-->Anbei ein Artikel ohne neue Info's, der Artikel und Link unten ist aber sehr nett. Die letzten Zeilen unten stimmen, den Artikel kann ich nicht einordnen (Satire?)
"Wenn alle Politiker, denen man Gleiches wie dem verstorbenen Uwe Barschel vorwerfen könnte, freiwillig ihr Mandat abgäben, dann gäbe es in den Parlamenten wahrscheinlich keine beschlußfähigen Mehrheiten mehr."
Ministerpräsident Franz-Josef Strauß im November 1987
In Schläfrig-Holstein gibt es neben den schon vorgestellten Staatsanwaltschaften bei den Landgerichten Filzbeck, Sprottenhausen, Rummelpott und Heiligenstädten die berühmt-berüchtigte Anklagebehörde in Lübeck, die weltweit insbesondere durch das Todesermittlungsverfahren betreffend Dr. Dr. Uwe Barschel in die Schlagzeilen geriet. Auch wenn kaum noch jemand es hören kann oder will, weil es durch eine Unzahl an Abenteuerlichkeit nicht steigerungsfähiger Medienspektakel abgedroschen ist, rechtfertigt der Anlaß und die Behandlung der Angelegenheit durch die schleswig-holsteinische Justiz eine kurze Abhandlung, um weiterhin das Typische und Symptomatische für diesen Saustall herauszuarbeiten. Dazu bedarf es nur eines Puzzles entlarvender Presseberichte im Stenogramm, die - teilweise wegen nur regionaler Verbreitung - neue bzw. doch noch überraschende Aspekte erschließen und dann auch noch den einen oder anderen Abgeordneten des Innen- und Rechtsausschusses des schleswig-holsteinischen Landtages elektrisieren. Deutlich wird dadurch auch, daß diese Art von Ermittlungstätigkeit, die Ende der achtziger Jahre die Republik in blankes Entsetzen stürzte, seit Jahr und Tag in ungebrochener Tradition Selbstverständlichkeit und Routine ist, auch wenn zwischenzeitlich seit nunmehr zehn Jahren die SPD regiert und sowohl den Generalstaatsanwalt, als auch den Justizminister bestimmt:
1963: Auf Einladung des Schülersprechers Uwe Barschel und seines Schulleiters referiert der Großadmiral und Hitlernachfolger Karl Dönitz in einem Geesthachter Gymnasium. Aufgrund der heftigen Reaktionen der Presse begehen Selbstmord:
Dr. Georg Rühsen, Oberstudiendirektor
Edo Osterloh, CDU-Kultusminister
Prof. Dr. Werner Heyde, alias Dr. Sawade, 100.000-facher Euthanasie-Mörder, den Osterloh gedeckt haben soll,
Dr. Tillmann, Mitarbeiter Heydes
20.12.1977: Der damalige SPD-Landtagsabgeordnete und spätere Justizminister Dr. Klingner wird in den Speichern der Sicherheitsdienste (BND, MAD und Verfassungsschutz) überprüft. Zu diesem Zeitpunkt war Klingner Mitglied eines Untersuchungsausschusses, der unter Vorsitz des CDU-Fraktionschefs Uwe Barschel klären sollte, warum der damalige Chef des Verfassungsschutzes in Kiel von der CDU-Landesregierung ganz unverhofft in den Ruhestand geschickt wurde. Gleichzeitig war ein in leitender Position bei einer Kieler Werft, die auch Kriegsschiffe herstellt, tätiger Diplomingenieur an die Luft gesetzt worden.
17.10.1984: Das SPD-Landtagsmitglied Hans-Jürgen Wolter versucht, ein Kriegswaffengeschäft im Umfang von über 96 Mio. US$ zu vermitteln.
Seit 1984: Waffengeschäfte der staatseigenen Kieler Howaldtswerke Deutsche Werft AG (75 % Bundesbesitz; 25 % Eigentum des Landes Schleswig-Holstein) mit Südafrika, die gegen das vom UNO-Sicherheitsrat beschlossene Waffenembargo verstoßen.
Obwohl der Straftatbestand des militärischen Geheimnisverrats auf der Hand liegt, übernimmt der Generalbundesanwalt die Ermittlungen nicht!
Seit Ende 1986: Zwei Untersuchungsausschüsse beschäftigen sich mit diesem"schwersten Rüstungsskandal in der Geschichte der Bundesrepublik". Ein Ausschußmitglied bezeichnet die illegalen Machenschaften als"eine Mischung aus Mafia, James Bond und Indianerspiel". Politiker und Regierungsbeamte in allen Positionen sind verwickelt.
