-->[img][/img]
<IMG src="http://www.sueddeutsche.de/muenchen/bildstrecke/276/26250/image_fmbg_0_3.jpg" alt="http://www.sueddeutsche.de/muenchen/bildstrecke/276/26250/image_fmbg_0_3.jpg">
<IMG src="http://www.sueddeutsche.de/muenchen/bildstrecke/276/26250/image_fmbg_0_5.jpg" alt="http://www.sueddeutsche.de/muenchen/bildstrecke/276/26250/image_fmbg_0_5.jpg">
<IMG src="http://www.sueddeutsche.de/muenchen/bildstrecke/276/26250/image_fmbg_0_7.jpg" alt="http://www.sueddeutsche.de/muenchen/bildstrecke/276/26250/image_fmbg_0_7.jpg">
http://de.news.yahoo.com/040206/286/3vdtc.html
Mehr als 160 Demonstranten von Polizei festgesetzt Zweite Zusammenfassung
München (AP) Mehrere hundert Kriegsgegner haben am Freitag in München gegen die 40. Sicherheitskonferenz demonstriert. Die Polizei nahm 26 Teilnehmer fest, unter anderem wegen Waffenbesitz, Beleidigung oder Widerstand gegen Beamte. 135 weitere Demonstranten wurden vorübergehend in Gewahrsam genommen, wie die Polizei am Abend nach Ende der Proteste mitteilte. Sie hätten versucht, die Straße zu blockieren, andere hätten Widerstand geleistet oder sich vermummt, sagte ein Sprecher.
Die Stimmung war dem Sprecher zufolge vorübergehend sehr aufgeheizt. Verletzte gab es jedoch keine, lediglich ein Beamter wurde mit Pfefferspray besprüht.
Die Polizisten drängten die Demonstranten an mehreren Stellen von den Fahrbahnen; dabei setzten sie auch Pfefferspray ein. Die Konferenzgegner hatten am Nachmittag zum Protest eine Menschenkette rund um das Tagungshotel in der Innenstadt gebildet. Nach Angaben der Veranstalter beteiligten sich daran mehr als 1.000 Menschen, laut Polizei waren es 500.
+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
http://www.jungewelt.de/2004/02-07/011.php
07.02.2004
Inland
Nick Brauns
Gegen Militarisierung der EU
München: Ã-ffentliche Friedenskonferenz diskutiert Alternativen zur herrschenden »Sicherheitspolitik«
Parallel zur NATO-Sicherheitskonferenz findet in München eine »Internationale öffentliche Friedenskonferenz« statt. Organisiert wurde die Veranstaltung, auf der alle wesentlichen internationalen Konfliktherde behandelt werden sollen, von der Deutschen Friedensgesellschaft, ATTAC und kirchlichen Gruppen.
Friedensbewegung und PDS hätten die »Emanzipation« der EU von den USA zu lange positiv gesehen, kritisierte der Friedensaktivist und Journalist Andreas Zumach beim Auftaktplenum am Donnerstag abend in der mit 500 Zuhörern vollbesetzten Kreuzkirche. Die EU-Politik sei nicht grundsätzlich anders als die der USA einzuschätzen. Auf dem Amsterdamer EU-Gipfel 1997 sei die Militarisierung der EU beschlossen worden, und im EU-Verfassungsentwurf werde eine »Pflicht zur Aufrüstung« formuliert. Für die Zukunft befürchtet Zumach militärische Konflikte zwischen Europa und den USA in Form von Stellvertreterkriegen um kaukasische Ã-lvorkommen.
Zumach äußerte sich auch zum bewaffneten Widerstand gegen die Besatzung im Irak. Dieser sei völkerrechtlich zweifellos legitim. Da dem bewaffneten Widerstand allerdings eine emanzipatorische Perspektive fehle, lehne er eine politische Unterstützung wie beispielsweise durch die Kampagne »10 Euro für den irakischen Widerstand« ab. Zumach plädierte für eine »internationale Sicherheitspräsenz« durch UNO-Truppen im Irak.
