-->Demokratie, der Gott, der keiner ist
Autor: Hans-Hermann Hoppe
Das demokratische Zwangsmonopol und die Vorzüge der Privatrechtsgesellschaft
Libertäre Strategie gegen die Allmacht des Staates
Von Gunnar Sohn
In den USA sorgt der libertäre Wirtschaftswissenschaftler Hans-Hermann Hoppe mit seinem provokanten Buch „Democracy - The God That Failed“ bereits in der fünften Auflage für erhitzte Debatten. Nun liegt das Werk in deutscher Übersetzung vor: Der Titel „Demokratie - Der Gott,der keiner ist“ deutet schon an, dass der Autor eine intellektuelle Zeitbombe zünden will. Hoppe ist Lehrstuhlnachfolger des legendären Murray N. Rothbard an der Universität in Las Vegas, dem Begründer der konsequentesten Freiheitslehre unserer Tage - Libertarianism genannt. Wie Rothbard steht auch Hoppe in der Tradition der Ã-sterreichischen Schule der Nationalökonomie, die von Ludwig von Mises in die USA exportiert wurde. Während seine geistigen Vorbilder Mises und Rothbard die Demokratie trotz scharfer Kritik an deren Schwächen für einen Fortschritt gegenüber dem Feudalismus hielten, sieht Hoppe sie als „zivilisatorischen Abstieg“. Entscheidend sei dabei das unterschiedliche Eigentums-Bewusstsein des Monarchen im Vergleich mit den politischen Eliten der Massendemokratie. So führt der Autor aus:
„Als Erbmonopolist betrachtet der Fürst das Territorium und das Volk unter seiner Gerichtsbarkeit als sein persönliches Eigentum und betreibt eine monopolistische Ausbeutung seines Eigentums. Unter der Demokratie verschwindet die Ausbeutung nicht. Auch wenn es jedermann erlaubt ist der Regierung beizutreten, wird der Unterschied zwischen Herrschern und Beherrschten nicht eliminiert. Regierung und Regierte sind nicht ein und dieselben Personen. Anstatt eines Fürsten, der das Land als sein Privateigentum betrachtet, wird ein vorübergehender austauschbarer Verwalter in monopolistischer Leitungsposition eingestellt. Sowohl Erbfürsten wie auch demokratische Verwalter können ihre laufenden Ausgaben durch höhere Steuern steigern. Doch ein Fürst tendiert dazu, Steuererhöhungen dann zu vermeiden, wenn diese zum Kapitalverzehr führen - zu einem Sinken des diskontierten Gegenwartswerts des Kapitalstocks, dessen Eigentümer er ist. Im Gegensatz dazu zeigt ein Verwalter keine solche Zurückhaltung. Während er das gegenwärtige Steuereinkommen besitzt, ist er doch nicht der Besitzer des Kapitals, mittels dessen sein Einkommen erzielt wird - andere besitzen dieses Kapital. Entsprechend geht das Maß der Besteuerung unter demokratischen Bedingungen weit über das unter fürstlicher Herrschaft erreichte Niveau hinaus“.