Statt des Generalbundesanwalts nahm sich die Kieler Oberfinanzdirektion dieses Falles an, um nur wegen einer Ordnungswidrigkeit ein Bußgeld zu verhängen. Nach Barschels Tod wurde auch davon abgesehen, was insgesamt eine Strafanzeige wegen Rechtsbeugung nach sich zog, die der zuständige Staatsanwalt in Kiel wie folgt kommentierte:
"Strafanzeigen wegen Rechtsbeugung haben grundsätzlich querulatorischen Charakter. Diese Anzeige ist jedoch hervorragend begründet und müsse demzufolge aus der Ecke von Norbert Gansel stammen."
Fest steht, daß Uwe Barschel Sozius in der Kieler Anwaltskanzlei Moll pp. war und daß man sich dort aus juristischer Sicht unter anderem auch mit Waffenhandel beschäftigte. Schleswig-Holstein ist nun mal eine der größten Waffenschmieden in der Bundesrepublik (A. Mergen).
Bis zum Beginn der Barschel-Affäre 1987: Obwohl die Staatsanwaltschaften nach ihrem eigenen großmäuligen Selbstverständnis die"objektivsten Behörden der Welt" sein wollen, funktioniert der Rotarier Oswald Kleiner die Lübecker Anklagebehörde um in eine subjektive CDU-Parteiveranstaltung. Als ein Anlagebetrüger aus der Sippe der Frau des Ministerpräsidenten vom Landgericht Lübeck verurteilt wird, erhält dieser unmittelbar nach dem Urteilsspruch eine Privataudienz bei Kleiner zur Abstimmung des Strafantritts. Weiterhin mußte sich Kleiner mit dem öffentlich erhobenen Vorwurf auseinandersetzen, der zurückgetretene Wirtschaftsminister Biermann (zusammen mit Björn Engholm Mitglied im Ersten Lübecker Kiwanis-Club) habe im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungen gegen einen von ihm betreuten Mandanten bei der Lübecker Staatsanwaltschaft einen"wachen Schutzengel" gehabt und es grenze an ein"Justizwunder", daß der Staatsanwalt immer haarscharf an ihm vorbei ermittele.
02.12.1987: Der Landesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen Wolfgang Neskovic stellt das Sündenregister der skandalösen Fehlleistungen der Staatsanwaltschaft Lübeck u. a. wie folgt zusammen:
- Auf die Strafanzeige von Herrn Engholm am 07.09.1987 geschah praktisch gar nichts. Als dagegen am Sonntag (!), den 13.09.1987, der CDU-Generalsekretär (!) Reichardt bei Herrn Kleiner (Leitender Oberstaatsanwalt) in dessen Privatwohnung (!) anrief, erwachte dieser aus seinem"behördlichen Tiefschlaf" und aktivierte gleich fünf, später sechs Staatsanwälte zu regem Treiben.
- Während die Lübecker Staatsanwaltschaft Herrn Barschel frühzeitig Akteneinsicht verschaffte und ihm sogar die Pfeiffer-Unterlagen zugänglich machte, kam Herr Engholm nicht in diese bevorzugte Situation. Trotz mehrfacher Mahnungen wurde ihm erst sehr viel später nach entsprechenden Vorhaltungen im parlamentarischen Untersuchungsausschuß vom 22.10.1987 Akteneinsicht gewährt.
-"Spuren" in Richtung SPD wurden von der Staatsanwaltschaft offensichtlich mit besonderem Eifer verfolgt, auch wenn kein Anhaltspunkt dafür bestand. So ist man dem im Terminkalender von Pfeiffer enthaltenen Hinweis auf den SPD-Pressesprecher Nilius sehr früh nachgegangen, hingegen dem Vermerk"Stoltenberg" im gleichen Terminkalender nicht.
- Zu Beginn der Ermittlungstätigkeit hat man eine mehr"nachrichtendienstliche Informationssammlung" betrieben anstelle einer gezielten, auf den jeweiligen Straftatbestand ausgerichteten Ermittlungstätigkeit. So hat man mit einer Vielzahl von unergiebigen Zeugenvernehmungen Zeit verschwendet, anstatt unverzüglich den objektiven Beweismitteln wie Telefon- und Posteingangslisten nachzugehen. Spätestens nach der"Spiegel"-Veröffentlichung vom 14.09.1987 lag es auf der Hand, die Posteingangslisten der Staatskanzlei daraufhin zu überprüfen, ob dort - wie von Herrn Pfeiffer behauptet - eine Durchschrift der anonymen Steueranzeige gegen Engholm eingegangen war.
- Eine Zeugenvernehmung des Finanzministers Asmussen bzw. des Staatssekretärs Schleifer wurde von der Staatsanwaltschaft zunächst gar nicht vorgenommen. Der Untersuchungsausschuß hingegen hatte den Minister als einen der ersten Zeugen vernommen und kam so schon am zweiten Tag seiner Beweisaufnahme zu der Erkenntnis, daß Barschel etwas von der anonymen Anzeige gewußt haben mußte.