Für Damu Smith von der afroamerikanischen Organisation Black Voices for Peace ist der irakische Widerstand eine logische Konsequenz aus dem Verhalten der Besatzungstruppen. Allerdings seien auch die US-Soldaten, die gegen ihren Willen in den Krieg geschickt wurden, Opfer der Bush-Politik. Die Bush-Administration habe mit der illegalen Besetzung Afghanistans und Iraks und dem Scheitern der Roadmap im Palästina-Konflikt einen außenpolitischen Scherbenhaufen hinterlassen. Die kommende Präsidentschaftswahl sei daher die »vielleicht wichtigste Wahl« in der Geschichte der USA.
Vor einem Atomkrieg warnte die ukrainische Journalistin und ehemalige Beraterin des russischen Präsidenten Boris Jelzin, Alla Jaroshinskaja. Da der Atomwaffensperrvertrag »ein Patient im Sterben« sei, komme Nichtregierungsorganisationen entscheidende Bedeutung zu, um Druck in Richtung atomarer Abrüstung zu machen. Eine Stellungnahme zur russischen Tschetschenien-Politik vermied die Trägerin des Alternativen Nobelpreises.
Israel müsse aufhören, seine Existenz aus der Bibel oder dem Holocaust zu rechtfertigen, forderte der israelische Historiker Omri Kaplan von der Friedensbewegung Gush Shalom. Israel solle sich im Nahen Osten integrieren. Die Anerkennung des von Israel verursachten Leides der Palästinenser und deren Recht auf einen eigenen Staat seien Vorausetzungen für Frieden. Von der arabischen Seite forderte Kaplan, das Existenzrecht Israels anzuerkennen, den Konflikt von der religiösen auf die politische Ebene zu heben und die Relativierung des Holocaustes zu beenden.
+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
http://www.jungewelt.de/2004/02-07/005.php
07.02.2004
Thema
Rainer Rupp
Die NATO und der »größere Mittlere Osten«
Die geplante Interventionsarmee der EU wird vorerst nur als Subunternehmen der NATO für den Export von »Demokratie, Freiheit und Marktwirtschaft« in der ganzen Welt kämpfen
Mitte Januar dieses Jahres hatte US-Vizepräsident Dick Cheney auf seinem Rückweg vom Weltwirtschafsforum in Davos bei seinem Freund Silvio Berlusconi in Rom Station gemacht. Dort forderte er, die europäischen NATO-Staaten im Blick, »alle zivilisierten Führer« Europas auf, den USA zu helfen, den Ländern des Mittleren Ostens »Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu bringen«. Der große Führer Italiens hatte seine Zivilisiertheit bereits Anfang Dezember unter Beweis gestellt, als er seine Bundesgenossen in der Europäischen Union beschwor, »in Zukunft als Exporteure von Demokratie und Freiheit in der ganzen Welt zu intervenieren«. In »Fällen wie dem Irak« müsse die »Gemeinschaft der Demokratien auch bereit sein, Gewalt anzuwenden«.
Auch der neue niederländische Generalsekretär der NATO, Jaap de Hoop Scheffer, drängt inzwischen vehement darauf, daß die Kriegsallianz im Mittleren Osten »Verantwortung« übernimmt, insbesondere im Irak und natürlich an der Seite der Amerikaner, um der zehntausend Jahre alten Kultur zwischen Euphrat und Tigris endlich die richtige, die westlich-amerikanische Zivilisation beizubringen. Wenn die Amerikaner am 1. Juli erst einmal formal die Macht an die Iraker übergeben hätten, dann sollte es auch den Gegnern des Irak-Krieges, Deutschland und Frankreich, möglich sein, den Bitten einer »legitimen irakischen Regierung« nachzukommen und sie mit einer militärischen NATO-Mission zu unterstützen.
Die Marschrichtung ist somit vorgezeichnet. Sobald die amerikanischen Besatzer in Bagdad die Macht an eine von ihnen »demokratisch« bestimmte »unabhängige« Marionettenregierung übergeben haben, wird diese die »internationale Staatengemeinschaft«, wie sich die NATO seit ihrem Angriffskrieg gegen Jugoslawien gerne nennt, um »brüderliche Hilfe« bitten. Dieser Bitte wird die NATO gerne nachkommen, denn inzwischen drängen auch deutsche und französische Konzerne immer heftiger darauf, im Irak »helfen« zu dürfen. Auch Bundeskanzler Schröders lautes Nachdenken über die Entsendung deutscher Soldaten in den Irak für humanitäre Aufgaben geht in diese Richtung.
