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Comcast will Walt Disney für 54 Mrd Dollar übernehmen
Mittwoch 11 Februar, 2004 16:57 CET
- von Derek Caney -
New York (Reuters) - Der größte US-Kabelfernseh-Betreiber Comcast will den traditionsreichen Unterhaltungskonzern Walt Disney per Aktientausch für mehr als 54 Milliarden Dollar übernehmen.
Bei einem Zusammengehen würde Comcast zu einem der weltgrößten Medienkonzerne aufsteigen - auf Augenhöhe mit Branchenriesen wie Time Warner und Rupert Murdochs News Corp. Die völlig überraschende Veröffentlichung des Angebots begründete Comcast am Mittwoch damit, dass Disney-Chef Michael Eisner Gespräche darüber abgelehnt habe. Disney gab zunächst keinen Kommentar ab. Analysten erwarten, dass Comcast sein Angebot erhöhen muss, um die Disney-Aktionäre zu überzeugen. Sie betrachten die Übernahmeofferte als Auftakt zu einer neuen Konsolidierungsphase in der Branche, wobei sie die Möglichkeiten am deutschen Markt begrenzt sehen. Aufflammende Fusionsfantasien an den Börsen in den USA und Europa beflügelten vor allem Medienwerte. Disney-Aktien zogen kräftig an, in Frankfurt gewannen die Titel von ProSiebenSat1 Media.
"Es ist ganz offenkundig ein großes Geschäft und ziemlich überraschend", kommentierte Timothy Ghriskey, Portfolio-Manager bei Ghriskey Capital Partners, die Comcast-Ankündigung. Der Kabel-TV-Konzern wandte sich nach eigenen Angaben mit seinen Fusionsplänen zunächst an Disney-Chef Eisner. Nachdem dieser entsprechende Gespräche abgelehnt habe, habe Comcast sich entschlossen, das Angebot öffentlich zu machen."Wir haben die wunderbare Möglichkeit, ein Unternehmen zu schaffen, das in seiner Kombination von Verbreitungswegen und Inhalten weitaus stärker und wertvoller ist, als Disney und Comcast alleine sein können", schrieb Comcast-Chef Brian Roberts an Kollege Eisner. Disney würde in den neuen Mediengiganten seine Filmstudios, den Fernsehsender ABC und seine Freizeitparks einbringen. Comcast steuert rund 21 Millionen Kabel-TV-Kunden bei.
ÜBERNAHMEWERT EINSCHLIESSLICH SCHULDEN BEI 66 MRD DOLLAR
Einschließlich der Disney-Schulden von angenommenen 11,9 Milliarden Dollar beläuft sich der Wert der Transaktion Comcast zufolge auf 66 Milliarden Dollar. Nach der Übernahme betrüge der Anteil der Disney-Aktionäre am neuen Unternehmen 42 Prozent, wie Comcast-Chef Roberts in seinem Brief ausführte.
Der Kabel-TV-Betreiber bietet 0,78 eigene Aktien für jedes Disney-Papier. Das Angebot entspricht einem zehnprozentigen Preisaufschlag auf den Schlusskurs der Disney-Aktie am Dienstag. Analysten bezeichneten die Prämie als gering und gehen deshalb davon aus, dass Comcast seine Offerte noch verbessern muss."Ich glaube nicht, dass es leicht wird für Comcast", sagte Rick Meckler von LibertyView Capital Management. Die Offerte werde aber zumindest die internen Diskussionen bei Disney zur Konzernstrategie anheizen.
Disney-Chef Eisner steht unter erheblichen Druck durch eine Kampagne zweier ehemaliger Spitzenmanager. Roy Disney, Neffe des Firmengründers Walt Disney, und Stanley Gold werfen Eisner jahrelanges Missmanagement vor und wollen ihn aus dem Amt drängen. Die beiden Kritiker versuchen Großinvestoren davon zu überzeugen, den Konzernchef bei der bevorstehenden Aktionärsversammlung Anfang kommenden Monats nicht im Amt zu bestätigen.
Nach Worten von Analysten zeigt die Comcast-Offerte,"dass wir in eine neue Phase der Fusionen und Übernahmen eintreten". Der deutsche Markt dürfte Experten zufolge davon aber kaum betroffen sein."In Deutschland gibt es nicht sehr viel Möglichkeiten für Fusionen oder Übernahmen, weil der deutsche Markt relativ verschlossen ist", sagte Florian Leinauer von Helaba Trust.
DISNEY LEGT ÜBERRASCHEND STARKE ZAHLEN VOR
Die Offerte für Disney ist bereits das zweite spektakuläre feindliche Übernahmeangebot von Comcast. Das erste fand im Herbst 2002 mit der Übernahme des Breitbandgeschäfts des US-Telekomkonzerns AT&T für 72 Milliarden Dollar einen erfolgreichen Abschluss.
Comcast präsentierte am Mittwoch zugleich Quartalszahlen und Geschäftsprognosen, die Analysten zufolge im Rahmen der Erwartungen lagen. Demnach verbuchte die Firma im Schlussvierteljahr 2003 einen Reingewinn von 383 (Vorjahresverlust 51) Millionen Dollar bei einem Umsatz von 4,74 Milliarden Dollar. Walt Disney gab anschließend über den Expertenschätzungen liegende Quartalszahlen bekannt. Demzufolge stieg der Überschuss auf 688 (Vorjahr 36) Millionen Dollar bei einem Umsatz von 8,55 (7,17) Milliarden Dollar. Das Unternehmen hatte die Veröffentlichung angesichts der Comcast-Offerte vorgezogen.
Der Aktienkurs des Unterhaltungsriesen schnellte im frühen Geschäft um mehr als 15 Prozent in die Höhe auf 27,80 Dollar. Comcast dagegen brachen um rund neun Prozent auf 30,90 Dollar ein. In Europa legten die Aktien der deutschen ProSiebenSat.1 Media zwischenzeitlich um mehr als fünf Prozent, die Titel der französischen Vivendi Universal um fast vier Prozent zu.
Quelle: Reuters
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