"Ich habe in Schleswig-Holstein, in einem ganzen Bundesland, noch keinen nichtkorrupten Anwalt, Richter oder Staatsanwalt kennengelernt, bis heute!"
Kreisoberinspektorin Marion Dellnitz, Epenwöhrden
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Die skandalöse und - unter dem Aspekt einer zumindest versuchten Strafvereitelung - kriminelle Ermittlungstätigkeit der Staatsanwaltschaft Lübeck wurde gekrönt durch das dummdreiste Auftreten einiger Staatsanwälte vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuß.
Dem Staatsanwalt Lienshöft wurde vorgehalten, warum er in der Vernehmung des Scheidungsanwalts Peperkorn (Mitglied der SPD) nach einer eventuellen Parteimitgliedschaft gefragt hat. Der äußerlich adrette Strafverfolger zeigt sich als Heißsporn, beißt zurück und gibt allgemein-politische Erklärungen ab, wonach nur Pfeiffer und Engholm als Täter bzw. Teilnehmer in Betracht kämen.
Der Behördenleiter Kleiner bestreitet vor dem Untersuchungsausschuß wahrheitswidrig, daß längst ein Akteneinsichtsgesuch des Engholm-Anwalts vorliege. Er offenbart seine strafrechtliche Unfähigkeit, weil er nicht auf die naheliegende Idee gekommen sein will, gegen Schwarzkopf wegen Untreue zu ermitteln, der die Privatdetektive zur Bespitzelung von Engholm aus der Firmenkasse bezahlt hatte. Letztlich leistete Kleiner den Offenbarungseid seines juristischen Selbstverständnisses, für ihn seien die Begriffe"Täter" und"Tatverdächtige" gleichbedeutend.
Den absolut peinlichsten Auftritt vor dem Untersuchungsausschuß leistete sich Staatsanwalt Struck, der Engholm nach seiner Zeugenvernehmung in einem nachgeschobenen Vermerk eine Aussage unterjubelte, die Barschels Konkurrent tatsächlich nicht gemacht hatte. Engholm hatte lediglich erklärt, Pfeiffer nicht gekannt und nichts mit ihm zu tun gehabt zu haben, während Struck ihm mit seinem Nachtragsvermerk andichtete, er habe diese Unwissenheit auch für die gesamte schleswig-holsteinische SPD bekundet. Struck wird von den Abgeordneten des Untersuchungsausschusses in ein stundenlanges Kreuzverhör genommen, bis er nur noch ein schwitzendes und zitterndes Nervenbündel ist, voller Unruhe, mit belegter Zunge und stotternd muß er unter anderem bekennen, an dem Tag der Engholm-Vernehmung"wirklich nicht in Höchstform" gewesen zu sein (C. Schnibben).
Von besonderem Interesse dürfte die Kenntnis sein, daß Struck jedenfalls zu Beginn seiner Staatsanwaltstätigkeit SPD-Mitglied war!
"Die Lübecker Justiz ist... das Musterbeispiel einer nationalsozialistischen Gemeinschaft."
Dr. Curt Rothenberger
1935 - 1942 OLG-Präsident in Hamburg
1937 - 1942 Gau-Rechtsamtsleiter
1942 - 1943 Staatssekretär im Reichsjustizministerium
Als Barschel dann"den Bach runterging" und nicht mehr zu halten war, paßte CDU-Kleiner seine staatsanwaltschaftliche Pressepolitik diesen veränderten Umständen listig an. Barschel sollte wegen seines ruchbar gewordenen Gebrauchs starker Angstlöser und Betäubungsmittel in die Ecke des Nichtschuldfähigen gestellt werden. Mit der Presseverlautbarung über die Medikamentenabhängigkeit von Uwe Barschel hat die Lübecker Staatsanwaltschaft gleichzeitig gegen mehrere Bestimmungen des BGB, des Landespressegesetzes und der Richtlinien der Landesjustizminister über öffentliche Erklärungen von Staatsanwaltschaften sowie gegen ein Urteil des Bundesgerichtshofes verstoßen, wurde seinerzeit von dem Hersteller des Medikaments"Tavor" zutreffend angemerkt.
"In der Beförderungspraxis muß sichtbar - und zwar geräuschlos - werden, daß unsere Regierung CDU-Freunde am ehesten für geeignet hält, CDU-Politik an Ort und Stelle zu verwirklichen.