Strategische Neuausrichtung
Das Projekt »NATO in den Irak« stellt jedoch nur einen Teil der nicht nur von den Amerikanern seit langem verfolgten strategischen Neuausrichtung der Kriegsallianz im Rahmen des sogenannten Konzepts des »Greater Middle East«, des »größeren Mittleren Ostens« dar, das spätestens Ende Juni auf dem NATO-Gipfel in Istanbul abgesegnet werden soll. In diesem Zusammenhang erwartet Washington nach dem Vorbild des NATO-Einsatzes in Afghanistan von den europäischen Verbündeten Unterstützung und Entlastung bei der Durchsetzung von »Demokratie und freier Marktwirtschaft« in der gesamten Region des Nahen und Mittleren Ostens, bis nach Zentralasien mit seinen reichen Ã-l- und Rohstoffvorkommen.
Nach der Auflösung des Warschauer Vertrags und dem anschließenden Auseinanderbrechen der Sowjetunion zeigte das angeblich so friedliebende, zur »kollektiven Verteidigung« gegründete Nordatlantische Bündnis schnell sein wahres Gesicht als Interventions- und Angriffsbündnis. Wurde zuvor noch darauf bestanden, daß der Zweck des Bündnisses die Verteidigung der territorialen Grenzen der Mitgliedsstaaten war, so müssen jetzt die »nationalen Interessen« der Konzerne und die »gemeinsamen Werte« der westlichen Zivilisation fern der eigenen Grenzen »verteidigt« werden, z. B. am Hindukusch, wie Bundesinteressenverteidigungsminister Struck unlängst klargestellt hat.
Allerdings geschieht dies weder im Alleingang noch im rein europäischen Verbund, sondern stets als Subunternehmer und Befehlsempfänger Washingtons. Denn nur in Kooperation mit den wirklich global agierenden USA und nicht gegen sie haben die europäischen Konzerne eine Chance, ihre weltweiten Interessen zu sichern. Im Gegenzug dient die NATO den USA als Transmissionsriemen zur Durchsetzung von US-Interessen bei der Neuordnung Europas und als Lieferant von Kanonenfutter für amerikanische Kriege.
Nach Ende des Kalten Krieges, zu einer Zeit, als bürgerliche Medien noch von der »Friedensdividende« schwärmten, verlangte Washington von der NATO ein Engagement über ihre bisherige Sicherheitsdoktrin in Europa hinaus. »Out of area or out of business«, lautete das griffige Schlagwort des amerikanischen Senators Richard Lugar: »Einsätze auch außerhalb des Bündnisgebietes oder keine Geschäfte mehr.« Zwar stieß diese neue Allianzparole zunächst nicht nur in Frankreich und Deutschland auf ein geteiltes Echo, die Clinton-Regierung setzte sich aber mit der Verabschiedung des »Neuen Strategischen Konzeptes« (NSK) der NATO am 28. April 1999 in Washington bei der feierlichen Sitzung anläßlich des 50. Jahrestages der NATO-Gründung auf ganzer Linie durch.
Kraft NSK mandatiert sich nun die US-geführte NATO, jederzeit und überall auf der Welt militärisch zu intervenieren, falls dort ihre vage definierten Sicherheitsinteressen »verteidigt« werden müssen. Auch »humanitäre« Krisen, werden zur moralischen Rechtfertigung von Interventionen angeführt. Aber mit Artikel 24 des NSK wird der Moralschleier der »humanitären Kriege« ein wenig gelüftet. Das gibt den Blick frei auf das tatsächlich zugrundeliegende Konzept, nämlich den altbekannten imperialistischen Raubkrieg. Denn, so heißt es in Artikel 24 des NSK, »die Sicherheitsinteressen des Bündnisses können von Risiken umfassender Natur berührt werden,... einschließlich der Unterbrechung der Zufuhr lebenswichtiger Ressourcen«. Die NATO beansprucht bei ihren Interventionen sogar das »Recht« auf den Ersteinsatz von Nuklearwaffen, falls das angegriffene Land sich mit allen Mitteln zu wehren versucht.