Programmiert sei somit auch die Entwicklung zum umverteilenden Wohlfahrtsstaat. In feudalen Zeiten hingegen wurden Staatsausgaben als die persönlichen Ausgaben des Monarchen betrachtet, die er aufgrund seiner Position auf sich nimmt. Er war mit Eigentumsrechten ausgestattet, die ihm ein Einkommen sicherten. Es ist ungefähr so, als würde von einer Regierung unserer Zeit erwartet, dass sie ihre normalen Ausgaben aus den Einnahmen der im Staatsbesitz befindlichen Industrien deckt. Das Gegenteil ist der Fall. Anstatt den Wert des Regierungsbesitzes zu erhalten oder gar zu steigern, wie es ein Privateigentümer täte, wird ein vorübergehender Verwalter einer demokratischen Regierung so schnell wie möglich so viele Ressourcen wie nur möglich aufbrauchen, denn was er nicht jetzt konsumiert, wird er nach seiner Abwahl möglicherweise niemals konsumieren können. Als Beispiel führt Hoppe die Entwicklung der Staatsausgaben, Steuerlast, Geldmenge, Staatsbediensteten und Gesetzesflut an. Selbst zur Zeit des Ersten Weltkrieges lag der Anteil der Regierungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt in Deutschland selten über 10 Prozent. Im deutlichen Gegensatz dazu wuchsen mit Beginn des demokratisch-republikanischen Zeitalters die Gesamtausgaben im Verlauf der 1920er Jahre auf 20 bis 30 Prozent an und ab Mitte der 1970er Jahre erreichten sie generell etwa 50 Prozent. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts lag der Anteil der Regierungsbeschäftigten nur bei drei Prozent. In den 1970er Jahre waren es 15 Prozent. Dazu Hoppe:
„Nach mehr als einem Jahrhundert Zwangsdemokratie sind die vorhersehbaren Resultate offensichtlich. Die Eigentümern und Produzenten auferlegte Steuerlast lässt die ökonomische Last von Sklaven und Leibeigenen vergleichsweise moderat erscheinen. Regierungsschulden sind auf atemberaubende Höhen gestiegen. Gold ist durch Regierungspapiergeld ersetzt worden, dessen Wert kontinuierlich gesunken ist. Jede Einzelheit des Privatlebens, Eigentums, Handels und von Verträgen wird durch ständig wachsende Berge von Papierrecht (Gesetzgebung) reguliert. Im Namen sozialer, öffentlicher oder nationaler Sicherheit ‚beschützen’ unsere Verwalter uns vor globaler Erwärmung und Abkühlung, dem Aussterben von Tieren und Pflanzen, vor Ehemännern und -frauen, vor Eltern und Arbeitgebern, zahllosen öffentlichen Feinden und Gefahren. Die einzige Aufgabe jedoch, die eine Regierung jemals annehmen sollte - unser Leben und Eigentum zu schützen -, wird von
unseren Verwaltern nicht erfüllt. Je höher die Ausgaben für soziale, öffentliche und nationale Sicherheit gestiegen sind, umso mehr sind unsere Privateigentumsrechte erodiert worden, umso mehr ist unser Eigentum enteignet, beschlagnahmt, zerstört und entwertet worden und umso mehr wird uns die Grundlage jeden Schutzes entzogen: persönliche Unabhängigkeit, wirtschaftliche Stärke und privates Vermögen. Je mehr Papierrechte produziert wurden, umso mehr Rechtsunsicherheit und moralisches Risiko ist erzeugt worden.“
Hoppe ist mitnichten ein Monarchist. Er hält beide - Monarchie und Demokratie - für „defekte Sozialordnungen“ und streitet mit zwingender Logik für eine „natürliche Ordnung“, eine Privatrechtsgesellschaft, die Freiheit und Eigentum der Person sowie ihr Streben nach Glück schützt. Sein Plädoyer für den bedingungslosen Schutz der Privatrechte ist kein Angriff auf die Demokratie. Im Fokus seiner Kritik stehen die allmächtigen Apparatschicks, die mit demokratischer Legitimation kräftig in die Kasse greifen auf Kosten der Allgemeinheit. Hoppe steht dabei mit seiner fundamentalen Abrechnung nicht alleine."Die Parteien haben unseren Staat fest im Griff und bedienen sich nach Belieben", skizziert beispielsweise der ehemalige BDI-Chef Olaf Henkel