Dr. Dr. Uwe Barschel, 1974
Zum krönenden Abschluß ließ die (angeblich überparteiliche und unabhängige) CDU-Regionalpresse Anfang Dezember 1987 verkünden:
"Der Generalstaatsanwalt in Schleswig, Gerhard Teschke, hat jegliche Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft Lübeck zurückgewiesen, die Ermittlungen in der Barschel-Pfeiffer-Affäre würden politisch einseitig geführt. Aus unmittelbarer persönlicher Kenntnis wisse er, daß der Verdacht, die Staatsanwaltschaft in Lübeck habe sich einer einseitigen, gar parteipolitischen Sicht der Dinge unterworfen, durch nichts gerechtfertigt sei. Er weise entschieden den Verdacht zurück, daß sich die Staatsanwaltschaft von anderen Überlegungen als denen des Rechts habe leiten lassen. Sie sei aber kein Befehlsempfänger für Andersdenkende. Die Staatsanwälte hätten sich bis an den Rand ihrer physischen Leistungsfähigkeit eingesetzt und könnten die Verdächtigungen jetzt nur noch mit Bitterkeit aufnehmen."
So ein verlogener Betonkopf hatte es dann auch nicht besser verdient, als politischer Beamter umgehend abgesägt zu werden, was allerdings ein wüstes Wutgeheul seiner schwarzen Gesinnungsgenossen hervorrief.
04.01.1988: Die Staatsanwaltschaft Lübeck teilt mit, es gäbe keine Hinweise auf eine Fremdbeteiligung am Tode Uwe Barschels.
02.03.1993: Prozeßbeginn gegen Herwig Ahrendsen, einst stellvertretender Regierungssprecher und Intimus von Uwe Barschel. Die Anklage wirft ihm die Abgabe von falschen eidesstattlichen Versicherungen in drei Fällen vor. Er hatte erst vor dem Untersuchungsausschuß unter erdrückender Beweislast eine Falschaussage eingeräumt. Fast vier Jahre lang hatte die Sache beim Kieler Landgericht geschmort. Die Justiz zeigte von Anfang an wenig Neigung zu diesem Verfahren.
10.03.1993: Sondersitzung des Landtages zur Einrichtung des"Schubladen"-Untersuchungsausschusses, für den erst einmal die gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden müssen. Die SPD will verhindern, Engholms zeitigere Kenntnis von Pfeiffers Machenschaften aufzuklären, während die CDU die Durchleuchtung von Stasi-Verbindungen des Uwe Barschel und von diversen Waffenschiebereien fürchten muß.
1993: Auch Werner Kalinka verbreitet in seinem Buch"Der Fall Barschel" das Lügenmärchen, die Lübecker Staatsanwaltschaft sei mit Engholm absolut korrekt umgegangen. Weiterhin entblödet er sich nicht, Barschels Stellvertreter Schwarz als"loyal, geradlinig und mit festen Grundsätzen" darzustellen. Tatsächlich war Schwarz jedenfalls in seiner Zeit als Justizminister ein krimineller Strafvereiteler, weil er u. a. die Straftaten der sog."Klempnerkammer" gedeckt hatte, die bereits unterschriebene Beschlüsse auseinanderschnippelte und überklebte. Einige Jahre später erhält Kalinka ein hohes Parteiamt in der CDU.
05.01.1995: Die Familie des verstorbenen Ministerpräsidenten legt Wert auf die öffentliche Feststellung, man könne im Bereich von Waffengeschäften Barschel nicht alles zur Last legen, was er an Erbe (z. B. von Stoltenberg) übernommen habe.
23.02.1995: Der Leitende Oberstaatsanwalt Wille (SPD) läßt die Gauck-Behörde aufgrund eines"dürren Beschlusses" des Amtsgerichts Lübeck durchsuchen; außerdem auch noch die Privatwohnung des zuständigen Referatsleiters, wozu eine richterliche Ermächtigung nicht vorliegt. Der Gipfel der Peinlichkeit ist erreicht, als dem Staatsanwalt anhand des Benutzerprotokolls nachgewiesen werden kann, daß er die"gesuchte" Akte bereits 1993 gelesen habe.
Der Durchsuchungsbeschluß des Amtsgerichts Lübeck war offenkundig rechtswidrig, da nach der eindeutigen Gesetzeslage ausschließlich das Oberverwaltungsgericht Berlin zuständig war.
25.03.1995: Das nachfolgende Gespräch zwischen Gauck und Generalstaatsanwalt Ostendorf endet mit einem Waterloo für Wille. Alles war rechtswidig und der Vorwurf, die Gauck-Behörde habe Unterlagen zurückgehalten, war unberechtigt.
07.03.1995: Eine Stasi-Mitarbeiterin berichtet vor dem Untersuchungsausschuß von verzweifelten Telefonaten des Uwe Barschel nach den Enthüllungen im September 1987. Er bat Parteifreunde händeringend um Unterstützung und äußerte, die in Bonn würden ihn kennenlernen, wenn man ihn fallen lasse.