Die EU-Interventionsarmee
Während die Staatsoberhäupter und Regierungschefs der NATO-Mitgliedsländer in Washington das »Neue Strategische Konzept« auf dem Papier absegneten und, so der ehemalige Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Lothar Rühl, den Wandel der NATO zur »offensiv operierenden Interventionsallianz« feierten, setzten die NATO-Kampfflieger diese neue Strategie mit Bomben auf Belgrad bereits in die Tat um. Der US-Regierung unter Präsident William Clinton war es damit gelungen, die NATO-Europäer dazu zu bringen, »den Rubikon von der gemeinsamen Verteidigung des europäischen Bündnisgebietes zur gemeinsamen Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines fremden Staates« zu überschreiten, wie Rühl dies formulierte.
Nach dem Ende des NATO-Angriffskrieges gegen Jugoslawien wurde die EU noch stärker als zuvor zu vermehrten Anstrengungen im Bereich der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik und zur Stärkung ihrer weltweiten Interventionskapazitäten aufgefordert. Dies geschah jedoch mit gegensätzlichen Zielvorstellungen. Während »Atlantiker« in den USA und Europa die Aufgabe einer EU-Interventionstruppe darauf beschränkt sehen wollten, die amerikanische Führungsmacht in europäischen Randkrisen mit relativ geringem Risiko durch zusätzliche Wehranstrengungen zu entlasten, ohne dabei der NATO Kräfte zu entziehen oder deren Aufgaben zu übernehmen, verfolgte die Fraktion, die sich für eine militärische »Emanzipation« der EU einsetzt, eine Politik der Abnabelung von der Führungsmacht USA, zumal Washington sein Gewicht auch gegenüber den Verbündeten immer rücksichtsloser einsetzte. Letzteres wird z. B. in der »friedenspolitischen« Studie von Egon Bahr (SPD) und Dieter Lutz, damals Direktor des Hamburger »Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik« aus dem Jahr 2000 mit dem Titel: »Zwischen Protektorat und Selbstbestimmung - Europa im Spannungsfeld zwischen Amerika und Rußland« deutlich. In dem Bericht wird das Streben Washingtons nach »einer amerikanisch bestimmten Weltordnung« gegeißelt und als Abhilfe eine größere europäische Eigenständigkeit durch eine starke europäische Interventionsarmee gefordert.
Je nachdem, welche dieser beiden Denkschulen sich in der sicherheitspolitischen Debatte der EU gerade durchsetzte, wurde der Aufbau einer europäischen Interventionstruppe von Washington entweder heftig begrüßt oder kompromißlos verurteilt. So z. B. vom damaligen US-Verteidigungsminister William Cohen, der bei einem inoffiziellen Treffen der NATO-Verteidigungsminister in Birmingham im Oktober 2000 »die neue sicherheitspolitische Rolle der Europäer voll und ganz« unterstützte, um sie wenig später als »Dolch, gerichtet auf das Herz der NATO« zu verurteilen.
Von einer »unabhängigen EU-Armee forderte Cohen Einhaltung von »drei unveräußerlichen Prinzipien«, nämlich: 1. keine Abkopplung von der NATO, 2. keine Doppelung der NATO-Aufgaben, 3. Länder, die nicht zur EU, aber zur NATO gehören (wie die USA oder Türkei) müssen die Möglichkeit haben, bei EU-Einsätzen gleichwertig teilzunehmen. Nur so könne er die militärischen Anstrengungen der Europäer »aus vollster Überzeugung willkommen heißen«.
