-->Die Leute müssen nur GLAUBEN, dass sie einen Kochtopf fast geschenkt bekommen, schon bricht die Gier aus:
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Schweizer auf Schnäppchenjagd
Die „Pfannen-Trophy“, Rabattaktion einer Einzelhandelskette, lockt sogar Punktejäger aus dem Ausland an
Von Thomas Kirchner
Zürich - Die Schweizer gieren genauso nach Schnäppchen wie die Deutschen, mit denen sie sich so ungern vergleichen lassen. Manche Eidgenossen kaufen nur „Aktionen“, so heißen Billig-Angebote. Die jüngste Offensive des Einzelhändlers Coop setzt Maßstäbe: Das Unternehmen hat es innerhalb weniger Monate geschafft, statistisch gesehen jedem zweiten der sieben Millionen Schweizer einen neuen Kochtopf anzudrehen.
Pro zehn Franken Einkauf vergibt Coop seit September einen Sammelpunkt. 30 Punkte füllen ein Kärtchen, das zum Bezug einer stark verbilligten „Pfanne“ berechtigt, wie in der Schweiz der Kochtopf genannt wird. Statt 99 Franken kostet er dann nur noch 22,90. Sieben Modelle sind im Angebot. Wer sich alle holt, zahlt statt 568 nur 134 Franken. „Es läuft saumäßig gut“, sagt ein Coop-Sprecher. Mehr als zwei Millionen Töpfe seien schon verkauft worden, bis zum Ende der Aktion Mitte Februar würden es schätzungsweise 3,5 Millionen.
Die „Pfannen-Trophy“ ist ein beliebtes Gesprächsthema im Alpenland geworden. In den Supermärkten lauern Punktejäger auf nicht eingelöste Marken, im Internet werden ausgefüllte Bögen feilgeboten, und selbst in mutmaßlich konsumkritischen Wohngemeinschaften werden die Karten an die Wand gepinnt. Auch grenznah wohnende Deutsche machen mit. „Eine Pfanne kann man immer gebrauchen“, erklärt der Konzernsprecher den Kaufrausch. Frühere Aktionen mit Puppen, Teddybären oder Weingläsern waren nicht annähernd so erfolgreich.
Der Preis für das Chromnickelstahl-Kochgeschirr ist so niedrig, weil Coop ohne Gewinn kalkuliert. Den holt sich das Unternehmen anderswo, denn die „Pfannen-Trophy“ ist beste Werbung und bindet Kunden im ewigen Kampf gegen den etwas größeren Rivalen Migros. Außerdem werden die Töpfe kostengünstig in China produziert. Auf der Verpackung lässt sich diese Information nach einigem Suchen zwar finden. Die meisten Kunden sehen aber nur den 40mal größeren Markennamen „Sigg Switzerland“ und ein rot-weißes Schweizerkreuz daneben, was sie glauben lassen muss, sie hielten echte Schweizer Qualitätsarbeit in Händen.
Verbraucherschützer protestierten ausgiebig, doch niemand hat sich über diesen Etikettenschwindel mehr echauffiert als die Firma Sigg selbst, Herstellerin trendig bunter Aluminiumflaschen: Die Töpfe kommen nämlich nicht von ihr, sondern von einem Konkurrenzunternehmen, dem sie nur den bekannten Namen verkauft hat. Die China-Produktion lässt Sigg nun um den Ruf der Marke fürchten. „Wir haben damit nichts zu tun“, sagte der Konzernchef, nachdem die ersten defekten Töpfe bei ihm eingegangen waren, und drohte mit einer Klage. Vor wenigen Tagen konnten sich die Parteien außergerichtlich einigen.
Jetzt haben die Schweizer aber erst einmal genug Töpfe, denkt man. Klarer Verlierer der „Pfannen-Trophy“ sollte daher der Kochtopf-Fachhandel sein. Das Ergebnis einer kleinen Umfrage: nicht der geringste Absatz-Einbruch. Entweder ist das gelogen, oder es stand wirklich schlimm um die Ausrüstung der Schweizer Küchen.
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