21.04.1995: Das Fernsehmagazin"Monitor" hat beim KGB in Moskau recherchiert, Barschel sei als Waffenhändler tätig gewesen und habe 1984 in der DDR Embargo-Geschäfte in Millionenhöhe abgeschlossen. Oberstaatsanwalt Wille behauptet zeitgleich, Mord sei wahrscheinlicher als Selbstmord, woraufhin er postwendend von Generalstaatsanwalt Ostendorf einen Maulkorb verpaßt bekommt.
13.06.1995: Barschels Schwester offenbart dem Untersuchungsausschuß, schon lange vor 1987 sei es zum Bruch zwischen ihrem Bruder und Stoltenberg gekommen, weil sich Uwe Barschel vom damaligen Bundesfinanzminister beim U-Boot-Deal von HDW mit Südafrika hintergangen gefühlt habe. Der"schlimme Finger" sei Finanzstaatssekretär Schleifer, über den ihr Bruder im Oktober 1987 gesagt habe, er möchte um nichts in der Welt in dessen Haut stecken.
Der katholische Theologe Johannes Rothkranz und der - wohl eher als schillernde Persönlichkeit einzustufende - Werner Joachim Siegerist (ehemals Chefreporter der"Hör zu" im Hause des Oberfreimaurers Axel Cäsar Springer, Vorsitzender einer konservativen Sammlungsbewegung und fanatischer Verfolger Willy Brandts) behaupten, Barschel sei Freimaurer gewesen. Letzterer führt aus, Uwe Barschel, der als junger Mann von einem großen Förderer in die Freimaurerbewegung gelotst wurde, wollte sich von diesem in Waffengeschäfte verwickelten Kreis vermutlich befreien... Außerdem sei es Tatsache, daß alle Mitglieder in der Familie Barschel bereits wenige Tage nach dessen Tode von mehreren Seiten den Hinweis erhielten: Uwe Barschel ist von Freimaurern umgebracht worden. Es war eine klassische und rituelle Hinrichtung...
Der frühere Verfassungsschutz-Präsident Werthebach folgte zum dritten Mal nicht der Ladung vor den Landtagsausschuß.
21.09.1995: Der zwielichtige Privat-Agent Werner Mauss hatte der Schweizer Justiz erzählt, er habe sich vom 09. bis 13.10.1987 im benachbarten Hotel"Richemond" aufgehalten. Tatsächlich soll Mauss am frühen Nachmittag des 11.10.1987 einen Ortswechsel vorgenommen haben, und zwar mit der Begründung,"er müsse für ein paar Tage abtauchen, um dem Trubel um Barschels Tod zu entgehen".
28.12.1995: 20 % aller Parlamentarier und 31 % der SPD-Abgeordneten haben den"Saustall dicke" und kandidieren nicht mehr für die nächste Legislaturperiode. Zu den"Abgängern" zählt Justizminister Dr. Klingner, der bekennen muß,"Politiker" sei zu einem Schimpfwort geworden und die Bezeichnung als"Betrüger" erscheine ihm fast schon schmeichelhaft.
01.10.1996: Während seines Urlaubs in Südfrankreich läßt sich Wille mit einem als eher dubios eingeschätzten journalistischen Nachrichtenhändler ein. Wille soll illegal Aktenstücke aus den Barschel-Ermittlungen weitergegeben haben. Wille räumt ein, in einer"Grauzone" gehandelt zu haben. Das gegen sich selbst eingeleitete disziplinarische"Selbstreinigungsverfahren" zieht er schnell wieder zurück. Seine dienstliche Erklärung gegenüber dem Justizministerium ist völlig unzureichend. Dann wächst Gras über die Sache!
15.11.1996: Zwei ehemalige Privatdetektive, die Engholm bespitzelt hatten, werden neun Jahre (!) nach der Barschel-Affäre vom Kieler Landgericht vom Vorwurf der Falschaussage freigesprochen. Das Gericht hatte angeblich keine sicheren Beweise für eine Verurteilung finden können, was zum einen eine CDU-nahe Wertung darstellt und zum anderen nach neun Jahren Justiz-Tiefschlaf kein Wunder wäre.
November 1996: Mauss wird in Kolumbien verhaftet. Er hat nicht nur reichlich Pässe bei sich, sondern auch einen Waffenschein auf den Namen"Michael Möllner". Mauss war im Zusammenhang mit dem Justizskandal Düe wegen Verfolgung Unschuldiger angeklagt worden. In Belgien wurde er 1995 wegen Korruption und Führung falscher Personalien zu zwei Jahren Haft verurteilt, später aber freigesprochen. Zu seinen Rechtsbeiständen gehörte der frühere Bundesinnenminister Hermann Höcherl (CSU) der schon 1963 mit der berufsbezogenen Erklärung an die Ã-ffentlichkeit getreten war,"er laufe nicht immer nur mit dem Grundgesetz unter dem Arm herum". Es ist kein Wunder, daß Mauss seit 1994 beste Beziehungen zu Staatssekretär 008, alias Schmidbauer, unterhält, der Frau Mauss selbstverständlich mit"Bussi-Bussi" begrüßt.