Infolge der im Vertrag von Nizza vom Dezember 2000 vorgesehenen Stärkung der »Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsidentität« ist inzwischen die EU-Interventionsarmee aus der Taufe gehoben, auch wenn sie längst noch nicht voll einsatzfähig ist. Von den global operierenden US-Interventionsstreitkräften unterscheidet sie sich hauptsächlich durch ihre relative Schwäche, auch wenn sie vielleicht irgendwann einmal voll ausgerüstet sein wird (geplant sind eine Mannschaftsstärke von bis zu 150 000 Soldaten einschließlich Versorgungstruppen, 100 Kriegsschiffe, 400 Kampfflugzeuge und viel anderes Kriegsgerät mehr). Hinzu kommt die europäische Selbstbeschränkung auf ein Einsatzgebiet von »nur« 4 000 Kilometern rund um die EU-Außengrenzen und die zumindest noch vorläufige Abstinenz von »Präventivkriegen«, die dagegen im NSK der NATO ausdrücklich vorgesehen sind.
Wegen der mangelnden EU-Kapazitäten beim militärischen Transport und der Fernaufklärung wird die EU-Interventionsarmee daher trotz jüngster Beschaffungsmaßnahmen bei ihren Einsätzen außerhalb der unmittelbaren europäischen Peripherie auf absehbare Zeit weiterhin auf US-Unterstützung angewiesen bleiben.
Wenigstens eine Kerntruppe
Auch wenn sich die europäischen »Emanzipatoren« nach dem 11. September 2001 mit öffentlichen Stellungnahmen zu diesem Thema zurückgehalten haben, um die unberechenbare Bush-Regierung in Washington nicht noch mehr zu reizen, so verläuft entlang dieser Linie nach wie vor der Graben in der sicherheitspolitischen Debatte zwischen USA und EU. Zwar ist dieser Graben derzeit wieder notdürftig zugeschüttet, aber auch bei der an diesem Wochenende stattfindenden sogenannten Münchner Sicherheitskonferenz spielt er eine nicht unbedeutende Rolle. Laut Financial Times Deutschland hatten sich der deutsche Wehrminister Peter Struck und seine französische Amtskollegin Michèle Alliot-Marie im Vorfeld der Münchner Konferenz darauf geeinigt, zunächst unter dem Dach der NATO mit dem Eurocorps die Führung der ISAF-Truppe in Afghanistan zu übernehmen. Näheres wollte Struck am Rande der Konferenz mit den Ministern der anderen Eurocorps-Mitgliedsländer besprechen.
Als Subunternehmer der US-geführten NATO sind die Europäer mit ihrem »unabhängigen« Eurocorps unverdächtig, zu eigenständig zu werden und Washington somit willkommen. Offensichtlich hat auch Paris seinen Drang nach demonstrativer Unabhängigkeit von den USA und der von diesen geführten NATO vorerst gebremst. Die Erklärung hierfür dürfte in der Erkenntnis liegen, daß der Aufbau einer wirklich unabhängigen und schlagkräftigen EU-Interventionsarmee zeitraubender ist als erwartet.
Für die Zwischenzeit scheinen sich die Verteidigungsminister Struck und Alliot-Marie entschieden zu haben, dem noch in den Kinderschuhen steckenden Eurocorps möglichst schnell Kampferfahrung zu verschaffen und auf diese Weise wenigstens eine Kerntruppe zusammenzuschweißen, nach dem alten Motto der Militärs: »Das beste Manöver ist der Krieg.«
Mit diesem Vorgehen lassen sich die Europäer durch Washington bei dessen weiteren Kriegsplänen in der Großregion vereinnahmen, die sich vom Mittleren Osten bis Zentralasien erstreckt und zwei Drittel der weltweiten Reserven an Ã-l und Gas beherbergt. Die Rolle der NATO für diese Region hat Washington bereits bestimmt, und als Subunternehmer der NATO möchte es nur zu gerne die »unabhängige« europäische Eingreiftruppe in der Region sehen.
»Die Zukunft der NATO im größeren Mittleren Osten« lautete denn auch der Titel der Rede, mit der der US-amerikanische NATO-Botschafter Nicholas Burns am 19. Oktober 2003 die in Prag versammelten Parlamentarier der Nordatlantischen Versammlung (NAA) auf die neuen Aufgaben der Aggressionsallianz einstimmte. »Wir in der Bush-Administration sind überzeugt, daß die NATO nun ihre Anstrengungen auf diesen ›größeren Mittleren Osten‹ richten muß«, betonte US-Botschafter Burns und definierte die Region als »Zentral- und Südasien, der eigentliche Mittlere Osten und Nordafrika«. Um die »neuen Herausforderungen« an den »neuen Frontlinien« erfolgreich zu bewältigen, benötige die NATO eine vollkommen andere Zusammensetzung von militärischen Fähigkeiten, was viel Geld koste, weshalb insbesondere die Europäer ihre Ressourcen effizienter einsetzen sollten.
