-->Heute in der Berliner Zeitung..
ich frage mich, wie so etwas möglich ist und was soll das heißen"Sie" (haben uns vorher kaltgestellt) wer ist denn"Sie"? Das soll man nicht rausfinden können? Es muß doch eigentlich ganz deutlich sein, wer da wen"kaltstellt" bzw. wer welche Ermittlungen blockiert?
Vor einigen Wochen habe ich im Fernsehen den Bericht einer sog. multiplen Persönlichkeit gesehen, die sich jetzt unter Therapie erinnert, von Satanistenkreisen mißbraucht worden zu sein, es gab einige sichere Beweise dafür, Aussagen anderer Mißbrauchter und die Nachforschungen wurden ebenfalls"blockiert" - was auch immer das heißen soll - ich kann mir darunter nichts vorstellen, zumindest merkt man doch wer es ist, der blockiert...
Und wer sind diese Satanistenkreise? Sollen alles äußerst hochrangige Persönlichkeiten aus Gesellschaft und Politik sein, also wenn man das bereist weiß......Und da soll man nichts gegen machen können bzw. wollen..will ja dann wohl auch keiner...
Was soll das? Kann das denn wahr sein?
gruß b.
Die missbrauchte Macht
Am Montag beginnt der Prozess gegen den Kinderschänder Marc Dutroux - aber vieles wird nie aufgeklärt werden
Alois Berger
BRÜSSEL, im Februar. Rudy Hoskens hätte diese Sache gern herausgefunden. Er hätte gern die Frage beantwortet, ob Marc Dutroux die Mädchen für einen Pädophilenring entführt hat."Doch so weit sind wir nie gekommen", sagt er und rührt Zucker in den Tee."Sie haben uns vorher kalt gestellt."
Hoskens spricht laut, es stört ihn nicht, dass die Leute an den Nebentischen der Brüsseler Kneipe längst ihre Gespräche eingestellt haben. Er hat seinen Dienst aufgegeben und arbeitet jetzt für eine Privatfirma. Er kann frei reden, der Polizei fühlt er sich nicht mehr verpflichtet:"Es war enttäuschend, wie viele Kollegen sich plötzlich von uns abgewendet haben." Hoskens war einmal das, was man einen Spitzenfahnder nennt: Studiert, ehrgeizig, trainiert und vielfach ausgezeichnet. Als dann die Dutroux-Affäre in Belgien bekannt wurde, sah es anfangs sogar nach einem Karrieresprung für Hoskens aus.
Der Untersuchungsrichter Jean-Marc Conerotte aus der tiefsten wallonischen Provinz hatte in wenigen Tagen eine Serie von Kindesentführungen aufgeklärt, mit der Dutzende von Ermittlern mehr als ein Jahr lang vergeblich beschäftigt waren. Connerotte hatte sich lediglich die Polizeiakten über die Entführungen kommen lassen und darin genügend Hinweise auf Dutroux gefunden, um ihn festnehmen zu lassen. Das war am 13. August 1996.
Im Keller eines der Häuser von Dutroux fanden die Ermittler die seit zwei Monaten vermisste neunjährige Sabine Dardenne und die 14-jährige Laetitia Delhez, nackt, verschreckt, mit Drogen voll gepumpt und mehrfach missbraucht. Laetitia war vier Tage vorher in Bertrix entführt worden, einem Gerichtsbezirk, für den Connerotte zuständig ist. Die Akten, die den Untersuchungsrichter sofort zu Dutroux führten, lagen zuvor schon auf vielen Tischen von vielen Untersuchungsrichtern. Sie waren in Brüssel, in Gent, in Lüttich, in Charleroi, sie waren überall, wo in den letzten Jahren Kinder entführt worden waren. Vier dieser verschwundenen Kinder wurden später im Garten von Dutroux ausgegraben, drei Meter unter der Erde. Die Obduktion ergab, dass sie monatelang gefangen gehalten und missbraucht worden waren.
