicht! Zumindest in Münchener Gastronomie Thread gesperrt |
-->05.01.2004 09:51 Uhr
<h3>Münchner Gastro-Krise - Zeitgeist vertreibt Weißwurst</h3>
Trotz gestiegener Preise auf den Speisekarten spitzt sich die Lage der Gastronomie dramatisch zu. Nach Informationen der SZ bewegen sich mittlerweile manche Wirte bereits am Rande der Legalität, um überleben zu können.
Von Astrid Becker
(SZ vom 5.1.2004) — Auch Ludwig Hagn, der Präsident des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands zog zum Jahresende eine düstere Bilanz: „Die Situation scheint aussichtslos.“ Besonders schlimm von der Krise betroffen sind die offenbar traditionellen bayerischen Gasthäuser.
„Die Wirte können das Geld, das sie zum Überleben brauchen, gar nicht mehr vom Gast verlangen“, sagte Hagn im Gespräch mit der SZ. Als Gründe für die gastronomische Misere nannte er die viel zu hohen Mieten, die weiter zunehmende Schwarzgastronomie zum Beispiel bei Vereinsfeiern und die Ankündigung der Brauereien, den Bierpreis Anfang kommenden Jahres zu erhöhen.
Tote Wirtshauskultur
Zudem habe sich der „Zeitgeist“ und damit auch das Konsumverhalten der Gäste verändert: „Die früher in Bayern typischen Brotzeiten am Vormittag, wie Weißwurst oder Tellerfleisch, sind kaum mehr gefragt. Die ganz normale bayerische Wirtshauskultur ist tot.“
Auch die Versuche vieler, das Mittagsgeschäft wieder anzukurbeln, hätten bisher nicht viel gebracht: „Wenn die Leute etwas essen oder trinken gehen, dann machen sie das abends.“ Die meisten würden mittags - schon allein auf Grund des gestiegenen Arbeitspensums - allenfalls beim Metzger oder Bäcker etwas einkaufen. Die Pläne, diesen Einzelhandelsbereichen zwölf Sitzplätze zu genehmigen, würden die Gastronomie nur noch weiter schädigen.
Traditionshäuser schließen
Hagns Prognose für die Zukunft: „Selbst in Ballungszentren wie München werden die Leute künftig kaum mehr einen Wirt finden, der mittags noch auf hat.“ Die einzige Möglichkeit, die Einnahmenseite wieder zu erhöhen, die Preisschraube nochmal nach oben zu drehen, sei aber nicht mehr machbar.[!] Deshalb würden auch 2004 wieder viele etablierte Restaurants und Traditionswirtshäuser dicht machen.
Um die drohende Insolvenz abzuwenden, greifen immer mehr Wirte zu nicht ganz legalen Tricks. So berichten Beschäftigte in der Gastronomie davon, nur noch teilweise auf Lohnsteuerkarte bezahlt zu werden. „Es ist mittlerweile gängige Praxis, dass man einen Teil des Gehalts unter der Hand bekommt“, erzählt ein Koch, der aus Angst, seinen Job zu verlieren, nicht genannt werden will.
Weniger Verdienst
Auch viele Kellner sind bereits an ähnliche Zahlungsweisen gewöhnt. „Ich bekomme von meinem Chef 1500 Euro, noch einmal die Hälfte davon drückt er mir seit einem Jahr jeden Monat bar in die Hand“, sagt eine Bedienung. Doch auch Gastronomen selbst sprechen offen darüber, dass sie die gestiegenen Personalkosten kaum mehr in die Kalkulation ihrer Preise aufnehmen können.
Laut Hagn fließen derzeit 50 Prozent des kalkulierten Preises in Löhne und Gehälter, in den 50er/60er Jahren seien es nur 18 Prozent gewesen: „Das Problem ist aber, dass wir weniger verdienen als damals.“
Schon jetzt haben viele Traditionslokale die Rezession nicht überlebt. So gibt es in einem Viertel aller bayerischen Gemeinden keine Dorfwirtschaft mehr. Und selbst in München, das laut Hagn im Vergleich zu anderen bayerischen Städten noch gut da stehe, haben in den vergangenen Jahren viele Gastronomen aufgegeben.