die Lage. Es ist ein uneinnehmbares Interessenkartell, wenn es um die Verteidigung von gemeinsamen Pfründen geht. Die Parteifunktionäre, oder nach dem Duktus von Hoppe, die Verwalter, zersetzen die Fundamente des Staates. Das hat der Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich August von Hayek schon vor über zwei Jahrzehnten gesehen: Die heute praktizierte Form der Demokratie ist für ihn ein Synonym für den Prozess des Stimmenkaufs, für das Schmieren und Belohnen von unlauteren Sonderinteressen. Ein Auktionssystem, in dem alle paar Jahre die Macht der Gesetzgebung denen anvertraut wird, die ihren Gefolgsleuten die größten Sondervorteile versprechen. Es werden Kumpaneien gepflegt, die der gegenseitigen Absicherung bei Fehlverhalten dienen - wer klüngelt, verteilt! Landtage und Bundestag haben sich zu Basaren und Umverteilungsagenturen gewandelt - eine Börse von Gruppeninteressen auf Gegenseitigkeit. Für Hoppe sind die Systemdefizite der Demokratie allerdings kein Grund, auf einen ökonomischen Zusammenbruch zu hoffen. Die Zustände könnten dann schlimmer statt besser werden. Was zusätzlich zu einer Krise notwendig ist, sind Ideen - richtige Ideen - und Menschen, die in der Lage sind, sie zu verstehen und zu verwirklichen, wenn die Gelegenheit dazu kommt. Hoppe verweist auf die Geistesgrößen Etienne de la Boétie, David Hume und Ludwig von Mises. Sie erkannten, dass die Macht der Regierung, ob eines Fürsten oder eines Verwalters, letzten Ende auf Meinung statt auf bloßer physischer Macht beruht. Die Regierungsagenten stellen immer nur einen kleinen Anteil der sich unter ihrer Kontrolle stehenden Bevölkerung dar, ob unter fürstlicher oder demokratischer Herrschaft. Wenn die Macht einer Regierung jedoch nur auf Meinung und zustimmender Kooperation ruht, dann kann jede Regierung auch durch eine schlichte Meinungsänderung und die Ausübung bloßer Willenskraft gestürzt werden. Für Hoppe genügt der massenhafte Entzug der Zustimmung:
„Dass heißt, um der Regierung ihre Macht zu entreißen und sie auf den Status einer freiwilligen Mitgliederorganisation zurückzustutzen, ist es nicht notwendig, die Herrschaft zu übernehmen, gewalttätige Schlachten gegen sie zu führen oder gar Hand an die eigenen Herrscher zu legen. Die zu tun würde das Prinzip des Zwangs und der aggressiven Gewaltanwendung, dem das gegenwärtige System unterliegt, nur bestätigen und unweigerlich zum bloßen Austausch einer Regierung oder eines Tyrannen führen,“ so Hoppe.
Er plädiert stattdessen für einen Akt der persönlichen Sezession. Im modernen Jargon könnte man auch von Liebesentzug sprechen. „Die Entscheidung zu sezedieren bedeutet, dass man die Zentralregierung als illegitim erachtet und sie und ihre Agenten entsprechend als rechtlose Agentur und ‚fremde’ Besatzungsmacht behandelt. Das heißt, wenn von ihr gezwungen, gibt man nach, aus Klugheit und aus keinem anderen Grund als dem der Selbsterhaltung, aber man tut nichts, um ihre Handlungen zu unterstützen oder zu erleichtern. Man versucht soviel Eigentum wie möglich zu behalten und zahlt sowenig Steuern wie möglich. Man betrachtet das Staatsrecht, alle Gesetzgebung und Regulation als null und nichtig und ignoriert es wo immer möglich. Man arbeitet nicht für die Regierung und stellt sich ihr nicht freiwillig zur Verfügung, weder ihrer Exekutive, Legislative oder Judikative, und man verkehrt mit keinem, der dies tut. Man beteiligt sich nicht an der Politik der Zentralregierung und trägt nichts zum Betrieb der politischen Maschinerie bei. Man unterstützt keine politische Partei oder politische Kampagne, noch hilft man Organisationen, Agenturen, Stiftungen oder Denkfabriken, die mit dem Leviathan kooperieren oder von ihm finanziert werden“, führt der Autor in seinem Buch aus.