Jean-Marc Connerotte und sein Staatsanwalt Michel Bourlet hatten schnell den Verdacht, dass die Suche nach den vermissten Kindern absichtlich behindert worden war - von Kollegen in Justiz und Polizei. Der Verdacht wurde umso stärker, je mehr über die Ermittlungen herauskam: Der einschlägig vorbestrafte Dutroux stand seit über einem Jahr als Hauptverdächtiger der Entführungen fest. Ein ehemaliger Zellengenosse hatte der Polizei gemeldet, dass Dutroux im Keller Käfige für Mädchen gebaut und im Milieu Geld für entführte Kinder geboten habe. Aber wer hatte ein Interesse daran, dass Dutroux nicht überführt wurde?
Richter Connerotte holte vier der besten Ermittler Belgiens und richtete ein Sonderbüro ein, das allen Hinweisen auf frühere und aktuelle Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch nachgehen sollte. Dahinter stand die Hoffnung, das Netzwerk hinter Dutroux zu finden, vielleicht sogar die hohen und einflussreichen Persönlichkeiten, von denen überall die Rede war. Rudy Hoskens wurde Chef dieser Sondereinheit.
"Wir hatten viel zu tun", sagt Hoskens. Vor allem erwachsene Frauen meldeten sich und schilderten, wie sie in den siebziger und achtziger Jahren als kleine Mädchen auf Sexpartys geschleppt und dort vermietet wurden, meist von Verwandten, oft von den eigenen Eltern. Sogar Videos tauchten auf von Vergewaltigungen."Die Täter haben das alles gefilmt", sagt Hoskens,"die Bilder waren so schrecklich, dass die Untersuchungsrichterin aus dem Vorführraum stürzte."
Um das Leben der Frauen zu schützen, wurden sie als X-Zeugen anonymisiert. X1 ging später unter ihrem richtigen Namen Regina Louf an die Presse. Sie schilderte den Sexualmord an ihrer Freundin Christine van Hees, deren verkohlte Leiche 1983 in einer ehemaligen Champignongärtnerei im Brüsseler Stadtteil Auderghem gefunden worden war. Dreizehn Jahre war das Mädchen damals alt. Der Fall wurde nie aufgeklärt. Etliche der X-Zeugen erinnerten sich an das Gesicht eines Mannes, den sie nun häufiger im Fernsehen sahen - das Gesicht Michel Nihouls. Der ehemalige Anwalt, Besitzer diverser Sexclubs und Veranstalter so genannter"Rosa Partys", war kurz nach Dutroux festgenommen worden. Er stand in engem Kontakt mit ihm.
"Damals glaubten wir, dass wir die Wahrheit herausfinden würden", sagt Hoskens. Doch dann wurde Untersuchungsrichter Connerotte suspendiert. Er hatte mit den überlebenden Kindern Spaghetti gegessen - nach Ansicht des Staatsgerichtes ein parteiliches Verhalten. Belgien bebte vor Wut. Hunderttausende zogen in weißen Gewändern vor den Justizpalast, protestierten dagegen, dass nun alles vertuscht werden sollte. Die Politiker duckten sich, Staatsanwalt Michel Bourlet versprach, auch ohne Connerotte weiter nach den Hintermännern von Dutroux zu suchen.
Aber die Dinge liefen jetzt anders."Wir merkten, dass unsere Ermittlungen auf einmal störten", sagt Rudy Hoskens. Im Frühjahr 1997 war dann endgültig Schluss."Sie haben uns in ein anderes Büro gesetzt, wir hatten plötzlich keinen Zugang mehr zu den X-Dossiers." Sogar die Zeugenprotokolle wurden umgeschrieben, heikle Stellen gestrichen:"Das wurde damit begründet, wir hätten die Zeugen beeinflusst." Plötzlich gab es Disziplinarverfahren gegen Hoskens Leute.
Der offensichtlichen Frage, wer die Ermittlungen gestoppt hat, ist auch Hoskens nicht nachgegangen:"Das ist nicht meine Aufgabe", sagt er. Er will auch nicht über das Motiv spekulieren. Dass jemand eine Untersuchung nicht will, könne alles Mögliche heißen. Er weiß nur, dass bei früheren Autoschiebereien von Dutroux auch Polizisten mitgemischt haben.