Edelgastronomie bedroht
Beispiel Innenstadt: Lokale wie das Café Arkadia, der Grüne Hof, die Pschorrbräu Bierhalle und der Domhof sind verschwunden. Auch vor der Edelgastronomie machte die Krise keinen Halt. Karl Ederers Glockenbach oder das Marstall sind nur die bekanntesten Beispiele dafür, dass auch dieses Segment nicht mehr den erwünschten Erfolg bringt.
Und ein Ende der Krise ist offenbar nicht in Sicht. Im Gegenteil, wie Hagn meint: „Auch wenn Jammern zum Geschäft gehört - es ist Fakt, dass viele Gastronomen sich selbst noch gar nicht eingestanden haben, dass sie eigentlich längst pleite sind.“
J.
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- Elli -
06.01.2004, 22:54
@ JoBar
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Re: Inflation? Geht nicht! / Niemand reagiert? |
-->>Die einzige Möglichkeit, die Einnahmenseite wieder zu erhöhen, die Preisschraube nochmal nach oben zu drehen, sei aber nicht mehr machbar.[!]Deshalb würden auch 2004 wieder viele etablierte Restaurants und Traditionswirtshäuser dicht machen.
Und genau das, was hier und anderswo geschieht, ist alles andere als der Anfang einer Inflation. Auch wenn in vielen Bereichen die Preise - notgedrungen - erhöht werden.
Wie schon oft gesagt, die administrierten Preiserhöhungen rauben woanders die Nachfrage und so lange die Löhne nicht mitziehen, kann das niemals eine große Inflation werden. In lebensnotwenigen Bereichen aber schon.
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YIHI
06.01.2004, 23:24
@ JoBar
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Re: Inflation? Geht nicht! Zumindest in Münchener Gastronomie |
-->Zeiten ändern. Ich bin überzeugt, dass die Nachfrage vorhanden wäre, wenn das Angebot stimmen würde. In einen traditionellen Gasthof Tellerfleisch essen gehen, würd ich noch nicht mal, wenn's kostenlos wär.
Ich kenne sicher ein dutzend von Lokalen hier in der Gegend, bei denen die Gäste Schlange stehen. Innovative Konzepte sind gefragt
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Euklid
07.01.2004, 10:40
@ - Elli -
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Re: Inflation? Geht nicht! / Niemand reagiert? |
-->Wenn es in vielen Dörfern in Bayern nicht eine einzige Kneipe mehr gibt wie in einem Bericht hier geschrieben dann ist es höchste Eisenbahn daß es wieder eine gibt.
Und wo soll da das Preisproblem sein ohne jede Konkurrenz?
Daß ist das Problem was viele nicht sehen wollen.
Liegt die Bauwirtschaft ganz am Boden und das tut sie zweifelsohne genügt der kleinste Funke an Auftragserhöhung um erst mal die Preise zu erhöhen.
Erst anschließend wird wieder Personal eingestellt.
Genauso ist es in allen anderen Branchen.Bei der Automobilindustrie fängt es jetzt erst an richtig weh zu tun.
Man muß die Branchen ganz gewaltig differenzieren wenn man Prognosen abgeben will.
Alle Produktionen die einen hohen Rohstoffanteil haben werden mit massiven Preisteigerungen antworten müssen oder sie werden eben Pleite gehen.
Ausdünnung der Konkurrenz ist ein Prozeß der jahrelang geht (scheinbar bei den Kneipen jetzt am Ende)
Jetzt behaute nur mal nicht daß die Preise in den Kneipen nicht schon enorm erhöht wurden.Die Teuerung dort hat doch schon längst massivst zugeschlagen mit der Einführung des Euros.
Am weitesten fortgeschritten auf dem Weg nach unten waren Bauindustrie und Kneipen sowie die Textilverarbeitung samt Schuhindustrie die praktisch in Pirmasens tot ist.
Genau mit diesen Industrien und Kneipen wird sich auch zeigen ob der Aufschwung kommt oder nicht.
Heute steht im Handelsblatt daß die Immobilien in ganz Europa speziell in Deutschland am deutlichsten zurückhängen,also billig sind.
Deswegen initiieren die Fonds auch keine Objekte.Sie hängen voll mit Geld.
Büro und Geschäftsimmobilien sind noch immer viel zu hoch im Preis,was man von Wohnimmobilien ganz und gar nicht sagen kann.
Hier werden in vielen Fällen bald die Nebenkosten die Mieten überschreiten.
Daher ein ganz klar positiver Ausblick für Wohnimmobilien die mit wenig Energie auskommen.Die Lage und der Zustand in energietechnischer Hinsicht wird immer mehr preisbestimmend sein.