17.12.1996: Wille will Mauss im kolumbianischen Knast vernehmen.
19.12.1996: Generalbundesanwalt Nehm hat sich von Generalstaatsanwalt Ostendorf über den Ermittlungsstand in Sachen Barschel unterrichten lassen.
19.12.1996: In einer zwölfstündigen Parlamentsdebatte bezeichnen kolumbianische Abgeordnete Werner Mauss als"weltweit berüchtigten Kriminellen" und als"Mistdreck". Im kolumbianischen Knast ist der Volksschulabsolvent völlig verstört und rechnet wohl mit einer langjährigen Freiheitsstrafe.
09.01.1997: Wille will Ex-Bundesinnenminister Friedrich Zimmermann als Zeugen vernehmen, weil dieser im Fernsehmagazin"Report" die Vermutung geäußert hatte, Barschel sei nach seiner Meinung ermordet worden. Wille gleitet also völlig von der Rolle; um so mehr, weil"Old Schwurhand" für seine relativ unkorrekten Aussagen schon bei der Justiz bekannt ist."Meineidbauer" darf man ihn leider aufgrund gerichtlicher Verbote nicht nennen, weil Landwirt ein ehrenwerter Beruf ist.
24.01.1997: Im Justizministerium herrscht Chaos. Am Morgen wird Wille von den Barschel-Ermittlungen entbunden. Am Nachmittag des gleichen Tages wird er wieder eingesetzt. Generalstaatsanwalt Ostendorf hatte eine Dienstreise nach Kolumbien, um Mauss im Gefängnis zu vernehmen, abgelehnt. Ostendorf wollte die weitere Sachbearbeitung mit der Auflage zügiger Einstellung einem Flensburger Oberstaatsanwalt übertragen.
25.01.1997: Einhellig fordert der Landtag die Fortsetzung der Ermittlungen. Insbesondere die Neulinge im Parlament reiben sich die Augen und sprechen von einem"Verfall der politischen Kultur". Die Schwarzen kramen in alten Pressemitteilungen, um dem Justizminister Rücktritt nahe zu legen. Die Roten schlagen zurück. Von"parteiopportunistischer Geschwätzigkeit und staatstragender Heuchelei" der Schwarzen ist die Rede. Dem justizpolitischen Sprecher der CDU, ein unverehelichter Major der Reserve, wird vorgeworfen, er habe eine Vogelscheuche aufgestellt und stehe jetzt als Terrier davor und kläffe.
26.01.1997: Generalstaatsanwalt Ostendorf erklärt vor der Personalversammlung seiner Behörde, er denke nicht an Rücktritt.
29.01.1997: Ostendorfs Stellvertreter, der pechschwarze Lorenzen, der schon mit höhnischen Beleidigungen gegenüber Wille hervorgetreten war, kritisiert öffentlich die Entscheidung des Justizministers, die vom gesamten Landtag gebilligt wurde, weil diese der Generalstaatsanwaltschaft"offenbar strafbares Handeln zutrauen würden". Lorenzen fährt beschwichtigend fort, man müsse das Parlament aber entschuldigen, weil es im Fall Barschel traumatisiert sei und deshalb irrational handele. Lorenzen hat offenbar die entscheidenden Stunden im Fach Staatsbürgerkunde gefehlt oder geschlafen. Souverän ist das Volk vertreten durch die Parlamente und man darf sich nur wünschen, der Stellvertreter des Generalstaatsanwalts sei auch politischer Beamter, damit man diesen ruckzuck ohne Angabe von Gründen wegen dieser Unverschämtheit vor die Tür setzen könnte.
02.02.1997: Wille hat es sogar zum Experten in Sachen Margarine und Mayonnaise gebracht, weil eine der vielen Ablenkungsspuren zu einem Mafia-Zeugen führte, der allerdings seine Erinnerung an den Namen"Barschel" mit einer Salatcrememarke begründete, die es seinerzeit noch nicht gab.
04.02.1997: Justizminister Walter empört sich, ein Ermittlungsverfahren sei keine"Zirkusnummer", weil sich Ostendorf und Wille gegenseitig über die Presse Ermittlungsdetails um die Ohren hauen, um ihre jeweilige Eitelkeit zu befriedigen.