Mit letzterem forderte Burns nichts anderes als die Abschaffung der in Europa noch weitverbreiteten Wehrpflicht, welche viel Geld kostet und die Einsatzfähigkeit der Truppe in weltweiten Kriegen behindert. Dazu eignet sich eine hochtrainierte, professionelle Killertruppe nach dem Vorbild des deutschen Kommandos Spezialkräfte, das sich z. B. in Afghanistan gemeinsam mit US-Spezialkräften in einem schmutzigen Kleinkrieg im Töten üben durfte, viel besser.
»Wenn man das alles zusammenfügt, neue Partner, neue Mitglieder, neue militärische Fähigkeiten und eine neue strategische Mission, dann ergibt das die neue NATO«, schwärmte Burns in Prag. Damit hat er den »zivilisierten Führern« Europas, an die US-Vizepräsident Dick Cheney im Januar in Rom appelliert hatte, aus dem Herzen gesprochen. Frei nach Silvio Berlusconi lautet die neue strategische Mission der NATO, Demokratie, Freiheit und Marktwirtschaft in die ganze Welt zu exportieren, notfalls mit Gewalt - ein profitables Unterfangen angesichts der großen Ã-l- und Gasreserven der Region des »Greater Middle East«.
+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
SPIEGEL ONLINE - 06. Februar 2004, 23:16
URL: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,285365,00.html
Rumsfeld und das Alte Europa
"Ich bedaure es nicht"
Aus München berichtet Severin Weiland
Auf dem Treffen der Nato-Verteidigungsminister in München ging es um die Rolle des Bündnisses in Afghanistan und im Irak. An einem Engagement der Nato im Irak führt langfristig kein Weg vorbei. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld zeigte sich versöhnlich - aber an seinem Schlagwort vom alten Europa hielt er fest.
München - Es sei, berichtete der neue Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer, ein"langes Essen" mit seinen Kollegen gewesen. Am Freitag hatte der Niederländer, der die Pressekonferenz abwechselnd in Deutsch, Englisch und Französisch bestritt, zum ersten Mal ein Treffen aller 19 Nato-Verteidigungsminister geleitet.
Die Zusammenkunft, einen Tag vor der traditionellen Sicherheitskonferenz in der bayerischen Landeshauptstadt, hatte vor allem zwei große Themen: das künftige Engagement der Nato im Irak und die weitere Rolle, die Europäer und Allianz in Afghanistan spielen sollen. Konkretes konnte und wollte Scheffer am Freitag noch nicht verkünden, denn die Zusammenkunft mit den Ministerkollegen war informeller Art. Immerhin, so unverbindlich wie nach außen hin verkündet war das Treffen nicht. So boten sich fünf weitere Nato-Staaten an, sich an den Wiederaufbauteams (PRT) in Afghanistan zu beteiligen beziehungsweise eigenständig zu übernehmen.
Neue Aufbauteams geplant
Bislang ist die Bundeswehr zum Schutze von Aufbau- und Entwicklungshelfern in Kunduz im Norden des Landes eingesetzt. Erst vor einer Woche hatte der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck der Truppe einen Besuch abgestattet. Nun werden sich wohl in wenigen Monaten weitere Staaten beteiligen. Aus gut informierten Kreisen hieß es in München, dass Norwegen, die Türkei, Großbritannien, Italien, Schweden, Niederlande, Belgien und Luxemburg für PRT-Teams zur Verfügung stünden. Eine Entscheidung darüber wird auf dem Nato-Gipfel im Juni in Istanbul fallen.