Der antietatistische Stratege Hoppe gleicht dem Anarchen aus Ernst Jüngers Roman Eumeswil oder auch Bartleby, der rätselhaften Figur von Herman Melville: „I would prefer not to.“ Ich möchte mich nicht definitiv auf etwas festlegen, ich möchte mir die Freiheit erhalten, einen Rückzieher zu machen, wenn mir etwas nicht passt. Betrachtet man die tagesaktuellen Eskapaden der Politiker, so erscheint Hoppes Empfehlung der staatlichen Enthaltsamkeit überhaupt nicht abwegig: Im vergangenen Jahr überraschte SPD-Fraktionschef Franz Müntefering die Ã-ffentlichkeit mit der Forderung:"Weniger für den privaten Konsum - und dem Staat Geld geben, damit Bund, Länder und Gemeinden ihre Aufgaben erfüllen können". Der Staat soll noch mehr Finanzen von den Bürgern absaugen, um seine Funktionen weiter auszudehnen. Müntefering kommt einem dabei vor, wie die französische Königin Marie Antoinette, die dem nach Brot hungernden Volk empfahl,"doch Kuchen zu essen". Man weiß, wie derlei Hochmut endet. Nun muss die politische Klasse unserer Tage nicht mehr die Guillotine befürchten. Aber was passiert, wenn die braven Steuerbürger in einer konzertierten Aktion der Forderung des sozialdemokratischen Vordenkers folgen und den Konsum verweigern? Das Ancien Régime würde aus den Latschen kippen. Kein Konsum, keine Steuern. Die Ã-ffentlichkeit erkennt dann sehr schnell die Nacktheit des Kaisers mit den neuen Kleidern. Ein Sturm auf die Bastille ist überhaupt nicht erforderlich.
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Hans-Hermann Hoppe, Demokratie - Der Gott, der keiner ist, Verlag Manuskriptum, Waltrop und Leipzig 2003, 547 Seiten, 24,80
Euro.
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-->unserer nur zu bekannten Problematik.
Gruß
m
>Demokratie, der Gott, der keiner ist
>Autor: Hans-Hermann Hoppe
>Das demokratische Zwangsmonopol und die Vorzüge der Privatrechtsgesellschaft
>Libertäre Strategie gegen die Allmacht des Staates
>Von Gunnar Sohn
>In den USA sorgt der libertäre Wirtschaftswissenschaftler Hans-Hermann Hoppe mit seinem provokanten Buch „Democracy - The God That Failed“ bereits in der fünften Auflage für erhitzte Debatten. Nun liegt das Werk in deutscher Übersetzung vor: Der Titel „Demokratie - Der Gott,der keiner ist“ deutet schon an, dass der Autor eine intellektuelle Zeitbombe zünden will. Hoppe ist Lehrstuhlnachfolger des legendären Murray N. Rothbard an der Universität in Las Vegas, dem Begründer der konsequentesten Freiheitslehre unserer Tage - Libertarianism genannt. Wie Rothbard steht auch Hoppe in der Tradition der Ã-sterreichischen Schule der Nationalökonomie, die von Ludwig von Mises in die USA exportiert wurde. Während seine geistigen Vorbilder Mises und Rothbard die Demokratie trotz scharfer Kritik an deren Schwächen für einen Fortschritt gegenüber dem Feudalismus hielten, sieht Hoppe sie als „zivilisatorischen Abstieg“. Entscheidend sei dabei das unterschiedliche Eigentums-Bewusstsein des Monarchen im Vergleich mit den politischen Eliten der Massendemokratie. So führt der Autor aus:
>„Als Erbmonopolist betrachtet der Fürst das Territorium und das Volk unter seiner Gerichtsbarkeit als sein persönliches Eigentum und betreibt eine monopolistische Ausbeutung seines Eigentums. Unter der Demokratie verschwindet die Ausbeutung nicht. Auch wenn es jedermann erlaubt ist der Regierung beizutreten, wird der Unterschied zwischen Herrschern und Beherrschten nicht eliminiert. Regierung und Regierte sind nicht ein und dieselben Personen. Anstatt eines Fürsten, der das Land als sein Privateigentum betrachtet, wird ein vorübergehender austauschbarer Verwalter in monopolistischer Leitungsposition eingestellt. Sowohl Erbfürsten wie auch demokratische Verwalter können ihre laufenden Ausgaben durch höhere Steuern steigern. Doch ein Fürst tendiert dazu, Steuererhöhungen dann zu vermeiden, wenn diese zum Kapitalverzehr führen - zu einem Sinken des diskontierten Gegenwartswerts des Kapitalstocks, dessen Eigentümer er ist. Im Gegensatz dazu zeigt ein Verwalter keine solche Zurückhaltung. Während er das gegenwärtige Steuereinkommen besitzt, ist er doch nicht der Besitzer des Kapitals, mittels dessen sein Einkommen erzielt wird - andere besitzen dieses Kapital. Entsprechend geht das Maß der Besteuerung unter demokratischen Bedingungen weit über das unter fürstlicher Herrschaft erreichte Niveau hinaus“.