09.02.1997: Dem Justizminister liegt eine massive Beschwerde der Generalbundesanwaltschaft vor, weil im Zuge der Kieler Auseinandersetzungen sogar Hinweise auf einen geschützten Mafia-Zeugen an die Presse lanciert worden seien. Die Angehörigen von Uwe Barschel erstatten Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Ostendorf, da dieser es zu verantworten habe, daß im Todesfall Barschel zunächst sechs Jahre in Schleswig-Holstein überhaupt nicht ermittelt worden sei und daß Wille exakt in dem Zeitpunkt von den Ermittlungen entbunden werden sollte, als der Generalbundesanwalt um unterstützende Übernahme des Verfahrens gebeten wurde.
12.04.1997: Bereits mit Schreiben der Kriminalpolizeidirektion München vom 10.11.1987 war die Staatsanwaltschaft Lübeck auf die Person des Josef Messerer hingewiesen worden, dessen Auto bei einem Rotlichtverstoß erwischt worden war und der sich insoweit für sein Alibi auf seinen Aufenthalt in Genf gemäß seinem Kalenderblatt bezog, wo auch von"Barschel" und seinem (?)"Ende" die Rede war. Dieser international tätige Waffenhändler hatte bereits 1995 gegenüber Kriminalbeamten davon gesprochen, daß Barschel mit Hilfe einer Whiskyflasche aus der Minibar des Hotelzimmers ein zweiter Medikamentencocktail verabreicht worden sei. Tatsächlich fanden Toxikologen in der leeren Flasche verdünnte Reste eines Medikamentes - aber erst nach der Aussage des Waffenhändlers.
Deshalb müßte von Rechts wegen im Bundeskanzleramt und beim BND in Pullach eine Durchsuchung erfolgen, weil sich (auch) dort Kopien des Films über Barschels Ermordung befinden sollen.
14.04.1997 im"Spiegel": Seite an Seite saßen Wille und Ostendorf, beide 51, jahrelang in sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaften und brüteten über Justizreformen für eine bessere Welt. Das ist vorbei. Gern lassen die beiden einstigen Weggefährten in vertrauter Runde durchblicken, was sie von einander halten. Wille über Ostendorf:"Der General hat doch null praktische Erfahrung." Ostendorf über Wille:"Der Mann ist ein Verschwörungstheoretiker."
Derartiges hatte es auch schon mal unter den Schwarzen gegeben, als Oberstaatsanwalt Hamsterbacke seinen Chef Lütt Matten sen. halböffentlich einen"ermittlungstechnischen Tölpel" nannte, womit er zwar inhaltlich recht hatte; allerdings saß er, was eine gesetzeskonforme Amtsführung anbetraf, völlig nackicht im Glashaus und von daher wurde es überwiegend nicht als ungerecht empfunden, daß er für diese Respektlosigkeit in die arbeitsintensive Abteilung der Amtsanwälte strafversetzt wurde.
15.04.1997: Rücktritt des Generalstaatsanwalts Ostendorf, der sich von Wille"gelinkt" und von Justizminister Walter"ausgetrickst" fühlt. Außerdem beschuldigt er seinen Justizminister des Wortbruchs; dieser habe nämlich die von ihm mit Bauchschmerzen mitgetragene Ermittlungsvereinbarung zur Beilegung des Streits zwischen Wille und ihm nicht eingehalten.
Interessant, wie Sozis so miteinander in aller Ã-ffentlichkeit umgehen!
23.05.1997: Justizminister Walter auf der Suche nach einem neuen"General". Die Leiterin der Staatsanwaltschaft Itzehoe, Holle-Eva Löhr, winkt ebenso ab, wie Ostendorfs neuer Vize Wolfgang Müller-Gabriel.
25.06.1997: Der parteilose Erhard Rix aus Hannover wird neuer Chefankläger.
31.12.1997: Zur Jahreswende erhält Ostendorf von der CDU-Regionalpresse Lobgesänge zum Abschied. Er wird weiterhin mit der Äußerung zitiert,"Wille habe sich verrannt und jage auf abstrusen Spuren einem Phantom nach". Jetzt forsche er an der Kieler Universität und erfreue sich"hohen Ansehens". Mit dieser mafiosen Andeutung soll offenbar honoriert werden, daß er seine einst integere sozialdemokratische Gesinnung für Staatsräson und Korpsgeist geopfert hat.
19.01.1998: Die Ermittlungen im Todesfall Uwe Barschel sollen noch in diesem Frühjahr endgültig beendet werden.
Willes hartnäckige Ermittlungen haben die an Vertuschung interessierten Kreise letztendlich dadurch leerlaufen lassen, daß man ihm durch viele - teilweise wohl auch lancierte - Spuren reichlich Sand in die Augen gestreut hat, so daß Wille letztendlich gar nicht mehr kritisch beurteilen konnte, was man ernsthaft verfolgen sollte und was man von vornherein als Ente besser gleich in die Schublade"lachende Justiz" hätte packen sollen. Es ist davon auszugehen, daß der Bundesnachrichtendienst weder sein vollständiges Wissen, noch seine vollständigen Dokumente offengelegt hat.