Das Treffen in München war ein erster Schritt dahin - wie auch zur heiklen Irak-Frage. Hier zeichnete den neuen Generalsekretär Scheffer eine pragmatische Haltung aus - wenn auch eine, die ein festes Ziel verfolgt."Schritt für Schritt" solle die Frage angegangen werden, welche Rolle die Nato im Irak spielen könnte. Dies hänge von der weiteren politischen Entwicklung im Lande ab, so der Übergabe der Souveränität an eine neue irakische Führung. Zurzeit sei nicht der"Augenblick, zu entscheiden", meinte der Niederländer in München. Doch machte er auch deutlich:"Irak ist auf der Agenda der Nato und wird es bleiben."
Scheffer trifft Schröder
Am Vormittag hatte Scheffer in Berlin Bundeskanzler Gerhard Schröder getroffen. Der hatte sein Interesse an einem demokratischen und friedlichen Entwicklung des Landes erneut betont und darauf hingewiesen, dass Deutschland zusammen mit Japan und Frankreich die Ausbildung von irakischen Polizisten ausweiten werde. Konkrete Zusagen, ob deutsche Soldaten im Irak tätig werden, machte Schröder nicht. Das Thema ist für den angeschlagenen Kanzler heikel - würde er doch damit seine Glaubwürdigkeit beschädigen. In der Partei waren in den vergangenen Tagen Forderungen laut geworden, deutsche Offiziere aus Stäben der Nato herauszuziehen, sollte diese im Irak eine Aufgabe übernehmen.
Die Amerikaner, so viel wurde in München hinlänglich deutlich, wollen über kurz oder lang die Allianz im Irak sehen. Vor allem wünschen sie sich eine Übernahme des spanisch-polnischen Sektors. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, der noch im vergangenen Jahr auf der Sicherheitskonferenz öffentlich mit einem harschen Kurs gegenüber den Kriegsgegnern Deutschland und Frankreich aufgetreten war, zeigte sich zwar diesmal mit seinen Äußerungen zurückhaltender. Wann die Nato im Irak tätig werden könnte, sagte er, müsse"man sehen." Zur"richtigen Zeit" sollte die Allianz aber das Kommando über die polnisch-spanische Brigade übernehmen.
Rumsfeld stellte auch schon rein"theoretische Überlegungen" an, wie eine Zusammenarbeit mit den US-Kräften aussehen könnte. Auf die Frage, ob die Nato-Kräfte im Irak unter US-Kommando stünden, beantwortete er mit dem Hinweis auf die Regelung in Afghanistan. Dort sei in einem Memorandum die Zusammenarbeit zwischen Isaf und amerikanischen Truppen geregelt.
Struck spricht von guter Arbeitsatmosphäre
In München kam Rumsfeld auch mit seinem deutschen Kollegen Struck zusammen. Eine halbe Stunde sprachen sie im ersten Stock des Hotels"Bayerischer Hof" miteinander, wo die US-Delegation ihre Räume bezogen hat. Struck und Rumsfeld duzten sich, wie sie es seit einem USA-Besuch Strucks tun. Nach vorne zu blicken war auch bei ihrem Treffen die Devise. Auf der Pressekonferenz fiel Struck zwar nicht in Euphorie aus. In seiner typisch trockenen Art meinte er, man könne"von einer guten Arbeitsatmosphäre sprechen." Die Probleme, die man miteinander vor einem Jahr, auch in München, gehabt habe, seien"alle gelöst".
Dem Deutschen ging es vor allem, die weiteren Vorhaben der Deutschen in Afghanistan herauszustreichen. Rumsfeld, erzählt er, habe es"sehr begrüßt", dass das Eurokorps bereit ist, die Führung der Internationalen Schutztruppe (Isaf) für Afghanistan in Kabul übernehmen. Dies soll im August geschehen.
Allerdings: Bei allem zur Schau getragenen Versöhnungskurs, sein Schlagwort vom"alten Europa" wollte Rumsfeld nicht zurücknehmen. Vor einem Jahr, vor Beginn des Krieges im Irak, hatte er die Kriegsgegner Frankreich und Deutschland dazu gezählt und damit die interne Verstimmung auf einen kurzen und polemischen Nenner gebracht. Darauf angesprochen meinte er in München kurz und bündig:"Ich bedauere es nicht."
++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
|