-->
Mit Rekordbeträgen gegen eine Erstarkung des Yen
Japans Regierung hat im Januar erneut mit einem rekordhohen Betrag gegen eine rasche Verteuerung des Yen gegenüber dem Dollar interveniert. Kritiker monieren, dass Tokio die Gefahr einer starken Landeswährung überschätzt und die Wirtschaft gegenüber den Fluktuationen des Yen-Dollar-Kurses deutlich resistenter geworden ist.
Mit ständig noch höheren Beträgen rennt Japans Regierung seit geraumer Zeit gegen die unerwünschte Erstarkung des Yen - bzw. die Abschwächung des Dollars - an. Wie am Freitagabend veröffentlichte Regierungsstatistiken zeigen, hat das Finanzministerium zu diesem Zweck allein im Januar die Rekordsumme von 7,2 Bio. Yen (85 Mrd. Fr.) eingesetzt. Nie zuvor verwendete Tokio in einem einzigen Monat mehr Geld zur Verhinderung einer raschen Verteuerung der Landeswährung; der bisherige Höchstwert war im vergangenen September registriert worden, als die Zentralbank, die auf Geheiss des Finanzministeriums die Devisenmarktinterventionen durchführt, 5,1 Bio. Yen zur Schwächung des Dollars eingesetzt hatte.
Längst verpuffter Überraschungseffekt
Am Markt hat man sich in den vergangenen Monaten an die Eingriffe gewöhnt, und der Überraschungseffekt ist längst verpufft. Zur Stützung des Yen-Dollar-Wechselkurses sind daher ständig höhere Summen notwendig. Mit den Interventionen vom Januar hat man bereits mehr als einen Drittel jenes Betrages ausgegeben, der im gesamten vergangenen Kalenderjahr für Devisenmarktinterventionen zur Verfügung stand. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass die Regierung zur Äufnung der Kriegskasse bereits ein Sonderbudget ausgearbeitet hat. Damit die Munition nicht ausgeht, stellt das Finanzministerium der Zentralbank zudem erstmals seit 17 Jahren einen Teil seiner riesigen Bestände an amerikanischen Schatzanleihen leihweise zur Verfügung.
An der Erstarkung des Yen hat das Anrennen der Regierung auf den ersten Blick aber wenig verändert. Im Jahr 2003 verlor der «Greenback» gegenüber dem Yen um 10% an Wert, und im laufenden Jahr setzte sich der Trend unverändert fort; am vergangenen Dienstag notierte dabei der Dollar auf dem tiefsten Wert seit drei Jahren, nämlich bei 105,45 Yen pro Dollar. Für Kritiker ist dies bereits Beweis genug, dass die Interventionen der Bank of Japan vollkommen wirkungslos sind. Verteidiger halten dem entgegen, dass ein Abseitsstehen der Währungshüter eine ungleich raschere Yen-Erstarkung zur Folge hätte; der Chefökonom eines ausländischen Investmenthauses hat überschlagsmässig berechnet, dass ohne die Interventionen Tokios ein Dollar derzeit schon für 75 Yen einzutauschen wäre.
Grössere Resistenz der Exporteure?
Wer von beiden Seiten Recht hat, lässt sich nicht entscheiden. Die in den vergangenen Tagen vorgelegten Unternehmensabschlüsse für das vierte Kalenderquartal 2003 zeigen jedoch, dass die Yen-Erstarkung die Gewinne der japanischen Industrie nicht stark in Mitleidenschaft gezogen hat. Einige Ã-konomen ziehen den Schluss, dass der schädigende Einfluss des starken Yen auf die - u. a. von den Exporteuren unterstützte - Konjunkturerholung von der Regierung überschätzt wird. Zu ihnen gehören auch die Volkswirte von Goldman Sachs. Sie halten für die These der wachsenden Resistenz der japanischen Wirtschaft gegenüber Fluktuationen des Yen-Dollar-Kurses nicht zuletzt zwei Argumente parat:
Das erste basiert auf den Richtungsänderungen der Handelsströme. Flossen noch Anfang der neunziger Jahre 32% von Japans Exporten in die USA, beträgt diese Quote derzeit nur noch knapp 25%. Dafür wächst die Bedeutung von Asien mit hohem Tempo. Bereits ist Asien für 46% von Japans Ausfuhren verantwortlich, wobei nur ein kleiner Teil dieser Transaktionen in Dollar denominiert wird. Das zweite Argument berücksichtigt, dass immer mehr japanische Unternehmen ihre Produktionsstätten ins Ausland verlagern. Die Herstellung «japanischer» Produkte erfolgt daher immer öfter nach folgendem Schema: Eine im Ausland ansässige Tochter importiert Produktionsgüter aus Japan, verarbeitet diese weiter und exportiert sie schliesslich in alle Welt, u. a. auch nach Japan. Währungsfluktuationen werden somit quasi betriebsintern neutralisiert. Dies spiegelt sich auch darin, dass schon über ein Drittel von Japans Exporten mit Lieferungen an ausländische Töchter zu erklären ist.
QUELLE
Neue Zürcher Zeitung
http://www.nzz.ch/2004/01/31/bm/page-article9DN9Q.html
|