"Man muß kein Prophet sein, um zu erkennen, daß der Lübecker Oberstaatsanwalt Wille mutmaßt, der BND enthalte ihm wichtige Informationen vor. Nun, Wille hat recht, denn in der Mordnacht soll sich nach Angaben eines ranghohen Bonner Beamten mindestens ein BND-Mitarbeiter der Abteilung I (operative Aufklärung) in Barschels Hotel aufgehalten haben, möglicherweise sogar mehrere. Es muß somit eine Barschel-Akte beim BND über die Vorkommnisse in der Mordnacht geben. Jenem ranghohen deutschen Beamten, der in diesem Zusammenhang Aussagen machen könnte, würde im Falle, daß er dies täte, der Verlust seiner Pension und seines Arbeitsplatzes drohen, denn er ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Zudem erhielt er einen Anruf, in dem schlicht auf"die hohe Zahl der Verkehrstoten in Deutschland" hingewiesen wurde. Dann verschaffte sich auch noch ein Unbefugter Zutritt zu seiner Wohnung. Dieser durchsuchte die Wohnung nicht, sondern legte ganz offenkundig ausschließlich Wert darauf, einen deutlichen Hinweis für sein Eindringen zu hinterlassen..."
Udo Ulfkotte:"Verschlußsache BND", S. 19f
Wer sich tiefergehend mit den - wenn auch nicht letztendlich gesicherten - Fakten der Aufklärung des Falles"Barschel" beschäftigen will, mag die Darstellungen des Bundesministers a.D. Dr. Andreas von Bülow:"Im Namen des Staates - CIA, BND und die kriminellen Machenschaften der Geheimdienste", 1998 (S. 135-140) und von Victor Ostrovsky:"Geheimakte Mossad", 1994 (S. 284-303) nachlesen oder die Veröffentlichung des langjährigen SSW-Landtagsabgeordneten Karl Otto Meyer abwarten und sich in der Zwischenzeit dänische Sprachkenntnisse aneignen.
Wir schließen mit der Feststellung von Clark:
"Wirtschaftsverbrechen (und dazu zählt der Waffenhandel) sind die verderblichsten aller Verbrechen. Vertrauensträger erweisen sich als nicht vertrauenswürdig; die Bevorrechteten als die Unehrlichsten. Wie kein anderes Verbrechen stellt die Wirtschaftskriminalität unsere Moral in Frage. In einer brutalen Welt wird jeder brutal; in einer korrupten Welt wird jeder korrupt."
Wer die ahnungslosen CDU-Abgeordneten im Ausschuß erlebte und sie nicht allesamt für grandiose Schauspieler halten will, muß davon ausgehen, daß es in der Bundesrepublik nicht Regierungsparteien gibt, sondern Regierungscliquen. Wer vom grenzenlosen Mißtrauen der Sozialdemokraten gegen die eigenen Parteigenossen hörte, mag auch in diesen Reihen nicht recht an demokratische Verhältnisse glauben. Wer das Taktieren der FDP mit ansah, kann nur den Kopf schütteln über deren verzweifelte Sehnsucht nach Glaubwürdigkeit. Wer die Unfähigkeit der Grünen erlitt, in dieser Affäre eine positive Rolle zu spielen, muß an ihrer alternativen Substanz zweifeln. Wer im Ausschuß den obskuren Vertretern der Wählergemeinschaften lauschte, wird staunen darüber, welche Gestalten sich mit Erfolg auf der politischen Bühne tummeln. Wer den Minister aus Bonn und die Minister aus Kiel hörte, wird das Zusammentreffen von soviel Macht und solcherart Charakterlosigkeit in diesen gesellschaftlichen Höhen fürchten. Wer schließlich den Vorstellungen hoher Staatsbeamter beiwohnte, muß die ganze Affäre für eine Staatsaffäre halten.
Der Störfall Barschel ist ein Sonderfall, und er ist es doch nicht. Dr. Dr. Uwe Barschel war besonders machtbesessen, seine trüben Tricks waren besonders dämlich, seine rechte Hand war besonders unzuverlässig, seine Staatsdiener waren besonders unterwürfig und seine Minister besonders loyal, aber die Verhältnisse, die Barschel zu seinen Machenschaften trieben und sie ihm ermöglichten, die existieren nicht nur in Kiel.
Cordt Schnibben <font color=#FF0000>vom Spiegel?!</font>
<ul> ~ Es gibt doch freie Infos?!?!?!?!? Gligge auf unten auf *weiter Inhalte*</ul>
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