In Ermittlungsverfahren einzugreifen, ist in Belgien nichts Ungewöhnliches."Schweigeoperationen" nennt der Journalist Douglas de Coninck solche Aktionen, bei denen mit hohem Aufwand die Wahrheit verfälscht wird."Da verschwinden Berichte, Beweismaterial ist unauffindbar, im gerichtlichen Dossier tauchen falsche Informationen auf." De Coninck hat für die Zeitung"De Morgen" die Dutroux-Affäre über die Jahre minutiös beschrieben und viele solcher Schweigeoperationen aufgedeckt.
Bis zum Fall Dutroux galten diese Eingriffe sogar als Ausweis einer volksnahen Justiz. Politiker warben offen damit, dass sie für ihre Wähler auch mal das eine oder andere Verfahren abbiegen können."Macht hat man, um sie zu missbrauchen", sagte der später ermordete Sozialistenchef André Cools und er meinte das gar nicht zynisch.
Die meisten Belgier misstrauen ihrem Staat und seinem Einfluss auf ihr Privatleben. Das mag damit zu tun haben, dass Belgien über Jahrhunderte von fremden Mächten beherrscht wurden. Die Gesellschaft hat sich seit dieser Zeit unterhalb der staatlichen Ebene eingerichtet, in katholischen, sozialistischen oder liberalen Zirkeln. Die Politiker, die aus diesen mächtigen Zirkeln hervorgegangen sind, haben es immer auch als ihre Aufgabe angesehen, den Bürgern den Staat vom Leib zu halten.
Effizienz war das Letzte, was die Menschen von ihrem Staat erwarteten. Deshalb hat es sie auch nie gestört, dass das kleine Land immer weiter aufgesplittert wurde, in zehn Provinzen, drei Regionen und 27 unabhängige Gerichtsbezirke, in denen drei rivalisierende Polizeidienste meist nicht einmal die Telefonnummern voneinander kannten. Je kleiner die Einheit, desto leichter die Einflussnahme. Ein Brief an den Abgeordneten, und das Problem mit der Steuerhinterziehung oder der Fahrerflucht war vom Tisch. Bis vor kurzem konnte man in Belgiens Buchläden Musterbriefe für solche Fälle finden.
Mit der Dutroux-Affäre wurde klar, dass dieses System hässliche Nebenwirkungen hat. Die Bevölkerung forderte Reformen, und die Politiker versprachen zu handeln. Die drei Polizeidienste wurden zusammengelegt, doch die Justizreformen kamen schnell ins Stocken. Der öffentliche Druck ließ nach, die aufgebrachten Bürger zogen sich wieder in ihr Privatleben zurück.
Diese Unentschlossenheit prägt auch den Dutroux-Prozess in Arlon. Staatsanwalt Michel Bourlet möchte immer noch die ganze Wahrheit ans Licht bringen. Untersuchungsrichter Jacques Langlois aber, der für den engagierten Connerotte eingesetzt wurde, will beweisen, dass Dutroux ein psychopathischer Einzeltäter war. Es gebe keine Hintermänner, sagt er. Mehr als sieben Jahre lang hat er ermittelt, ohne etwas herauszufinden. Die Eltern der ermordeten Kinder glauben, genau das sei der Auftrag gewesen von Langlois: nichts herauszufinden.
Rudy Hoskens weiß nicht, was er glauben soll."Wir sind an die Wand gelaufen, und ich frage mich immer noch warum?" Aber er hofft, dass seine Arbeit wenigstens nicht ganz umsonst war. Staatsanwalt Bourlet will vor den Geschworenen einige der X-Zeugen befragen. Die Chancen sind gering, nach so vielen Jahren noch etwas Beweiskräftiges über ein mögliches Pädophilennetz zu erfahren. Aber Rudy Hoskens würde es gerne wissen.
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