>Programmiert sei somit auch die Entwicklung zum umverteilenden Wohlfahrtsstaat. In feudalen Zeiten hingegen wurden Staatsausgaben als die persönlichen Ausgaben des Monarchen betrachtet, die er aufgrund seiner Position auf sich nimmt. Er war mit Eigentumsrechten ausgestattet, die ihm ein Einkommen sicherten. Es ist ungefähr so, als würde von einer Regierung unserer Zeit erwartet, dass sie ihre normalen Ausgaben aus den Einnahmen der im Staatsbesitz befindlichen Industrien deckt. Das Gegenteil ist der Fall. Anstatt den Wert des Regierungsbesitzes zu erhalten oder gar zu steigern, wie es ein Privateigentümer täte, wird ein vorübergehender Verwalter einer demokratischen Regierung so schnell wie möglich so viele Ressourcen wie nur möglich aufbrauchen, denn was er nicht jetzt konsumiert, wird er nach seiner Abwahl möglicherweise niemals konsumieren können. Als Beispiel führt Hoppe die Entwicklung der Staatsausgaben, Steuerlast, Geldmenge, Staatsbediensteten und Gesetzesflut an. Selbst zur Zeit des Ersten Weltkrieges lag der Anteil der Regierungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt in Deutschland selten über 10 Prozent. Im deutlichen Gegensatz dazu wuchsen mit Beginn des demokratisch-republikanischen Zeitalters die Gesamtausgaben im Verlauf der 1920er Jahre auf 20 bis 30 Prozent an und ab Mitte der 1970er Jahre erreichten sie generell etwa 50 Prozent. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts lag der Anteil der Regierungsbeschäftigten nur bei drei Prozent. In den 1970er Jahre waren es 15 Prozent. Dazu Hoppe:
>„Nach mehr als einem Jahrhundert Zwangsdemokratie sind die vorhersehbaren Resultate offensichtlich. Die Eigentümern und Produzenten auferlegte Steuerlast lässt die ökonomische Last von Sklaven und Leibeigenen vergleichsweise moderat erscheinen. Regierungsschulden sind auf atemberaubende Höhen gestiegen. Gold ist durch Regierungspapiergeld ersetzt worden, dessen Wert kontinuierlich gesunken ist. Jede Einzelheit des Privatlebens, Eigentums, Handels und von Verträgen wird durch ständig wachsende Berge von Papierrecht (Gesetzgebung) reguliert. Im Namen sozialer, öffentlicher oder nationaler Sicherheit ‚beschützen’ unsere Verwalter uns vor globaler Erwärmung und Abkühlung, dem Aussterben von Tieren und Pflanzen, vor Ehemännern und -frauen, vor Eltern und Arbeitgebern, zahllosen öffentlichen Feinden und Gefahren. Die einzige Aufgabe jedoch, die eine Regierung jemals annehmen sollte - unser Leben und Eigentum zu schützen -, wird von
>unseren Verwaltern nicht erfüllt. Je höher die Ausgaben für soziale, öffentliche und nationale Sicherheit gestiegen sind, umso mehr sind unsere Privateigentumsrechte erodiert worden, umso mehr ist unser Eigentum enteignet, beschlagnahmt, zerstört und entwertet worden und umso mehr wird uns die Grundlage jeden Schutzes entzogen: persönliche Unabhängigkeit, wirtschaftliche Stärke und privates Vermögen. Je mehr Papierrechte produziert wurden, umso mehr Rechtsunsicherheit und moralisches Risiko ist erzeugt worden.“