Es wird immer wieder übersehen daß es Preisgrenzen sowohl nach unten wie nach oben gibt.
Nach unten dadurch daß immer mehr Konkurrenz in die Knie geht und beim ersten zarten Aufschwung plötzlich die Prese explodieren weil die Kapazitäten ausgetrocknet sind.
Gruß EUKLID
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Taktiker
07.01.2004, 11:09
@ Euklid
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steigende Preiselastizität |
-->>Liegt die... ganz am Boden und das tut sie zweifelsohne genügt der kleinste Funke an Auftragserhöhung um erst mal die Preise zu erhöhen.
Dieser Prozess der Monopolisierung funktioniert nicht mehr, DAS IST ja gerade das Kennzeichen dieser Krise und das systemzersetzende Element! In vergangenen Krisen folgte dem Ausscheiden vieler Anbieter eine sanfte Monopolisierung, verbunden mit moderatem Wiederanziehen der Preise. Davon ausgehend entwickelte sich wieder konjunktureller Schub und steigende Kaufkraft.
Das ging, weil der Haupttrend immer auf Expansion lag. Jetzt hat sich das umgekehrt und der Haupttrend sind Reduktion, Abbau, Vereinfachung. Auf jeden verschwundenen Anbieter antwortet die Nachfrage nicht mit steigender Zahlungsbereitschaft, sondern statistisch sogar mit weiter fallender. Warum? Weil dieses System die Menschen gern zu Geiseln ihrer selbst macht:"Willst Du nicht konsumieren, dann schadest Du Dir selbst! Willst Du nicht auf Zuwendungen verzichten, dann schadest Du Dir selbst!" lautet die Parole. Nun bekommt man dieses Credo zurückbezahlt: Verschwundene Anbieter sind verschwundene Kaufkraft und somit funktioniert die Remonopolisierung nicht mehr.
Und wenn es bald nur noch ein Restaurant in Deutschland geben sollte... wenn das Konsumvertrauen nur ordentlich genug zertreten worden ist, wird auch dieses mittags nicht mehr voll!
>Erst anschließend wird wieder Personal eingestellt.
Na bitte. Siehe oben!
>Alle Produktionen die einen hohen Rohstoffanteil haben werden mit massiven Preisteigerungen antworten müssen oder sie werden eben Pleite gehen.
Rohstoffe WAREN eine Story. Jetzt diesen Preistrend auf ewig festschreiben zu wollen, ist nicht klug.
>Ausdünnung der Konkurrenz ist ein Prozeß der jahrelang geht (scheinbar bei den Kneipen jetzt am Ende)
Oh, da ist noch genug Potenzial. Die großen Städte sind noch nicht annähernd erfaßt. Wenn es in Berlin für Ladenkokale noch Mietnachfrage gibt, dann sind dies Gastronomen. Wenn ich ein 0,4l-Bier für 99 Cents bekomme, können wir uns über eine Bodenbildung unterhalten.
>Jetzt behaute nur mal nicht daß die Preise in den Kneipen nicht schon enorm erhöht wurden. Die Teuerung dort hat doch schon längst massivst zugeschlagen mit der Einführung des Euros.
Vielfach wurde verteuert, aber gleichzeitig entstanden Bonusprogramme. Hol' Dir mal ne Camel-Card (camel.de). Mit der kriege ich in ausgewählten Bars Drinks zum HappyHour-Preis rund um die Uhr. Warum machen die Bars da wohl mit? Die Kartenpreise sind nur"Rack-Rates", die Premium-Preise. Wenn Du den richtigen Bonusschein in der Tasche hast, bekommst Du vieles 50% billiger. Ist so wie beim Fliegen: Die Airlines nehmen auch radikal verschiedene Preise für denselben physischen Sitz, Ticket nur anders attributiert.
Die Preiselastizitäten steigen enorm, Folge aus sich verbreiternder Schere zw. arm und reich. Wer 10h am Tag arbeitet, hat wenig Zeit, Bonuskarten zu sammeln. Wer gerade auf Kurzarbeit gestellt oder arbeitslos wurde, schon mehr. Es gibt unterschiedliche Sensitivität für Preis und Konsumkomfort. Wer preissensitiv ist, kann schon heute eine Menge sparen, oft für das physisch gleiche Produkt!!
Gruß.
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