>Hoppe ist mitnichten ein Monarchist. Er hält beide - Monarchie und Demokratie - für „defekte Sozialordnungen“ und streitet mit zwingender Logik für eine „natürliche Ordnung“, eine Privatrechtsgesellschaft, die Freiheit und Eigentum der Person sowie ihr Streben nach Glück schützt. Sein Plädoyer für den bedingungslosen Schutz der Privatrechte ist kein Angriff auf die Demokratie. Im Fokus seiner Kritik stehen die allmächtigen Apparatschicks, die mit demokratischer Legitimation kräftig in die Kasse greifen auf Kosten der Allgemeinheit. Hoppe steht dabei mit seiner fundamentalen Abrechnung nicht alleine."Die Parteien haben unseren Staat fest im Griff und bedienen sich nach Belieben", skizziert beispielsweise der ehemalige BDI-Chef Olaf Henkel die Lage. Es ist ein uneinnehmbares Interessenkartell, wenn es um die Verteidigung von gemeinsamen Pfründen geht. Die Parteifunktionäre, oder nach dem Duktus von Hoppe, die Verwalter, zersetzen die Fundamente des Staates. Das hat der Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich August von Hayek schon vor über zwei Jahrzehnten gesehen: Die heute praktizierte Form der Demokratie ist für ihn ein Synonym für den Prozess des Stimmenkaufs, für das Schmieren und Belohnen von unlauteren Sonderinteressen. Ein Auktionssystem, in dem alle paar Jahre die Macht der Gesetzgebung denen anvertraut wird, die ihren Gefolgsleuten die größten Sondervorteile versprechen. Es werden Kumpaneien gepflegt, die der gegenseitigen Absicherung bei Fehlverhalten dienen - wer klüngelt, verteilt! Landtage und Bundestag haben sich zu Basaren und Umverteilungsagenturen gewandelt - eine Börse von Gruppeninteressen auf Gegenseitigkeit. Für Hoppe sind die Systemdefizite der Demokratie allerdings kein Grund, auf einen ökonomischen Zusammenbruch zu hoffen. Die Zustände könnten dann schlimmer statt besser werden. Was zusätzlich zu einer Krise notwendig ist, sind Ideen - richtige Ideen - und Menschen, die in der Lage sind, sie zu verstehen und zu verwirklichen, wenn die Gelegenheit dazu kommt. Hoppe verweist auf die Geistesgrößen Etienne de la Boétie, David Hume und Ludwig von Mises. Sie erkannten, dass die Macht der Regierung, ob eines Fürsten oder eines Verwalters, letzten Ende auf Meinung statt auf bloßer physischer Macht beruht. Die Regierungsagenten stellen immer nur einen kleinen Anteil der sich unter ihrer Kontrolle stehenden Bevölkerung dar, ob unter fürstlicher oder demokratischer Herrschaft. Wenn die Macht einer Regierung jedoch nur auf Meinung und zustimmender Kooperation ruht, dann kann jede Regierung auch durch eine schlichte Meinungsänderung und die Ausübung bloßer Willenskraft gestürzt werden. Für Hoppe genügt der massenhafte Entzug der Zustimmung:
>„Dass heißt, um der Regierung ihre Macht zu entreißen und sie auf den Status einer freiwilligen Mitgliederorganisation zurückzustutzen, ist es nicht notwendig, die Herrschaft zu übernehmen, gewalttätige Schlachten gegen sie zu führen oder gar Hand an die eigenen Herrscher zu legen. Die zu tun würde das Prinzip des Zwangs und der aggressiven Gewaltanwendung, dem das gegenwärtige System unterliegt, nur bestätigen und unweigerlich zum bloßen Austausch einer Regierung oder eines Tyrannen führen,“ so Hoppe.
>Er plädiert stattdessen für einen Akt der persönlichen Sezession. Im modernen Jargon könnte man auch von Liebesentzug sprechen. „Die Entscheidung zu sezedieren bedeutet, dass man die Zentralregierung als illegitim erachtet und sie und ihre Agenten entsprechend als rechtlose Agentur und ‚fremde’ Besatzungsmacht behandelt. Das heißt, wenn von ihr gezwungen, gibt man nach, aus Klugheit und aus keinem anderen Grund als dem der Selbsterhaltung, aber man tut nichts, um ihre Handlungen zu unterstützen oder zu erleichtern. Man versucht soviel Eigentum wie möglich zu behalten und zahlt sowenig Steuern wie möglich. Man betrachtet das Staatsrecht, alle Gesetzgebung und Regulation als null und nichtig und ignoriert es wo immer möglich. Man arbeitet nicht für die Regierung und stellt sich ihr nicht freiwillig zur Verfügung, weder ihrer Exekutive, Legislative oder Judikative, und man verkehrt mit keinem, der dies tut. Man beteiligt sich nicht an der Politik der Zentralregierung und trägt nichts zum Betrieb der politischen Maschinerie bei. Man unterstützt keine politische Partei oder politische Kampagne, noch hilft man Organisationen, Agenturen, Stiftungen oder Denkfabriken, die mit dem Leviathan kooperieren oder von ihm finanziert werden“, führt der Autor in seinem Buch aus.
>Der antietatistische Stratege Hoppe gleicht dem Anarchen aus Ernst Jüngers Roman Eumeswil oder auch Bartleby, der rätselhaften Figur von Herman Melville: „I would prefer not to.“ Ich möchte mich nicht definitiv auf etwas festlegen, ich möchte mir die Freiheit erhalten, einen Rückzieher zu machen, wenn mir etwas nicht passt. Betrachtet man die tagesaktuellen Eskapaden der Politiker, so erscheint Hoppes Empfehlung der staatlichen Enthaltsamkeit überhaupt nicht abwegig: Im vergangenen Jahr überraschte SPD-Fraktionschef Franz Müntefering die Ã-ffentlichkeit mit der Forderung:"Weniger für den privaten Konsum - und dem Staat Geld geben, damit Bund, Länder und Gemeinden ihre Aufgaben erfüllen können". Der Staat soll noch mehr Finanzen von den Bürgern absaugen, um seine Funktionen weiter auszudehnen. Müntefering kommt einem dabei vor, wie die französische Königin Marie Antoinette, die dem nach Brot hungernden Volk empfahl,"doch Kuchen zu essen". Man weiß, wie derlei Hochmut endet. Nun muss die politische Klasse unserer Tage nicht mehr die Guillotine befürchten. Aber was passiert, wenn die braven Steuerbürger in einer konzertierten Aktion der Forderung des sozialdemokratischen Vordenkers folgen und den Konsum verweigern? Das Ancien Régime würde aus den Latschen kippen. Kein Konsum, keine Steuern. Die Ã-ffentlichkeit erkennt dann sehr schnell die Nacktheit des Kaisers mit den neuen Kleidern. Ein Sturm auf die Bastille ist überhaupt nicht erforderlich.
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>Hans-Hermann Hoppe, Demokratie - Der Gott, der keiner ist, Verlag Manuskriptum, Waltrop und Leipzig 2003, 547 Seiten, 24,80
>Euro.
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